Josef Schauberg – Die semitischen Namen und heiligen Worte der Maurer – Hiram

Die semitischen Namen und heiligen Worte der Maurer – Hiram

Josef Schauberg (1861)

(Band II. – Kapitel XLV aus: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei
mit besonderer Rücksicht auf die Mythologien und Mysterien des Altertums)

Josef Schauberg sieht den Ursprung der Mysteriensprache der Freimaurer in der semitischen bzw. in der hebräischen Sprache. Aus diesem Sprachschatz heraus seien neue Systeme und Grade gegründet worden. Daher seien auch die Benennungen der Mitglieder, die verschiedenen Grade, die heiligen Worte, die Erkennungsworte usw. daraus entlehnt worden. Die Mysterien des Altertums, woraus die Religionen gegründet wurden, hätten wie ihre heilige und geheime Sprache und Schrift, ihre heilige Architektur und die heiligen Gebäude, vor die Augen des Volkes treten lassen, doch die in Stein gewordenen Symbole könnten , ausschließlich die Eingeweihten erfassen und begreifen, die sich mit diesen Künsten ausführlich beschäftigen. Aus diesem heiligen Wissen, das in den Mysteriensystemen dem Profanen verborgen sein, ströme der darin enthaltene Geist nach außen und gebäre die einzelnen Sparten der Wissenschaft, der Mathematik, Astronomie, Chronologie, Geographie, Grammatik, Philosophie, Rechtswissenschaft und Arzneiwissenschaft. Josef Schauberg vertritt die Auffassung, dass alles Wissen und Können, eine wirkliche Macht und Herrschergewalt in sich eingeschlossen hätte.

 

Die Mysteriensprache der Maurer aller Systeme und aller Grade ist in dem Sinne die semitische, beziehungsweise die hebräische, dass daraus die Benennungen der Mitglieder der verschiedenen Grade, die heiligen Worte, die Erkennungsworte usw. entlehnt sind und bei etwa neu zu gründenden Systemen und Graden daraus entlehnt werden. Zuvörderst könnte diese Wahl einer semitischen Sprache als die geheime und heilige Sprache der Maurer aus dem allgemeinen Bedürfnisse aller Mysterienverbindungen erklärt werden, eine geheime (mysteriöse) oder nicht jedem sogleich verständliche und zugängliche Sprache, gleichsam eine altertümliche oder archaische Sprache zu haben, wie das Sanskrit in dieser Weise die heilige Sprache der Brahmanen und der nördlichen und jüngeren Buddhisten ist; die Pali Sprache, eine der ältesten Töchtersprachen des Sanskrit, ja angeblich älter als das Sanskrit und aus Beher, dem alten Magadha stammend, diejenige der südlichen und älteren Buddhisten, namentlich noch heute auf Ceylon, in Barma und Siam, während dieselbe in ihrem Heimatlande ganz vergessen ist das Lateinische der katholischen Priester und Kirche aller Länder usw. Diese heiligen, dem Volke und der Masse unverständlichen und geheimnisvollen Sprachen haben nicht wenig zur Ausbreitung und Befestigung der brahmanischen, buddhistischen, katholischen usw. Religion, der religiösen Mysterien beigetragen, indem sie ihre Verkünder als höhere Wesen und die von ihnen verkündigten Lehren als geoffenbarte Mysterien erscheinen ließen, indem sie ihre Verkünder hoch emporhoben und gleichsam heiligten, zumal diese Sprachen in der Regel die Sprachen der Wissenschaft, der Mathematik, Astronomie, Chronologie, Geographie, Grammatik, Philosophie, Rechtswissenschaft, Arzneiwissenschaft u. s. f. waren und somit alles Wissen und Können, eine wirkliche Macht und Herrschergewalt in sich schlossen.

Schon das fremde Wort, die fremde Sprache an sich erweckt in dem bisher damit Unbekannten oder ihrer Nichtmächtigen sehr leicht die Vorstellung, dass darin etwas Höheres, ein Geheimnis enthalten und verborgen liege, welches man teilweise wenigstens bereits errungen und erreicht zu haben wähnt, wenn man auch nur das leere, meistens nicht einmal verstandene Wort besitzen sollte; nicht selten sogar wird das vermeintliche Mysterium um so höher angeschlagen und um so teurer bewahrt, je weniger man die erhaltenen fremden Worte versteht und begreift. Eine fremde, eine schwer verständliche Sprache ist daher auch die Sprache aller Zauberer und das Zaubernde, das Bezaubernde und Verblendende ist gerade das Unverstandene, der Unverstand des Hörenden; in der Allen verständlichen Sprache könnte unmöglich zu zaubern versucht und gewagt werden, weil man die gebrauchten Zaubersprüche verstehen und erkennen würde. Auch die heutigen Parsen und sogar deren Priester zu Bombay verstehen nach Graul, Reise in Ostindien, welcher zugleich den Parsen Manackdji Cursedji Meister in der dortigen Freimaurerloge sein lässt, nicht mehr die Sprache ihrer heiligen Schriften, dass sie nichts Geheimes und Außerordentliches enthalten, nichts Übernatürliches zu bewirken vermögen und bei ihrem stündlichen oder täglichen Gebrauche bewirken. Der tiefste und letzte Grund der rätselhaften, der segnenden und heilenden, der zaubernden Macht und Kraft der fremden Worte, der Sprache und des Gesanges, des gesungenen Wortes, überhaupt ist aber die dem göttlichen Worte, dem ägyptischen Tet, Thoth, dem parsischen Honover und dem indischen Vac, dem griechischen , bei den Ägyptern, den Baktrern, Indern, Juden, Griechen, Germanen usw. zugeschriebene schöpferische Kraft, übernatürliche und zauberische, göttliche Gewalt; das Wort, die Rede, der Gesang, das Gebet ist die Tat, die Schöpfung und durch diese der Zauber. In dem indischen Melodram “Urwasi und der Held”, welches in dessen Eingange wohl mit Unrecht dem Kalidasa beigelegt wird und jünger als dieser oder vielmehr als der Verfasser der Sakuntala ist, wird in dem Segensspruche nach der Übersetzung von B. Hirzel von Çiwa gesagt:

Wer durch Himmel und Erde dringet, und da heißt
Im heil’gen Buch Ein’ger Geist;
Wem allein nur der Name Meister in der Welt
Zukömmt, dem Wort gleich die Tat.

Die Sarasvati, die Beredsamkeit, die Rede, ist die Gattin und Tochter oder die personifizierte Kraft des männlichen Brahma, wie das Wort, der Logos Gottes Sohn ist. Die Wissenschaft ist die Brahmawissenschaft, d. h. das Erkennen und Bewusstwerden des Göttlichen, des unpersönlichen Brahma, das Vereinigt sein und Aufgehen in ihm. Um gewisser Massen die Menschen zu bezaubern, um sie magisch zu beherrschen, um sie zu segnen und zu heilen, um ihnen doch ein wirkliches Geheimnis darbieten zu können, mussten daher die Mysterien des Altertums, wie der Neuzeit entweder eine ganz fremde oder doch wenigstens eine altertümliche, eine archaische, im Volksleben nicht mehr gebräuchliche und verständliche Sprache zu ihrer Mysteriensprache wählen, sie mussten sich Zauberworte und Zaubersprüche, besondere und heilige Namen und Worte schaffen und mit deren Besitz, Erfindung und Reichtum wuchsen sie empor, wurden sie selbst. Zaubern heißt aus Nichts Etwas machen, mit dem Geiste, mit dem Hauche, mit dem Worte schaffen; der Zauberer, der Magier und Hexenmeister, der Weissager und Wisser ist ein Sprecher (in den Zendschriften maretan), daher das Zauberwort, der Zauberspruch, die Bespreehung, die Zauberformel, der Zaubergesang, die Weissagung, die Weissage, das Orakel. Der Sprecher und Zauberer ist zugleich ein Weiser (uçig im Weda), ein segnender Heiler und Arzt, ein Sänger und Sängerin, ein Seher und Prophet oder Orakelpriester, Kawi im Weda genannt ein höherer Mensch, ein Priester und eine Priesterin, ein Gott und eine Göttin. Der neueste Forscher über den Buddhismus, Wasslijew in Petersburg, hält die buddhistischen Zauberformeln, mit denen man geistige Wesen zu schlagen vermag, für persische; jedoch tritt die Macht des Wortes (Vac, Wort, Rede) auch schon in den Veden durch Besprechungen und Zauberformeln hervor und dieselbe zaubernde Macht wird darin dem Gesange, den Hymnen, d. i. den gesungenen Worten und Reden zugeschrieben.

Der älteste religiöse Reformator und Philosoph, der weit über 2000 Jahre v. Chr. lebende baktrische Zarathustra ist wörtlich der vortreffliche Sänger und Dichter (Zarathustra), der die heiligen Gebete (mantra’s) Sprechende (mâthran), ein Opferer (râtam) mit den heiligen Gebeten, der Hochheilige (çpitama), ein Orakelpriester und Prophet, der Feueranzünder und Lichtbringer (Çaoskjanto), der Bote (dûta) Ahuramazda’s und zuletzt oder später, wie dieses auch Buddha und andere Religionsverkünder wurden, selbst ein Gott, ein Weltherr und Weltherrscher, ein lebendiger und ewiger Weiser (ahura Mazda), ein Unsterblicher (Amesha çpenta, im Sanskrit Aditjâ). Seine heiligen Sprüche und Lieder sind die Offenbarungen, die Worte Ahuramazda’s selbst, welche geheime Kräfte verleihen, und in deren Rezitieren, Abbeten und Absingen daher der Gottesdienst besteht, die in den heiligen Schriften gesammelt und aufbewahrt werden. Sie sind der Weg des guten Sinnes (Vohû-manô), des Wahren (asha, sanskrta), der Unsterblichkeit (ameretât), das Große Gut oder der Große Schatz (maga maz) und die Besitzer desselben sind die magava’s, die Magier, die Schatzreichen und Mächtigen, die Zauberer. Der Streit des Zarathustra mit den Priestern und Anhängern des Soma trinkenden und Soma berauschten Indra, d. h. des geistigen und bauenden Feuerdienstes mit dem Naturdienste, mit dem Somacultus, des beginnenden Ackerbaues und Häuser-, Dörfer- und Städtebaues mit der daran sich anschließenden Bildung gegen das wilde und rohe Nomadenleben ist eigentlich ein Priesterstreit über die gegenseitige Kraft der Zauberworte und Zauberlieder (baktr. dâenâ’s), wie auch Moses und Aaron mit den ägyptischen Priestern im Zaubern ringen, da an dem stärkeren Zauber der stärkere Gott erkannt werden soll. Der Himmel selbst ist zufolge Haug nur die Liederwohnung, Garô-demanâ, wo die Schaaren seliger Geister Loblieder singen und Ahuramazda wohnt, zu dem die Magava’s, die erleuchteten Freunde Zarathustra’s kommen und ihm Lob und Preis darbringen. Als der nordische Asmund von Haddings Schwert besiegt und tödlich verwundet zu Boden fiel, warf er sterbend dem Sieger vor, nur durch seiner Verse Zauber gesiegt zu haben. Die Poesie der ältesten Isländer hatte, wie auch die ersten Buchstaben und Schriften, die Runen Odins, eine magische Kraft; ein heiliges Wort, ein heiliger Vers, die Segens- und Heilssprüche (in den Zendschriften afähmâni), auf einem Blatte oder einem Täfelchen geschrieben und getragen, machten stark, siegreich und unverwundbar. Die Schamanen, die im ganzen Norden verbreiteten Priester und Zauberer, glaubt Ritter, die Vorhalle europäischer Völkergeschichten, den indischen Samanäern oder den Buddhisten entstammend, wie bei ihnen Vischnu auch Schama, Jineswara (d. i. Tschin, der Genius, und Schama) gleich Buddha heißt.

