2. Tag

2. Tag

Dies II.

Bloß war ich auß meiner Cellen in den Wald kommen, da duncket mich schon, es hette sich der gantze Himmel und alle Element zu solcher Hochzeit geschmucket.

Dann auch die Vögel meines erachtens lieblicher singen dann zuvor, so sprungen die junge Hirschlin so frewdig daher, das sie mein altes Hertz erfrewet und zu singen bewegt, fieng derwegen mit lauter Stimm auch also an zu singen:

Freu dich du liebes Vögelein,
Dein Schöpffer hoch zu loben:
Dein stim erheb nun hell und fein,
Dein Gott ist hoch erhoben,
Dein Speiß hatt er dir vorbereit,
Gibt dirs zu recht bequemer zeit,
Daran laß du dich genügen.

Was wolstu doch unlustig sein,
Was wolst uber Gott zürnen,
Daß er dich wolt ein Vögelein sein,
Wolst das Köpfflin verwirren,
Daß er dich nicht ein Menschen gemacht,
O schweig er hatt es baß bedacht,
Daran laß du dich genügen.

Was mach ich armer Erden Wurm,
Wolt ich mit Gott thun rechten,
Daß ich so in den Himmel stürm,
Mit g‘walt groß Kunst z‘erfechten,
Gott will sich ja nicht bochen lan,
Wer hie nit daugt, mach sich darvon,
O Mensch laß dich genüegen.

Das er dich nit zum Keyser g‘macht,
Das laß du dich nit krencken,
Sein Namen hetst villeicht veracht,
Deß hat er sein bedencken:
Die Augen Gottes heller sein,
Er sicht dir gar ins Hertz hinein,
Drumb wirst Gott nit betriegen.

Diß sang ich nun von grund meines Herzen durch den Wald hindurch, daß es allenthalben erschallte, und die Berg mir die letsten wort repetierten, biß ich entlich ein schöne grüne Heyden ersehen: Dahin ich mich auß dem Wald begeben.

Auff dieser Heyden stunden drey hohe schöne Cedern Bäume, welche umb ihrer breiten willen ein herrlichen und erwünschten Schatten gegeben, dessen ich mich höchlich erfrewet, dann ob ich wol noch nit weit gangen, machte mich doch das grosse verlangen schier müed, deßwegen ich den Bäumen zugeeylet, darunder ein wenig zu ruhen.

Wie ich aber neher hin zu komme, ersihe ich ein Täfelein, so an den einen Baum gehefftet, auf welches, da ichs nachmalen gelesen, nachfolgende wort mit zierlichen Buch staben geschrieben gewesen:

Hospes salve:

si quid tibi forsitan de nuptiis Regis auditum.
Verba haec perpende.

Quatuor viarum optionem per nos tibi sponsus offert, per quas omnes, modo non in devias delabaris ad regiam eius aulam pervenire possis.

Prima brevis est, sed periculosa, et quae te in varios scopulos deducet, ex quibus vix te expedire licebit.

Altera longior, quae circumducet te, non abducet, plana ea est, et facilis, si te Magnetis auxilio, neque ad dextrum, neque sinistrum abduci patieris.

Tertia vere Regia est, quae per varias Regis nostri delicias et spectacula viam tibi reddet jucundam.
Sed quod vix mille simo hactenus obtigit.

Per quartam nemini hominum licebit ad Regiam per venire, utpote, quae consumens, et non nisi corporibus incorruptibilibus conveniens est.

Elige nunc ex tribus quam velis, et in ea constans permane.
Scito autem quamcunque ingressus fueris: ab immutabili Fato tibi ita de stinatum, nec nisi cum maximo vitae periculo regredi fas esse.
Haec sunt quae te scivisse voluimus: sed heus cave ignores, quanto cum periculo te huic viae commiseris, nam si te vel minimi delicti contra Regis nostri leges nosti obnoxium: quaeso dum adhuc licet per eandem viam, qua accessisti, domum te confer quam citissime.
So bald ich nuhn diese Schrifft gelesen, war mir schon alle frewd wider dahin, und der ich zuvor frölich gesungen, fieng nuhn an, inniglich zu weinen, dann ich sahe gleichwol alle drey Weg vor mir, und wuste auch, das mir nach der zeit erlaubt were, mir einen Weg zu erwehlen.

