Fragment aus der
Geschichte der Könige von Scheschian.
– Si quis calumnietur mordacius efse quam deceat Christianum – non ego, sed Demo critus dixit.
Erasmus.
Was sind denn diese Rosenkreuzer? fragte Schach Gebal – den vor ihm sitzenden Philosophen Danischmende.
Danisch. Es sind Teufelsbanner und Goldmacher, Eur. Majestät,
D erzählen sie uns doch etwas von ihnen, fiel die neugierige schwarzaugichte Nurmahal ihm in die Rede – ich liebe so sehr von solchen Wunderleuten zu hören. Se. Hoheit werden gewiss eben so viel Vergnügen daran finden.
Ein sanftes Kopfnicken des Sultans mit einem Lächeln begleitet, gab dem Philosophen die Erlaubnis, die Neugierde der schönen Cirkassierinn zu befriedigen.
Also Teufelsbanner und Goldmacher?
Danisch. Nicht anders: Die Rosenkreuzer sind ein Theil jener Männer, die sich zu verschiedenen Absichten in geheim verbinden, und diese beschäftigen sich mit diesen hohen geheimen Wissenschaften. Immer und zu allen Zeiten gab es solche Mysterien und Verbindungen.
Männer, die sich selbst weit über ihr Zeitalter durch die gesunden natürlichen Kräfte ihres Verstandes zu erheben wussten, wurden durch ihre Menschenliebe geleitet, ihre Entdekungen und Absichten einer Auswahl gleich gestimmter Menschen mitzutheilen, die sie als denn weiter verbreiten, um durch dieselbe den finstern Schleyer des Aberglaubens, die Roheit der Sitten ihres Jahrhunderts zu verbannen, und die Völker zu gesitteten Nationen umbilden sollten. Dieses war der Zweck eines Osiris in Egypten, eines Orpheus in Thracien, eines Zoroasters in Persien, eines Minos in Kreta, Ciniras in Cypern, und Erechteus in Athen: solche Mysterien waren nur zur Ausbreitung der Erkenntnis eines einzigen Gottes, und zur Erlangung der die Menschen allein beglückenden moralischen Tugend eingesezt.
Gut, lieber Doktor, sagte der gähnende Schach Gebal aber zur Sache, wenn ich bitten darf
„Danischmende, der solche Einfälle schon gewohnt war, neigte sich nur tief und fuhr ungestöhrt fort
Es ist einer der glüklichsten Gedanken der Alten gewesen sich des Hanges der Menschen zum wunderbaren zu bedienen, um sie zur Weisheit und Tugend zu führen: sie sezten auch deswegen gewisse Stuffen und Ceremonien feste, deren sich keiner, der eingeweiht werden wollte, entziehen durfte dieses reizte die Neugierde unterhielt den Eifer und die Thätigkeit, und so wurden oft die Menschen, ohne es selbst zu merken, tugendhaft und befanden sich auf einmahl auf jenem Punkte, wo man sie haben wollte. Roch ein Gegenstand reizte auch immer die Neugierde der Menschen, nehmlich die Erforschung der Naturkräfte. Der rohe Mensch schrieb sie unsichtbaren Menschen zu aber auch da wachte ein Genie unter ihnen auf, und riss einen Theil des Schleyers, der die Werke der Natur bedekt, und schöpfte mit kühner Hand aus der verborgensten Quelle unverfälschte tiefe Weisheit. Diese verbanden diese Kenntnisse oder Vermuthungen mit dem obern Zwecke, und so entstanden sogenannte Maurer, und Tempelherrn. *)
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*) Herr Doktor Danischmende geht hier sehr ins Allgemeine, obwohlen ich versichert bin, da es ihm nicht entgieng jede Maurer Loge hatte noch zu den berührten Zwecken einige andere Nebenzwecke verbunden nach den Bedürfnissen des Volks unter denen sie gestiftet wurden oder lieber und allgemeiner nach den Bedürfnissen der Einweihenden.
Der Uebersezer.
Tempelherrn? Tempelherrn? frug die neugierige Nurmahal.
