DE INCARNATIONE VERBI – VON DER MENSCHWERDUNG JESU CHRISTI – Teil 3

DE INCARNATIONE VERBI – VON DER MENSCHWERDUNG JESU CHRISTI – Teil 3

Jakob Boehme

Jakob Böhme – DE INCARNATIONE VERBI – VON DER MENSCHWERDUNG JESU CHRISTI – Teil 1
Jakob Böhme – DE INCARNATIONE VERBI – VON DER MENSCHWERDUNG JESU CHRISTI – Teil 2

Dritter Teil der Menschwerdung Jesu Christi

Der Baum des christlichen Glaubens, ein rechter Unterricht, wie der Mensch könne ein Geist mit Gott sein und was er tun müsse, dass er Gottes Werk wirke. Eine offene Porte der großen Heimlichkeit Gottes aus der göttlichen Magia durch die drei Principia göttlichen Wesens.

1. Kapitel – Was Glaube sei und wie er ein Geist mit Gott sei

Christus spricht: Suchet am ersten das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, so wird euch das andere alles zufallen (Matth. 6,33); item: Mein Vater will den Hl. Geist geben, die ihn darum bitten (Luk. 11,13); und wenn derselbe kommt, der wird euch in alle Wahrheit leiten, der wird euch erinnern alles dessen, so ich euch gesagt habe, denn von dem Meinen wird er’s nehmen und euch verkündigen (Joh. 16, 13-15); item: Ich will euch Mund und Weisheit geben, was ihr reden sollt (Luk. 21,15); Und St. Paulus spricht: Wir wissen nicht, was wir bitten und reden sollen, sondern der Geist Gottes vertritt uns mächtig, nachdem wie es Gott es gefällig (Röm. 8,26).

So ist nun der Glaube und nicht eine historische Wissenschaft, dass ihm ein Mensch Artikel mache und daran allein hange und zwänge sein Gemüt in die Werke seiner Vernunft, sondern er ist ein Geist mit Gott, denn der Hl. Geist fähret in dem Glaubensgeiste.

Der wahre Glaube ist eine Macht Gottes, ein Geist mit Gott. Er wirket in Gott und mit Gott. Er ist frei und an keine Artikel gebunden als nur an die rechte Liebe, darinnen holet er seines Lebens Kraft und Stärke, und lieget nichts am menschlichen Wähnen.

Denn gleichwie Gott frei ist von aller Abhängigkeit, dass er tut was er will und braucht darum keine Rechenschaft geben, also ist auch der rechte, wahre Glaube im Geiste Gottes frei. Er hat nicht mehr als eine Neiglichkeit als in die Liebe und Barmherzigkeit Gottes, also dass er seinen Willen in Gottes Willen wirft und gehet aus der siderischen und elementischen Vernunft aus. Er suchet sich nicht in der Vernunft des Fleisches, sondern in Gottes Liebe. Und so er sich also findet, so findet er sich in Gott und wirket mit Gott, nicht nach der Vernunft, was die will, sondern in Gott, was Gottes Geist will. Denn er schätzet das irdische Leben nichts, auf dass er in Gott lebe und Gottes Geist in ihm sei das Wollen und das Tun. Er ergibt sich in der Demut in den Willen Gottes und ersinket durch die Vernunft in den Tod, grünet aber mit Gottes Geist im Leben Gottes. Er ist als wäre er nichts und ist doch in Gott alles. Er ist eine Zierde und Krone der Gottheit, ein Wunder in der göttlichen Magia. Er machet, da nichts ist, und nimmt, da nichts gemacht ist. Er wirket und niemand sieht sein Wesen. Er erhöhet sich und bedarf doch keines Aufsteigens. Er ist großmächtig und ist doch die allerniedrigste Demut. Er hat alles, und fasset doch nichts mehr als die Sanftmut. Also ist er von aller Bosheit frei und hat kein Gesetze, denn der Grimm der Natur reget ihn nicht. Er bestehet in Ewigkeit, denn er ist in keinen Grund gefasst. Er ist in nichts eingesperrt, gleichwie der Ungrund der Ewigkeit frei ist und in nichts ruhet als nur in sich selber, da eine ewige Sanftmut ist.

Also auch der wahre rechte Glaube in dem Ungrunde. Er ist in sich selber das Wesen. Er lebet, suchet aber nicht sein Leben, sondern er suchet das Leben der ewigen stillen Ruhe. Er gehet aus seines Lebens Geist und besitzet sich selber, also ist er frei von der Qual, gleichwie Gott von der Qual frei ist, und wohnet also in der ewigen Freiheit in Gott. Er ist mit der ewigen Freiheit Gottes als ein Nichts, und ist doch in allem. Es kommet ihm alles zustatten, was Gott und die Ewigkeit vermag und ist. Er wird von nichts ergriffen, und ist doch eine schöne Innewohnung in der großen Macht Gottes. Er ist ein Wesen, und wird doch von keinem Wesen ergriffen. Er ist eine Gespielin und Freundin der göttlichen Jungfrauen, der Weisheit Gottes. In ihm stehen die großen Wunder Gottes, und ist doch frei von allem, gleichwie das Licht vom Feuer frei ist, und da es doch vom Feuer immer geboren wird, und des Feuers Qual kann es doch nicht ergreifen oder regen.

Also im gleichen geben wir euch zu verstehen, wird der Glaube aus dem Lebensgeiste als aus einem immer brennenden Feuer erboren und scheinet in demselben Feuer. Er erfüllet des Lebens Feuer und wird doch immer ergriffen. So er aber ergriffen wird, so ist er selber in die Vernunft als in ein Gefängnis eingegangen und ist nicht mehr in Gott, in seiner Freiheit, sondern er ist in die Qual eingegangen. Er plaget sich selber, da er doch mag wohl frei sein. In der Vernunft wirket er die Wunder im Feuer der Natur. Und in der Freiheit wirket er die Wunder Gottes in der Liebe.

2. Kapitel – Von dem Ursprung des Glaubens und warum Glaube und Zweifel beisammen wohnen

So denn nun der Glaube also ein Geist mit Gott ist, so ist uns sein Urstand zu betrachten. Denn wir können nicht sagen, da er eine Figur oder Bild der Vernunft sei, sondern er ist Gottes Bild, Gottes Gleichnis, eine ewige Figur, und mag sich doch in der Zeit des Leibes zerbrechen oder in die Angstqual verwandeln. Denn er ist in seinem eigenen Wesen im Urstande bloß ein Wille. Und derselbe Wille ist ein Same. Diesen muss der Feuergeist als die Seele in die Freiheit Gottes säen. So wächst ein Baum aus demselben Samen, davon die Seele isst und ihr Feuerleben sänftiget, dass sie kräftig wird, und der Wurzel des Baumes ihre Kraft gibt, davon der Baum im Geiste Gottes wächst bis in die Wunder der Majestät Gottes und grünet im Paradies Gottes.

Und wiewohl es ist, dass wir mit dieser Beschreibung möchten stumm sein und unverstanden, denn die Vernunft will alles greifen und sehen, so wollen wir das ganz klar an das Licht stellen, warum Glauben und Zweifel beieinander sind und gleichsam mit einer Ketten verbunden, dass also ein heftiger Streit im Menschen ist allezeit, solange er in dieser Hütte des irdischen Lebens Gast ist. Es sei denn, dass ers also trefflich sehr in sich versinke, dass er des Lebens Feuer könne in der Freiheit Gottes einführen, so ist er in dem Vernunftleben als tot. Und ob er gleich lebet, so lebet er Gotte, welches wohl ein hochteuer Leben von einem Menschen ist, und wird selten bei einem gefunden. Denn es gleichet dem ersten Bildnis, das Gott schuf, wiewohl ihm doch das Sterbliche anhanget, so ist es doch als tot, als ob ihm ein totes Bildnis anhänge, welches in die Zerbrechung gehöret, da der rechte Mensch nicht inne lebet. Denn das rechte Leben stehet umgewandt, und ist in einer andern Welt in einem andern Principio und lebet in anderer Qual.

So verstehet uns nun in dem Wege: Ihr sehet und erkennt des menschlichen Lebens Urstand, wie das im Mutterleibe entstehet, und sehet alsdann, worin es qualifizieret und sich beweget, als nämlich in vier Gestalten: in Feuer, Luft, Wasser und Fleisch. Und ob’s nun gleich also darinnen stehet, so ist es doch in diesem nicht mehr als ein tierisches Leben, denn seine Vernunft kommet ihm von dem Gestirne und befindet sich, dass die Sonne und das Gestirne eine Tinktur in den vier Elementen machet, davon die Vernunft und Qualifizierung kommt wie auch die Lust und Unlust. Es ist aber noch lange nicht das rechte menschliche Leben, denn diese suchet nichts höheres als nur sich selber in ihren Wundern. Es ist aber dennoch im Menschen eine Begierde und ein großes Sehnen nach einem höheren, bessern und ewigen Leben, da keine solche Qual innen ist. Und ob die Vernunft dieselbe Begierde nicht fasset noch sieht, so lieget doch ein Mysterium in der Vernunft, das das schmecket und erkennet, davon die Sucht entstehet. Daran wir erkennen, dass dasselbe Mysterium sei in der ersten Schöpfung mit eingepflanzt worden und sei des Menschen Eigentum. Und wir befinden also, dass es in einem Begehren oder Sehnen stehe, als nämlich in einer magischen Sucht. Ferner befinden wir, dass wir mit demselben Mysterium in einer fremden Herberge zu Hause sind und dass dasselbe Mysterium nicht im Geiste dieser Welt stehet, denn er begreift das nicht, auch findet er das nicht. Daran wir denn erkennen den schweren Fall Adams, denn wir befinden dasselbe Mysterium im Willen des Gemütes und dass es ein verborgener Qual sei, der in einem andern Principio sich eröffne. Auch verstehen wir, dass dasselbe Mysterium im Feuer in der Angstqual verborgen stehe und sich durch die Angst des Willens eröffne. Und dann zum dritten befinden wir, wie dasselbe Mysterium vom Geiste dieser Welt gefangen gehalten werde und wie die äußere Lebensvernunft eine Macht habe, da hineinzugehen, das zu verderben, dass dasselbe Mysterium nicht zum Lichte komme, indem sie das verdecket, dass die Gebärerin nicht mag gebären, und bleibet also im Mysterium verborgen. Und so alsdann der Leib zerbricht, so hat der Wille keinen mehr, der das Mysterium eröffne. Damit bleibet also der Feuer- oder Seelengeist in der Finsternis, und stehet das Mysterium ewig in ihm verborgen gleich wie in einem andern Principio.