Noch besorget ich, da ich auff den Steinigen und Felsigen Weg käme, möchte ich jämerlich zu todt fallen.

Oder da mir der lange Weg wurde, köndte ich entweders durch abweg verirren, oder sonsten auff der weiten Reiß bleiben.

So dorffte ich auch nit hoffen, das unter tausent ich eben der sein solte, der den Königlichen Weg erwehlte.

Den vierten sahe ich gleichwol vor mir, aber er war mit Feur und Dampff dermassen umbgeben, daß ich bey weitem nit hinzu nahen dörffte.

Bedachte mich also hin und her, ob ich wieder umbkehren, oder der Wege einen für mich nemmen solte.

Mein unwürdigkeit bedacht ich wol, aber mich tröstet als der Traum, da ich auß dem Thurn erlediget worden, und dorffte mich doch nit kecklich auff ein Traum verlassen, deßwegen ich mich dann so lang hin und wider besonnen, biß mir von grosser mattigkeit wegen der hunger und durst in Bauch kommen.

Deßwegen ich bald mein Brot herfür gezogen und auffgeschnitten welches ein Schneeweiße Taub, so auff dem Baum gesessen, deren ich nit wahr genommen, ersehen und deßwegen villeicht ihrer gewonheit nach herabgemacht, und zu mir gar heimlich sich begeben, deren ich dann mein Speiß gern mitgetheilt: die es auch angenommen und also durch ihr schöne, wider ein wenig erquickt.

So bald es aber ihr feind ein schwartzer Rab ersehen, ist er gleich auff die Taub zugeschossen, und gleichwol meiner nit begert, sondern der Tauben das ihre nemmen wöllen, die sich anders nit dann mit fliehen erwehren können.

Seindt deßwegen mit einander Mittagwerts zugeflogen, welches mich dann dermassen erzürnet und betrübt, daß ich auß unbedacht dem losen Raben nacheylt und also wider meinen willen, fast einer Ackerlänge weit, in verzeichneten Weg einen geloffen und also den Raben vertrieben, die Tauben aber erlöst.

Aller erst mercket ich, was ich unbesonnen gehandlet und das ich allbereit auff ein Weg kommen, darvon ich nit wider (bey gefahr grosser Straff) weichen dörffte.

Und wiewol ich mich noch etlicher massen hätte trösten können, war mir doch das allermeist, das ich mein Säcklein und Brot bey dem Baum gelassen, und es nimmer holen kundte.

Dann so bald ich mich umbkehret, war mir ein so grosser Wind so starck zu wider, das er mich leichtlich fellet, gieng ich dann zu dem Weg fort, so mercket ich gantz und gar nichts, darauß ich leichtlich schliessen können, es würde mir das Leben kosten, da ich mich solte wider den Wind legen.

Nam deßwegen mein Creutz gedultig auff mich, macht mich auff die Füß und gedachte, weil es je sein muste, wölle ich dahin arbeiten, das ich vor Nacht könnte dahin kommen.

Wiewol sich nuhn manch schein licher abweg erzeiget, wischet ich doch allweg mit meinem Compass herauß und wolte von der Mittaglini umb kein Schritt nit weichen, wiewol der Weg manchmal so rauch und ungebant gewesen, daß ich nit wenig ob ihm gezweiffelt, auff solchem Weg gedacht ich stettigs an die Taube und Raben und kundte es doch nit erspeculieren: Biß ich entlich auff einem hohen Berg ein schön Portal von weitem ersehen, dem ich dann ungeacht es mir weit, weit ab dem Weg war, zugeeilt, weil allbereit die Sonn sich under die Berg verborgen, und ich sonsten bey weitem noch kein bleybende stadt ersehen können, und das zwar schreib ich allein Gott zu, der mich wol hätte können auff solchem Weg fort gehen lassen und mir die Augen verhalten mögen, daß ich solche Port hätte können ubergaffen: Der eyle ich nun, wie gesagt, hefftig zu, die ich dann noch bey solcher Tagzeit erreichet, daß ich sie dannoch nach aller notturfft besehen können.

Es war aber ein uberauß Königlich schön Portal, daran viel herrlicher Bilder und Sachen gehawen, deren jetlichs, wie ich hernach erfahren, sein sondere bedeutnuß hatte.