Die einmal gewählten und bestimmten Zauber- und Mysterienworte, Sprüche, Formeln, Lieder oder Gesänge usw., welche als das heiligste priesterliche Geheimnis erteilt und bewahrt wurden, dienten nicht allein als Erkennungszeichen und Erkennungsmittel der Eingeweihten, der Priester, sondern verliehen dem ganzen Bunde erst dauernde Festigkeit, zumal in einer fremden oder schon veralteten Sprache, indem diese nicht den Bewegungen, Zweideutigkeiten und Veränderlichkeiten der lebendigen Volkssprache unterworfen waren und durch ihr Alter, durch ihr Abgestorben sein etwas Ehrfurcht und Bewunderung Gebietendes hatten, gerade wie man deshalb die Alten, die Abgeschiedenen, die Vorfahren und die Väter, die Toten heilig hielt und verehrte. Die verschiedenen Weihe- und Mysteriengrade wurden gebildet und unterschieden durch die Verschiedenheit der ihnen bestimmten und mitgeteilten Mysterienworte usw. Bei den Çrivaishnava, einer von Râmânuga im Dekhan in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts gestifteten brahmanischen Religionssekte, ist die wichtigste Zeremonie die Einweihung durch Mittheilung der Mantra oder Gebete vom Lehrer an die Schüler; dieses geschieht durch Zuflüstern; nur die gehörig vorbereiteten und des vollen Vertrauens der Lehrer würdig befundenen Schüler erfreuen sich dieser Gunst und Mittheilung. Die Formel lautet: “om Râmâjah namah, d. h. om! Heil dem Râma!” Diese Formel, welche so ziemlich allen Einweihungsformeln, auch den maurerischen gleicht, scheint an sich kein großes und wichtiges Geheimnis zu bergen und dennoch ist ihre Mittheilung die Mittheilung des wichtigsten Geheimnisses jener brahmanischen Religionssekte, welche als ihre vier Grade die vier Stadien des brahmanischen Lebens anerkennt und bei welcher jene Männer die größte Verehrung genießen, die in dem vierten oder letzten Stadium sich befinden und Sannjâsin genannt werden. Zu den letzteren gehören auch die Tridandis, so genannt von den drei Stäben, oder Gerten, welche sie als Zeichen ihrer Enthaltsamkeit tragen, wie der Stab überhaupt bei den indischen Büßern das Symbol der Selbstbeherrschung ist.

Die Erkennungszeichen, die Geheimnisse der einzelnen Grade sind notwendig ein Willkürliches und Äußerliches, aber sie werden zum Innerlichen und Werthvollen, sobald sie in den betreffenden Grad eingeführt und die damit verbundenen Verdienste und Rechte und Pflichten erteilt haben, ähnlich wie die verschiedenen Orden und Ehrenzeichen und die Stufen derselben; Râma ist hier die siebte Inkarnation Vischnu’s, in welcher er als gewaltiger Held dem Wechselreiche der Priester und Krieger ein Ende machte, Ceylon eroberte usw. und in der ihn das Rama Jana verherrlicht; der Einzuweihende wird sonach durch die Einweihungsformel dem besonderen Dienste Vischnu’s geweiht, wie die maurerischen Einweihungsformeln von dem gemeinsamen Gedanken durchdrungen und erfüllt sind, den Eingeweihten dem symbolischen salomonischen Tempelbaue, dem Baue der Gottheit in der Menschheit als einen tätigen Mitbauenden sowohl, als einen brauchbaren Baustein zu weihen und zu bilden, und wie in der christlichen Kirche bei der Taufe, Firmung und Konfirmation oder auch Kommunion der Christ durch den Namen Christi dem Dienste Gottes und seines menschgewordenen Sohnes zugeführt wird. Wie verschieden und mannigfach auch die Einweihungsformeln und Namen sind, das letzte und wahre Ziel aller Weihen ist doch zuletzt dasselbe, Gott. Den höchsten und letzten Grad in den Weihen erreichen und nehmen Diejenigen ein, welche der Erde und ihren täuschenden Genüssen und Reizen entsagt haben und nur noch nach Gott und einem Himmel Verlangen fühlen, die gleichsam auf Erden Gott erschauen und in ihm auf gehen; dies sind die indischen Sannjâsin und Yogi, die maurerischen Meister. Bei den Buddhisten geht der Aufnahme in den geistlichen Orden der Unterricht vorher; der Çramanera, der Novize, erhält darauf die erste, upasanpadâ genannte Weihe, die ihm erst nach vollendetem zwanzigsten Jahre erteilt werden darf. Diese Aufnahme geschieht vor dem sangha, der Versammlung, von welcher dem Novizen Fragen vorgelegt werden über alle Bedingungen, von welchen seine Aufnahme abhängt. Er erhält dann den Titel Çramana oder Bhixu.

Ihre Gesamtheit bildete die Versammlung, den sangha oder Bhixusangha. In ihr erhielten ihre Mitglieder ihren Rang nach ihrem Alter; die vornehmsten wurden deshalb Sthavira, die Greise (der maurerische Orient) genannt und die ältesten unter ihnen Sthavirâh Sthavirânâm, die Alten der Alten. Ihnen übertrug der Gründer des Buddhismus den Unterricht im Gesetze, wenn er denselben nicht selbst erteilte. Der buddhistische Novize wird vor seiner Aufnahme in den Orden vor der Versammlung besonders geprüft, ob er nicht durch körperliche Gebrechen oder durch seine persönliche Verhältnisse unfähig sei, in das Kloster aufgenommen zu werden; er muss seinem Besitze entsagen, den Almosentopf nehmen und darf keinen Bart tragen, wie er auch die Kopfhaare abschneiden muss oder diese ihm abgeschnitten werden (Tonsur). Die Buddha Priester auf Ceylon, welche zu der höheren Stufe der Priester-Kahlköpfe gehören, werden Sangatar genannt; diese Stufe muss ein Sanctus erst erreichen, bevor er selbst ein Buddha werden , d. i. die Apotheose erlangen kann. Auch die buddhistischen Kolonien in der Bucharei und in Khorasmien tragen das Haupt geschoren. Die Sitte der Priester, der Frommen, das Haupt- oder auch das Barthaar abzuschneiden, scheint in Asien und besonders auch bei den Ariern uralt zu sein, indem auch schon Herodot von den Argippäern berichtet, dass sie von den Skythen Kahlköpfe genannt werden. Eben so hatten alle ägyptischen Priester ohne Ausnahme das Haupt glatt geschoren. Der Beschneidung, welche gleichfalls bei den ägyptischen Priestern, bei den Juden, teilweise bei den Phöniziern und bei andern semitischen Volksstämmen üblich war, dem Abschneiden des Haupt- und des Barthaares und allen ähnlichen Gebräuchen, liegt der gemeinsame Gedanke eines der Gottheit darzubringenden und den Darbringenden weihenden und heiligenden Opfers zu Grunde, wie in Griechenland von Jünglingen und Mädchen ihr Haarschmuck oder einzelne Haarlocken den Göttern, besonders den unterirdischen geopfert wurden und bei den Buddhisten auf Ceylon noch geopfert werden.

Auch liegt in dem Hingeben des Haupthaares und des Barthaares oder auch nur eines Theiles derselben eine Demütigung, eine Unterwerfung, eine Entsagung und hiermit muss beginnen, wer sein Leben dem Dienste der Gottheit widmen und ihr Priester werden will, weshalb auch unterworfene und unterjochte Völker oft zum Zeichen der Knechtschaft sich das Haar abscheren mussten oder keine langen Haare tragen durften. Wie die Buddhisten bezüglich der Tonsur das Vorbild der katholischen Mönche und Priester geworden sind, so auch wohl bezüglich des Gebrauches der Glocken. In den buddhistischen Klöstern waren seit sehr frühen Zeiten die Glocken im allgemeinen Gebrauche und für dieselben von großer Bedeutung; insbesondere wurde in diesen Klöstern (vihâra) auch das Zeichen zur Versammlung und zu der Mahlzeit mit der Glocke gegeben.