Also erkennen wir das Mysterium für Gottes Reich, welches in der Seelen verborgen stehet, welches der Seelen eine Lust und Begierde gibt, dass sie in dasselbe Mysterium imaginieret, da sie dann magisch in demselben Mysterium geschwängert wird, daraus ihr der Wille entstehet, aus dem Feuerleben auszugehen in das Mysterium Gottes. Und so es nun ist, dass sie den Willen erhebet und von sich in das Mysterium wirft, so wird der Wille im Mysterium geschwängert, denn er ist sehnend und krieget des Mysterium Leib als das Wesen des Mysterium, welches ist Gottes Wesen, das der Natur unbegreiflich ist. Also zeugt der Wille Gottes Gleichnis oder Bild an sich.

So denn nun der Wille aus dem Seelenfeuer erboren wird, so stehet er ja auch mit seiner Wurzel in der Seelen, und ist zwischen dem Willen und der Seelen keine Trennung, sondern der Wille wird also in Gott ein Geist und wird der Seelen Kleid, dass also die Seele im Willen in Gott verborgen wird, dass – ob sie gleich im Leibe wohnet – noch dennoch ist sie mit ihrem Willen umfangen und in Gott verborgen. Und ist also im Willen, welcher der rechte ernste Glaube ist, ein Kind Gottes, und wohnet in einer andern Welt.

Dieses ist nun nicht also zu verstehen gleich einem historischen Willen, da die Vernunft weiß, dass eine Begierde nach Gott in ihr ist und hält aber dieselbe Begierde in der Bosheit gefangen, dass der Wille nicht kann aus der Seelen ausgehen und in das Leben oder Mysterium Gottes eingehen, sondern machet Meinungen und setzet den Willen in den Wahn, da er dann das Mysterium Gottes nicht erreichen mag, und bleibet also in dem Wahn oder ja gar in der Seelen verborgen, indem er gerichtet wird auf ein Künftiges, da die Vernunft den Willen in des Fleisches Sucht in der siderischen Magia gefangen hält und immer saget: Morgen sollst du ausgehen und das Mysterium Gottes suchen. – Wahrlich, es ist kein eigen Vermögen des Findens. Diese Meinung betrüget sich. So ist auch in keinem Wahn die Freiheit, da der Wille mag eingehen und Gott schauen, dass ihr die Vernunft darf einbilden, etwas zu machen oder zu tun und also damit Gott gefällig zu sein.

Denn es ist kein anderer Weg, der da richtiger sei, als nur mit dem Willen aus der Vernunft auszugehen und nicht sich wollen suchen, sondern nur in Gottes Liebe und in Gottes Willen sich ganz einwerfen und alles, was die Vernunft in den Weg wirft, liegen lassen. Und ob es große Sünden und begangene Laster wären, in welche der Leib wäre eingegangen, so soll man nur darüber hingehen mit dem Willen und Gottes Liebe größer schätzen als den Unflat der Sünden. Denn Gott ist nicht ein Annehmer der Sünden, sondern ein Annehmer des Gehorsams und freien Willens. Er lässt die Sünden nicht in sich, aber einen demütigen Willen, der aus dem Sündenhause ausgehet und der Sünden nicht mehr will, sondern er senket sich außer der Vernunft in seine Liebe als ein gehorsames demütiges Kind. Dasselbe nimmt er an, denn es ist rein. Wenn es aber noch im Wahn stecket, so ist es auch mit dem Wahn umfangen und ist nicht frei. So denn nun Gott von der Bosheit in sich frei ist, so muss auch der Wille frei sein, denn also ist er auch Gottes Gleichnis, Bild und Eigentum, denn was zu ihm in seine Freiheit kommet, will er nicht hinaus stoßen, wie uns Christus lehret (Joh. 6,37).

3. Kapitel – Von des Glaubens Eigenschaft, wie er aus dem Willen der Natur in den freien Willen Gottes ausgehe

So verstehet nun ferner in diesem Wege: Wir wissen und haben es auch in heiliger Schrift sowohl im Lichte der Natur und an allem Wesen genug erkenntlich, dass von dem ewigen Wesen alles herkommt, Gutes und Böses, Liebe und Zorn, Leben und Tod, Freude und Leid. So können wir nun nicht sagen, dass darum das Böse und der Tod von Gott komme, denn in Gott ist kein Böses, auch kein Tod, und gehet in Ewigkeit kein Böses hinein. Alleine der Grimm rühret her aus dem Feuer der Natur, da das Leben als in einer Magia stehet, da je eine Gestalt in der Sucht die andre begehret und erwecket, davon die Essentien der Vielheit entstehen, daraus die Wunder erboren werden, in welchen sich die Ewigkeit in Gleichnissen offenbaret. Und da wir doch sagen müssen, dass in Gottes Willen ein Begehren sei, der da ursachet die Magiam, daraus die Vielheit entstehe. Und ist die Vielheit doch nicht Gottes Wille selber, welcher frei ist von allem Wesen, sondern in der Sucht des Willens erbiert sich die Natur mit allen Gestalten, da denn alles aus dem Begehren als aus der ewigen Magia urständet.

Und ist uns ferner zu erkennen, dass alles dasjenige, das da Leben bekommt – welches in die Sucht imaginieret und seinen Willen in die Natur setzet – der Natur Kind ist und eines Lebens mit der Natur. Was aber mit seinem Willen aus der Sucht der Natur ausgehet in den freien Willen Gottes, das wird vom freien Willen angenommen und erkannt und ist ein Geist in Gott. Und ob es gleich in der Natur ist, gleichwie auch die Natur in Gottes Willen sich hat von Ewigkeit immer erboren, so ist doch sein Geistleben außer der Natur im freien Willen. Und also stehen die Wunder der Natur in Gott offenbar und sind doch nicht Gott selber. Und so der Seelen Willengeist aus der Vernunft der Natur ausgehet in den freien Willen Gottes, so ist der Willengeist Gottes Kind und der Naturgeist Gottes Wunder, und stehet die Kreatur in sich selber eingewandt wie Gott selber. Denn der siderische oder Vernunftgeist suchet in seiner Magia in seinem Centro der Vernunft die Wunder der Ewigkeit, zu welchem Ende Gott die Seele in den Leib der äußern Natur hat geschaffen, ob sie wohl im Innern alleine ergriffen ist. Und der Willengeist gehet in die Freiheit Gottes, da ihn dann der Hl. Geist im freien göttlichen Mysterium führet, dass also die Gottheit im Willengeiste offenbar stehet und im Vernunftgeiste stehet die Magia der Natur offenbar.

So denn nun die Seele das Centrum ist, da der rechte Willengeist gegen die Freiheit Gottes ausgehet in die Freiheit Gottes als in das göttliche Mysterium, so hat sie auch den siderischen Geist am Bande. Und so sie denselben zähmet, dass er nicht Bosheit wirket, so mag sie die siderischen Wunder, welche im elementischen Spiegel zu einer Substanz gemacht worden, vor die Majestät Gottes in freien Willen Gottes einführen, dass also die Wunder in der göttlichen Majestät Freiheit erscheinen als ein Gleichnis des Willens Gottes. Nicht also zu verstehen, dass sich die Freiheit Gottes mit der Natur Wundern und mit dem Gleichnis mische, dass es eines sei. Nein: Gott bleibet ewig frei. Er wohnet in den Wundern wie die Seele im Leibe. So wenig der Leib die Seele ergreift oder das Feuer das Licht, also wenig auch die Natur die Gottheit, und ist doch ein Wesen und hat sich von Ewigkeit in zwei Wesen geschieden gleichwie das Feuer und Licht, da wir im Feuer die Qual der Natur verstehen und im Lichte das Mysterium des Geistlebens ohne Qual, wiewohl das Feuer auch ein Mysterium ist.

Also, verstehet uns, hat es auch eine Gestalt mit dem Menschen. Die Seele ist das Feuer des rechten menschlichen Lebens, das Gott aus der ewigen Natur in Adam mit seinem Geist aufblies als aus dem Centro Gottes. Und der Geist, der aus dem Seelenfeuer erboren war, welchen Gottes Geist zu seinem Bild formierte, der hat das göttliche Mysterium, daraus der Wille gegen der Liebe Gottes erboren wird, daraus die göttliche Magia oder Sucht entstehet, dass der Willengeist Gottes begehret. Und so er sich nun erhebet, das ist: aus dem verborgenen Mysterium ausgehet in die Freiheit Gottes, so ist er ein Zweig oder Gewächse in Gottes Reich, gewachsen aus Gottes Mysterium, und wirket in Gottes Willen und eröffnet immer die Wunder in Gottes Weisheit. Nicht dergestalt, dass in Gott etwas Neues geboren würde, das nicht von Ewigkeit wäre in Gottes Weisheit gewesen, welche keinen Grund noch Zahl hat, sondern alleine im Seelengeiste in sich selber wird das ewige unendliche Mysterium offenbar zu Gottes Ehre und Wundertat und zu seiner selbst, verstehe: zur Kreatur ewiger Freude.

Dieweil denn nun die irdische verderbte Sucht sich mit der Sternenqual menget und aber die Seele in dem schweren Fall Adams hat mit ihrem Willen in die Sternen sowohl in die irdische Sucht imaginieret und die fremde Magiam in sich eingeführt, so ist der Wille gebrochen und das göttliche Bildnis zerstöret worden; und ward das himmlische göttliche Bildnis des Menschen irdisch, dass also der rechte Wille gleichwie umgewandelt stehet als im Geiste dieser Welt, nämlich in der Vernunft, welche aus dem Gestirne erboren wird. Jetzt tut nun das rechte Bildnis Gottes, welches also zerstöret und irdisch worden ist, not, dass es anders und neu geboren werde. Und wäre kein Rat gefunden worden, diesem Bildnis zu helfen, wenn nicht das Wort aus dem Centro Gottes, nämlich Gottes eigen Leben, wäre ein Mensch worden, und hätte die arme Seele, deren Bildnis jetzt verderbet war, wieder in sich neugeboren. Da ward dem rechten Bildnis wieder geholfen, sonst wäre es ewig der Freiheit und Majestät Gottes beraubet gewesen.

Weil denn alle Seelen sind aus einer herkommen, so sind sie alle aus der verderbten Wurzel erboren. Weil aber das neue wiedergeborene Leben in Christo ist in einer Seelen wiederkommen, so tut uns not, dass wir alle unsern Willen in die Wiedergeburt Christi einwerfen, denn in Christo sind wir mit unserer Seelen wieder in Gott geboren worden, und haben in Christo wieder das Bildnis erlanget. Denn unser Mysterium in der Seelen stand nach dem Fall nur bloß in der Magia der Natur, welche in ihrem Centro ein Feuer ist, und war das Bildnis aus der Freiheit Gottes in die äußere Magiam gewandt als in das äußere Principium. Wenn nun dasselbe im Wesen zerbricht, so stehet die arme verderbte Bildnis der Seelen bloß als ein verloren Kind, und das in seinem eigenen Centro nichts mag erwecken als nur den grimmen Feuerquall. Denn es ist aus dem Worte Gottes als aus Gottes Mysterium ausgegangen in einen zerbrechlichen Spiegel, nämlich in den Geist dieser Welt, welcher anfänglich und endlich ist. Darum dann auch der Seelen Leib ganz irdisch worden, und ist der Zerbrechlichkeit und dem Tode heimgefallen.