Oben an war ein zimlich groß Täfelin gehefftet mit diesen worten: Procul hinc, procul ite Prophani.

Und anders mehr, welches mir zu erzehlen ernstlich verbotten worden.

So bald Ich nuhn under die Portal kommen, wischet gleich einer in eim Himmelblawen Kleid herfür, den ich dann freündtlich gegrüst, dessen er sich gleichwolen bedanckt, aber alsbald mein Ladbrieffs von mir gefordert.

O wie froh war ich da zumalen, daß ich ihn mit genommen, dann wie leicht hätte es sein können, das ich seiner vergessen, welches dann auch an dern beschehen, wie er mir selber referiert: den hab ich nuhn bald auffgelegt, dessen er nit nur zufrieden gewesen, sonder mich noch, darob ich mich verwundert, hoch geehret und gesagt: Geht hin mein Bruder, ein lieber Gast seyt ihr mir: Bat mich darneben, ich wolt ihm meinen Namen nit verhalten, da ich ihm nuhn geantwortet, Ich wer der Bruder von dem Rohten Rosen Creutz, hat er sich verwundert und gleichsam gefrewet und darauff angehebt: Mein Bruder, habt ihr nit soviel zu euch genommen, daß ihr könten ein Zeichen kauffen.

Ich antwortet: Mein vermögen were ring, sehe er aber etwas bey mir, daß ihm liebt, daß möchte er nemmen.

Wie er nuhn mein Fläschlin mit Wasser von mir begert, Ich auch solches bewilliget, gibt er mir ein guldin Zeichen, darauff stund mehr nit als diese zween Buchstaben S.C. (Sanctitate Constantia; Sponsus Charus; Spes Charitas) mit vermanung, da mir solches wol würde bekommen, solte ich seiner gedencken, darauff fraget ich ihn, wieviel vor mir hinein weren, welches er mich auch berichtet: Entlich auß guter freüntschafft hat er mir ein verpitschiert Briefflein an den andern Hüetter geben.

Wie ich mich nuhn etwas lengers bey ihm auffhielte, fället die Nacht daher, deßwegen bald auff der Porten ein grosse Pechpfannen angezündet worden, damit so jemandt noch auff dem Wege were, er herzu eylen köndte: der Weg aber so vollendt zum Schloß gieng, war zu beiden seiten mit Mawren beschlossen und mit schönen Bäumen von allerley Früchten besetzet, auch allweg drey Bäum auff beeden sei ten, Laternen gehefftet, darinnen schon allbereit alle Lichter durch ein schöne Jungfraw auch im Blawen Kleyds mit einer herrlichen Fackel angezündt worden, daß war so herrlich und Meisterlich anzusehen, daß ich mich wider die notturfft etwas langes auffgehalten.

Entlich aber nach gnugsamen bericht und nutzlicher instruction bin ich vom ersten Hütter freündtlich geschieden: Auff dem Weg hatte ich gleichwol gern gewüst, was in meinem Briefflein geschrieben, weil ich aber dem Hütter nichts böses zutrawen dörffte, must ich mein fürnemmen im Zaum halten und also den Weg fort passieren, biß ich auch zur andern Porten kommen, die gleichwol der andern fast gleich, aber mit andern Bilden und heimlichen bedeutungen gezieret gewesen.

In dem angehefften Täffelin stund Date et dabitur vobis.

Under dieser Porten lag an einer Ketten ein grausamer Löw, der sich, so bald er mich ersehen, auffgericht und meiner mit grossem brüllen begehrt: Darvon dann der ander Hütter, so auff dem Marmelstein gelegen, auffgewacht und mich geheissen, ohne Sorg und Forcht sein.

Darauff auch den Löwen hinder sich getrieben und das Briefflein, welches ich ihme mit zittern dargereicht, empfangen, gelesen und mit grosser Reverentz also angesprochen.

Nun sey mir Gott willkommen der Mensch, den ich längst gern gesehen hätte: under dessen zeücht er auch ein Zeichen herauß und fragt mich, ob ichs lösen köndte.

Weil ich aber nichts mehr hatte dann mein Saltz, bot ich ihm das dar, welches er mit danck angenommen.