Die Mysterien und die auf ihnen ruhenden Religionen des Altertums haben wie ihre heilige und geheime Sprache und Schrift auch ihre heilige Architektur und ihre heiligen Gebäude, wenn gleich die letzteren nach der Natur der Sache etwas mehr aus dem engen Mysterienkreise heraus vor die Augen des ganzen Volkes treten; immerhin aber bleibt auch die Architektur insofern eine geheime und heilige, als die mit ihr verbundene Symbolik, die in ihr Stein gewordenen Symbole doch nur die eigentlichen Eingeweihten zu fassen und zu begreifen vermögen. Um einen tieferen Einblick und das wahre Verständnis der alten Mysterien zu gewinnen, müssen daher dieselben stets in Verbindung mit der Sprache und Schrift, mit der Baukunst und allen ihren Nebenkünsten, namentlich der Musik, der Malerei und der bildenden Kunst, betrachtet und erforscht werden. Den mysteriösen und mystischen, den symbolischen Charakter legten die Baukunst und die übrigen Künste erst alsdann und in demselben Verhältnis ab, als sie sich dem ausschließlichen Besitze und der vorherrschenden Leitung der Priesterschaften, der Mysterien, des Religions- und Kirchendienstes entwanden und verweltlichten, eine freie Volkssache wurden. So betrachten wir auch die Baukunst von der ägyptischen, phönizischen und jüdischen einerseits an und der assyrisch-babylonischen und indischen andererseits durch die Griechen, Römer und Romanen herab bis auf die Nordfranzosen, Niederländer und Süddeutschen als eine in ihrer letzten Grundlage und in ihrem Grundcharakter religiöse und priesterliche, als eine symbolische und die Bauenden als Priester, als Religiosen, als die priesterlichen Eingeweihten, so dass z. B. die maurerischen Aufnahmsrituale und Katechismen auch als ursprüngliche priesterliche Einweihungsrituale und die Katechismen der priesterlich Geweihten erscheinen.

Außerordentlich erweitert sich auf diese Weise der Forschungs- und Verständniskreis und vieles scheinbar Dunkele und Unerklärliche wird licht und leicht verständlich. Der salomonische Tempelbau wurde in die Baukunst und Maurerei als der vorherrschende erst eingeführt, als die Baukünstler sich zum Christentum bekehrten und unter die leitende Herrschaft der christlichen Priester und Mönche gerieten, an der Stelle der alten heidnischen Tempel christliche Kirchen und Klöster aufgeführt wurden. So möchten wir nicht die Maurerei und Baukunst an und für sich, aber den salomonischen Teil derselben, die salomonische Maurerei als erst mit dem Christentum und zur christlichen Zeit entstanden ansehen. Anfänglich mochte diese salomonische Maurerei den Baukünstlern so fremdartig sein und erscheinen als das ganze Christentum selbst, aber allmählich verschmolz sie sich mit dem alten heidnischen Glaubens- und Wissenskreise, mit der heidnischen Symbolik zu dem jetzt vorliegenden Ganzen. In welcher Weise dieser Vermischungs- und Umgestaltungsprozess vor sich gegangen sei, darüber können nur leise Vermutungen geäußert werden; das Wahrscheinlichste aber ist, dass man die alte Sache im Ganzen gelassen, jedoch an die Stelle der römisch-griechischen Namen und Götter biblische oder auch rein-christliche und namentlich die beiden Johannes und Christus gesetzt habe. Insbesondere würden darnach Hiram, Johannes der Evangelist und Johannes der Täufer als der christlich umgetaufte und benannte heidnische Natur- und Sonnengott erscheinen, welchen Ersteren zugleich die von dem letzteren vorhandene Legende, so weit und so gut es gehen mochte, angepasst wurde. Auf diese Weise wird auch der sonderbare heidnische oder der natürliche und rein geistige oder christliche Zwiespalt und Dualis Unis begreiflich, der uns bei jedem tieferen Eindringen in die alte maurerische Symbolik unverkennbar mehr oder weniger begegnet. Die semitische, die hebräische Sprache ist sonach keineswegs die ursprüngliche heilige Sprache der Baukünstler und Maurer, sondern bloß die Sprache der christlich gewordenen heidnischen, der christlich-germanischen Baukünstler. Den christlich-germanischen Baukünstlern konnte unmöglich ein anderes Symbol als der salomonische Tempelbau mit seinem Baumeister Hiram gegeben werden, weil die neuen Christen durchaus noch keine Bauten und keine ausgezeichneten Baumeister hatten und in der ganzen vorchristlichen jüdischen Geschichte die Erbauung des salomonischen Tempels durch den phönizischen Hiram der einzige bemerkenswerte und hervorragende Bau war.

Die Einführung des salomonischen Tempelbaues und seines tyrischen Baumeisters Hiram oder Iliram Abif, wie ihn die Yorker Konstitution vom Jahr 926 nennt, mochte auch dadurch erleichtert werden, dass von diesem Tempelbau die Sagen und Urkunden der Bauleute bereits Meldung taten, woran nur erweiternd und mit Zurückdrängung des anderweitigen Inhaltes der Sagen und Urkunden angeknüpft werden durfte. Die ganze Yorker Konstitution, wenn dieselbe mit Krause für echt zu halten d. h. bis auf das Jahr 926 zurückzuführen ist, muss dann als die älteste christlich-maurerische Urkunde angesehen werden, worin die Baukunst auch mit der heiligen Baukunst der Phönicier, mit Hiram von Tyrus, einer Witwe Solin, und mit dem Tempel, welchen der weise König Salomo dem wahren Gotte zu Ehren in Jerusalem aufführen ließ, in nähere Verbindung gebracht wird. Nach der Yorker Konstitution waren alle Arbeiter bei dem salomonischen Tempelbaue durch Hiram in gewisse Ordnungen eingeteilt, welche Salomo genehmigt hatte, und so wurde bei diesem großen Baue zuerst eine würdige (venerabilis) Gesellschaft der Baukünstler (societas architectonica) begründet, welche Einrichtungen hernach die Griechen und Römer nachahmten und von den Römern sodann über das Meer aus Italien und Gallien, nach England kamen, nachdem der salomonische Tempel in sieben Jahren und sechs Monaten vollendet und diese Vollendung durch ein allgemeines Fest gefeiert worden war, starb Hiram Abif und man begrub ihn vor dem Tempel, von Allen betrauert.

In dieser christlichen Bau-Sage ist es jedenfalls ein offenbarer und unwahrer abändernder Zusatz, dass die Bauzünfte, die zunftmäßige Einteilung der Bauleute zuerst bei dem salomonischen Tempelbaue von Hiram mit Genehmigung des Königs Salomo eingeführt und sodann diese neuen Einrichtungen auf die Griechen und Römer und die ihnen nachfolgenden romanischen und germanischen Völker übergegangen seien, wie denn jene Behauptung auch mit dem übrigen Inhalte der Yorker Konstitution selbst in Widerspruch sieht, indem sie anerkennt, dass schon vor Salomo die Baukunst in Chaldäa, in Assyrien, in Ägypten und in Phönicien und selbst in Kanaan geblüht habe, weshalb in diesen Ländern auch schon vor Salomo Bauzünfte oder diesen ähnliche Einrichtungen bestanden haben müssen und nicht erst ganz neu bei dem salomonischen Tempelbaue eingeführt worden sein können. Zur größeren Verherrlichung des Judentums und des Christentums lässt aber die Urkunde auch den Abraham alle Künste und Wissenschaften aus Chaldäa nach Ägypten verpflanzen, “wo er vorzüglich an Hermes einen so geschickten Schüler fand, dass dieser endlich der Trismegistus der Wissenschaften genannt wurde, denn er war auch zugleich Priester und Naturforscher in Ägypten und durch ihn und einen Schüler von ihm erhielten die Ägypter die ersten guten Gesetze und alle Wissenschaften, worin Abraham unterrichtet hatte; in der Folge fasste Euclid die Hauptwissenschaften zusammen und nannte sie Geometrie, alle zusammen nannten aber die Griechen und Römer Architektur.”

In Übereinstimmung mit dieser eben so ungeschickten als unhistorischen christlichen Sage steht es, dass die von Moses und seinen jüdischen Baukünstlern bei der “hochberühmten Stiftshütte, welche von Holz und Eisen , Gold und Gewirktem” erbaut war, angewandte heilige Baukunst über die Baukunst aller übrigen damaligen Völker hinausging.
Diese Behauptungen der Yorker Urkunde sind bloß darin belehrend, dass sie zeigen, in welcher gewaltsamen Weise die christlichen Priester und Mönche mit der Geschichte zum Ruhme Christi und der jüdischen Patriarchen umgegangen seien und dass ihnen auch das ganze Hebräertum, Salomo und Hiram, in der jetzigen Maurerei angehöre. Deshalb heißt es auch in der Yorker Urkunde: “Tubalkain hatte auch schon die Kunst, in Eisen zu bauen, Jubal die Musik, seine Schwester Naahmah die Kunst des Webens, und sein Bruder Jabal die Viehzucht, den Feldbau und die Feldhütten, die man hernach auch in den Krieg einführte, zur Vollkommenheit gebracht. Alle Nachkommen bewahrten diese Künste, bis endlich Noah auch den Weinbau erfand, und von Gott in den ersten Gesetzen der Menschen, seit Erschaffung der Welt, zugleich auch darinnen unterrichtet wurde, ein schwimmendes großes Gebäude aus Holz zu bauen, wodurch der Schiffbau begründet wurde, den hernach zuerst die Völker aus Soria (Phönicier) trieben. Die Maurerlehrlinge erhielten darnach als Bauleute den Namen Tubalkain, und ebendaher stammen bei den Maurern die Noachiten und die noachitischen Gebote. Noah (d. i. Trost, Erquickung) ist ein in den höheren maurerischen Graden bedeutendes Wort. Wie sieben noachitische Gebote sind, geht auch Noah mit seinen drei Söhnen und ihren vier Weibern nach Noorthouek im Jahr 2348 vor Chr. in die Arche; von diesen vier Masonen oder Grossbeamten (Noah und seinen drei Söhnen, von denen der eine deputierter Meister und die beiden andern Aufseher waren) stammt das ganze gegenwärtige Menschengeschlecht ab; die Maurer wurden anfangs Noachiten genannt, und was dergleichen Dinge oder Undinge mehr sind, deren bloße Erwähnung schon zu viel ist. Übrigens ist nach Ritter in der biblischen Noahmythe nur die indische Mythe von Sati-Auratal dem Sohne der Sonne (Suria), dem Günstlinge des Wischnu, dem Erretter der Völker aus den Wassern enthalten. So wird namentlich in der indischen Sinflutsage dem Satiaurata von dem Gotte geboten, mit seinen sieben Söhnen in die Arche einzugehen und diese werden die sieben Rischis, Rachusen genannt, welche von den Kommentaren der Veden als die sieben Patriarchen der Brahmanen, als die sieben Brahmanen erklärt werden.