Ja meine schöne Dame diese Leute waren der besser denkende Theil unter jenen schwärmerischen Fanatikern, die sich verbanden um ein Stück Sandwüste, das das Grab mahl ihres Propheten verbarg, den Händen ihrer Besizer aus heiligem Religionseifer zu entreißen. Ein armer Derwisch, der an statt Demuth und Friede zu predigen, diesen Eroberungsgedanken eingab, und die Völker Europens zum Mord aufmunterte, war an dem Tod von 235oooo Unglüklichen schuld, die ihr Leben in den Sandwüsten vor Palästina fanden. Ihr Prophet wollte oder konnte nicht die Erretter seines Grabes in ihrer rühmlichen Absicht unterstützen, und so vereitelte sich dieser heilige Zweck.
Bey all meinem Hange für die Ehre meines Propheten sagte Schach Gebal so hätte ich doch diesen Derwischen hängen lassen, wenn es ihm eingefallen wäre auch in meinen Staaten den Mord aus Religionseifer zu predigen
Ich erkenne darinn, sagte der philosophische Höfling, ganz den wohlthätigen Beherrscher Scheschians. Gott erhalte lange Ew. Majestät für das Wohl ihrer Unterthanen.
Der besser denkende Theil also, die sich Tempelherrn nannten, verbanden sich, unterdessen, dass ihre Brüder ihre Nebenmenschen einem übelverstandenen Eifer aufopferten, mit einigen sogenannten Essäern, die eine eigene geheime Gesellschaft von tugendhaften Theisten und Naturforschern formten, ließen sich von diesen einweihen, und nahmen ihre Einrichtungen, ihre Absichten und Endeckungen mit nach Europa, wo sie fortfuhren sich zusammenzuhalten, Licht in geheim auszubreiten, und die Sitten ihres Zeitalters umzubilden. Bald aber stiegen diese Menschen zu einer Macht empor, die dem damahlen regierenden Sultan furchtbar wurde. Die durch den Fleiß dieser Ritter aufgehäuften Reichthümer reizten auch die Geldgierde des Despoten, und so beschloss er ihren Untergang. Einige Bösewichter unter ihnen (und wo giebt es nicht deren?) wurden heimlich gekauft, die gegen die Gesellschaft und ihre Grund ätze zeugen sollten. Man warf ihnen die schändlichsten Verbrechen vor, sie wurden eingekerkert, ihr Vermögen eingezogen, und da man zu jenen Zeiten nur ein geringer Naturforscher seyn durfte, um für einen Hexenmeister ausgegeben zu werden ohne ihre Rechtfertigung anzuhören, als solche öffentlich verbrannt
Verbrannt! schrie mit Entsezen die zärtliche Nurmahal das ist erschreklich!
Ja! meine liebe Dame ! Staatsinteresse hat wohl noch größere Schurkenstreiche veranlasst, als 6o. Ritter um einiger hunderttausend Börsen willen zu verbrennen. Diese unglüklichen Ritter, die ihren baldigen Untergang vermutheten, verbargen ihre Schriften und Kenntnisse, und einige der überbliebenen sammelten diese und sezten uns ter einem andern Nahmen ihre Gesellschaft fort.
Und die Rosenkreuzer? fragte Schach Gebal mit einem Ton, der ein Mittelding zwischen Langerweile und Verdruss war.
Danisch. Ich hielt es für nöthig, Sire, einige historische Nachrichten vorzusezen, um
Um uns zu belehren ? sagte der Sultan lächelnd doch fahre nur fort, lieber Doktor
Danisch. Es ist ein Unglük der Menschheit, dass auch die heiligsten Dinge in den Händen der Menschen nie lange in ihrer ursprünglichen Reinheit bleiben können, so verdarben sich auch hier die tugendhaften Absichten der ersten Stifter, und aus der Gesezgebung der Tugend entstand Despotismus und Aberglaube, und aus sceptischen Naturforschern, und ihren Muthmassungen die unseeligsten Schwärmereyen. Menschen mit einer heissen Einbildungskraft begabt, Schwärmer und Betrüger rotteten sich zusammen, und bekamen bald einen Anhang, weil nichts leichter ist, als leichtglaubigen Menschen Unsinn für Wahrheit zu verkaufen, besonders wenn man diesen Unsinn in eine räthselhafte Sprache einzuhüllen weiß
Ich möchte, dass mein Imam hier wäre sagte Schach.
Danish. Ich nicht so entstanden, Sire, Theosophen, Alchimisten und Rosenkreuzer
Yurmah. Sind Theosophen und Rosenkreuzer ein Ding?