Auff dem zeichen stund abermal nur zwen Buchstaben, nemlich S.M. (Studio Merentis; Sal huMor; Sponsa Mittendus; Sal Mineralis; Sal Menstrualis), wie ich nuhn auch mit dem sprachen wöllen, fanget man in dem Schloß an zu leutten, deßwegen mich der Hütter ermahnet, Ich solte schnell lauffen, sonsten wer all mein gehabte mühe und arbeit vergebens, dann man fieng schon oben an, die Liechter außzuleschen: daß ich dann so schnell gethan, das ich auch den Hüter nit behiet, so angst war mir, und zwar war es warlich vonnöten.

Dann so starck kunt ich nit lauffen, es war die Jungfraw schon an mir, nach deren alle Liechter außgeloschen, hätte auch den Weg nimmer treffen können, wann sie mir nit mit ihrer Fackel noch ein schein gemacht hätte: Noch treibet mich die not, das ich allernechst an ihr hinein kommen, da dann die Port so schnell zugeschlagen worden, das mir auch ein stuck vom Rocke hineingeschlossen worden, welchs ich gewißlichen dahinden lassen müssen, dann den Thorwartten kondten weder Ich, noch die so allbereit vor der Thüren daraussen gerufft, dahin bringen, daß er wider eröffnet hätte, sondern er hab die Schlüssel der Jungfrawen gegeben, die sie mit sich in den Hoff genommen: Under deßen sihe ich mich abermals an der Porten umb, die war nuhn so köstlich, daß ihrs gleichens die gantze Welt nicht hatt: Neben der Thüren waren zwo Seülen.

Auff der einen stund ein frölich Bild mit dieser inscription: congratulor.

Das ander verhüllet sein Angesicht, war trawrig und stund darunder Condoleo.

In Summa, solche dunckele verborgene Sprüch und Bilder waren daran, daß sie die gescheidesten auff Erden nit hätten außlegen können.

Es sollen aber solche alle, so es anderst Gott zulest, in kurtzem von mir an Tag gebracht und eröffnet werden.

Under dieser Porten mußte ich abermal meinen Namen geben, der würde in ein Pergamentin Büchlin zu letst angeschrieben, und alsbald mit andern, dem H. Bräutigam uberschickt, da ward mir erst das rechte Gastzeichen gegeben, das war etwas kleiners dann die andern, doch viel schwerer, auff diesem stunden diese Buchstaben S.P.N. (Salus Per Naturam; Sponsi Praesentandus Nuptiis), uber deß gab man mir ein new par schu, dann der Boden deß Schlosses war von lauter hellem Marmor gelegt.

Meine alten Schuh dörfte ich der Armen einem, so häuffig unter dem Thor, doch fein ordentlich gesessen, geben, welchem ich wolte.

Die ich dann einem alten Mann geschencket: Darauff führet mich ein Knab mit zweyen Fackeln in ein kleines Gemächlein.

Da hiessen sie mich auf ein Banck nider sitzen, welches ich auch gethon, sie aber steckten ihre Fackeln in 2. löcher, so in den Boden gemacht und gehen darvon, lassen mich also allein sitzen.

Bald darauf hörte ich ein gereüsch, sahe aber nichts, und das waren etlich Männer, die fallen uber mich hin, weil ich aber nichts sehen kundt, mußt ichs so geschehen lassen und warten, was sie doch mit mir wurden anfangen.

Weil ich aber bald vermerckt, daß es Balbierer: bitte ich sie, sie wolten mich nit so heben, ich wäre doch willig zuthun, was sie begehrten, darauff sie mich bald gelassen, und also einer, den ich doch nit sehen kundt, fein sitlich das Haar mitten auff dem Kopff herumb hinweg geschnitten, an der Stirn aber, Ohren und Augen, mein langes eyßgrawes Haar hangen lassen.

In solchem ersten angriff muß ich bekennen: Wer ich schier verzagt, dann weil mich irer etliche so starck hebten, und ich doch nichts sehen kundt, möcht ich nit anders gedencken, dann Gott hette mich umb meines fürwitz wegen fallen lassen.

Nun diese unsichtbare Balbierer lesen das abgeschnitten Haar fleissig auff und tragens mit sich hinweg: darauff sich dann beyde Knaben wieder eingestelt und mein inniglich gelacht, daß ich mich so geförcht hette.