Der tiefere und letzte mythologische Gedanke der mosaischen, babylonischen und indischen Sinflutsage und aller ähnlichen Sagen möchte sein, dass das Wasser, das Meer, die Allmutter, die Mutter, die Gebärerin und Allernährerin (oder , Mäetis, Metis, Thetbys, Maja, Maha-mai, Magna Mater, Kolias-Aphrodite usw.) der Menschen und der Völker sei, welche aus ihrem Schosse (der Arche) hervorgehen und über die Erde sich ausbreiten. Der aus dem Wasser erzeugende und schaffende, der die Menschen erhaltende und rettende Gott ist bei den Indern Wischnu (der Erhalter) und bei den Juden Jahveh, Jehovah, der Beschützer des frommen Noah. Sieben Menschen gehen in die Arche ein und daraus hervor, in sieben Tagen werden nach den Puranas durch die Wasserfluten die drei Welten in den Ozean des Todes versenkt, weil Gott der über den sieben Planeten und Himmeln wohnende und thronende, der siebenäugige Gott ist, da die sieben Planeten als die sieben Augen Gottes, wie Sonne und Mond als seine zwei Augen und zugleich zwei Säulen betrachtet wurden. Die gebärende und rettende Arche ist die (proereatrix a ), und die Arche landet an dem höchsten Bergesgipfel (des Kaukasus, Kauk-asos und asos = heilig, des Ararat oder eines andern Berges), weil die ersten Menschen auf den zuerst aus den Wassern hervorragenden Bergen wohnten und von da in die von dem allmählich zurückweichenden Meere befreiten Ebene herabstiegen. Die gebärende Mutter wird deshalb auch selbst zur großen oder guten Mutter vom Gebirge bei den Phrygiern und ähnlich nehmen auch bei den Indern, Griechen u. s. w die Götter auf den Bergen ihren Sitz; ganz gleich wird auch die Göttin aus dem Schaume des Milchmeeres, des Meeres geboren, so die Latschemi oder Sita, die Gattin des Wischnu, bei den Indern und die Aphrodite anadyomene bei den Griechen.

Die Noachiten sind das älteste wasser- und erdgeborene Menschengeschlecht und der Glaube und die Sitten und Gesetze dieses Geschlechtes der Urglaube und die Urgesetzgebung der Menschheit, welche diese gleichsam noch von der Gottheit selbst als seine Uroffenbarung empfangen hatte. Die Paradies-Schlange, die Schlange des Wischnu ist zunächst das Symbol des unendlichen Schöpfers selbst, d. h. der lebendigen Schöpfung des Lebens und. sie heißt Ananta, Zaruana akarana, die anfangslose Zeit, die nimmer alternde Zeit, weil wir weder den Anfang noch das Ende der Schöpfung kennen, die Schöpfung anfangs- und endlos ist. Aber die Schlange des Lebens und der Schöpfung ist auch die Schlange des Todes und des Bösen, weil der Tod und das Böse mit dem Leben und der Schöpfung selbst in die Welt, in die Zeit kamen. so dass die Zeit als der Gott des Todes und der Zerstörung (Çiwa bei den Indern, Sevek bei den Ägyptern) erscheint. Hiram ist der Kronos, die Zeit, Çiwa, Sevek, aber nach der orphischen Lehre auch Herakles, weil er siegreich den Tod überwindet und aus dem Tode das neue Leben schafft. Das Symbol dieses orphischen Herakles ist eine dreihauptige Schlange, eine Schlange mit dem Haupte eines Stieres und eines Löwen, als Symbole der Sonne und des Mondes, und mit dem Gesichte eines Gottes in der Mitte, welcher orphischen Trimurti die maurerischen drei großen oder drei kleinen Lichter der Sonne und des Mondes und des Meisters oder Gottes gleichstehen.

Die Mutter Isis ist ursprünglich nicht das Meer und die Erde, sondern die Urnacht (Athor) und die Urmaterie, das Chaos, welches das Urlicht und der Urgeist die Sonne (Osiris) liebend und schaffend umfasst. Monotheistisch muss der Glaube der Urmenschheit insofern gewesen sein, als sie anfänglich eben nur den allgemeinen und einfachen Gottglauben hatte und dieser erst mit der Ausbildung verschiedener Volksstämme und Völker gleich der Sprache sich spaltete. Außerdem ist aus der Yorker Urkunde noch diese Stelle wegen ihrer Beziehungen zur maurerischen Symbolik hervorzuheben: “Kain’s Sohn, Enoch war besonders ein großer Baumeister und Sternkundiger. Er sah in den Sternen voraus, dass die Welt einmal durch Wasser und ein andermal durch Feuer untergehen würde, und setzte daher zwei Große Säulen, eine von Stein, die andere von Thon, auf welche er die Grundlehren der Künste schrieb, damit die Wissenschaften Adams und seiner Nachkommen nicht verloren gehen möchten.” Dieses sind also die Seth’s Säulen oder Enoch’s Säulen, wie die beiden Säulen Jakin und Boaz auch genannt werden, ohne dass jedoch in der heutigen Maurerei von dieser jüdisch-maurerischen Mythe ein größerer Gebrauch gemacht würde. Die zwei Säulen der Sonne und des Mondes, denen auch bei Indern die beiden Königsgeschlechter der Sonne und des Mondes, die Sonnen- und Mondskinder, die Kurus, und Pândavas des Mahâbhârata, entsprechen, sind uralte asiatische Lichtsymbole, Symbole des Sonnen- und Feuerkultus, des Hestia- oder Tabiti-Vestadienstes und finden sich als die Bildsäulen der Schutzgötter Anerges und Astara auch an dem Denkmale der Bosporanen-Königin Komosarye, bei welchem Heiligtume die Skythen ihren heiligsten Schwur schworen. Die Königin Komosarye lebte um das Jahr 320 v. Chr. Ebenso sind die zwei nach Osten gleich des Memnons tönender Statue in der Thebais und gleich den beiden Bildsäulen in dem Monumente der Komosarye schauenden zwei Steinkolosse zu Baumean (Bamiyan) im alten baktrischen Lande, welche turmhoch aus dem Felsen gehauen sind und von den jetzigen Persern der Rothe- und Graue-Buddh (Surkh-Bùt und Chingk-Bùt) genannt werden, Idole des Sonnendienstes.

Für solche Sonnenkolosse hält Ritter auch die hellenischen Kolosse zu Rhodos, Apollonia, Tarent und anderwärts, welche dem Zeus, Herakles, vorzüglich aber dem Helios geweiht waren; ja Ritter vermutet, die Kolosse, die kolossalen Standbilder der Hellenen möchten ihren Namen nur von Kyrus, d. i. Sonne oder Sonnengott, das Licht oder der Lichtgott, tragen. Vielleicht ist selbst die griechische Kore, Proserpina, wörtlich die Sonne, wie Koros zu Dionysos, Jacchos, Apollo, Liber, Osiris, Phanes, Teutanes usw. geworden sein soll. Ebenso sollen die ältesten arkadischen Pelasger nach Ritter in den Hermen oder in der Steinsäule () nur die Sonne und den Mond verehrt haben. Dionysos, soll Davanichi, ein alter indischer Sonnengott, Osiris, Sol sein. Zwei Sonnensäulen (solis columnas nach Festus Avienus), gleichsam die beiden Säulen des Hereules, nannten auch die Bewohner der schweizerischen Alpen die beiden Zacken der Furka (Bicornus) am eisigen Gottesberge oder Gotthard, welche Säulen der Furka zugleich die Säulen des Julier erklären: diese und jene waren Sonnensäulen und es hätte sich sonach derselbe zweisäulige und zweigestaltige Sonnenkultus von Indien, Syrien und Phönicien und Ägypten bis auf die höchsten Schweizeralpen ausgedehnt, mit den indogermanischen und kaukasischen Volksstämmen und Völkern, welche von Hoch- und Mittelasien aus die umliegenden Länder und Erdteile eingenommen und bevölkert hatten. An die zwei kegelförmigen Grabhügel, welche auf dem Schlachtfelde bei Leuktra stehen, darf wenigstens erinnert werden. Auch auf dem Plateau von Rhodope im Norden von Gallipoli stehen zwei kolossale Tamuli, von denen man nach Osten und nach Westen die ganze thrakische Ebene überschauen kann.

Wie häufig bei den kanaanitischen Völkern solche Säulen gewesen sein müssen, ergibt sich aus Moses IV. 33, indem dort den erobernden Israeliten aufgetragen wird, alle diese Säulen und alle gegossenen Bilder zu vernichten. Ebenso erscheinen die zwei heiligen Säulen bei dem Hochsitze des alten nordischen Hausvaters, noch heute in Island. Ferner dürfen hierher bezogen werden, der Ormuzd und Ahriman der Baktrer, der Biel bog (weißer, guter Geist) und Czerny bog (schwarzer, böser Geist) der Slaven usw. Vor den buddhistischen Felsengrotten zu Kanari bei Bombay stehen zwei kolossale Buddhabilder. Im Tululande auf der Westküste Vorindiens erscheinen zwei Stiere vor den Tempeln als Symbole des Çiwa am Eingange. Sogar die beiden Ziegenböcke beim großen Sühnfeste der Israeliten (III. Moses 16) und die zwei Büffelkälber der Badagals bei ihren Leichenbegängnissen, auf deren einen oder eines die Sünden des Volkes, beziehungsweise des Verstorbenen und seines Geschlechts geladen werden, um dieselben in die Wüste zu tragen, dürfen hierher bezogen werden. Die zwei Säulen der Sonne und des Mondes, von Sol und Luna, Apollo und Artemis fasst Ritter ursprünglich als Koros und Menes, als Koromanes auf; die gaditanischen Säulen, die Hörner der Furka waren gleichsam die naturgeschaffenen gemeinschaftlichen Altäre und Tempel der Sonne und des Mondes, wie man in Griechenland den Apollo und die Artemis, den Dionysos und die Kore, in Italien den Liber und die Libera, den Faunus und die Pauna, in Ägypten den Osiris und die Isis, bei den Babyloniern den Bel und die Beltis oder Baaltis, bei den Christen und Buddhisten Christus oder Buddha mit ihrer holdseligen Mutter zugleich verehrte und wofür jedes Götterpaar oder auch jede zweigeschlechtige Gottheit (Mannweib) eintreten kann.