Also tut uns nun not, dieweil Gott hat seine Liebe aus Gnaden zu uns gewandt und hat unsere Seele in Christo wieder in sich in die Freiheit eingewandt und das göttliche Mysterium im Bildnis rege gemacht, dass also das Bildnis kann wieder in Gott wohnen, nämlich in den Wundern des Paradieses, dass wir unsern Willen vom äußern Centro als vom vergänglichen Leben abbrechen und in den freien Willen Gottes einführen. Und dazu gehöret nun nicht nur eine Historie oder Wissenschaft, dass einer saget: ich glaube, das ist: ich weiß es oder begehre es; und bleibet doch nur mit dem Willen im äußern Principio als in der äußern Sucht stehen.

Nein, es heißt: Ihr müsset von neuem geboren werden durch das Wasser und den Hl. Geist, sonst werdet ihr das Reich Gottes nicht sehen (Joh. 3,5). Es muss ein Ernst sein. Der Wille der Vernunft muss zerbrochen werden. Es muss eine lebendige Bewegung des Willens sein, der durch die Vernunft bricht und der wider die Vernunft streitet. Und ob’s der Seelen nicht wohl möglich ist, zumal sie sehr verderbet worden, so ist ihr nun kein anderer und besserer Rat, als dass sie sich mit aller Vernunft und Sinnen gleich tot mache und sich nur bloß in Gottes Barmherzigkeit eineigne und sich hineingebe, dass die Vernunft kein Raum mehr gelassen werde, sondern sie muss gezwungen werden. Und so der Wille die Vernunft also niederschlägt, so ist sie gleich als tot, da sie doch noch lebet. Sie wird aber des rechten Willens Knecht, da sie außer dem will Herr sein. Denn Gottes Wille muss ein Herr über die Vernunft werden, soll die Vernunft etwas Tüchtiges machen, dass es vor Gott bestehe. Denn nichts bestehet vor Gott, es werde denn in Gottes Willen erboren. So sich aber der Wille in Gott einwendet, so wird der Willengeist ein Kind Gottes. Und also bestehen auch die Wunder vor Gott, welche mit dem Vernunftgeist gemacht werden. Denn sie werden in Gottes Willen gemacht und werden aus dem Anfänglichen in das Ewige versetzet.

Und ob wir wohl nicht sagen können, dass unsere Werke oder Gemächte ewig bleiben, so bleibet doch aber derselbe ihr Schatten oder Bild, wiewohl sie wahrhaftig im Wesen bleiben. Aber im Mysterium als in der göttlichen Magia vor der Weisheit Gottes, da nur das äußere Principium daran zerbricht, wie denn an dem Menschenbilde nicht mehr zerbricht als das äußere Regiment in den vier Elementen, und werden die vier wieder in eins gesetzt. Da dann auch alle Farben und Gestalten der vier Elementen erkannt werden mit alledem, was darinnen erboren wird, darum dann ein endlicher Scheidetag von Gott in die Natur bestimmet worden, da alles durchs Feuer soll bewähret werden, welches in Gottes Willen erboren worden oder nicht, da ein jedes Principium seine Wunder soll einernten; und wird allda manchem Menschen viel im Feuer von seinen Werken bleiben, darum dass sie nicht in Gottes Willen sind erboren worden, denn in Gott gehet nichts Unreines (Apok. 21,27; 22,15). Was aber aus einer anderen Magia ist erboren worden, das ist nicht rein.

Ein Exempel haben wir an der Erden, welche verderbet ist. Sprichst du: warum? – Antwort: Der Teufel mit seinen Legionen saß in seiner Schöpfung, da er zwar ein Engel geschaffen war, im Sulphur (Grundstoff) oder im Centro naturae, daraus die Erde hernach erschaffen worden. Derselbe hat den Grimm in der Natur erwecket, also dass die Erde eine böse unreine Sucht hat, wiewohl sie ist im Tode beschlossen und zur Putrefaction behalten worden, da sie soll im ewigen Feuer bewähret werden und wieder in das kommen, als sie vor der Schöpfung war, nämlich in die ewige Magiam der ewigen Natur.

4. Kapitel – Was des Glaubens Werk sei und wie der Wille darinnen wandle, und von seinem Führer

So denn alles ist in Gottes Willen beschlossen, was aus der Natur erboren wird und wir also verstehen, dass nichts in Gottes Willen kann eingehen, es werde denn in Gottes Willen erboren oder gemacht, so verstehen wir klar, dass uns not ist, dass wir uns mit aller Vernunft und Sinnen in Gottes Willen eingeben und also mit den Händen in der Welt arbeiten und dem Bauche Speise suchen, und aber unseren Willen gar nicht darein setzen und dass wir wollen ein irdisch Ding für unsern Schatz halten, denn wo unser Wille und Herz ist, da ist auch unser Schatz. Ist unser Wille in Gottes Willen, so haben wir das große Mysterium Gottes, daraus diese Welt ist als ein Gleichnis desselben erboren worden, und haben also beides, das Ewige und Zerbrechliche und noch mehreres. Wir führen die Wunder unserer Werke in das ewige Mysterium, denn sie hangen an dem Willengeiste. So wir aber unsern Willen vom Ewigen abwenden in das irdische Mysterium und achten Geld für unsern Schatz und Schönheit des Leibes für unsern Glanz, auch Ehre oder Gewalt für unser bestes Kleinod, so ist unser Wille in demselben gefangen, und hangen also nur am Spiegel und erlangen nicht die Freiheit Gottes. Denn der Spiegel als das äußere Reich soll durchs Feuer bewähret und der Grimm vom Reinen geschieden werden, da dann der Grimm wird ein ewig Brennen sein.

So nun die Vernunft das seelische Gemüte mit dem Willengeist der Seelen, in welcher das Bildnis Gottes und der rechte Mensch stehet, in den äußern Spiegel als in eine gleißnerische Sucht einführet, so wird ja das Bildnis und der rechte Mensch damit gefangen und mit der äußern Magia als mit derselben Sucht infizieret, da dann das Bildnis die äußere Wesenheit anzieht, nicht nur als ein Kleid, sondern es ist eine Infizierung und ganze Vermischung. Ob sich wohl das Seelenfeuer nicht mit dem äußern Reiche mischet, so mischet sich doch der Seelen Willengeist, welcher magisch ist, und wird das Bildnis Gottes zerstöret und in eine irdisches verwandelt, da dann das Seelen-Feuer-Leben roh bleibet und hat im Willengeiste ein irdisches Bildnis.

So nun der Leib zerbricht und stirbt, so behält die Seele ihr Bildnis als ihren Willengeist. Jetzt ist er von des Leibes Bildnis weg, denn im Sterben ist eine Trennung. Alsdann erscheinet das Bildnis mit und in denen Dingen, was sie all hier hat in sich genommen, damit ist sie infizieret worden, denn denselben Quall hat sie in sich. Was sie all hier hat geliebt und ihr Schatz gewesen ist und darein der Willengeist ist eingegangen, nach demselben figurieret sich auch das seelische Bildnis. Hat einer bei Lebenszeit sein Herz und Gemüt in Hoffart gewendet, so quillt derselbe Quall im Seelenfeuer in dem Bildnis immer auf und fähret über die Liebe und Sanftmut als über Gottes Freiheit aus, und kann die Freiheit nicht ergreifen noch besitzen, sondern quillt also in sich in solcher Angstqual und figurieret den Willengeist immer nach den irdischen Dingen, darein sein Wille ist eingegangen, glänzet also damit im Seelenfeuer und steiget immer in Hoffart auf und will im Feuer über Gottes Sanftmut ausfahren, denn keinen andern Willen kann er schöpfen. Denn er kann nicht in die Freiheit Gottes eingehen in das heilige Mysterium, darinnen er möchte einen andern Willen schöpfen. Er lebet bloß nur in sich selber. Er hat nichts und mag auch nichts erreichen als nur dasjenige, was er bei seinem äußern Leben hat in sich gefasst. Und also geht’s auch einem Geizigen. Der hat in seinem Willen und Bildnis die magische Geizsucht. Der will immer viel haben, und figurieret ihm dasjenige in seinen Willengeist, damit er ist im Leben des Leibes umgangen. Weil ihm aber dasselbe hat verlassen und sein Wesen nicht mehr irdisch ist, so führet er doch den irdischen Willen, plaget und quälet sich also damit, denn er mag nichts anders erreichen.

Noch viel übler gehet es mit der Falschheit, darüber der Elende hat geschrien und ihn verfluchet um seiner Unterdrückung willen. Denn alles dasjenige, was in Bosheit gewirkt worden, das er hat verursachet, das folget ihm nach, denn es ist in dem Mysterium des Zorns gewirkt worden. Also fällt die verderbte Seele nach des Leibes Absterben in dasselbe. Da muss sie in denselben Gräueln baden. Und ob es möglich wäre, sich mit dem Willen in die Liebe Gottes einzueignen, so halten es doch dieselben Gräuel und Bosheiten zurück, denn sie machen eine ewige Verzweiflung, da sich dann endlich die Seele abwendet, Gott absaget und begehrt nur in denselben Gräueln aufzusteigen und zu leben. Und ist das ihre Freude, Gott und seine Heiligen zu lästern, sich aber in den Gräueln zu erheben über Gott und Himmelreich und der doch keines ergreifen noch sehen.

Also geben wir euch zu betrachten, was der Wille und Zuversicht sei, als nämlich: dass er Meister und Führer sei, der dem Menschen sein Bildnis beides, in Gottes Liebe und auch in Gottes Zorn einführet. Denn im Willen wird der rechte wahre Glaube erboren, darinnen das edle Bildnis Gottes stehet, denn im Glauben werden wir wieder durch Christus in Gott geboren und erlangen wieder das edle Bildnis, welches Adam verloren hatte und Christus mit Gottes Leben wieder in die Menschheit eingeführt hat.

Auch zerstöret ein falscher Wille das Bildnis, denn der Wille ist die Wurzel des Bildnisses, denn er zeugt das Mysterium Gottes in sich. Und der Geist desselben Mysterium eröffnet das schöne Bild und zeugt ihm das göttliche Mysterium an als Gottes Wesenheit, verstehe: Christi himmlischen Leib, welcher war aus Gott geboren in der teuren und schönen Jungfrauen seiner Weisheit, der den Himmel erfüllet. So denn unser Gemüt und Wille in das selbe gesetzt wird und der Wille dasselbe begehret, so ist der Wille magisch und gehet hinein, und so ihn dann hungert, so mag er essen das Brot Gottes. Jetzt wächst ihm der neue Leib, welcher ist der holdselige Baum des christlichen Glaubens, denn ein jeder Leib liebet sich selber. So denn die Seele Gottes Leib bekommt, der also süße und holdselig ist, wie wollte sie denselben nicht lieben, der ihr doch zum Eigentum gegeben wird, in dem sie wohnet und liebet und von dessen Kraft sie isst und sich stärket.