Danisch. Ein Ding, und fast eine Lehre. Es giebt verschiedene Sekten unter ihnen, sie kommen aber in dem Hauptpunkt nehmlich sich der Erforschung geheimer Wissenschaften übereins: Freylich nicht mehr mit dem scepstischen Zweifel, der allein uns Sterblichen geziemt, sondern sie hängen mit dem unbiegsamsten, blindesten Glauben an wunderthästigen Schwärmereyen, die weit über die Sphäre des menschlichen Verstandes erhoben, oder Platterdings unmöglich sind. Unter allen Gestirern, Sire, ist der Theosoph am schweresten von seinen Meinungen zurükzubringen, und wahrlich! mit welchen Waffen soll ein Philosoph gegen diese Menschen sich schlagen, die mit jenen natürlichen der Vernunft nicht streiten wollen?
Ein Theosoph, (hier wandte sich Danischmende gegen die schöne Nurmahal, die ihm mit der größten. Aufmerksamkeit zuhörte ein Theosoph ist ein mit den empfindsamsten schwächsten Organen, begabter Mensch, der um sich Geister, und unsterbliche Wesen zu erblicken glaubt die allein seine gespannte, heiße Einbildungskraft hervorbringt. Er wähnt eine innere Macht erleuchte ihn, und er zieht, um zu seinem Zweck zu gelangen, immer den heftigen Schwung des Enthusiasmus der stillen Bahn der Vernunft vor.
Yurmah. Diese Leute müssen doch glükslich seyn es ist so ein angenehmer schöner Traum zu wähnen, jeder Mensch habe seinen Sylphen um ihn, der ihn tröstet erleuchtet, und von dem man versichert ist, er liebe das Geschöpf, das er führen müsse. Ich weiß nicht, Danischmende aber ich möchte eine Theosophin seyn, möchte mich so in die Sphäre der schönen Geister hinein träumen, und eine ganze Närrin seyn. Meine liebe Nurmahal sagte Schach Gebal
Danisch. Mir käme es natürlicher vor, Theosophinen zu sehen als Theosophen. Ihr Geschlecht meistens mit einer schnellen feurigen romanhaften Einbildungskraft, und mit zärtlichern empfindsamen Nerven begabt, geräth leichter auf solche Träume oder ist leichter zu solchen zu bewegen. Das sie aber bey Männern Eingang gefunden, wird auch nicht außerordentlich scheinen, wenn man erwägt, diese Wissenschaft schmeichle der Faulheit und dem Ehrgeiz es ist so leicht ohne Studium und so rühmlich ohne den Beystand der Vernunft sich zu erleuchten!
Sch. G. Sollten wohl Rosenkreuzer in meinen Staaten syn?
Danisch. Allerdings, Sire wo Menschen sind, sind auch Schwärmer und über dem haben ja Eür. Majestät Bonzen in ihren Staaten warum sollten denn keine Rosenkreuzer seyn
Sch. G. Aber sie sehen doch einen Unterschied zwischen ihnen?
Danisch. Nicht den geringsten, Sire. Ein Zeichen, dass sie einerley Sistem, und gleiche Absichten haben, folgt aus dem, dass sie sich seit einer kurzen Zeit vereiniget haben, und gemeinschaftliche Sache machen*) nun verzweifle ich wahrlich an der Umbildung des menschlichen Geistes sie haben zu starke Gegner erhalten.
In meinen Staaten, sagte Schach Gebal, werde ich solche Verbindungen nicht leiden und will die Sache nächstens untersuchen lassen. Danischmende soll michdaran erinnern. Aber gerne möchte ich einen solchen Rosenkreuzer sehen Danishmende kennen sie einen davon?
Danisch. Ja Sire! und wenn es Eure Hoheit befehlen, so will ich zu einem ihrer ersten Häupter dieser Stadt schicken und da sollen Sie Sire, selbst von ihrer Logik urtheilen.
*) Es wird den Rosenkreuzern der untern, Klassen, gewiss. und natürlich unbekannt seyn aber ich sage es ihnen hiemit und kann meine Sage auf authentische Sielen gründen: die sogenannten Rosenkreuzer haben sich seit einigen Jahren mit den Gliedern der E, Gesellschaft Jesu (vermuthlich um die Menschen zu erleuchten sie zu beglücken, und die Regenten der Erde auf ihren Thronen zu befestigen) vereinigt und halten in einigen Orten Deutschland geheime Konventikeln R.W.Z. und W. sind ihre Residenzen.
Anonymus.