Auch Johannes der Evangelist und Johannes der Täufer, Christus und Johannes der Täufer finden hier als die beiden Jahressäulen, als Winter- und Sommersonnenwende, als Aufgang und Niedergang, Morgen und Abend, ihre Stelle; den Jahressternen aber steht das Tag- und Nachtgestirn, der Stern der Dioskuren gleich und die Zwillingsbrüder sind nur eine andere Gestalt von Bruder und Schwester und von der zweigeschlechtigen Gottheit.

Indem die christlichen Priester und Mönche die heidnischen Bauleute und Bauverbindungen zu dem Christentum hinüberzuleiten strebten und wenigstens die heidnischen Götternamen durch christliche und jüdische, durch neu- oder alttestamentalische verdrängten, erzeugten sie unabsichtlich einen eigentümlichen neuen Gährungsprozess und eine neue vereinigende Gestaltung des Geistes, der Lehren und der Symbole der Bauleute und der Bauverbindungen, welche Neugestaltung mit der Gnosis die größte Ähnlichkeit und Verwandtschaft hat und nicht genug beachtet werden kann. Ist anders unsere historische Auffassung eine begründete, ist die ursprüngliche und allgemeinste Enterlage der mittelalterlichen Bauzünfte und Baubrüderschaften eine altertümliche, eine ägptisch-phönizisch-griechisch-römische Mysterienverbindung, in welche zur Zeit des entstehenden und sich ausbreitenden Christentums als neue Elemente das Christentum und das Judentum eintraten. Wie bei der Gnosis, sind also bei der heutigen Maurerei das Heidentum, das Judentum und das Christentum die integrierenden Elemente, aus welchen den reinen und höheren Begriff der Gottheit und der Menschheit, die allein wahre Religion oder die Religion, der Religionen kritisch und versöhnend zu gewinnen bemüht war. Die Bauleute waren keine dogmatischen oder orthodoxen Heiden, Juden oder Christen, sondern nahmen von ihnen bloß auf, was sie an innerem Werte, an reinem Gottglauben und an wahrer Religiosität besaßen, und deshalb konnten in dem Vereine der Bauleute friedlich und als Brüder Heiden, Juden und Christen zusammenleben, sobald sie nicht an die Formen, sondern an den Geist und inneren Gehalt sich binden wollten. Die Bauleute wollten wohl Christen sein, d. h. an Gott als den Vater aller Völker und aller Menschen glauben, aber sie sträubten sich dagegen, in dem Sinne Katholiken und Päbstler zu sein, dass diese den alleinseligmachenden Glauben besitzen und alle Andersgläubigen mit unerbittlicher Strenge hassen und verfolgen sollen.

Dieses ist der einzig wahre salomonische Tempel der Bauleute, der Maurer, in welchem alle Völker und alle Menschen, die wahrhaft an den ewigen und einzigen Gott glauben, seinen Willen erfüllen und jeden Menschen wie sich selbst lieben und achten wollen, als in einer heiligen Gottesstadt sich versammeln und zu dem gemeinsamen Vater beten sollen , wie es Christus lehret: in diesem biblischen Grundsatze, in diesem Lichte der Lichter, liegt die maurerische Gnosis eingeschlossen. Dem Heidentum haben die Bauleute, die Maurer den Brudernamen, den Menschen, dem Judentum oder Salomo den Tempel, die Gottesstadt Jerusalem und dem Christentum oder Christus Gott entlehnt und diesen Gott zu dem Gotte aller Menschen, aller Brüder in dem Maurertempel gemacht, Dieser Maurertempel ist zugleich nur die Menschheit selbst und ihn erbauet Gott und nach seinem Plane die Menschen; Gott ist der Baumeister, der Meister der Meister, der Demiurg, und seine Bausteine, wie seine Gehilfen, seine Lehrlinge und Gesellen sind die Menschen, die Maurer. Die Krone des Tempels ist der Glaube an die Unsterblichkeit, an das göttliche Lichtreich, in welches alle Diejenigen belohnt und erlöset eingehen werden, die wirklich gebaut haben und zu einem brauchbaren Bausteine des unsichtbaren Gottes und Menschentempels geworden sind.

Wollte man die Vergleichung mit den verschiedenen gnostischen Systemen, mit dem sogenannten Doketismus weiter führen, könnte man im maurerischen Geiste sagen, dass die verschiedenen Religionsformen und menschlichen Kirchen nur vergänglicher Schein seien und einzig sei und bleibe der göttliche Geist und Glaube, die göttliche Tat; nur die letztere führt die Geister zu dem Lichtreiche zurück, verleiht die Unsterblichkeit; Gott ist nur in dem Geiste und des Menschen Körper muss zerbrochen werden, damit sein Geist wieder göttlich werde, der Tod ist der Auferstehungsmorgen, der Eingang in den ewigen Osten. Dass der Weg zum Himmel und zur Erlösung der gerade, der rechtwinkelige, die Gerechtigkeit sei, darin stimmen die Gnostiker und die Maurer, die Buddhisten und Christen überein. Nach dem gnostischen System der Ophiten ist die Geburt des Menschen sein Fall, indem der Mensch, sobald er geboren wird, seines geistigen Prinzips verlustig geht; sich von dem Falle zu erheben und das verlorene geistige Leben und Wesen wieder zu erringen, ist die Bestimmung und die Aufgabe des Menschen und besonders des Maurers. Diese gnostische Ansicht von dem Falle des Menschen durch seine Geburt ist im Grunde nicht verschieden von der alten indischen und ägyptischen, pythagoreischen, platonischen und neuplatonischen Lehre, dass der Mensch hier nur zur Strafe und Besserung geboren sei und in seinem damaligen Zustand bloß die Folgen eines vorausgegangenen Vergehens trage, wie durch jenen wieder der künftige Zustand der Seele bedingt werde. Die Inder nennen in ihrer heiligen Sprache den Körper eigentlich Befleckung. Die Seligkeit des Inders gestaltete sich daher auch ganz folgerichtig zur Befreiung von der Wiedergeburt auf dieser Erde, von der Strafe und Befleckung, von den Fesseln, welche Befreiung die mukti oder der moxa genannt wird. Buddha wird auch Muktasvasmin, nach Lassen richtiger Muktisvâmin, genannt als der Besitzer der Befreiung von allen Fesseln des sansâra, des unaufhörlichen Kreislaufes der weltlichen Dinge. Auch im Koran ist die Sünde ein vorweltliches Verhängnis, in Folge eines früheren Abfalls der Seele, welche Ansicht wohl zunächst von den alexandrinischen Griechen aufgenommen worden war.

Wenngleich nunmehr die Mysteriensprache der Maurerei die semitische, die hebräische ist, ist es dennoch nicht die ganze Mysterieneinrichtung selbst und namentlich nicht die Hirammythe, sondern diese sind, wie wohl durch alle bisherigen Ausführungen überzeugend nachgewiesen ist, ägyptisch. Unsere Behauptung, dass das Maurerkleid, die Maurerschürze die ägyptische ursprüngliche Kleidung und Schürze, shenti dort genannt, sei, wird besonders noch dadurch bestätigt, dass im Griechischen aus dem ägyptischen shenti die Baumwolle, das feine gewebte baumwollene und leinene Kleid, vielleicht das weiße Mysterienkleid, geworden ist. Diese griechische Benennung beweiset, dass die Griechen von den Ägyptern nicht bloß den Namen, sondern mit ihm auch die Sache, den Stoff und das Kleid erhalten und eben deshalb dem ägyptischen Stoffe und dem ägyptischen Kleide auch den ägyptischen Namen beigelegt haben. Gesenius wollte den griechischen mit Movers von dem hebräischen sâdin ableiten, welches ursprünglich aus Wolle oder Flachs verfertigte Hemden und später überhaupt feine Gewebe bezeichnete. Horner gebraucht für weiße, feine Leinwand und aus ihr verfertigte Kleider für Frauen. Lassen wollte früher unter nur indische oder sindische Baumwollstoffe und Kleider nach dem Sprachgebrauche von Herodot verstehen, so dass die sich ähnlich wie der Indigo verhalten würden. Im Ägyptischen bezeichnet shenti zunächst die Schürze und sodann die aus den in Ägypten wild wachsenden Arten des Gossypium herbaceum, des die Baumwolle erzeugenden Baumes, verfertigten Kleidungsstücke: Uhlemann, ägyptische Altertumskunde, hebt hervor, dass der Name des Leibrocks sich übereinstimmend bei fast allen alten Völkern finde und als Stoffname auch in neuere Sprachen übergegangen sei. Er hieß ägyptisch sten, hebr. kethoneth, syr. kethono, griech. , lat. mit Umstellung der Consonanten tunica und es entsprechen ihm arab. kutnun, franz. coton, engl. cotton und deutsch Kattun. Dieser Rock, welcher über der Hüfte mit einem Gürtel zusammengehalten wurde, reichte den Denkmälern nach bei den Männern bis an das Knie, bei den Frauen dagegen bis an die Knöchel.

Hiram in der maurerischen Bedeutung ist nicht der historische oder biblische, vielmehr ein rein mythischer und allegorischer, das Symbol oder die Personification des jährlichen Natur- und Sonnenlebens, welcher mythische Hirarn als Natur- und Sonnengott dem ägyptisch-phönizischen Osiris-Adonis, dem griechischen Dionysos-Zagreus oder Jakchos, dem phrygischen Attes-Sabacius oder Korybas, dem samothracischen Hermes-Kadmilos, oder auch Adam, d. i. dem auch zu Berytus verehrten phönizischen Kabiren Esmun, dem kretischen Zeus usw. ganz gleichsteht. Dem alten Mysteriengott der Bauleute den semetischen Namen Hiram beizulegen, wenn es nicht bereits von den alten Bauleuten geschehen war, lag den christlichen Mönchen und Geistlichen um so näher, als seiner ganzen Abstammung und Natur nach der alte Gott schon auf Phönicien und Syrien hinwies und nach Bunsen, Ägyptens Stelle, in der Weltgeschichte, der Name des ägyptischen Osiris nur der missverstandene oder verderbte phönizische Asar, Azar, Adar, der Gewaltige, der Starke ist. Wie nach der ägyptischen Vorstellung der Selige, der Gerechtfertigte, der Reine und rein Verstorbene in das Reich des Osiris eingeht und mit diesem vereinigt, d. h. ein Teil des Osiris oder selbst Osiris wird, gehört es durchaus derselben Anschauung von dem Verhältnisse des Menschen zu Gott, von der Einheit des menschlichen und des göttlichen Geistes an, den Menschen zum Symbole des göttlichen Mysteriums, des leidenden und sterbenden Unsterblichen, des Osiris-Hiram zu machen. Dieser Mysteriengebrauch als solcher ist durchaus ein ägyptischer und als solcher der englischen Bauleuten und Steinmetzen überliefert, nie und nimmer aber von ihnen erst worden Die Ägypter waren nach den Überlieferungen der Griechen die ersten Lehrer der Unsterblichkeit.

