05. Mentale Transformation

Mentale Transformation

„Mind (ebenso gut wie Metalle und Elemente) kann von Zustand zu Zustand umgewandelt werden, von Grad zu Grad, von Beschaffenheit zu Beschaffenheit; von Pol zu Pol; von Schwingung zu Schwingung. Wahre hermetische Transmutation ist eine mentale Kunst.“ Das Kybalion

Wie wir bereits sagten, waren die Hermetiker die ursprünglichen Alchimisten, Astrologen und Psychologen, und Hermes der Gründer dieser Schulen. Aus der Astrologie wurde die moderne Astronomie; aus der Alchimie wurde die moderne Chemie, aus der mystischen Psychologie wurde die moderne Schulpsychologie.

Man darf aber nicht annehmen, die Alten hätten nichts von dem gewusst, was die modernen Schulen für ihr ausschließliches und spezielles Eigentum halten. Die Urkunden, die auf den Steinen des alten Ägypten eingegraben sind, zeigen eindeutig, dass die Alten ein volles, umfassendes Wissen der Astronomie hatten; zeigt doch der Bau der Pyramiden den Zusammenhang zwischen dem Bauplan und dem Studium der Astronomie. Auch auf dem Gebiet der Chemie waren sie durchaus nicht unwissend; denn die Fragmente der alten Schriften zeigen uns, dass sie mit den chemischen Eigenschaften der Dinge wohl vertraut waren. Ja, die letzten Entdeckungen der modernen Wissenschaft bestätigen allmählich die alten physikalischen Theorien, besonders die, welche sich auf die Beschaffenheit der Materie beziehen. Man darf aber ebenso wenig denken, die Alten hätten von den – sogenannten modernen Entdeckungen der Psychologie nichts gewusst; ganz im Gegenteil, die Ägypter waren in der Psychologie vorzüglich erfahren, besonders in den Zweigen, von denen die modernen Schulen nichts wissen, die aber nichtsdestoweniger unter dem Namen „psychische Wissenschaft“ entdeckt worden sind. Diese Wissenschaft verblüfft die Psychologen von heute und lässt sie widerstrebend zugestehen, „dass nach allem doch etwas daran sein muss“.

Tatsache ist, dass die Alten außer der materiellen Chemie, Astronomie und Psychologie (das heißt die Psychologie als Lehre von der „Gehirntätigkeit“) ein Wissen der transzendenten Astronomie – Astrologie genannt -, der transzendenten Chemie – Alchimie genannt -, der transzendenten Psychologie – mystische Psychologie genannt -, besaßen. Sie besaßen sowohl die innere wie auch die äußere Wissenschaft, welch letztere allein der modernen Wissenschaft bekannt ist.

Einer der vielen geheimen Zweige des hermetischen Wissens, die mentale Transmutation, bildet den Gegenstand dieser Lektion.

„Transmutation“ ist ein Ausdruck, der gewöhnlich als Bezeichnung der alten Kunst von der Verwandlung der Metalle gebraucht wird – hauptsächlich der Verwandlung niederer Metalle in Gold.

Das Wort „Transmutation“ bedeutet “ von einer Natur, Form oder Substanz in eine andere verändern, umformen“ (Webster). Daher bedeutet „mentale Transmutation“ die Kunst, mentale Zustände, Formen, Beschaffenheit in andere umzuwandeln, umzuformen. So könnt ihr sehen, dass mentale Transmutation die Kunst „mentaler Alchimie“ ist, wenn euch dieser Ausdruck zusagt eine Form praktischer Psychologie.

Aber dies bedeutet weit mehr als das, was uns bei oberflächlicher Betrachtung erscheint. Transmutation, Alchimie oder Chemie auf dem mentalen Plan ist in ihren Wirkungen sicherlich wichtig genug, dass, wenn auch die Kunst hier zu Ende wäre, sie immer noch eine der wichtigsten Zweige menschlicher Forschung wäre. Aber es ist nur der Anfang. Sehen wir weiter!

Das erste der sieben hermetischen Prinzipien ist das Prinzip des Mentalismus, dessen Axiom sagt: „Das All ist Mind, das Universum ist mental.“ Das bedeutet, dass die wesentliche Wirklichkeit, die dem Universum unterliegt, Mind ist; dass das Universum mental ist, das heißt, im Mind das All existiert. Wir werden das Prinzip in den folgenden Lektionen besprechen, für jetzt wollen wir es als wahr ansehen und seine Wirkungen betrachten.

Wenn das Universum seiner Natur nach mental ist, dann muss mentale Transmutation die Kunst sein, die Konditionen (Zustände, Beschaffenheit) des Universums zu verändern in Bezug auf Materie, Kraft und Mind. Man sieht daher, dass mentale Transmutation wirklich die Magie ist, von der die alten Schriftsteller in ihren mystischen Werken so viel zu sagen haben, aber nur so wenig praktische Unterweisung geben. Wenn alles mental ist, dann muss die Kunst, die ihn befähigt, mentale Zustände zu transmutieren, den Meister zum Herrscher über materielle ebenso wohl wie auch über gewöhnlich mental genannte Zustände machen.