YTurmah. O ja! Danischmende, thun sie das: Ich möchte so gerne einen solchen Wundermann sehen –
Danischmende schickte zum Sehr Ehrwürdigen Aeschmaim der Cirkeldirektor in Scheschian war, und fuhr indessen in seinem Gespräch so fort –
Die Rosenkreuzer beschäftigen sich außer der Reformirung der ganzen Welt, die sie wirklich zur Schande der Vernunft seit einigen hundert Jahren zu ihren Schwärmereyen reformiren, noch mit der Alchimie, Magie und Kabala. Sie machen eine eigene Gesellschaft aus, die aus mehreren Stuffen besteht, zu denen sie nach und nach diejenigen Menschen zulassen, deren Gemüth und Herz nach ihren Absichten gestimmt ist, oder gestimmt worden. Ich halte die Anfänger und die Neulinge für ehrliche, gute aber leider schwache betrogene Leute, die sich blindlings von den höhern Brüdern, die eigentlich in dem wahren Zweck eingeweiht sind, leiten und führen lassen. Diese bedienen sich des Hanges dieser armen Menschen zum Wunderbaren, um sie zu ihren politischen Absichten zu stimmen. Diese, die man Obere nennt, bleiben immer den Untergebenen unbekannt, die sie despotisch behandeln; sie fordern von ihnen den strengsten Gehorsam, und einen blinden Glauben für ihre Lehre. *) Um ihnen Enthusiasmus für ihre Sache beyzubringen, kennen sie die schwache Seite eines jeden, fassen und schmeicheln ihn bey derselben, verbrennen ihnen das Gehirn mit den lächerlichsten Schwärmereyen, verleiten sie zu religiösen Träumen und Fanatismus, zum Geistersehen, und an diesen Fasden leiten sie sie wohin sie wollen. Diese Untergebene müssen Alchimische Processe bearbeiten, und ihr Vermögen in Schmelztigeln verrauchen lassen. Ist einer ein glücklicher Kopf, und geräth von ohngefehr auf eine gute Chimische Entdeckung, so muss er sie gleich an die Unbekannte Obere einliefern, und diese ziehen allein den Vortheil davon.
*) Die Politik eines Obern gegen seinen Untergebenen beruht auf einer gründlichen Kenntnis des menschlichen Herzens, die diese Leute voll vollkommen inne haben. Nie wird sich der Obere selbst in den unbedeutendsten Sachen bloß geben. In einer mysteriösen Mine heuchlerischen niedergeschlagenen Augen in dem äußerlichen der größten Sanftmuth und Demuth zeugen sie sich immer ihren Untergebenen. Sprechen mit der tiefsten Ehrfurcht von den unbekannten Obern und ihren wunderbaren Kenntnissen erzählen einige Beyspiele bemerkenden Eindruck auf den Neuling spannen ihre Neugierde und befriedigen sie nie ganz zeigen wie schwer es sey auf jenen Punkt zu gelangen und endigen mit einem: „Doch hat man Beyspiele von einigen, die sich so und so leiten ließen c.“ und so leiten sie diese Menschen und bringen ihnen einen solchen Enthusiasmus bey, dass, wenn man sie als denn mit den politischen Absichten bekannt macht diese willig mit bevden Händen zu allem einschlagen und aus Betrogenen selbst Betrüger werden.
Anonymus.
Sehen Sie, Sire, hier eines ihrer Grundbücher, (Danischmende zog aus seiner Tasche die bekannte Aurea Catena Homeri, und las einige Stellen) urtheilen Eure Hoheit die Leute aus der Lehre.
Welch erbärmlicher eckelhafter Styl schrie die geschmackvolle Nurmahal.
Dies ist es nicht, was ich darinn auszusetzen habe, sagte der Philosoph, aber ich erstaune über die aufgehäuften Widersprüche und meinem gesunden Menschenverstande widersteht das Seichte der gröbsten Irrthümer. Kaum finde ich einige Spuren der allerersten, unlaugbarsten Grundsätze der gemeinsten Wissenschaften! Man sieht, da diese Leute die neuesten allbekanntesten Entdeckungen in der Natur nicht kennen, dass sie unter andern das elende System –
Hier gähnte ein paarmahl der gute Sultan.
Das elende System der Generierung der Dinge durch die Centralkraft als ein Evangelium annehmen, und die alltäglichsten Natur phänomena der Einwürkung böser und guter Geister zuschreiben.