An den phönizischen Hiram schließt sieh auch der phönizische Name Kasia, Kassia an, welcher in der deutschen Übersetzung der vierten Ausgabe des Konstitutionenbuches von Anderson, aus der zergliederten Freimaurerei , dem Meistermaurer beigelegt wird und eigentlich den wild wachsenden Zimmetbaum (Laurus Cassia, Cassia), Indien’s besonders, bezeichnet. Die Cassia von Farnese oder Cassia der Levante (Acaeia Farnesiana) gehört zu den Leguminosen und ist indischen Ursprungs. Im südlichen Frankreich, z. B. in der Nähe von Cannes, gedeiht sie im Freien und wird wegen ihrer wohlduftenden gelben, für Parfümerien viel gebrauchten Blüten häufig gepflanzt; im Norden gedeiht diese Cassia nur als Zier- und Treibhauspflanze. Wie der Maurermeister zu dem jetzt nicht mehr gebräuchlichen Namen Kasia gekommen, ist schwer zu erklären; vielleicht war es der Name des heiligen Baumes, des Baumes des Lebens, welcher Name auf den Meister übertragen worden sein müsste. um seine Hoffnung an das ewige Leben oder die Unsterblichkeit auszudrücken. Mit Unrecht hat man in der Hirammythe den Tod des Königs Karl I. von England oder auch den Untergang des Tempelherrnordens verborgen geglaubt, während es nur die Mythe des Naturlebens und des Naturgottes ist und sein kann, wenn anders die Mysterien der Bauleute den allgemeinen Mysteriencharakter haben und bewahren sollten; das Leiden und der Tod des Mysteriengottes ist der notwendige und stets wiederkehrende Inhalt aller Mysterien, ja aller Religionen, wie davon Ragon, ein freilich unvollständiges Verzeichnis entworfen hat. Die Akazie, die Kasia ist dabei das Symbol der Wiederauferweckung des getöteten oder gestorbenen Gottes.

Die drei ungetreuen Gesellen erklärt Ragon, für die Sternbilder der Waage, des Skorpions und des Schützen, in welchen die Sonne auf ihrem zwölfgliedrigen und zwölfmonatlichen Laufe während der drei Wintermonate steht und aus denen sie zu neuem Leben als Sol novus, mit dem nicht geraubten und treu bewahrten Meisterworte, hervorgeht; um die Mitte des Herbstes befinde sich die Wage gegen den Untergang der Sonne oder im Westen, der Skorpion zur rechten Seite ihres Aufganges oder im Süden und der Schütze fange an, im Aufgange zu erscheinen, was bei Hiram durch die östliche Pforte dargestellt werde, bei welcher er sterbe und unmittelbar im Steinbocke wiedererstehe. Diese drei Gesellen des Hiram vergleicht Ragon mit Judas, Petrus und Thomas, den drei Jüngern von Christus, von denen der Erstere den Herrn verräth, der Zweite drei Mal verleugnet und der Dritte dessen Wiederauferstehung bezweifelt. Die 30 Silberlinge des Judas erklärt auch Ragon, für die 30 Tage eines Monats. Am siebenten Tage, am Tage der Sonne, werde der Leichnam des erschlagenen Hiram nach sechs Tagen oder Monaten des Suchens aufgefunden. Paris soll zufolge Ragon, das Schiff der Isis, bar-Isis sein, wie dieses Schiff noch heute in dem Wappen der Stadt Paris enthalten sei und wobei man nur an die Stelle der Isis die heilige Genevève gesetzt habe. Br. Dumast bringt sogar den schottischen Hochruf Huzza (houzé) mit der arabischen Akaziengöttin Uzza, welche auch die Akazie selbst bezeichnet. in Verbindung. Ragon betrachtet weiter den Lehrlings-, Gesellen- und Meistergrad als die Symbole des Frühlings, des Sommers und des Herbstes, welche drei Symbole der Tod des Hiram als der Winter zum Abschluss des Jahres bringe. Sacerdotes sind Ragon, die mit dem heiligen Wissen oder den heiligen Gaben (sacris dotibus) ausgestatteten Eingeweihten und der Meister sollte den Namen Giblim, oder richtiger Ghiblim empfangen, um anzudeuten, dass er auf der Spitze, beim Ende (Giblim) des Unterrichtes und des Wissens angekommen sei; die historischen Giblim wohnten am Berge Libanon, welche Salomo verwendet hatte, um die Steine für den Bau seines Tempels zu behauen.

Die Mittags- und Mitternachtskolonne symbolisieren Ragon, die beiden Wendekreise, welche die Sonne, Herakles, niemals überschreitet und worauf sich auch die beiden Säulen des Seth und des Enoch beziehen sollen. Das Blut des Stieres, welches am 25. März die Priester des Mithra vergossen, und das Blut des Lammes oder Widders, welches sie um dieselbe Zeit vergiesßn, symbolisieren gleich den blutroten Ostereiern das Blut des im Frühlingsaequinoctium sterbenden, aber auch neugeborenen Jahresgottes; dem Tode und der Verwesung (Macbenah) entsprießt stets das neue Leben (Jehovah); Hiram im Grabe verweset und stirbt (macbenah), um unsterblich als Jehovah wiederzuerstehen. Hiram, im Buche der Könige Chiram geschrieben und in den Paralipomenen Chouram, bedeutet nach Ragon das höhere oder wohl ewige Leben (vic elevée), weiß (candide, blauc). Nach Jachin und Boaz hießen die drei urigetreuen Gesellen des Hiram: Jubela, Jubelo und Jubelum; in dem französischen schottischen System: Giblon, Giblas und Giblos, welche Namen unzweifelhaft dem Giblim nachgebildet sind; anderwärts und besonders in Deutschland: Abhiram, Romvel (Cromwel), Gravelot oder Hobbden, Sterkê (Stärke) oder Sterkin, und Austerfuth (Vorderthüre) oder Oterfut. Dass die Indien und Äthiopien angehörende und zur Zeit des römischen Kaiserreichs einen bedeutenden und teuren Einfuhrartikel neben dem eigentlichen Zimmet oder Kinnamonon bildende Kassia der Akazie, welche als der ursprüngliche Lebensbaum der Ägypter zu betrachten ist, untergeschoben und dadurch dem Maurer oder Maurermeister zugleich der Name Kassia verschafft wurde, beruht vielleicht und vermutlich auf der Ähnlichkeit des Wortes Akazie mit der Kassia und enthält jedenfalls zugleich den Beweis für den Durchgang der ägyptischen Mysterien der Bauleute durch das römische Reich. Es wäre jedenfalls nicht ohne Interesse von den kritischen maurerischen Geschichtschreibern zu vernehmen, wie die Kassia auf anderem Wege in die alten maurerischen Rituale gekommen sei und gekommen sein könne. Sonderbarer Weise findet man in den Schriften von Krause, Mossdorf und Gädicke über Kassia nicht die geringste Bemerkung. In der oben genannten Übersetzung des Konstitutionenbuches von Anderson, wird jedoch nebenbei aus Herodot angeführt, dass bei der Einbalsamierung der Leichname jederzeit Kassia gebraucht worden sei und darauf beziehe es sich, dass auch ein Zweig von Kassia (also hier gleichstehend der Akazia) zur Bezeichnung der Leichenstelle des Hiram verwandt worden sei; zugleich werden aus Ovidii metamorph., die Verse über den sieh selbst verbrennenden Phönix angeführt:

Haec ubi quinque suae complevit saecula vitae,
Ilicis (sonst ilicet) in ramis tremulaeque cacmine palmae
Unguibus et duro (sonst puro) nidum sibi construit ore.
Quo simul ae casias et nardi lenis aristas,
Quassaque cum fulva substravit cinnama myrrha (sonst murra),
Se super imponit, finitque in odoribus aevum.

Pfitz (Stuttgart 1833) übersetzt:
Wenn nur dieser sein Alter auf fünf Jahrhunderte brachte:
Dann auf Äste der Eich’ und den Wipfel der schwankenden Palme
Baut er ein Nest mit den Klauen sich auf und gebogenem Schnabel.
Und wenn er Kasia dort und Ähren der lieblichen Narde
Untergestreut und zerstoßenen Zimt samt gelblicher Myrrhe:
Setzt er sich oben darauf, und endet das Leben in Düften.

Dass der maurerische Hiram eine bloß mythische Person sei und nur die Lichtschöpfung, das Leben und Sterben des Lichtes symbolisiere und personifizire, hatte übrigens schon Cordiner of Banff in seinen im Jahr 1745 zu London erschienenen Remarkable Ruins and romantic Prospects of Northbritain erkannt und dargelegt. Krause, Kunsturkunden, hat die betreffende Stelle in Original und in Übersetzung mitgeteilt und verdient vollständig nachgelesen zu werden. Cordiner of Banff glaubt die Hirammythe und die daran sich anlehnenden Gebräuche der maurerischen Meisteraufnahme den eleusinischen, beziehungsweise den ägyptischen Geheimnissen enthoben, was von seinem Standpunkte aus freilich Krause für unerweislich erklärt und sogar meint, dass, wenn auch Hiram wirklich Dionysos-Osiris sein sollte, dennoch die maurerischen Gebräuche der Aufnahme zum Meister verwerflich und unwürdig seien, worin wohl nur Wenige mit Krause übereinstimmen dürften, indem allein die unverstandene Hirammythe etwas Anstößiges hat, von dem Lichte durchleuchtet, dieselbe aber anziehet und erfreuet. Der Glaube an die Unsterblichkeit der Seele, an die Ewigkeit des Geistes ist unzweifelhaft ein erhebender und tröstlicher, und es steht durchaus Nichts entgegen, die Rituale der maurerischen Meisteraufnahme so umzubilden, dass dieser Glaube als der höchste und eigentliche Inhalt der Hirammythe erscheine, dass das Symbol nicht ein todtes Wort, sondern nur eine geistige Hülle sei. Sehr passend könnte z. B. mit folgenden Worten die Meisteraufnahme schließen:

“Mein Bruder! Bedenken Sie oft den tieferen Sinn der Gebräuche und Symbole der Meisteraufnahme. Sie werden daraus den tröstenden Glauben an die Unsterblichkeit, die feste Überzeugung schöpfen, dass der Tod kein Tod sei und nur in das ewige Licht und Leben hinübergeleite, dass Sie gleich Hiram sich wieder erheben und das verlorene Meisterwort wieder finden werden. Hiram ist ursprünglich nur das Bild der im Wechsel des Jahreslaufes dahinsterbenden, jedoch ewig sich wieder verjüngenden Sonnen- und Naturkraft, welche dem Menschen die Bürgschaft gibt, dass auch er im Grabe nicht vergehen, sondern zu neuem und schöneren Leben sich erheben werde. Das Geheimnis, welches die drei ungetreuen Gesellen selbst durch einen gewaltsamen Mord nicht zu rauben vermochten, ist der sichere Lohn der Entsagung und der Tugend, die lohnende Frucht des säenden Verdienstes. Sterben Sie, wenn es sein muss, gleich Hiram für ihre Pflichten und Sie werden durch das dunkele Grab in das ewige Licht und Leben eingehen.”