Wie sie aber kaum etlich Wort mit mir geredt, fanget man wider an, mit eim kleinen Glöcklein zu leutten, und wie mich die Knaben bericht, der versamblung zeichen zugeben: Deßwegen sie mich auffgemant und durch viel Gänge, Thüren und Schnecken in ein grossen Saal vorgeleuchtet.

In diesem Saal war ein grosse menge der Gäst, von Keyser, König, Fürsten und Herren, Edel und Unedel, Reich und Arm und allerley gesinds, dessen ich mich höchlich verwundert und bey mir selbsten gedacht: Ach wie bistu so ein grosser Narr gewesen, das du dir solche Reyß so bitter und sawr hast lassen angelegen sein.

Sihe da sein doch Gesellen, die du wol kennest, und nie nichts auff sie gehalten: die seind nun alle hie: und bistu mit all deim bitten und beten kaum zu letst herein kommen.

Diß und anders mehr gab mir der Teufel dazumal ein, dann ich doch, so gut ich kunt, auff den Außgang gewiesen.

Under deß spricht mich meiner bekandten einer hie, der ander da, an.

Sihe Frater Rosencreutz, bistu auch hie: Ja antwortet ich, meine Brüder, die Gnad Gottes hat mir auch herein geholffen, dessen sie sehr gelacht und für spöttisch gehalten, in so schlechtem ding auch Gottes bedürffen.

Wie ich nun jeden seines wegs halber befragt, mehrertheil aber uber die Felsen abklettern müssen, fahet man an, mit etlich trommeten, deren wir doch keinen gesehen, zu Tisch zublasen: darauff sich dann männiglich gesetzt, immer einer nach dem ihm gedauchte, er were uber andere, deßwegen mir sampt andern armen Gesellen kaum ein Pletzlein an dem understen Tisch worden.

Bald stellen sich die beyde Knaben ein, und Betet einer under ihnen so schöne und herrliche Gebetlein, daß sich mein Hertz im Leib erfrewet.

Dessen doch etlich grosse Hansen wenig geachtet, sonder mit einander gelachet, einander gewuncken, in die Hüt gebissen, und dergleichen Fantaseyen mehr getrieben.

Darnach wird daß Essen auffgetragen, und wiewol man keinen Menschen sehen kundt, war doch alles so ordentlich versehen, daß mich gedaucht, es hette ein jeder Gast seinen eigenen diener.

Wie nun meine Künstler sich ein wenig erlabt und ihnen der Wein die scham ein wenig vom Hertzen geruckt.

Da erhub sich erst ein Rühmen und wol können.

Der wolte diß probieren, der ander jenes, und waren gemeiniglich unnütze tropffen die Läuttesten: ach wann ich gedenck, was ubernatürlichs und unmüglichs auß thun ich damalen gehört, möchte mir noch darüber unwillen.

Endlich blieben sie auch nimmer bey irer ordnung, sondern da flicket sich da ein Lecker zwischen den Herren ein, da ein anderer, da gaben sie solche streich für, dergleichen weder Samson, noch Hercules mit all ihrer Stärcken nit hetten zuwegen bringen können.

Der wolte Atlantem seines Lasts erledigen.

Jener wolte den dreyköpffigen Cerberum wieder auß der Hellen ziehen.

In Summa, jeder hat sein eigen geschwader, noch waren die grossen Herren so Närrisch, daß sie ihrem fürgeben glaubten, und die Bößwicht so verwegen, daß ob wol einer hie der ander da mit dem Messer auff die Finger geklopfft worden, sie doch sich nit daran kereten, sondern da einer etwa ein guldin Kettin erschnapt, wolten sie es alle darauf wagen.

Ich sahe einen, der hörte die Himmel rauschen.

Der ander kundte Platonis Ideas sehen.

Der dritte wolte Democriti Atomos zehlen.

So waren auch der ewig mobilisten nicht wenig.

Mancher hatte meines erachtens ein guten verstandt, aber er masse ihm selbst zu seinem verderben zuviel zu.

Endlich war auch einer, der wolt uns kurtzumb bereden.