So soll nun niemand sich betrügen und in seiner Falschheit und Ungerechtigkeit stecken bleiben und sich eines historischen Glaubens trösten, wenn er gedenket: Gott ist doch gut, er wird mir wohl vergeben, ich will einen Schatz sammeln und dessen wohl genießen, auch meinen Kindern viel Reichtum und Ehre lassen und will nachmals wohl Buße tun. – Aber dieses ist eitel Betrug! Du sammelst ihnen Falschheit und zeuchst in dich Ungerechtigkeit. Und wenn es gleich nach dem besten geschieht, so ist es doch irdisch, denn du hast dein Herz und Willen in ein irdisch Gefäß eingesenkt, dein edles Bildnis damit angetan und ganz infizieret. Dazu erbest du deinen Kindern nur Hoffart an, dass sie ihren Willengeist auch nur dareinsetzen. Du gedenkest dir und deinen Kindern Gutes zu tun und tust dir und ihnen das Ärgste.

Zwar Nahrung muss das äußere Leben haben, und handelt der töricht, der sein Gut freiwillig einem Gottlosen gibt. Aber viel törichter tut der, der sich selber mit seinem Gute zu einem Gottlosen machet, indem er sein Herze daran hänget und hält die zeitliche, vergängliche Wollust mehr in Ehren als das ewige unvergängliche Gut, das da kein Ende nimmt. Der aber segnet sich, der den Elenden zu Hilfe kommet, denn sie wünschen ihm alles Gute und beten zu Gott, dass er ihn segne an Leib und Seele. Also tritt ihr Wunsch und Segen zu dem Geber in das Mysterium und umfähet ihn und folget ihm als ein gutes Werk in Gott geboren nach, denn denselben Schatz nimmt er mit und nicht den irdischen. Denn so der Leib stirbt, so tritt das Bildnis ins Mysterium, das ist: es wird im Mysterium Gottes offenbar. Denn in Zeit des irdischen Lebens ist das äußere Principium eine Decke davor gewesen. Dasselbe fällt nun mit des Leibes Sterben weg. Alsdann erscheinet das göttliche Mysterium im Bildnis und darinnen alle guten Taten und Werke, so in der Liebe im Willen Gottes erboren sind worden.

Aller frommen Kinder Gottes Wunsch und Gebet stehet im Mysterium und aneignet sich gegen das Bildnis, denn die Kinder der Elenden, so er ihnen ist zu Hilfe kommen in ihren Nöten und Trübsalen, haben ihren Willen in ihrem Gebete in Gottes Mysterium geschickt und sich damit zu ihrem Erretter und Tröster zugewandt und ihm das gleich im göttlichen Mysterium geschenkt. Und so dann derselbe Wohltäter ins Mysterium kommt, wenn sein irdisches Leben hinfällt, so werden alle Ding offenbar und angeeignet sich ein jedes zu dem Seinen, dahin es der Wille hat beschieden.

Dieses alles wird zu dem Gerichte Gottes des Hl. Geistes im Mysterium vorbehalten, da dann ein jeder soll ernten, was er all hier in seinem Acker gesät hat. Da soll es alles in einer neuen himmlischen Erden grünen, wachsen und blühen, in welcher der Mensch an sein göttliches Bildnis wird den Leib des vollkommenen Mysterium Gottes anziehen und vor ihm – verstehe: vor dem leiblichen Bildnis – stehen sehen seine Gerechtigkeit, warum er also schön sei. Er wird dessen Ursache erkennen und sich ewig darin erfreuen und seinen Lobgesang darinnen fassen zu Gottes Ehren und Wundertat. Dagegen der gottlose Haufe wird Spott, Geiz, Hoffart, Bosheit und Fluch des Elenden haben in seinem Mysterium, im Zorne eingesammelt, welches ihm auch wird nachfolgen und er also immer die Ursache seiner Qual erkennen und deshalb ein ewiger Feind Gottes und seiner Kinder sein.

5. Kapitel – Warum die Gottlosen sich nicht bekehren – Wie man in das Reich eingehen muss – Was wir von Adam und Christo geerbt haben

Dies alles kann der gottlose Haufe jetzt nicht fassen. Ursache: Es ist kein Wille in ihnen dazu, der es begehret zu fassen, denn das irdische Wesen hat sie gefangen, dass sie keinen Willen können in Gottes Mysterium schöpfen. Sie sind an Gott als die Toten. Es ist kein Odem des göttlichen Lebens in ihnen. Sie wollen dessen auch nicht. Sie sind in Gottes Zornmysterium verriegelt, dass sie sich nicht erkennen. Nicht hat ihnen Gott das getan, sondern sie sind mit ihrem Willengeiste darein gegangen und haben sich selber also versenket. Darum laufen sie wie die Unsinnigen, da doch das edle Kleinod in ihnen im Centro verborgen stehet im göttlichen Principio, und könnten gar wohl aus dem irdischen Wesen und Bosheit mit ihrem Willen ausgehen in den Willen Gottes. Sie lassen sich den Grimm mutwillig halten, denn das hoffärtige und eigenehrige Leben gefällt ihnen zu wohl, und das hält sie auch.

Aber nach dieser Zeit ist kein Rat mehr. Wenn das Seelenfeuer bloß und roh ist, so kann dasselbe mit nichts gelöscht werden als nur mit Gottes Sanftmut, nämlich mit dem Wasser des ewigen Lebens im Mysterium Gottes. Aber das erreichen sie nicht, denn es ist eine große Kluft zwischen ihnen, nämlich ein ganzes Principium. Aber in dieser Zeit, dieweil die Seele noch im Blut schwimmet und brennet, kann es wohl sein, denn der Geist Gottes fähret auf den Fittichen des Windes. Gott ist Mensch worden. Der Geist Gottes gehet mit dem Willen in die Seele. Er begehret der Seelen. Er setzet seine Magiam gegen die Seele. Sie darf nur die Türe auftun, so gehet er freiwillig hinein und eröffnet das edle Korn zum Baum des christlichen Glaubens. Aber das ist das Schmerzlichste, dass dem Menschen am bittersten eingehet, so der Glaubensbaum in ihm soll geboren werden, dass er muss seinen Willengeist aus seinem irdischen Schatz als aus Hoffart, Geiz, Neid, Zorn und Falschheit ausführen gegen den Geist Gottes. Sein Mund darf nicht ein Heuchler sein und sein Herz und Willen im irdischen Mysterium stecken bleiben. Es muss Ernst sein von Grund des Herzens und der Seelen. Der Wille muss sich umwenden in das göttliche Mysterium als in Gottes Liebe, dass der Geist Gottes Raum und Statt in ihm habe, das göttliche Funkerin aufzublasen, anders ist kein Rat und hilft kein Heucheln.

Wenn einer alle Schriften auswendig lernte und säße sein Leben lang in der Kirchen, bliebe aber an der Seelen Bildnis ein irdischer und viehischer Mensch, der nur nach Falschheit im Herzen trachtet, so hilft ihm sein Heucheln nichts. Ein Prediger, der Gottes Mysterium im Äußern handelt, hat aber Gottes Bildnis nicht im Innern, sondern trachtet nur nach Ehre und Geiz, der ist dem Teufel so nahe, als der Allergeringste, denn er ist nur ein Gaukler mit Gottes Mysterium und ein Gleißner ohne Kraft. Er hat selber nicht das Mysterium Gottes. Wie will ers dann andern geben? Er ist ein falscher Hirte und ein Wolf der Schafe. Denn ein jeder Mensch, der Gottes Mysterium trägt, das ist: der es erwecket hat und sich demselben einergeben, dass ihn Gottes Geist treibet, der ist Gottes Priester, denn er lehret aus Gott. Es kann keiner recht lehren, er lehre denn aus Gottes Mysterium. Wie will aber der lehren, der außer demselben ist, wird er nicht aus Kunst und irdischer Vernunft lehren? Was gehet das Gottes Mysterium an? Wiewohl die Vernunft ein edles Wesen ist, aber ohne Gottes Geist ist sie blind. Denn Christus spricht: Ohne mich könnet ihr nichts tun (Joh. 15,5). Die Gottes Geist treibet, die sind Gottes Kinder (Röm. 8,14). Wer anderswo in den Schafstall steiget und nicht durch Christi Geist, der ist ein Dieb und ein Mörder, und kommt nur, dass er raube und stehle (Joh. 10,1) und seinen eigenen Nutzen suche. Der ist nicht ein Weider der Schafe, sondern ein Fresser, wie ein Wolf tut.

Also ist uns zu verstehen vom Baum des christlichen Glaubens: Er muss lebendig sein und nicht eine tote Historie oder Wissenschaft. Das Wort des Lebens muss im Bildnis Mensch geboren werden, dass die Seele Gottes Bildnis trägt, außerdem ist sie nicht Gottes Kind. Es hilft kein Heucheln oder Buße sparen auf Hoffnung, denn solange einer noch das irdische Bildnis an der Seelen trägt, so ist er außer Gottes Mysterium. Du darfst auch nicht denken: Ich will noch wohl einmal umkehren, ich will aber mir vorhin genug einsammeln, dass ich nicht mangele und mir das irdische Geschäfte hernach nicht im Wege liege. – Nein, das ist Teufels Griff, sondern durch Verfolgung, Kreuz, Trübsal, Spott, Verachtung müssen wir ins Reich Gottes eingehen, denn der Teufel führet sein Regiment in dem irdischen Bildnis. Der spottet der Kinder Gottes in seinem hoffärtigen Sitze, wenn sie ihm wollen entlaufen. Also dienet der gottlose Haufe dem Teufel und hilft ihm sein Werk treiben.

Dieses alles muss der Mensch, so zu Gott will, nichts achten. Er muss denken, dass er in einem fremden Lande unter den Mördern ist, und ist ein Pilgrim, der da wandelt in sein recht Vaterland. Er fället unter die Mörder, welche in plagen und berauben. Und so er nur soviel davon bringet, dass er sein edles Bildnis erhält, so hat er Gut genug, denn er bekommt das himmlische Mysterium dafür, da alles inne lieget, aus welchem diese Welt nur ein Spiegel davon ist. Darum ist der wohl sehr närrisch, der einen Spiegelschein für ein substantialische Wesen nimmt, denn der Spiegel zerbricht und sein Liebhaber wird dessen beraubt. Er ist gleich einem, der sein Haus an ein groß Wasser auf einen Sand bauet, da ihm das Wasser sein Haus hinführet; also ist es auch mit der irdischen Hoffnung.

O Menschenkind, du edles Geschöpfe, lass ihr nicht die Gewalt. Es kostet dein ewiges Reich. Suche dich und finde dich, aber nicht im irdischen Reich. Wie gar wohl geschieht doch dem, der sich in Gottes Reich findet, der das himmlische und göttliche Mysterium anzeucht und darein eingehet! Aller Schmuck dieser Welt ist Kot gegen den himmlischen, und ist nicht wert, dass ein Mensch seine Liebe dareinsetze, wie wohl es ist, dass es muss zum Wunder gebracht werden, zu welchem Ende es Gott auch geschaffen hat.