Vielleicht und sehr wahrscheinlich wurde die Hirammythe d. h. die Mythe von Hiram als einem lebenden, sterbenden und wiederauferstehenden Natur- und Sonnengotte erst dann verdunkelt und durch die wirkliche oder erdichtete Geschichte des biblischen Hiram, des Erbauers des salomonischen Tempels ersetzt, als der symbolische Bau des salomonischen Tempels als des unsichtbaren Baues der Menschheit durch die Gottheit zum Grundgedanken der Maurerei erhoben wurde, als im Laufe der Jahrhunderte die Bauleute in Steinen Tempel, Kirchen und Dome zu bauen aufgehört hatten und jetzt nur noch die Menschen die große Idee der freien und gleichen Menschheit pflegten und bauten. Die Entwickelung dieses symbolischen salomonischen Tempelbaues ist gleichbedeutend mit der Entwickelung der symbolischen Maurerei überhaupt, deren eigentliche Zeit im Jahr 1717 mit der Gründung der englischen Großloge durch vier Logen in London beginnt und welche während des 17. Jahrhunderts vorbereitet worden war. Krause, Kunsturkunden, vermutet, dass als Quellen zu diesem symbolischen salomonischen Tempelbaue vorzüglich benützt worden seien:

Seldeni jus naturae et gentium, more Ebraeorum, Lips. et Francof. 1795, worin, viele Schriftsteller über den salomonischen Tempelbau verzeichnet stehen; Bunyan, Salomons temple spiritualized, dessen achte Ausgabe zu Dublin 1754 erschienen ist; Johann Amos Comenius, geboren 1592 und gestorben 1670, welcher sein Urbild eines reinmenschlichen und zugleich gottinnigen Zustandes in seiner (im Jahr 1702 wiederum erschienenen) Panegersia und in seinen pansophischen Arbeiten, conatuum pansophicorum dilucidatio, in das Lehrbild des Salomon’schen und Ezechiel’schen Tempels einkleidete.

Zu diesem salomonischen Tempelbaue des Comenius, welcher besonders den Stiftern des neu-englischen Großmeistertums vorschwebte und womit auch Baco’s Dichtune vom salomonischen Hause auf der neuen Insel Atlantis übereinkommt, passte der historische Hiram, zumal mit den wenigen Nachrichten, welche wir über denselben besitzen, gar nicht, weshalb jetzt dessen Geschichte nach Bedürfnis und nach Belieben zur Fabel umgestaltet und leider die erdichtete Fabel als Geschichte vorgetragen und von den Unkundigen geglaubt wurde. Auf diese Weise zerfällt jetzt die Hirammythe, wenn unter dieser alles bei den Maurern von Hiram Erzählte verstanden wird, in drei der Zeit wie dem Inhalte nach gleich verschiedene Bestandteile:

die eigentliche Mythe des Natur- und Sonnengottes, welcher phönizisch-ägyptisch-griechisch-römische Gott Adon Hiram, Adonis-Hiram aber erst zu den Zeiten des Christentums in den tyrischen Baumeister und Künstler Hiram, Hiram Abif umgetauft und umgewandelt wurde; der biblische oder historische Hiram, Hiram Abif mit einer äußerst dürftigen Geschichte, welchen die christlichen Mönche und Priester mit dem Christentume und der Bibel den griechisch-römischen Bauleuten überbrachten; der fabelhafte und planmäßig erlogene Hiram, aufgekommen während des 17. Jahrhunderts und stets vermehrt fortgebildet bis zum Schlusse des 18. Jahrhunderts, indem die Hiramfabel und Hirammythe die Namen, die Worte und den Stoff liefern musste für alle möglichen maurerischen Systeme und Grade, welche gleich einem Wucherkraute während des 18. Jahrhunderts aus der Erde hervorsprossen und dieselbe teilweise noch bedecken, besonders in dem 33stöckigen französischen Gebäude ohne Fundament.

Es bedarf wohl kaum der Bemerkung, dass für uns nur der mythische Hiram wahres Interesse und zugleich historischen Werth habe, weil die Mythe der historische Vorläufer der wirklichen Geschichte ist. Im Grunde aber ist in der Hirammythe das Mythische die Mythe ohne Namen und das Geschichtliche der Name ohne Mythe und Geschichte; Mythe und Geschichte müssen jedoch vor der Fabel und Lüge erbleichen, diese bilden die Élus der 33 nordamerikanisch-französischen Grade; hängen die Auserwählten fest, werden sie zuletzt zu Fürsten und Souveränen, freilich nur der Torheit, in der falschen Maurersprache Salomo, Beherrscher von Jerusalem, genannt. Wirft man allen Menschen- und Erdenstaub zur Seite, bleibt das Mythische, das Göttliche, womit zugleich geschichtlich bestimmt ist, was unter der Mythe zu begreifen sei; die Hirammythe ist der ursprünglichste Glaube der Menschheit an Gott, der Urgott und darum auch Hiram, weil er die Menschheit trägt und erbauet hat. Der salomonische Tempel im ältesten Jerusalem ist der Glaube an Gott und den aus ihm stammenden menschlichen Geist.

Auf kritischem Wege kann ziemlich genau der ägyptische Hiram oder vielmehr der unter dem Namen des Hiram verborgene ursprüngliche mythische Gott, welcher vermutlich bei den Bauleuten Ptah, Daedalos, Hephaestos oder Vulcanus hiess, erkannt werden und nur diesem Gotte gehört an, was von dem Erschlagenwerden, von dem Leiden und Sterben und von der Wiederauferstehung des Hiram gesagt und erzählt wird, indem hievon bei dem historischen Hiram, d. h. in den von ihm allein handelnden Stellen I. Könige 7, 13 – 15, – II. Chronik 2, 13 und 14 und 4, 6, sowie Josephus, Antiq. Jud., VIII. 3, auch nicht die leiseste Spur sich findet, sondern dieser Hiram eines ganz natürlichen Todes stirbt. Das von dem alten mythischen Natur- und Sonnengotte in der Tradition bei der Einführung des Christentums noch Übrige und Rettbare wurde, so gut oder so schlecht es immerhin gehen mochte, in die Geschichte des biblischen Hiram aufgenommen und verflochten, wozu gerade deren Dürftigkeit sich vortrefflich. eignete und was durch die Notwendigkeit, eine Mysterienweihe und eine Mysterienfeier auch fernerhin zu haben, gebeten war. Mit andern Worten die hergebrachte Mysterienweihe und Mysterienfeier bestand auch in den christlichen Zeiten und bei den christlich gewordenen Bauleuten an sich noch unverändert fort, nur wurde sie nunmehr auf den biblischen Hiram bezogen, mochte auch dieser dadurch zu einer ganz andern Persönlichkeit; werden, die Geschichte des Hiram in eine Hirammythe sich umwandeln, wie sie dieses wesentlich noch dermalen ist. Diese Hirammythe bildet aber darin den schlagendsten Beweis, dass die Freimaurerei, die Mysterienverbindung der Bauleute in ihrem letzten Ursprunge in die mythischen Zeiten hinaufreiche.

Unleugbar hat die Freimaurerei mythische und, wenn man den Ausdruck vorzieht, heidnische Bestandteile, welche begriffen und erklärt werden müssen. Wir können in dem Versuche des Begreifens und der Erklärung leicht irren, aber dennoch ist Vieles gewonnen, wenn nur einmal die Tatsache eines vorhandenen Mythischen und eines als rein mythisch zu Begreifenden und zu Erklärenden allgemeiner zugestanden wird. Die Freimaurerei hat nicht bloß eine Geschichte, sondern auch eine Mythologie und die Geschichte selbst bleibt ein notwendiges Stückwerk ohne Anfang, wenn und so lange sie nicht von der Mythologie ausgeht. Innerhalb des streng geschichtlichen Kreises haben die neuern maurerischen Geschichtschreiber vollkommen Recht, wenn sie dem Mythologischen die geschichtliche Berechtigung und Beglaubigung versagen: aber sie haben zugleich darin eben so entschieden Unrecht, dass sie das doch vorhandene Mythologische und insofern gleichfalls Historische ganz ausscheiden, als ob eine Geschichte der Inder und Sinesen, der Babylonier und Assyrier, der Phönicier und Ägypter, der Griechen und Römer, der Kelten und Germanen usw. ohne Rücksicht auf ihre Mythologie geschrieben werden könnte und als ob nicht in der Sprache und Sitte der mythologische Glauben unvertilgbar bis auf heute fortlebte. Eine Geschichte ohne Mythologie ist gleich einem Menschen ohne das fühlende Herz und ohne den beseelenden und lenkenden Geist.