Hier gieng die Thüre auf, und ein kleines schwarzgelbes, krüppelhaftes Männchen in einem ledernen, fetten, schmutzigen Kleide trat ganz trotzig herein. Es war der Sehr Ehrwürdige Aeschmaim, der als er Danischmenden hier erblickte, schnell wieder sich zurückziehen wollte
Nein! Rein! Herr Doktor (schrie ihm Danischmende, und hielte ihn bey seinem Kleide zurück!) bleiben sie nur hier, der Sultan möchte sie gerne sprechen
Es scheint, sagte die von der Gestalt und Kleidung ihres Wundermanns ganz betroffene Cirkassierinn – es scheint als scheue der Herr Doktor unsere Gesellschaft.
Oder mich versezte Danishmende.
Schach Gebal der halb und halb in einem süssen Schlaf verfallen war, wachte hier auf, maß mit schläfrigen Augen den Direktor, und wandte seine Blicke auf Danischmende, der sie verstund.
Danisch. Es ist der Doktor Aeschmaim, Euer Hoheit
Aeschm.
Meschm. Neigte sich tief, küsste den Rand des Pelzes des Sultans und sagte mit vers legener Miene: Gebietender Herr! Eure Majestät haben geruht mich unwürdigen Knecht vor den Thron ihrer Herrlichkeit
Sch. G. Lass er’s nur gut seyn, Doktor, hier (und zeigte auf den Philosophen) dieser euer Collega (Danisch verbat sich heimlich die Ehre) hat mir gesagt, ihr wärt ein Rosenkreuzer, und selbst ein Meister unter ihnen nun ich! will euch zusammen schwatzen hören ich! will euer Geheimnis wissen.
Aeschm. Gebietender Herr! Ich läugne es nicht, dass ich das Glück habe, unter diesser heiligen Verbrüderung zu leben nur geruhen Sie, Sire, zu bedenken, dass wir durch die schrecklichsten Eide, und durch die Macht unsers Interesse zum Stillschweigen über unsere Einrichtungen verbunden sind und um desto mehr muss ich den Finger auf den Mund legen, da hier (mit einem seitwärtsgekehrten Blick der Verachtung auf den in seinen Bart lachenden Danischmende) der Patriarch der neuen Afterphilosophie mit den gewöhnlichen Fallstricken seiner Sophismen auf die Gelegenheit lauret den biedern Mann Gottes in die Grube zu stürzen.
Herr alegorischer Doktor, fiel ihm Danischmende in die Rede sie haben hier mit keinem Sophisten, viel weniger mit einem, wie sie ihn zu nennen belieben, Afterphilosophen zu thun, sondern mit einem Menschen, der sich’s von jeher zur Pflicht gemacht hat, nur der natürlichen Bahn der Vernunft zu folgen. Seine Majestät möchten gerne ihre geheime Lehre näher kennen lernen ich bin hier bloß als Zuhörer um, wenn sie einen, diesem meinen gesunden Menschenverstande anstößigen Satz vorbrächten es ihnen an zuzeigen, und um Belehrung zu bitten, wenn sie es anders können und wollen.
Sch. Gebal sagte ein lebhaftes Bravo ! und wandte sich an Aeschmaim: Nun sagt an, was ihr in euren geheimen Gesellschaften gutes lehrt, aber gebt acht, sollt‘ ich nur den geringsten anstößigen Satz gegen meine Rechte und das Interesse meiner guten Unterthanen hören, (das war immer ein Lieblingswort Schach Gebals, und seine Lehrer hatten es ihm in seiner Jugend so oft wiederholt, dass es bey ihm zur Gewohnheit geworden, und dachte wirklich, wenn er es sagte gar nichts dabey) so gebt acht
Aeschmaim wurde durch diese Drohung im geringsten nicht beunruhiget doch faste er sich, betete um Beystand zu seinem Genius, und Obern (wie die alten Ritter zu ihren Mädchen, wenn sie Ungeheuer und Heiden bekämpfen wollten) und durch das Gebet gestärkt fieng er so an zu sprechen:
Allgebietender Herr! die Ehre meines heiligen Ordens, und das Wohl meiner Brüder, erheischen es in diesem Augenblick, dass ich die Pflichten des Stillschweigens breche, um Euer Majestät aufrichtig und wahr unsere erhabene Lehre vorzutragen. Und gleich, wie sollten wir, die allbekannt (Eurer unserer Brüder hat es schreiben müssen) *) für die Schutzgötter der Menschheit, das lebende Archiv aller Kenntnisse und Wissenschaften bekannt sind, etwas gegen das Wohl Eurer Majestät Unterthanen lehren können. Unsere Feinde, die immer in ihrer Blindheit lieber Bürger und Wohlthäter der Gesellschaft in der sie leben als Bürger des Himmels und des neuen Jerusalems seyn wollen, suchen über alle unsere Handlungen mit einer Bitterkeit ohne Beyspiele den hässlichsten Schleyer zu werfen. Aber diese Leute, die in der Klasse unvernünftiger Thiere (weil sie sich nur mit einer menschlichen materiellen Tugend beschäftigen) zu gehören verdienen suchen mit einem schwarzen Geisfer alles zu besudeln, was sie zu ihrer wahren Schande, nie werden evreichen können, diese Bösewichter.