Er sehe die Diener, so auffwarteten, hette auch sein streitten noch lenger getrieben, wann ihm nicht der unsichtbaren auffwärter einer ein so redlichs auff sein verlogenes Maul geben hette, daß nicht allein er, sondern auch viel neben ihm wie die Mäußlein geschwiegen.

Daß aber gefiel mir am besten, daß alle die Jenige, auff die ich etwas gehalten, in ihrem thun fein still waren und nicht laut darzu schrien, sondern erkandten sich für un verstendige Menschen, denen der Natur geheimnuß zu hoch, sie aber viel zu gering weren.

Inn solchem Tumult hette ich schier den tag, daran ich hieher kommen, verflucht, dann ich muste mit schmertzen sehen, daß lose, Leichtfertige Leut oben am bret waren, Ich aber in solchem geringen ort noch nicht köndte mit frieden bleiben, wie mich dann dieser Bößwicht einer hönisch ein geschecketen Narren gescholten.

Nun gedacht ich nicht, daß noch ein Port vorhanden were, dadurch wir musten gehen, sondern meinte, Ich wurde die gantze Hochzeit uber in solchem Spot, Verachtung und unwerdt müssen verbleiben, welches ich doch weder umb den H. Breuttigam, noch Braut jemalen verschuldet hette, solte ihm deßwegen meines erachtens einem andern Narren zu seiner Hochzeit gesucht haben dann mich.

Sihe zu solcher Ungedult bringet einfeltige Hertzen die ungleichheit dieser Welt.

Aber daß war eigentlich ein stuck meines Hinckens, darvon mir, wie oben gemeldet, getraumet, und zwar nam diß geschrey je lenger je mehr zu.

Dann da waren schon die sich falscher und erdichter Gesicht berümbten, die greyflich er logene träwm uns wolten bereden.

Nun saß ein feiner stiller Mann bey mir, der redet nun zu manchmalen von feinen sachen.

Endlich, spricht er, sihe mein Bruder, wann nun jemand keme, der solche verstockte Leut wolte auff den rechten Weg bringen, wurde man ihn auch hören: Nein trawn antwortet Ich.

So will nun, spricht er, die Welt mit gewalt betrogen sein, und mag die nit hören, so es gut mit ir meinen.

Sihestu auch jenen Lecker, mit was grüllengirigen Figuren und Närrischen gedancken er andere an sich bringt.

Dort äffet einer mit unerhörten verborgenen Worten die Leut.

Doch glaube mir darumb, es kommet noch die zeit, da man diesen Mummereyen die schämen wird abziehen, und aller Welt Weisen, wofür Landsbetrieger darunder gesteckt, da wird vielleicht noch gelten, dessen man nit geachtet.

Wie er diß redet und das geschrey auch je lenger je ärger wird, erhebt sich einsmals in dem Saal ein so zierliche und statliche Music, dergleichen ich die Tag meins lebens niemalen gehört, deßwegen Männiglich geschwiegen und gewartet, wz doch darauß werden wolte.

Es waren aber bey solcher Music alle Seitenspiel, dergleichen man hette erdencken mögen, und mit solcher Harmoni zusammen gestimmet, dz ich mein selbsten vergaß, und also unbeweglich gesessen, daß sich meine Beysitzer ab mir verwunderten, und diß weret fast ein halbe stund, darinnen unser keiner kein Wort geredt, dann so bald einer daß Maul wolt auff thun, wurde im unversehens ein streich und wüste doch nit, waher er käme: Mich gedauchte, weil uns je von den Musicanten nichts zu sehen zu theil wurde, wann ich nur alle Instrumenta, deren sie sich gebrauchten, beschawen möchte.

Nach einer halben stund hörete diese Music unversehens auff, und kundten wir nichts weiters sehen noch hören.

Bald darauff erhebt sich vor deß Saals Thür ein groß geprassel und gethön von Posaunen, Trommeten und Heerpaucken und war alles so meysterlich, als wolte der Römische Keyser einziehen.