Ein Grimm, Wolf, Kuhn, Mannhardt, Rochholz, Quitzmann, Hocker, Zingerle, Panzer, Looprechting, Schönwerth, Vernaleken, Baader, Sehwartz, Lajard usw. fehlen noch der maurerischen Geschichtschreibung und die Mythen und Sagen, selbst die Märchen der Maurer müssen noch erst gesammelt und herausgegeben werden; diese Mythen-, Sagen- und Märchensammlungen der Maurer werden das Eigentümliche haben, nicht allein lokale, sondern universale, kosmopolitische zu sein. Unberührt und unbeachtet im Ganzen und Wesentlichen von dem neuen christlichen Geiste, von der Christianisierung blieben die eigentlichen Bausymbole, die geometrischen Symbole und die Zahlensymbole, so dass die diesfälligen maurerischen Lehren neben dem Vorzuge des höchsten Altertums auch den der ursprünglichen Reinheit und geringsten Entstellung und Umbildung an sich tragen möchten. In die Hirammythe, in die Meisterweihe ist deshalb die Zwölf-, die Neun-, die Sieben-, Fünf- und Dreizahl in der alten heidnischen oder vorchristlichen Bedeutung und Weise mehrfach aufgenommen. Mit der Akazie und der Kasia als Baum des irdischen und des ewigen Lebens berührt sich in der jüdischen und in der matirerischen Symbolik die Granate (gr. , lat. malum punicum, weil die Römer die Granaten vorzüglich aus Carthago bezogen), welche auf den Capitälen der beiden Säulen Jakin und Boaz und an dem Saume des Amtskleides des jüdischen Hohepriesters angebracht war. In derselben Bedeutung erscheinen auch die Granatzweige und die Granatäpfel in dem Kybelekultus.

Ganz in denselben Vorstellungskreis gehört es, dass auf dem berühmten Harpyenmonumente von Xanthos die Granate die Hoffnung und die Keime des neuen Lebens, der Unsterblichkeit bezeichnet. Dass die Granate bei den Griechen besonders zum Symbole der Brautnacht, der Ehe und der Fruchtbarkeit, der glühenden und fruchtbaren Liebe wird, wie namentlich in den Mythen von der Hera und der Persephone, ist nur eine besondere Seite und Beziehung der allgemeinen symbolischen Lebensbedeutung der Granate. In dem Tempel des Zeus Kasios bei Pelusium stand Zeus als jugendlicher Gott, in der Rechten einen Granatapfel haltend; in den Mysterien wurde gelehrt, dass der (rote) Granatapfel einem Blutstropfen des Bakchos entsprossen sei. Mit Recht erklärt es Keller für ebenso unnatürlich als unwahr, dass Baehr und Friedrich die Granate auf das Wort und die Gebote Gottes deuten wollten. Dagegen möchten wir die goldene Rose hierher beziehen, welche noch jetzt der Papst zu Rom in jedem Frühling am Sonntag Laetare. am Rosensonntag, welcher in die Octave der Himmelfahrt Christi fällt, zum Symbole der Ankunft des heiligen Geistes, der neuen Zeit und des neuen Geistes feierlich weiht und dann an einen christlich verdienten Fürsten schenkt. Einst wurden an diesem Sonntage blühende Rosen unter das Volk von der Höhe des Tempels ausgestreut. Am bedeutungsvollsten ist für uns der Zeus Kasios.

Den Beinamen Kasios hat hier Zeus, weil ihm die Kasia oder Kassia, der Kassienlorbeer, wie in den griechischen Wörterbüchern gewöhnlich übersetzt wird, geheiligt war, und der Zeus Kasios ist mithin gleich dem Hiram Kasios hieß ein Berg in Unterägypten und Phrygien, ohne Zweifel weil dort die Kasia vorzüglich gedieh und wohl von dort nach Griechenland gekommen, weshalb auch den Maurern der Hiram Kasios oder Kassia entweder aus Ägypten oder aus Phrygien zugekommen sein wird. Ritter hält es für möglich, dass der kasische Berg gleichbedeutend sei mit Kauk-Asos, der Asen Sitz, das Asa-Land, die Heimat Odins, des ältesten der Asen, wie Khor-asan, Land des Koros, Sonnenland sei; auch müsse am Kauk-asos das As-gard (wie As-kerta), das Asaland des skandinavischen Nordens gesucht und gefunden werden; selbst an den römischen Gottesaltar Asa, der später erst Ara geheißen, wird erinnert. Vielleicht könnte übrigens auch Korinth hierher gerechnet werden als die Sonnenstadt, wie Korokandame am Pontus. Ob wohl der monte Cassino bei Neapel, auf welchem ums Jahr 530 der heilige Benedict den Benedictinerorden gründete, auch hierher bezogen werden könnte? Voll einigen maurerischen Schriftstellern, z. B. von Fallou und von Findel, Geschichte der Freimaurerei, ist die Meinung geäußert worden, es sei unter Beibehaltung des ursprünglich aus den Klöstern herrührenden Zeremoniels das maurerische Aufnahmeritual unverkennbar eine Nachahmung der Ordensweihe der Benediktiner.

Wir müssen derartige Meinungen für durchaus verfehlte und ungeschichtliche ansehen, weil die maurerische Meisterweihe als das symbolische Sterben und Wiedergeborenwerden des Hiram, des Osiris, des Sonnengottes und der Sonne, ohne allen und jeden Zweifel nicht christlich und älter als die Benediktiner, d. h. heidnisch und ägyptisch ist. Ebenso wenig ist die Akazie oder auch die Kassia als der Baum des Lebens, des niemals sterbenden Sonnengottes usw. als ein Symbol der Benediktiner zu begreifen und zu erklären. Schon ehe das Christentum und die christlichen Benediktiner aufkamen und bauten, bauten die Ägypter und Phönicier, die Griechen und Römer und hatten ihre längst bestehenden Bauverbindungen, Baumysterien, so dass die Benediktiner, wenn sie Derartiges aufnahmen und wirklich hatten, es nur aus dem Altertume überkommen haben können. Der Baumkultus, soweit er sich in einzelnen Spuren bis auf den heutigen Tag in der Freimaurerei erhalten hat, möchte vorzüglich von dem römischen Collegium Dendrophorum oder der Baumträger stammen, welches die Römer aus Griechenland bei sich eingeführt hatten, zuerst als eine besondere Abtheilung allen Kollegien und Mysterien zugeteilt war, später aber in ein einziges Corpus verbunden und zuletzt mit den Kollegien der Fabrorum, der römischen Bauleute, verschmolzen wurde. Die römischen Bauleute sollen nach Heldmann, besonders den Silvanus, d. h. den Pan der Dendrophoren, verehrt haben, da die Griechen den römischen Silvanus, den Gott der Bäume und Wälder und der Baum- und Waldkultur mit Pan und den Panisken identifizirten.

Dieser Silvanus oder Pan war aber wohl bei den Dendrophoren und den römischen Bauleuten (Structores, Aedificiorum Artifices, Operarii, Materiarii) gleich dem späteren Hiram zu einem Baumeister, zu einem Lehrer und Beschützer der Baukunst gestaltet; er hatte den Menschen die Kunst der Ausrodung der Wälder und der Ansiedelung durch Erbauung von Häusern gebracht und war in diesem Sinne Silvanus domesticus, der Erbauer und Beschützer des Hauses. Bei der außerordentlichen Dürftigkeit der maurerischen Geschichtsquellen und da die eigentlichen Mysterien- oder Weihegebräuche wohl niemals niedergeschrieben waren, sondern bloß traditionell oder mündlich mitgeteilt und bewahrt wurden: ist es sehr schwer, wenn nicht unmöglich. die ursprüngliche und altertümliche maurerische Weihe zu erkennen, jedoch darf im Hinblicke auf den Grundgedanken vieler andern Mysterienweihen die jetzige Meisterweihe, das Wiedergeborenwerden als ein neuer Mensch und zu einem neuen unsterblichen Leben als die eigentliche und ursprüngliche Weihe angesehen werden, so dass also die Geweihten die Wiedergeborenen, die Neugeborenen, die Zweimalgeborenen sind, wie sie dieses bei den Ägyptern, bei den Indern und Persern, bei den Griechen und Kelten usw. gewiss waren.

Der maurerische Kultus, der Kultus der Bauleute als ein Klage- und Totendienst mit endlichem Freudenfeste über das Wiederfinden und Wiederauferstehen stellt sich dadurch den übrigen Mysteriendiensten des Altertums erst gleich, oder wird nur dadurch zu einem Mysteriendienste. Das Werden, Vergehen und Wiedererstehen des Natur- und Sonnenlebens als ein Bild des menschlichen und geistigen Lebens ist das einzige, aber vielgestaltige Mysterium der Urmenschheit, niedergelegt in der Sprache und Dichtkunst, in den Religionen oder Mythologieen und den Mysterien aller Völker und aller Zeiten; der Gott- und Unsterblichkeitsglaube als Sittengesetz ist das der Menschheit Gemeinsame und Unzerstörbare, aber außerordentlich verschieden sind die Formen seines Erscheinens und seiner Äußerung. Das Symbol der Wiedergeburt und des ewigen Lebens ist der Baum, die Akazie oder Kassia, und die Geweihten waren insofern Deudrophoren, im christlichen Mittelalter vielleicht Kassia genannt. Als Bauende, als Bauleute hießen sie im Mittelalter wohl Tubalkain, wozu später auch der Name Giblim, vielleicht entsprechend den beiden Säulen Jakin und Boaz, gekommen sein mag.

Der Name Tubalkain ist der altertümliche, der weltgeschichtliche und biblische, während der Name Giblim nur von einem tyrischen, nach I. Könige 5, 18 beim salomonischen Tempelbaue beschäftigten Volksstamme entlehnt ist. Ganz bedeutungslos und nur ein Erzeugnis der neueren Zeit ist der dem Meister auch beigelegte Name Gabaon (der Ort, wo die Israeliten in Kriegszeiten die Bundeslade verbargen. Ragon sagt, dass der Meister, indem er den Namen Gabaon, hebr. 225 Ghibbon, Collis erhalte, die Verpflichtung übernehme, die Bundesgeheimnisse mit der Treue in seinem Herzen zu bewahren, mit welcher die Gabaoniten einst die Bundeslade bewahrt haben. Winzer hält die Kassia und Akazia, Schiboleth als das Passwort des Meisters, Macbenak als das Meisterwort und den ganzen meisterlichen Tod usw. für eine neu-englische Erfindung; die alten Steinmetzen haben nicht mit dem Tode gespielt; den italienischen Namen Loge für Bauhütte soll in England erst Inigo Jones aufgebracht haben. Dass aber die Hirammythe eine uralte sei, beweisen schon die oben berührten höchst merkwürdigen französischen Gesellenbrüderschaften.