*)Sendschreiben an die erhabenen unbekannten.
Keinen Eifer Herr Doktor, sagte Schach Geba, eine stille vernünftige Verchedigung wird uns mehr überzeugen.
Aeschm, Sire! es ist schon so unser Brauch. Der heilige Eifer, der unser Herz und unsere Seele für die gerechte Sache unsers Ordens anflammt, ist schuld, dass wir nie unsern Gegnern, als mit den gröbsten abgeschmacktesten Beschimpfungen antworten können. So kam neulich ein Ausgetrettener von uns, der alle unsere Stuffen durchgegangen war, und, da er nichts als Schwärmereyen und politische Absichten unserer Vergrößerung darinn zu finden sagte, wider Wissen und Gewissen ein Buch gegen uns herausgab, in welchem ich muss gestehen, er einige verzweifelte Zweifel uns einwandte diese beantworteten wir nur durch Sprüche aus dem Alkoran und sagten ihm: er wäre ein Lotterbub, ein Erzwindhauer, ein Schwänfmacher, ein Kakomagus, ein Dummkopf, (hier wird der Doktor immer hitziger, und seine Sprache schneller) ein Taugenichts, ein unsinniger ruchloser Bösewicht, ein elender Tropf, ruhmsüchtiger Verläumder offenbahrer Betrüger ruchloser Verräther, Schurke *)
*) Wenn die Leser begierig sind die ganze Liste Rosenkreutzerscher Schimpfwörter, die sie zu ihrer
Halt ein! Unsinniger pöbelhafter Mensch! Schrie der aufgebrachte Schach Gebal denke, wo du bist, und vor wem du, sprichst! Ich weiß nicht, was mich abhält dich bey jenem Fenster da hinunterwerfen zu lassen ist das die Sprache der Weisen? Pfui, schämt euch ihr Schutzgötter der Menschheit.
Danischmende war betroffen.
Aeschmaim zitterte an allen Gliedern, und die sittsame Nurmahal wollte sich entfernen.
Der Philosoph, der aber etwas nachtheiliges für unsere Rosenkreuzer aus dem Zorne des Sultans befürchtete, fiel in die Rede.
Die Herren da, Sire, sagte er, meynen es nicht so übel es ist ihnen nur um die Belehrung ihrer Widersacher zu thun nicht wahr, Doktor?
Aesch
Ihrer Vertheidigung brauchen näher kennen zu lernen, so können sie es füglich in dem vor einigen Jahren erschienenen Buch: der im Licht der Wahrheit strahlende Rosenkreuzer, wo die Wahrheit ein wenig zu nakt erscheint und die Weisen wirklich mehr als jemahlen in ihrer Blöße da liegen.
Aeschmaim. Allerdings! Und wir hören immer unsere Litaney damit auf, das wir denjenigen an den sie gerichtet ist *) um Vergebung bitten, und hoffen er würde es unserm Eifer für die Ehre und die Sache Gottes (die immer die unsrige ist) verzeihen: unser heißer Wunsch für die in so großer Gefahr stehende Seele des Abtrünnigen, flösse uns solche Beschimpfungen ein.
Danisch. Freylich würden sie besser thun mit guten Gründen ihre Gegner zu überführen.
Aeschm. Gründen? Gründen? Die überlassen wir euch Atheisten und Freydenkern wir fordern Glauben, blinden Glauben an unsere Sätze, und sehen jeden unter der strengen Gerechtigkeit Gottes, denn von uns ist geschrieben: Ihr seyd die Söhne Gottes, und wer euch nicht anhöret, der höret auch mich nicht an.
*) Der im Licht der Wahrheit leuchtende R. K. pog. 78.