Deßwegen die Thür sich selbsten eröfnet, da dann der Posaunenschall so laut worden, daß wir es kaum mochten erleiden: under deß kommen in den Saal meines erachtens viel tausent Liechtlein, welche alle inn richtiger ordnung für sich selbst daher gezogen, dz wir uns gentzlich entsetzet, biß endlich die vorgenanten zwen Knaben mit hellen Fackeln in den Saal getretten und einer schönen Jungfrawen, so auff einem Herrlich vergulten Triumph Sessel für sich selbsten da her gefahren, vorgeleuchtet, mich gedauchte, es were eben die, so zuvor im weg die Liechter angezündt und abgelescht und waren eben diß ihre Diener, die sie zuvor an die Bäwm gestellet.

Diese war nun nit wie zuvor Blaw: son dern mit eim Schneeweissen glantzenden Kleid angezogen, welches von lauter Gold schimmert und so klar sahe, daß wir sie nicht Kecklich dörfften an schawen.

Die beyde Knaben waren fast auch so, wiewol etwas schlechters bekleidet.

So bald die nun mitten in den Saal kommen und vom Stul abgestiegen: Neigeten sich vor ihr alle Liechtlein.

Darauf f wir alle von unsern Bäncken auffgestanden, aber doch jeder an seinem ort geblieben.

Wie sie nun uns, wir ihr hinwider alle Reverentz und ehrerbiettung erwiesen, fanget sie mit Holdseliger stimm an also zureden:

Der König, mein gnedigster Herr:
So jetzmals ist nit allzufern.
Wie auch sein allerliebste Braut,
Die ihm in Ehren ist vertrawt,
Die haben nun mit grosser frewd,
Euwer ankunfft gesehen albereit,
Thun auch jedem insonderheit,
Ihr Gnad entbieten jederzeit,
Und wünschen von ihrs Hertzen grund,
Das euch geling zu jeder stund,
Damit ihr künfftig Hochzeit freud,
Nit wirdt vermengt mit jemands Leid.

Darauff sie abermal höfflich mit allen ihren Liechtlein sich geneiget und bald darauff also angefangen:

Ihr wist, das in dem Ladungs Brieff:
Kein Mensch nit hieher worden brüfft.
Der nit von Gott all schöne gaben,
Vor lengsten möcht empfangen haben,
Und wer mit aller notturfft ziert,
Wie sich in solcher sach gebürt,
Wiewol sie nun nit glauben mögen,
Das jemand sey so gar verwegen,
Der mit so schwer Condition,
In dem fall dörfft einstellen thon,
Wann er sich nit vor langen zeiten,
Zu dieser Hochzeit thet bereitten,
Darumb sie in gut Hoffnung stehen,
Alles guts zu euch allen versehen,
Frewt sie daß in so schwerer Zeit,
Gefunden haben so viel Leut,
Noch seind die Menschen so verwegen,
Das sie ihr grobheit nit bewegen,
Und tringen sich an orten ein,
Darzu sie nicht beruffen sein,
Daß sich nun hie kein Bub verkauff,
Ein Schalck mit andern underlauff,
Sie aber bald ohn alles verhelen,
Ein reine Hochzeit haben wöllen,
So wirt auff den morgenden Tag,
Angstelt werden der Künstler Wag,
Da jeder leichtlich wird ermessen,
Was er da heimbden hab vergessen,
Ist nun jemand auß dieser Schaar,
Der ihm nit darff vertrawen gar.
Der mach sich jetz schnell auff ein seit,
Dan gschicht es, daß er lenger beit,
So ist all Gnad an ihm verlohren,
Und muß er morgen under d‘Sporen,
Bey wem nun sein G‘wissen klopfft: an,
Den wirt man heint im Saale lan,
Biß morgen soll er werden frey,
Doch daß er nimmer komm hierbey,
Weiß jemand nun was hinder ihm,
Der geh mit seinem Diener hin,
Der ihm sein gemach wirt zeigen thun,
Darin er heint sein ruh mög han,
Da er der Wag mit ruhm erwart,
Sonst wirt ihms schlaffen mächtig hart,
Die andern nemen hie für gut,
Dann wer wider vermögen thut,
Dem wer besser, Er wer entloffen,
Daß best will man von jedem hoffen.
So bald sie das außgeredt, thut sie wider Reverentz und springt mit frewden auff ihren Stul, darauff abermahl die Trommeter angefangen zu blasen, welches doch manchem seine schwere Seüfftzen nit nemmen mögen: haben sie also wieder Unsichtbar hinauß geleitet, doch sein mehrertheil Liechtlein in der Stuben geblieben und hatt sich allweg eins zu unser einem gesellet.