Verstehet: Der äußere Mensch soll die Wunder der äußern Natur als im äußern Mysterium eröffnen, beides: aus der Erden und über der Erden. Alles was die Sternen vermögen und die Erde in sich hat, das soll der Mensch in Wunder, Formung und Wesen bringen nach der ewigen Figur, so in Gottes Weisheit ist vor den Zeiten der Welt gesehen worden. Aber seinen Willen soll er nicht dareinsetzen, noch dasselbe für seinen Schatz achten, sondern nur zu seiner Zierde und Freude mag er es gebrauchen. Aber mit dem Inneren Menschen soll er in Gottes Mysterium arbeiten, so hilft ihm auch Gottes Geist das Äußere suchen und finden.

Dieweil wir denn durch den schweren Fall also verderbet sind worden, dass unser Gemüt ist aus dem himmlischen Mysterium in das irdische als in den Spiegel gewendet worden, dass wir also gleich als halbtot erfunden werden, so tut uns ganz hoch vonnöten, dass wir aus dem irdischen Glanze mit unserm Gemüt und Willen ausgehen und uns zuerst suchen, ehe wir den irdischen Schmuck suchen, und dass wir zuerst lernen kennen, wo wir daheim sind, und unser Gemüte nicht irdisch machen.

Denn der Mensch, ob er gleich in Gottes Bildnis stehet, ist doch in einem dreifachen Leben. So er aber Gottes Bildnis verlieret, so ist er nur in einem zweifachen Leben, denn das erste Leben ist der Seelen Leben und urständet im Feuer der ewigen Natur, und stehet vornehmlich in sieben Gestalten, alles nach dem Geiste der Natur, wie es in unserm andern und dritten Buche ausgeführt und erkläret worden.

Das andere Leben stehet im Bildnis, welches aus dem Brunnen der ewigen Natur als aus dem Seelenfeuer erboren wird, welches Bildnis im Licht in anderer Qual stehet und hat seinen lebendigen Geist, wie ihr dies am Feuer und Lichte ergründet. Denn des Lichtes Qual ist nicht wie des Feuers Qual, und entstehet doch das Licht aus dem Feuer, da man in des Lichtes Qual den sanften, reinen und lieblichen Geist verstehet, und in des Feuers Qual die Ursachen desselben. Als ihr dann sehet, dass aus dem Feuer die Luft urständet, welches der Geist ist, und die Luft auch in vier Gestalten verstanden wird: als eine trockene nach dem Grimm des Feuers, und eine nasse als Wasser vom herben Anziehen, und zum dritten eine sanfte vom Lichte und zum vierten eine erhebende vom grimmen Feuerschreck. Da wir dann verstehen, dass das Licht in allen Gestalten Meister sei, denn es hat die Sanftmut und ist ein Leben, das durch den grimmen Tod als durch die Angstqual im Ersinken erboren wird als ein andre Principium, das im Feuer bestehet ohne Fühlen, und hat doch sein Fühlen in sich als den lieblichen Geschmack. Da wir dann verstehen, dass das Wasser durch den Tod erboren wird durch das Ersinken durch Feuers Angst. Und weiter zu verstehen, wie es doch kein Tod sei, da es doch ein Tod ist. Aber das Licht macht’s grünend, dass ein Leben darin ist, welches Leben in des Lichtes Kraft stehet, da das Leben aus dem Tode grünet, nämlich die Wesenheit als die Begreiflichkeit, wie das Wasser, das an sich selber tot ist, aber das Feuerleben und des Lichtes Kraft ist sein Leben. Also ist die Wesenheit wie tot geachtet, da das Leben darin ein eignes ist und sich selbst in sich besitzt und gebiert, da der Tod der Wesenheit muss den Leib dazu geben, wie in unserem dritten Buche erkläret worden, dass wir im Lichtleben und im Wasser des Todes auch zwei Gestalten verstehen und nach der Angst im Feuer die dritte:

Als erstes in der Angst der Ertötung, im Grimm des Feuers verstehen wir ein grimmig Wasser wegen der ersten vier Gestalten zur Natur, als Herbe, Bitter, Angst und Feuer, gleichet sich dem Gifte, ist auch Gift, eine höllische Wesenheit im Grimme nach dem Urstande des ersten Principii, darinnen Gottes Zorn quillt. Zum andern verstehen wir das andere Wasser im Lichtesschreck, in dem die Qual durch die Tötung sinket und im Tode gleich als ein Nichts wird, denn im Nichts wird die ewige Freiheit als der ewige Abgrund der Ewigkeit erreichet. So dann das ungreifliche Licht im selben Ersinken in die Ewigkeit blicket und das Ersinken immer erfüllet, so grünet im Lichte die Kraft des Lichts. Das ist das Leben aus dem ersunkenen Tode aus, denn der Grimm vom Feuer bleibet im grimmen Quall des grimmen Wassers und gehet nicht mit in Tod. Es kann auch nicht sein, denn die Grimmigkeit ist das strenge Allmachtleben, das nicht kann sterben und das die ewige Freiheit nicht kann erreichen, denn es heißet und bleibet in Ewigkeit das Naturleben. Wiewohl es ist, dass im Lichtleben auch eine Natur erfunden wird, ist sie noch nicht peinlich oder feindlich als wie im Urstande der Natur, nach welchem sich Gott einen eifrigen zornigen Gott nennet. Denn im Lichtquall wird das Wasser, welches durch den Tod in die Freiheit ersunken ist, eine Qual und Wasser des ewigen Freudenlebens, in welchem die Liebe und Sanftmut ewig aufquellet, da es dann kein Sinken mehr ist, sondern ein Grünen, welches Paradies heißet. Und das Bewegen aus des Wassers Quall heißet Element. Das ist das reine Element in der engelischen Welt. Und die Ursache des Feuers im Licht ist das ewige Firmament, darin die ewige Wissenschaft Gottes in Weisheit eröffnet wird, als wir dessen ein Gleichnis am äußern Firmament und Sternen haben.

Also verstehen wir nun zwei Welten ineinander, da keine die andere begreift, als nämlich eine im Grimm der feurigen Natur im Wasser des Gifts und Angstqual, da die Teufel innen wohnen. Und dann eine im Lichte, da das Wasser des Lichts aus der Angst ersunken ist in die ewige Freiheit, welche das Giftwasser nicht mag erreichen oder begreifen, und ist doch nicht getrennt als nur durch den Tod, da es sich in zwei Principia scheidet und also in zwei Leben teilet: als eines im Zorn und das andre in der Liebe, welches Leben für das rechte Leben Gottes erkannt wird. Und hierinnen stecket der Grund, dass als wir mit Adam aus diesem Lichtleben ausgingen in das äußere Weltleben, darum Gott Mensch ward, so musste er uns durch und aus der grimmen Qual aus dem feurigen Angstleben durch den Tod in das Licht- und Liebeleben wieder einführen, da zwar die Porte des Todes war im Grimm zugeschlossen in der menschlichen Seelen, dass die Seele in der Angstqual in der Inneren Natur im Feuer des Gifts als im Wasser der Angst stand. Allda hat der Fürst Christus den Schloss des Todes zerbrochen und ist mit seiner menschlichen Seele durch den Tod im Lichte Gottes wieder ausgegrünt, und führet also in seinem Lichtleben den Tod jetzt gefangen, dass er ist ein Spott worden. Denn mit diesem Schluss gedachte Luzifer ein Herr und allmächtiger Fürst im Grimme zu sein. Aber als der Schluss zerbrochen ward, so zerstörte ihm die Kraft der Gottheit im Lichte sein Reich. Allda ward er ein gefangener Knecht, denn Gottes Licht und das Wasser der Sanftmut ist sein Tod, denn der Zorn wird damit getötet.

Also ist das Licht und die Liebe in den Zorn getreten mit dem paradiesischen Element und dem Wasser des ewigen Lebens, und ist also Gottes Zorn gelöscht worden. Darum bleibet nun der Luzifer in sich selber nur ein ängstlicher grimmiger Feuerquall, da sein Leib ein Gift ist und ein Quall des Giftwassers, und ist also aus Gottes Feuer ausgestoßen worden in die Matrix der ewigen Natur als in die strenge Herbigkeit, welche die ewige Finsternis gebiert. Darinnen führet er das gar strenge Regiment in dem ängstlichen Mercurio, und ist also ein Beschämter oder Verstoßener, welcher im Urstande ein Fürst war, aber jetzt nichts mehr gilt als ein Scharfrichter und ehrenloser Knecht, der da muss in Gottes Grimm sein als ein Henker, der das Böse strafet, wenn ihm das von seinem Herrn befohlen wird. Weiter hat er keine Gewalt, wiewohl er doch ein Betrüger ist, dass er nur viel möchte erhaschen und sein Reich groß werde, dass er viel habe und nicht also mit wenigem im Spotte stehe. Dergleichen eine Hure auch denket, wenn nur viel Huren sind, so bin ich ja nicht allein eine Hure, sondern ich bin wie andere. Also begehret er auch ein groß Geschlechte, dass er dadurch Gottes spotte. Der Teufel gibt immer Gott die Schuld, dass er sei gefallen und dass ihn Gottes Grimm also gezogen hätte und in einen solchen Willen der Hoffart also gezogen hätte und in einen solchen Willen der Hoffart gestürzt, dass er nicht sei bestanden. Vermeinet, wenn er nur viel zu sich zöge, dass sein Reich groß werde und dass er derer desto mehr überkomme, die auch also tun wie er und die Gott verfluchten, sich aber selber rechtfertigten. Das ist seine Stärke und Wollust in seiner finstern herben Angst, dass er immer das Feuer in sich erreget und über die Thronen ausfahret. Also hält er sich ja noch für einen Fürsten und König. Und ob er gleich böse ist, so ist er doch ein Fürst seiner Legionen im Zorne in seiner Kreatur. Aber mit dem Zorn außer seiner Kreatur hat er nicht Gewalt zu tun, darinnen muss er als ein Ohnmächtiger gefangen bleiben.

Also verstehet das menschliche Leben in zweien Gestalten als eine nach dem Feuer der Natur und die andre nach dem Feuer des Lichts, welches Feuer in der Liebe brennet, darinnen das edle Bildnis Gottes erscheinet. Und wir verstehen hierinnen, dass der Wille des Menschen soll in Gottes Willen eingehen, so gehet er in Christi Tod mit Christi Seele durch den Tod in die ewige Freiheit Gottes in das Lichtleben ein, da ist er in Christo bei Gott. Die dritte Gestalt des Lebens ist das äußere geschaffene Leben aus dieser Welt als aus Sonne, Sternen und Elementen, welches Gottes Geist mit dem Geiste maioris mundi (der größeren Welt) in die Nasen blies, da er dann auch eine äußere Seele ward, welche im Blut und Wasser schwimmet und im äußern angezündeten Feuer brennet als in der Wärme.