Tatsache ist, dass nur vorgeschrittene mentale Alchimisten den Grad der Macht erlangen konnten, der notwendig ist, die gröberen physikalischen Zustände zu beherrschen, über die Elemente der Natur zu gebieten, Gewitter und Erdbeben und andere große physikalische Phänomene hervorzurufen und aufhören zu lassen.

Dass aber solche Männer lebten und noch heute leben, wird von allen vorgeschrittenen Okkultisten aller Schulen ernstlich geglaubt. Die besten Lehrer versichern ihren Schülern, dass die Meister leben und diese Kräfte besitzen, da sie selbst Erfahrungen gemacht haben, die einen solchen Glauben und solche Behauptungen rechtfertigen. Diese Meister zeigen ihre Macht nicht öffentlich, sondern suchen die Einsamkeit, um besser auf ihrem Pfade der Vervollkommnung (attainment) wirken zu können. Wir erwähnen ihre Existenz jetzt nur, um euere Aufmerksamkeit auf die Tatsache zu lenken, dass ihre Macht vollständig mental ist und nach der höheren mentalen Transmutation wirkt, in Übereinstimmung mit dem hermetischen Prinzip der Mentalität: „Das Universum ist mental“ (Das Kybalion).

Schüler und Hermetiker niederen Grades aber – die Eingeweihten und Lehrer – können auf dem mentalen Plan frei wirken, in mentaler Transmutation. Alles, was wir „psychische Phänomene“, „mentale Beeinflussung“, „mentale Wissenschaft“, „neugedankliche Phänomene“ usw. nennen, wirkt tatsächlich die gleichen allgemeinen Richtlinien entlang; denn in allen Phänomenen wie sie auch heißen mögen – wirkt nur ein Prinzip. Der Schüler und Ausübende der mentalen Transmutation arbeitet auf dem mentalen Plan, indem er mentale Bedingungen, Zustände usw. in andere umwandelt, nach verschiedenen, mehr oder weniger wirksamen Prinzipien. Die verschiedenen „Behandlungen“, „Behauptungen“, „Verneinungen“ usw. der mentalwissenschaftlichen Schulen sind nur – oft ganz unvollkommene und unwissenschaftliche – Formeln der hermetischen Kunst. Die Mehrzahl der modernen Gelehrten ist im Vergleich zu den alten Meistern ganz unwissend, denn ihnen fehlen die fundamentalen Kenntnisse, auf denen das Werk ruht.

Durch die hermetischen Methoden kann man nicht nur seine eigenen mentalen Zustände usw. verändern oder transmutieren, sondern auch die Zustände anderer.

Dies letztere geschieht meist unbewusst, doch manchmal bewusst durch Menschen, welche die Gesetze und Prinzipien verstehen, in Fällen, in denen die betroffenen Leute von den Prinzipien des Selbstschutzes nicht unterrichtet sind. Ja, noch mehr, vielen Schülern und Ausübenden der modernen mentalen Wissenschaft ist es bekannt, dass jeder materielle Zustand, der von den Minds anderer Leute abhängt, verändert oder transmutiert werden kann in Übereinstimmung mit dem ernsten Wunsch, Willen und der „Behandlung“ derjenigen Person, die veränderte Lebensbedingungen wünscht. Diese Tatsachen sind aber heute so allgemein bekannt, dass wir es nicht für notwendig erachten, sie lange zu besprechen. Wir wollen jetzt nur zeigen, dass hermetisches Prinzip und hermetische Kunst all diesen verschiedenartigen Formen der Praxis unterliegt, sei die Praxis gut oder böse; denn nach dem hermetischen Prinzip der Polarität kann die Kraft in entgegengesetzten Richtungen angewendet werden.

In diesem kleinen Buch werden wir die Grundprinzipien mentaler Transmutation darlegen, so dass alle, welche es lesen, die zugrundeliegenden Prinzipien erfassen mögen und so den Meister-Schlüssel besitzen, welcher die zahlreichen Tore des Polaritätsprinzips erschließen wird.

Wir werden nun das erste der sieben Hermetischen Prinzipien betrachten, das Prinzip der Mentalität, in welchem nach den Worten im Kybalion die Wahrheit erklärt wird, dass „das All Mind ist, das Universum mental ist“. Wir fordern von unseren Schülern große Aufmerksamkeit und sorgfältiges Studium dieses großen Prinzips, weil es tatsächlich das Grundprinzip der ganzen hermetischen Philosophie und der hermetischen Kunst mentaler Transmutation ist.

Inhalt

01. Das Kybalion
02. Einleitung
03. Die Hermetische Philosophie
04. Die sieben hermetischen Prinzipien
05. Mentale Transformation
06. Das All
07. Das mentale Universum
08. Das göttliche Paradoxon
09. „Das All“ in allem
10. Pläne der Entsprechung
11. Schwingung
12. Polarität
13. Rhythmus
14. Kausalität
15. Geschlecht
16. Mentales Geschlecht
17. Hermetische Axiome