Einleitung

Wann der »Bardo-thödol« nicht zu lesen ist

Um die Befreiung der Wesen herbeizuführen, befolge man in erster Linie der Reihe nach die einzelnen mystischen Anweisungen. Wer einen scharfen Geist hat, gewinnt die Befreiung sicher schon] durch die Befolgung der mystischen Anweisungen. Wer jedoch nicht befreit wird, der übe im Zwischenzustand der Todesstunde die Anweisung, die spontane Befreiung durch bloßes Sich-Vergegenwärtigen der Bewusstseinsübertragung.

Dadurch werden mittelmäßig Strebende sicher befreit werden. Sollten sie jedoch nicht befreit werden, dann sollen sie im Zwischenzustand des Wahren Seins sich der Großen Befreiung durch Hören befleißigen. So soll der Sterbende in Übereinstimmung mit der spontanen Befreiung durch die Betrachtung der Vorzeichen des Todes die Anzeichen des Todes untersuchen.

Zurzeit, da die Anzeichen des Todes untrüglich und vollständig wahrgenommen werden, soll man die Anweisungen der spontanen Befreiung durch bloßes Sich-Vergegenwärtigen der Bewusstseinsübertragung befolgen. Hat man hierbei das Bewusstsein des Sterbenden erfolgreich übertragen, so braucht man die Große Befreiung durch Hören nicht mehr zu lesen.

Das Lesen des »Bardo-thödol«

Gelingt es nicht, das Bewusstsein zu übertragen, dann muss man vor der Leiche mit klarer und deutlicher Stimme diese Große Befreiung durch Hören lesen.

Ist jedoch die Leiche nicht da, so soll man sich auf dem Schlaf- oder Sitzplatz des Toten niederlassen und – da man ein Wahrheitswort ausspricht – den Geist des Verstorbenen herbeirufen. Diesen stellt man sich vor, wie er vor einem sitzt und zuhört.

So soll man nun lesen!

Da zu dieser Zeit es für die Verwandten und die mit dem Sterbenden liebevoll Verbundenen unpassend ist, zu weinen und zu wehklagen, ist solches streng verboten.

Wenn die Leiche da ist, dann soll der Lama des Verstorbenen], ein geistlicher Bruder, einer, zu dem der Tote Vertrauen hatte, oder ein gleichgesinnter Freund oder ein ähnlicher zu dem Zeitpunkt, da der äußere Atem bereits versiegt, der innere Lebensodem sich aber noch nicht verflüchtigt hat, diese Große Befreiung durch Hören lesen, und zwar mit dem Mund nahe am Ohr des Toten, ohne es zu berühren.

Opferung und vorbereitende Gebete

Nun die hauptsächliche Erklärung zur Großen Befreiung durch Hören:

Wenn Entsprechendes zur Hand ist, bringe man den Drei Kostbarkeiten reichliche Opfergaben dar!

Ist nichts zur Hand, dann opfere man ihnen, indem man eben das, was als Stütze der Vorstellung vorhanden ist, im Geist unendlich vermehrt.

Danach spreche man drei- oder siebenmal ein Gebet, in dem man die Buddhas und Bodhisattvas um Unterstützung bittet.

Danach sind folgende Gebete zu singen:
– Schutz vor den Schrecken des Zwischenzustandes«,
– Befreiung aus dem Abgrund des Zwischenzustandes« und
– Grundlegende Worte für den Zwischenzustand«.

Danach rezitiere man die Große Befreiung durch Hören, je nach den Umständen, drei- oder siebenmal.

Aufbau des »Bardo-thödol«

Diese besteht aus drei Teilen:

1. Einsicht in die Natur des Urlichts im Zwischenzustand der Todesstunde
2. Das Rezitieren des großen Gebets, das den Zwischenzustand des Wahren Seins darlegt.
3. Die Lehre, wie das Eingehen in den Mutterschoß im Zwischenzustand des Werdens zu verhindern ist.