Dieses äußere Leben sollte nicht in das Bildnis als in das innere Leben greifen. Das Bildnis sollte das auch nicht in das innere Licht, welches durch den Tod scheinet und mit seiner Kraft in der ewigen Freiheit grünet, einlassen, denn das äußere Leben ist nur ein Gleichnis des Inneren Lebens. Der innere Geist sollte nur in dem äußern Spiegel die ewigen Wunder, so in Gottes Weisheit waren, im Ungrunde in der göttlichen Magia erblicket worden, eröffnen und zu einem figürlichen Spiegel bringen, nämlich zu einem Wunderspiegel zu Gottes Ehren und zur Freude des Inneren Menschen aus Gott geboren. Aber sein Wille sollte nicht darein gehen, das äußere Wunder in das Bildnis einzuziehen, wie wir denn jetzt mit Jammer erkennen, dass sich der Mensch einen irdischen Schatz in sein Gemüt einzieht und einbildet und also das reine Bildnis Gottes nach dem andern Principio in sich zerstöret.

Denn des Menschen Willengeist gehet jetzt in das irdische Wesen und führet seine Liebe, darin das Bildnis stehet, in das irdische Wesen als in einen irdischen Schatz in ein irdisch Gefäße. Jetzt wird das Bildnis in solcher Imagination auch irdisch und gehet wieder in den Tod und verlieret Gott und Himmelreich, denn sein Willengeist stecket mit der Liebe im äußern Leben. Jetzt muss das äußere Leben sterben und zerbrechen, auf dass das geschaffene Bildnis nach dem Inneren Reiche erscheine, und also stecket der Willengeist mit seiner Liebe in den äußern Wundern und führet dieselben im Sterben des äußern Lebens mit sich vor das Gerichte Gottes. Da soll der Willengeist durchs Feuer gehen und soll das Bildnis im Feuer bewähret werden. Da muss alles Irdische abbrennen vom Bildnis, denn es muss ganz rein und ohne Makel sein. Gleichwie das Licht im Feuer bestehet, also muss der Willengeist auch in Gottes Feuer bestehen. Und wo er allda nicht kann durchs Feuer Gottes durch den Tod frei durchgehen, so wird dasselbe Seelenbildnis ausgespeit werden in die ewige Finsternis.

Und dieses ist eben der schwere Fall Adams, dass er seinen Willengeist in das äußere Leben als in das äußere Principium in die falsche Sucht einsetzte und imaginierte nach dem irdischen Leben. Und also ging es aus dem Paradies, welches durch den Tod im andern Principio ausgrünet in das Äußere, und ging also in den Tod ein. Also musste er sterben und also ward sein Bildnis zerstöret. Dieses haben wir von Adam geerbt, aber auch von dem andern Adam Christo die Wiedergeburt, da wir in Christi Menschwerdung müssen eingehen und mit ihm in seinen Tod und aus dem Tode mit ihm grünen in der Paradieswelt in der ewigen Wesenheit der Freiheit Gottes.

6. Kapitel – Was die Lust vermag – Wie wir in Adam gefallen und in Christo wiedergeboren sind

Also verstehen wir, dass es an der Lust liegt und dass die Verderbung aus der Lust kommen ist und noch immer kommet. Denn die Lust ist eine Imagination, da die Imagination sich in alle Gestalten der Natur einwindet, dass sie alle geschwängert werden mit dem Dinge, daraus die Lust entstehet, als wir denn verstehen den äußern Geist des Menschen, welcher ist ein Gleichnis des Inneren. Diesen hat gelüstet nach dem schönen Bildnis und deswegen seine Imagination in den Inneren gesetzt, davon der innere ist infizieret worden. Und weil er nicht zur Stunde den Tod gefühlt hat, so hat er dem äußern seinen Willengeist eingeräumt. Also ist der äußere in den Inneren zur Herberge eingezogen und ist endlich der Wirt im Hause worden und hat den Inneren verdunkelt, dass also das schöne Bildnis ist verblichen. Allhier fiel das schöne Bildnis unter die Mörder, nämlich unter die strengen Geister der Natur und des Lebens Urstand. Diese hielten das Bildnis gefangen und zogen ihr das Paradieskleid aus, mordeten es und ließen es halbtot liegen. (Luk. 10,29)

Jetzt war der Samariter Christus not. Und das ist die Ursache, dass Gott Mensch ward. Wenn der Schaden hätte können durch ein Wortsprechen und Wortvergebung geheilt werden, so wäre Gott nicht Mensch worden. Aber es war verloren Gott und das Paradies, dazu das edle Bildnis war zerstöret und verwüstet worden und musste wiederum aus Gott neugeboren werden. Und darum kam Gott mit seinem Worte, welches ist das Centrum im Lichtleben, und ward Fleisch, dass die Seele wieder ein göttlich, paradiesisch Wohnhaus bekäme. Verstehe: dass gleichwie Adams Seele hatte die Türe der Feueressentien aufgetan und die irdischen Essentien eingelassen, welcher Qual sich hatte in das Paradiesbildnis eingewunden und das Bildnis irdisch gemacht, also tat Gottes Herze die Tür der Lichtessentien auf und umfing die Seele mit dem himmlischen Fleische. Und also imaginierten des heiligen Fleisches Essentien nach dem Bildnis, nach der Seelen Essentien. Also ward die Seele jetzt wieder geschwängert, dass sie mit ihrem Willengeiste durch den Tod in das Paradies leben einging. Und daher kam die Versuchung Christi, dass er versuchet ward, ob die Seele wollte vom Verbo Domini essen und ob sie könnte wieder durch den Tod in Gottes Leben eingehen, welches endlich am Stamm des Kreuzes erfüllet ward. Da Christi Seele durch das Feuer des Grimmes durch den strengen Qual durch den Tod ging und gründete wieder in der Paradieswelt aus, in welche Adam war geschaffen, also ist uns Menschen wieder geholfen worden.

Darum tut uns nun not, dass wir unsern Willen, Sinn und Gemüt aus allen irdischen Dingen ausziehen und in Christi Leiden, Sterben, Tod und Auferstehung einwenden, dass wir den alten Adam mit Christi Tode immer kreuzigen und immer mit der Sünde im Tode und Sterben Christi sterben und mit ihm aus der Angst des Todes in einem neuen Menschen immer wieder aufstehen und im Leben Gottes grünen. Anders ist kein Rat. Wir müssen der irdischen Welt in unserm Willen absterben und müssen der neuen Welt im Glauben, im Fleisch und Blut Christi immer wiedergeboren werden. Wir müssen aus Christi Fleisch geboren werden, wollen wir anders das Reich Gottes schauen.

Es ist nicht so ein leicht Ding, ein rechter Christ zu sein, sondern es ist das allerschwerste Ding. Der Wille muss ein Ritter werden und wider den verderbten Willen streiten. Er muss sich aus der irdischen Vernunft in den Tod Christi in Gottes Zorn einsenken und dem irdischen Willen als ein teurer Ritter seine Gewalt zerbrechen, und sich also hart erkämpfen, dass er will das irdische Leben daransetzen und nicht nachlassen, er habe denn den irdischen Willen zerbrochen, welches mir wohl ein strenger Krieg ist, wenn zwei Principia miteinander streiten um die Überwindung. Es ist kein Scherz, es muss Ernst sein, um das Ritterkränzlein zu fechten, denn keiner erlanget das, er siege denn. Er muss des irdischen Willens Macht zerbrechen, welches er in sich aus eigener Macht doch nicht vermag. Aber so er sich aus der irdischen Vernunft in den Tod Christi mit seinem Inneren Willen einsenket, so sinket er durch Christi Tod durch Gottes Grimm wider alles Halten des Teufels in die Paradieswelt in das Leben Christi ein. Er muss seinen Willen machen als tot. Also lebet er für Gott, und ersinket in Gottes Liebe, und da er doch im äußern Reich lebet.

Ich rede aber vom Ritterkränzlein, welches er in der Paradieswelt bekommt, so er einmal hindurchdringet. Denn allda wird der edle Same gesät und bekommt das hochteure Pfand des Hl. Geistes, der ihn darnach leitet und führet. Und ob er in dieser Welt muss in einem finstern Tal wandern, da der Teufel und die Bosheit der Welt immer über ihn herrauschen und den äußern Menschen oft in Gräuel einwerfen und also das edle Senfkörnlein verdecken, so lässt sich’s doch nicht verhalten, sondern es grünet hervor und wächst ein Baum daraus in das Reich Gottes wider alles Wüten und Toben des Teufels und seines Anhangs. Und je mehr der edle Perlenbaum gedrückt wird, je heftiger und gewaltiger der wächst, er läßt sich nicht unterdrücken, ob es auch das äußere Leben kosten soll.

Also, mein liebes Gemüte, forsche nach dem Baum des christlichen Glaubens recht. Er stehet nicht in dieser Welt. Wohl muss er in dir sein, aber du musst mit dem Baume mit Christo in Gott sein, also dass dir diese Welt nur anhange, wie denn Christo auch nur anhing. Doch nicht also zu verstehen, dass diese Welt vor Gott nichts taugte oder nütze wäre. Sie ist das große Mysterium. Und ist der Mensch darum in diese Welt geschaffen worden als ein weiser Regent derselben, dass er soll alle Wunder, so von Ewigkeit sind im Sulphur, daraus diese Welt mit Sternen und Elementen ist geschaffen worden, eröffnen und nach seinem Willen in Formen, Figuren und in Bildnissen bringen, alles zu seiner Freude und Herrlichkeit.

Der Mensch war ganz frei erschaffen ohne einiges Gesetze. Er hatte kein Gesetz als nur das Naturgesetz, dass er nicht sollte ein Principium in das andere vermischen. Der innere Mensch sollte nichts Irdisches in sich einlassen, sondern sollte allmächtig über das äußere Principium herrschen. So wäre kein Tod noch Sterben in ihn kommen. Es hätten ihn auch die äußern Elemente nicht regen können, weder Hitze noch Frost hätte ihn geregt. Denn als das edle Bildnis im Feuer bestehen muss, also sollte auch dasselbe edle Bildnis durch den ganzen Menschen durch alle drei Principia herrschen, alles regieren und mit der Paradiesqual erfüllen.

Weil es aber ja nicht mochte sein und je das Fleisch irdisch worden, so müssen wir nun im Glauben geboren werden, da zwar das irdische Leben das rechte Leben verdecket. So müssen wir das rechte Kleid anziehen, welches Hoffnung heißet und unsern Willen in der Hoffnung einsetzen und immer am Baum des Glaubens arbeiten, dass er seine Früchte bringe als die holdselige Liebe gegen Gott und seinen Nächsten. Er soll Gutes wirken, nicht allein um seinetwillen, sondern auch darum, dass er seinen Nächsten mit seinem Exempel und Leben bessere. Er soll denken, dass er ein Baum im Reiche Gottes sei, dass er Gottes Frucht trage und wachse in Gottes Acker, dass seine Werke und Wunder in die rechte Liebe einfasse und in der Liebe wandeln, dass er die möge ins Reich Gottes einführen. Denn Gott ist ein Geist und der Glaube ist auch ein Geist in Gott, und Gott ist in Christo Mensch worden. Des Glaubens Geist wird auch in Christo Mensch geboren. Also wandelt der Willengeist recht in Gott, denn er ist ein Geist mit Gott und wirket mit Gott göttliche Werke. Und ob ihn das irdische Leben verdecket, dass er seine Werke, so er im Glauben hat geboren, nicht kennet, so wird es doch in Zerbrechung des irdischen Lebens offenbar, denn die Hoffnung ist sein Kasten und ein Mysterium, darein des Glaubens Werke gesät werden und auch behalten.