In solcher perturbation ist nit wol müglich außzusprechen, was schwerer Gedancken und Geberden hin und wider gangen.

Noch wahr der mehrertheil dahin bedacht, der Wag zu erwarten.

Und wann es je da nit sein wolte, mit friden (wie sie verhofft) darvon zuziehen.

Ich hatte mich bald besunnen, und weil mich mein Gewissen alles unverstands und unwürdigkeit uberzeügt, nam ich mir für, in dem Saal mit andern zubleiben und empfangener Mahlzeit viel lieber Content zusein, dann zu künfftiger schlappen mit gefahr zu erwarten.

Nach dem nuhn einer da, der ander dort in ein Gemach (jeder, wie ich nachmahls erfahren, in ein eigen) von seinem Liechtlein geführet worden, blieben unser neun und unter andern auch der, so vormals am Tisch mit mir gesprachet: Wiewol uns aber unsere Liechtlein nit verlassen, Ist doch bald nach einer Stund der emandten Knaben einer kommen, ein grosse büschel Strick mit sich gebracht, uns erstlich gefragt, ob wir dazubleiben entschlossen, da wir nuhn solches mit seüfftzen bewilligt, hat er jeden an ein besonder ort angelegt und ist also mit unseren Liechtlein gewichen und uns Arme im finstern gelassen: Da fieng allererst an das Wasser bey manchem uber die Körb zulauffen, und kundte ich mich selbsten deß weinens nit enthalten.

Dann ob wol uns nit zu reden verbotten worden, liesse doch der Schmertz und Betrübnuß keinen reden.

So wahren die Strick so wunderlich gemacht, das sie keiner auffschneiden, viel wenniger vom Füß bringen kundte, noch tröstet mich das, daß noch manchem, der sich letzt zur ruh begeben, sein gewinnen mit grosser Schmach bevorstunde, wir aber mit einer einigen Nacht all unser vermessenheit könten abbüssen.

Biß ich entlich in meinen schweren Gedancken entschlieff.

Dann ohn angesehen der weniger theil unter uns die Augen zuthet: So konte ich mich doch wegen der mühde nit enthalten.

In solchem Schlaff hätte ich einen Traum, wiewol nuhn dasselbig nit viel hinder ihm, halte ich doch nit für unnötig, denselben zuerzehlen: Mich gedauchte, wie ich auff einem hohen Berg wäre: Und sahe vor mir ein grosses und weites Thal.

In diesem Thal waren beyeinander ein unsägliche menge Volcks, deren jeder auff dem Kopff einen Faden hatte, mit dem er an den Himmel angehencket war.

Nun hiengeeiner hoch der ander nider, etliche stünden noch gar auf der Erden.

Es flog aber in den Lüfften ein alter Mann ub, der hatte in seiner Hand eine Scheren, damit er hie einem, dort eim andern sein Faden abschnitt.

Welcher nuhn nahe bey der Erden war, der war desto eh fertig und fiel ohne rümor.

So es dann an ein hohen kam, da fiel er, daß sich die Erd erzittert.

Etlichen geriets, daß ihn ihr Faden nach gelassen wurde, daß sie auff die Erden kamen, ehe der Faden abgeschnitten wurde.

Ab solchem burtzeln hatte ich meinen lust und und frewet mich von hertzen, wann einer, der sich lang in Lüfften seiner Hochzeit uberhub, so schantlich herunder fiel und noch etwan seiner nachbarn etlich mit sich nam.

So frewet mich auch, wann der, so sich jederzeit bey der Erden gehalten, so fein still kondte hiervon kommen, daß es auch seine Nechsten nit mercketen: Wie ich aber nun in höchsten meinen frewden bin, werde ich von einem meinem mitgefangnen unversehens gestosen, deßwegen ich erwacht und gar ubel mit ihm zufrieden gewesen.

Dachte doch meinem Traum nach und erzehlt ihn meinem Bruder, der auff der andern seiten neben mir lag.

Der ließe es ihm nit übel gefallen und verhofft, es solte etwan noch ein hülff darhinder stecken: In solchem gespräch vertrieben wir die übrige Nacht und erwarttete mit verlangen deß tags.

(3. Tag)