7. Kapitel – Zu was Ende diese Welt samt allem Wesen sei geschaffen, auch von zwei ewigen Mysterien

So denn der Mensch also in einem dreifachen Leben stehet, so ist jedes Leben dem andern ein Mysterium und begehret des andern. Zu welchem Ende diese Welt mit allem Wesen ist erschaffen worden, denn diese Welt mit allem Wesen ist er schaffen worden, denn die göttliche Wesenheit begehret des Spiegels oder Gleichnis. Denn diese Welt ist ein Gleichnis nach Gottes Wesen, und ist Gott in einem irdischen Gleichnis offenbar. Denn die Wunder der Verborgenheit möchten in der engelischen Welt in der Liebegeburt nicht eröffnet werden. Aber in dieser Welt, da Liebe und Zorn gemischt ist, allda ist eine zweifache Gebärerin, da möchte es sein. Denn alle Dinge urständen aus der Feuerwurzel, werden aber mit dem Wasser der Sanftmut umfangen, dass es ein liebliches Wesen ist. So aber das Feuer in der englischen Welt nicht erkannt wird, denn das Centrum der Gebärerin stehet im Licht und ist das Wort Gottes, so mögen die Wunder der Natur anders nicht als in einer geistlichen Magia eröffnet werden. Das ist: sie müssen in Gottes Weisheit ersehen werden. Weil aber dasselbe den Engeln und Seelen der Menschen fast ungreiflich ist und aber Gott in den Engeln und Menschen will erkannt sein, so lüstert die engelische Welt nach den großen Wundern, sie zu erkennen, die in Gottes Weisheit sind von Ewigkeit gestanden. Und diese werden in dem irdischen Gleichnis zu Wesen gebracht in Figuren und Bildnissen, alles nach den ewigen Essentien des Centri der Natur, dass die Wunder mögen ewig stehen, aber nicht essentialisch sondern in Figuren, in Bildnissen und Gleichnissen, in Formungen; nach dem Willen zwar magisch, aber die Gebärerin ist doch im Centro der Wunder, denn sie ist einmal aus dem Feuer erwecket worden. Aber sie wird in dem Mysterium wieder verschlungen und stehet als ein verborgen Leben. Darum sollen alle Wesen gleich als ein Schatten in der engelischen Welt offenbar werden, aber nur die, welche in Gottes Willen sind in das Mysterium eingeführt worden. Denn der Mysterien sind zwei, die da ewig sind: als eines in der Liebe und das andre im Zorn. Wo sich nun der Willengeist mit seinen Wundern hineinwendet, allda innen stehen auch seine Werke und Wunder.

Also ist uns im gleichen zu erkennen, dass auch das Äußere des Innern heftig begehret, denn alles läuft nach dem Centro als nach dem Urstand und begehret der Freiheit, denn im Feuer der Natur ist Angst und Qual. Sie will nun die Bildung oder das Bild der Sanftmut im Quall der Liebe frei sein, und mag doch nicht im Quall der feurigen Essentien frei sein, solange bis sich die Qual in der Zerbrechung scheidet. Allda tritt ein jedes in sein Mysterium. Desgleichen will das Feuer vom Wasser frei sein, denn das Wasser ist auch des Feuers Tod, und ist ihm auch Mysterium. Und sehen wir gleich hiermit, wie das Wasser das Feuer gefangen hält, und doch kein Sterben im Feuer ist, sondern es ist nur ein Mysterium im Feuer, wie denn zu sehen ist, wie es im Wasser hervorbricht und sich eröffnet, wie das im Wetterleuchten zu sehen ist, auch an einem Steine, der doch Wasser ist, zu erkennen ist. Wir sehen aber vornehmlich, wie alle Gestalten der Natur des Lichtes begehren, denn in demselben Begehren wird das Öl erboren, darinnen das Licht erkannt wird, denn es stammt aus der Sanftmut.

Also ist uns zu erkennen unser Leben, dass in uns des Feuers Centrum offen stehet, denn das Leben brennet im Feuer. Und dann ist uns zu erwägen die Begierde zur Liebe, welche im Worte des Lebens urständet in der engelischen Welt, da das Herze Gottes mit seinem Begehren gegen uns mit seiner Imagination stehet und uns auch zeugt in das göttliche Mysterium.

Und zum dritten ist uns zu erwägen das magische Reich dieser Welt, welches auch in uns brennet und uns heftig in seine Wunder zeugt, denn es will offenbar sein. Und der Mensch ist zu dem Ende darein erschaffen worden, dass er dasselbe Mysterium offenbare und die Wunder ans Licht und in Formen nach der ewigen Weisheit bringe. So er denn nun dieses tun soll und also in einem dreifachen Feuer brennet, so hat der rechte Geist, in dem das engelische Bildnis stecket, große Unruhe und ist in großer Gefährlichkeit, denn er wandelt gar auf einem schmalen Steige und hat zwei Feinde, die ihn immer ziehen. Ein jeder will in dem Bildnis sein und seinen Quall hineinführen: als das innere und äußere Feuer, das innere Reich des Grimmes und auch das äußere irdische Reich des Spiegels. Und stecket das rechte Bildnis also mitten in der Quetsche. Denn das innere Reich will durch das äußere die Wunder eröffnen. Dieweil es aber zu scharf ist, so fleucht das äußere Reich vor dem Inneren und greift nach dem Mittleren als nach dem Bildnis, welches in der Freiheit Gottes stehet, und flechtet sich also in das Bildnis ein. Denn es greifet alles nach dem Herzen Gottes als nach dem Centro des Freudenreiches. Jetzt tut dem Bildnis not, dass es sich wehre, den irdischen Gast nicht einzulassen, viel weniger den feurigen, und wird doch aus beiden erboren, nämlich aus dem Feuer das Leben und aus dem äußern die Wunder. Darum tut dem Menschenbilde hoch not, dass es ein mäßiges, nüchternes Leben führe und sich mit dem äußern Reiche nicht zu sehr fülle, denn es machet sonst seine Inwohnung in dem edlen Bildnis.

Hier verstehen wir den mächtigen Streit im Menschen um das Bildnis Gottes, denn ihrer drei streiten darum: erstlich das strenge Feuerleben, zum andern das göttliche Leben und zum dritten das irdische Leben. Also stecket das edle Bild in der Mitten und wird von dreien gezogen. Jetzt ist ihm not, dass sich’s im Glauben in das Mysterium der Hoffnung verberge und stehe in demselben Mysterium stille, da dann der Teufel im inneren Feuerleben immer heraus in das äußere Leben in Hoffart, Falsch und Geiz über das falsche Bildnis herreitet und will es ins Feuer und Angstleben einführen und zerbrechen. Denn der meinet immerdar, der Locus (Bereich) dieser Welt sei sein Königreich. Er will kein anderes Bildnis darinnen leiden. Jetzt fällt nun das edle Bildnis in Kreuz, Trübsal, Angst und Not. Und gehöret all hier ein großer Streit dazu, um das edle Ritterkränzlein des Bildnisses Gottes zu fechten. Daher urständet das Gebet, dass das Bildnis stets aus dem eingeführten irdischen Wesen und auch aus den hoffärtigen, höllischen Gräueln mit dem Gebet ausgehe und immer in Gottes Leben in seine Liebe eingehe. Und also tötet das rechte Bildnis immer den irdischen Adam und auch den höllischen Hoffartteufel und muss immer stehen als ein Ritter, und ist ihm am allernützlichsten, dass es sich in Geduld einwickele, unter das Kreuz werfe und immer in der Liebe aufquelle. Denn das ist sein Schwert, damit es den Teufel schlägt und das irdische Wesen austreibet. Es hat kein andre Schwert, damit es sich wehre als das sanfte Wasser des ewigen Lebens. Das schmecket dem hoffärtigen grimmigen Feuergeiste nicht, denn es ist sein Gift. Er fleucht davor.

So wir nun wollen den Baum des christlichen Glaubens recht anmelden, so sagen wir: Seine Wurzel stehet im Mysterium der Hoffnung. Sein Gewächse stehet in der Liebe, und sein Leib in der Fassung des Glaubens, das ist: da das Bildnis mit seinem ernsten Begehren in Gottes Liebe eindringet und Gottes Weisheit, das ist: Christi Leib, fasset. Das ist nun der Corpus, darinnen der Baum stehet, wächst und grünet und Früchte bringet in Geduld. Diese Früchte gehören alle in die engelische Welt, und sie sind der Seelen Speise, davon sie isst und ihr feurig Leben erquicket, dass es ins Licht der Sanftmut verwandelt wird.

Also wächst der Baum im Paradies Gottes, welchen der äußere Mensch nicht kennet und keine Vernunft begreift. Aber dem edlen Bildnis ist er gar wohl kenntlich. Der wird alsdann, so das äußere Leben zerbricht, offenbar, und folgen ihm alle seine Werke im Mysterium der Hoffnung, darein er gesät hat, nach. Darum soll ihm keiner, der Gottes Pilgrimstraße wandeln will, vornehmen, in dieser Welt gute, fröhliche Tage zu haben mit weltlichen Ehren, sondern Trübsal, Verachtung und Verfolgung warten seiner alle Stunden. Er ist all hier nur in einem Jammertal und muss immer im Streit stehen, denn der Teufel gehet um ihn her als ein brüllender Löwe. Er reizet alle seine Kinder der Bosheit wider ihn. Er ist geachtet als ein Narr. Er ist seinem Bruder unbekannt, seiner Mutter Haus spottet sein und verachtet ihn. Er gehet daher, säet Trübsal und ängstigt sich, aber es ist niemand, der es begreift oder dem es zu Herzen ginge. Jedermann meinet, seine Torheit plage ihn. Also bleibet er der Welt verborgen, denn er ist mit seinem edlen Bildnis nicht von der Welt, sondern aus Gott geboren. Er säet Trübsal und erntet Freuden. Wer will aber seine Herrlichkeit aussprechen, die ihm zu Lohn wird? Oder wer will sagen von dem Ritterkränzlein, welches er erlanget? Wer kann aussprechen die Krone der Jungfrauen, welche ihm die Jungfrau der Weisheit aufsetzet? Wo ist eine solche Schöne, die den Himmel übertrifft? O edles Bildnis, bist du doch ein Bildnis der Hl. Dreifaltigkeit, in der Gott selber wohnet! Gott setzet dir seinen schönsten Dank auf, dass du dich sollst ewig in ihm freuen.

Was ist doch das Wesen dieser Welt, dieweil es zerbricht und den Menschen nur Kummer, Angst und Elend einführet, dazu in Gottes Zorn, und zerbricht ihm das schöne Bildnis und zeugt ihm eine Larven an? O welch eine große Schande wird der Mensch dessen haben, so er am Gerichtstage Gottes wird also mit einem tierischen Bildnis erscheinen, ohne das, was hernach folget, in dem er soll ewig darinnen bleiben. Jetzt wird Reue angehen. Da wird Ächzen und Heulen sein um das verlorene Pfand, welches ewig nicht mag wieder erreichet werden, da das Bildnis soll in Ewigkeit vor dem gräulichen Teufel stehen und tun, was der Gräuelfürst Luzifer will.

8. Kapitel – Auf welche Weise Gott die Sünde vergibt und wie man ein Kind Gottes wird

Mein liebes, suchendes, begieriges Gemüte, das du hungerst und dürstest nach Gottes Reich! Merke doch den Grund, was dir gezeigt wird. Es ist ja nicht also ein leicht Ding, ein Kind Gottes zu werden, wie Babel lehret, da man die Gewissen in die Historien ins bloße Wähnen ohne Erfahrung führet, sie also höflich mit Christi Leiden und Tod kitzelt, da man die Vergebung der Sünden historisch lehret gleich einem weltlichen Gerichte, da einem seine Schuld aus Gnaden erlassen wird, ob er gleich ein Schalk im Herzen bleibet. Es ist all hier viel anders. Gott will keine Heuchler haben. Er nimmt nicht also die Sünde von uns, indem wir nur an der Wissenschaft hangen in den Gräueln bleiben. Es heißet; Ihr müsset von neuem geboren werden oder sollet das Reich Gottes nicht sehen. Dass sich einer will mit Christi Leiden und Tod kitzeln und ihm das zueignen, und will aber mit seinem Willen unwiedergeboren im adamischen Menschen bleiben. Der tut eben als einer, der sich tröstet, sein Herr werde ihm sein Land schenken, ob er gleich nicht sein Sohn ist und er es doch allein verheißen, dem Sohne zu schenken. Also auch hier: Willst du deines Herrn Land besitzen und zum Eigentum haben, so musst du sein rechter Sohn werden, denn der Magd Sohn soll nicht erben mit der Freien. Der Historien-Sohn ist ein Fremdling. Du musst aus Gott in Christo geboren werden, dass du ein leiblicher Sohn werdest. Alsdann bist du Gottes Kind und ein Erbe des Leidens und Todes Christi. Christi Tod ist dein Tod, seine Auferstehung aus dem Grabe ist deine Auferstehung, seine Himmelfahrt ist deine Himmelfahrt und sein ewiges Reich ist dein Reich. Indem du sein rechter Sohn aus seinem Fleisch und Blute geboren bist, so bist du ein Erbe aller seiner Güter. Anders kannst du nicht Christi Kind und Erbe sein.

Solange das irdische Reich in deinem Bildnis stecket, so bist du des verderbten Adam irdischer Sohn. Es hilft keine Heuchelei. Gib gute Worte vor Gott, wie du willst, so bist du doch ein fremdes Kind und gebühren dir nicht Gottes Güter, also lange bis du mit dem verlorenen Sohn wieder zum Vater kommest mit rechter wahrer Reue und Buße über dein verlorenes Erbgut. Da musst du mit deinem Willengeiste aus dem irdischen Leben ausgehen und den irdischen Willen zerbrechen, welches wehe tut, mit dem Gemüte und Willengeiste seinen gehabten Schatz verlassen, darinnen der Willengeist war erboren, und musst in Gottes Willengeist eingehen. Allda säest du deinen Samen in Gottes Reich und wirst in Gott als eine Frucht, die in Gottes Acker wachset, neugeboren. Denn dein Wille empfängt Gottes Kraft, Christi Leib und wächst dir der neue Leib in Gott. Alsdann bist du Gottes Kind, und gehören dir Christi Güter. Sein Verdienst ist dein Verdienst, sein Leiden, Tod und Auferstehung ist alles dein. Du bist ein Glied an seinem Leibe und sein Geist ist dein Geist. Er leitet dich auf rechter Straßen. Und alles, was du tust, das tust du Gotte. Du säest in dieser Welt und erntest im Himmel Gottes. Du bist Gottes Wunderwerk und eröffnest in dem irdischen Leben seine Wunder und zeuchst die mit dem Willengeiste in das heilige Mysterium.

Also merket dies, ihr geizigen, hoffärtigen, ihr neidischen, ihr falschen Richter, ihr Boshaften, die ihr euren Willen und Begierde in irdische Güter, in Geld und Gut und in Wollust dieses Lebens einführet und haltet Geld und Gut für euren Schatz, und setzet eure Begierde darein und wollet gleichwohl Gottes Kinder sein. Stehet und heuchelt vor Gott, er soll euch die Sünde vergeben. Ihr aber bleibet mit eurem Bildnis in Adams Pelze, in Adams Fleisch, und tröstet euch also des Leidens Christi und seid nur Heuchler. Ihr seid nicht Gottes Kinder. Ihr müsset in Gott geboren werden, wollet ihr Kinder sein. Anders betrüget ihr euch samt euren Heuchlern, welche euch eine gleißnerische Farbe vor malen. Sie lehren und sind nicht von Gott erkannt noch gesandt zu lehren. Sie tun um des Bauchs und um weltlicher Ehre willen, und sie sind die große Hure zu Babel, die mit den Lippen Gott heucheln und mit dem Herzen und Willengeiste dem Drachen zu Babel dienen.

Liebes Gemüte, willst du Gottes Kind werden, so schicke dich zur Anfechtung und Trübsal. Es ist nicht leicht und sanft, einzugehen in das Kinderleben, solange die Vernunft im irdischen Reiche gefangen lieget. Sie muss zerbrochen werden und muss der Wille von der Vernunft ausgehen. Er muss sich in Gottes Reich in demütigen Gehorsam einsäen, als ein Korn in den Acker gesät wird. Er muss sich in der Vernunft gleich als tot machen und Gott ergeben. Also wachset die neue Frucht in Gottes Reich.

Darum stehet der Mensch in einem dreifachen Leben und gehören alles Gott zu. Die innere feurigen Essentien des ersten Principii werden mit dem neuen Leibe in Christo eingeleibt, dass sie in Christi Fleisch und Blute aus Gottes Willen wallen. Und ihr Feuer ist Gottes Feuer, aus welchem die Liebe, Sanftmut und Demut brennet, da der Hl. Geist ausgehet und hilft ihnen den Kampf wider die irdische Vernunft auch wider des verderbten Fleisches und des Teufels Willen bestehen. Sein Joch des irdischen Willens wird ihm leichter, aber er muss in dieser Welt im Streit bleiben. Denn dem irdischen Leben gehöret Nahrung. Die muss der Mensch suchen, und darf doch auch nicht seinen Willen und Herze dahinein setzen und dranhängen. Er muss Gott vertrauen. Seine irdische Vernunft tritt immer in Zweifel, es werde ihm fehlen, sie will immer Gott schauen, und kann doch nicht. Denn Gott wohnet nicht im irdischen Reiche, sondern in sich selber.

Also muss die Vernunft, weil sie nicht kann Gott schauen, in die Hoffnung eingezwängt werden. Da läuft dann der Zweifel wider den Glauben und will die Hoffnung zerstören. Da muss denn der ernste Wille mit dem rechten Bildnis wider die irdische Vernunft streiten. Da tut es wehe und gehet oft traurig zu, solange noch die Vernunft den Lauf dieser Welt anschauet und also ihren Willengeist gleich als närrisch gegen den Lauf dieser Welt erkennet. Das heißt es: Seid nüchtern, wachet, fastet und betet, dass ihr die irdische Vernunft möget ertauben und gleich als tot machen, dass Gottes Geist Statt in euch finde. Wenn derselbe erscheinet, so überwindet er bald die irdische Vernunft und blicket den Willen in der Angst mit seiner Liebe und Süßigkeit an, da dann allemal ein schönes Zweiglein aus dem Glaubensbaume geboren wird. Und dienet alle Trübsal und Anfechtungen den Kindern Gottes zum allerbesten. Denn so oft Gott über seine Kinder verhänget, dass sie in Angst und Trübsal eingeführt werden, so stehen sie allemal in der Geburt eines neuen Zweigleins aus dem Glaubensbaume. Wenn der Geist Gottes wieder erscheinet, so führet er allemal ein neues Gewächs auf, dessen sich das edle Bildnis sehr hoch erfreuet, und ist nur um den ersten ernsten Sturz zutun, da der irdische Baum muss überwunden und das edle Korn in Gottes Acker gesät werden, dass der Mensch lerne, den irdischen Menschen erkennen. Denn wenn der Wille Gottes Licht empfängt, so sieht sich der Spiegel in sich selber. Eine Essenz im Lichte sieht die andere. Also findet sich der ganze Mensch in sich selber und erkennet, was er ist, welches er in der irdischen Vernunft nicht kann erkennen.

Also kann niemand denken, dass der Baum des christlichen Glaubens im Reiche dieser Welt gesehen oder erkannt werde. Die äußere Vernunft kennet ihn nicht. Und ob der schöne Baum gleich schon im Inneren Menschen stehet, noch zweifelt wohl die äußere, irdische Vernunft, denn der Geist Gottes ist ihr als eine Torheit. Sie kann den nicht ergreifen. Ob es gleich geschieht, dass der Hl. Geist sich im äußern Spiegel eröffnet, dass das äußere Leben darinnen hoch erfreuet und vor großer Freuden zitternd wird und denket, nun habe ich den werten Gast erlanget, nun will ich’s glauben. So ist doch kein vollkommener Bestand darinnen, denn der Geist Gottes verharret nicht immerdar in der irdischen Qual. Er will ein rein Gefäß haben. Und wenn er weichet in sein Principium als in das rechte Bildnis, so wird das äußere Leben kleinmütig und zaghaft. Darum muss das edle Bildnis immer im Streite sein wider das äußere Vernunftleben. Und je mehr es streitet, je größer wachset der schöne Baum, denn es wirket mit Gott. Denn gleichwie ein irdischer Baum in Wind, Regen, Kälte und Hitze wachset, also auch der Baum des Bildnisses Gottes unter Kreuz und Trübsal, in Angst und Qual, in Spott und Verachtung, und grünet auf in Gottes Reich, und bringet Frucht und Geduld.

So wir denn solches wissen, so sollen wir dahin arbeiten und uns keine Furcht noch Schrecken lassen aufhalten. Denn wir werden dessen wohl ewig genießen und einernten, was wir all hier in Angst und Mühe gesät haben, dass wir uns ewig trösten. Amen, Halleluja!