Text 3 Erstes Heft Geheime Figuren der Rosenkreuzer

kathegorice erklären wollte, kehrte sich Salomon wieder um starrte mich an und sprach: Ich bin der allerweiseste auf Erden, schön und ergötzlich ist mein Frauenzimmer, und meiner Königinnen Herrlichkeit übertrifft das Gold aus Ophir, meiner Kebsweiber Schmuck überschattet die Strahlen der Sonnen, und meiner Jungfrauen Zier den Mondschein, so himmlisch sind meine Damen, unergründlich meine Weisheit, und unaufschließlich mein Verstand.
Da antwortete ich und neigte mich halb erschrocken: Siehe, hab ich Gnade vor dir gefunden, dieweil ich arm bin, so gib mir diese nackte Jungfrau, so ich unter allen zur Erhaltung meines Lebens erwählt habe, besudelt und zerrissen sind zwar ihre Kleider, aber ich will sie reinigen und von Herzen lieben, und soll sein meine Schwester, meine Braut, weil sie mit ihrer Augen einem, und mit ihrer Halskette eine, mir das Herz genommen, mich brünstig gemacht, das ich vor Liebe krank liege, und alsbald übergab sie mir Salomon, und es war ein Getummel im Frauenzimmer dass ich davon erwachte, und wusste nicht, wie mir geschehen war, nichts desto weniger  hielt ich es für einen Traum, und hatte hierüber bis zum Morgen allerhand subtile Gedanken, da ich aber aufstand und mein Gebet getan, siehe: da sah ich der nackten Jungfrauen Kleider vor meinem Bett liegen, sie aber nicht, und es begann mir Angst und Bange zu werden, und gingen mir alle Haare zu Berge, das mir auch der kalte Schweiß über den ganzen Leib herab lief, dennoch faste ich ein Herz, wiederholte meinen Traum, und gedachte demselben in der Furcht des Herzen nach, allein meine Gedanken vermochten nicht denselben zu ergründen, aus diesem Grund durfte ich mich nicht unterstehen die Kleider zu besichtigen, viel weniger etwas darinnen zu erkennen, besondern mutierte meine Schlafkammer, und lies eine geraume Zeit ex mera tamen ignorantia die Kleider daselbsten liegen, in Meinung, da ich sie würde vielleicht berühren oder umkehren, es möchte mir etwas merkwürdiges wiederfahren, ich war aber im Schlaf von dem Gestank der Kleider heftig vergiftet und entzündet, dass meine Augen nicht sehen konnten die Zeit der Gnade, noch mein Herz erkannte die grosse Weisheit Salomonis.
Nachdem aber die viel erwähnten Kleider das 5. Jahr in meiner Schlafkammer gelegen, und ich nicht wusste wozu sie nütze, gedachte ich endlich sie zu verbrennen, um das Losament zu räumen: und da ich mit solchen Gedanken den ganzen Tag zugebracht und umgangen, erschien mir folgende Nacht im Traum die uralte hundertjährige Frau und sprach mich folgender Gestalt ganz hart an: Du undankbarer Mensch, ich habe dir nun 5. Jahre hero meiner Tochter Kleider, worunter ihre vornehmste Clenodien vertraut, und hast dieselbe die ganze Zeit hero weder gereinigt noch um der Motten und Würme willen ausgesünnt, und über das alles willst du nun endlich die Kleider mit Feuer verbrennen, ists nicht genug dass du bist eine Ursache des Todes und Unterganges meiner Tochter?  Da ward ich etwas hitzig für der Stirne, und gab ihr zur Antwort: Wie soll ich das verstehen, willst du denn einen Mörder aus mir machen, habe ich doch in 5.Jahren deine Tochter mit Augen nicht gesehen,  noch von ihr das geringste nicht gehört, wie kann ich dann eine Ursache ihres Todes sein? Und sie wollte mich nicht ausreden lassen, sondern sprach: Es ist alles war, allein du hast dich gegen Gott versündigt, darum hat dir auch meine Tochter nicht können zu Teil werden, noch die von mir verheisene philosophische Lauge ihre Kleider zu waschen und zu reinigen, erfolgen: denn wie du anfangs, da dir Salomon meine Tochter gutwillig übergab, und du hattest eine Abscheu für ihre Kleider, erzürnte der Planet Saturnus, so ihr Großvater ist, und verwandelte sie aus lauter Zorn wiederum in das, was sie vor ihrer Geburt gewesen war, und also hast du durch die Verschmähung Saturnum erzürnt, und ihren Tod, Verwesung und endlich Untergang verursacht: denn sie ist eben die von welcher Senior sagt: Ach wehe! Bring mir ein nacktes Weib, wann unsehnlich war mein Leib, und ich noch nie Mutter was geworden, bis ich zum andernmal ward geboren, da gebar ich aller Kräuter Wurzeln Kraft, in meinem Wesen ward ich sieghaft. Solche und dergleichen herzbrechenden Worte kamen mir sehr fremd vor, doch enthielt ich mich des Eifers so viel mir Mensch und möglich war, gleichwohl protestierte ich folenniter dagegen, dass ich um ihrer Tochter nichts wüsste, viel weniger von ihrem Tod, Verwesung und Untergange: zwar hatte ich ihre Kleider in meiner Schlafkammer 5 Jahre über in Verwahrung gehabt, aber wegen großer Blindheit nicht erkannt, noch ihrer Nutzen entdecken können, und wäre dann hero für Gott und jedermann unschuldig.   Diese meine rechtmäßige, wohl fundierte Entschuldigung, gefiel dem alten Mütterlein nicht übel, sah mich an und sprach: Ich spüre und merke aus deinem aufrichtigen Gewissen, dass du unschuldig bist, und soll dir auch deine Unschuld reichlich und wohl belohnt werden: darum will ich dir aus gutem Herzen und in geheim offenbart haben, nämlich: dass dir meine Tochter aus sonderbarer Liebe, und gegen dir tragenden affection unter ihren hinterbliebenen Kleidern, ein grau mormaliertes Kästlein zur Erbschaft verlassen, welches mit einem groben, schwarzen unfletigen Futter überzogen ist ( und aus dem gab sie mir ein Glas mit Lauge und redete weiter fort)  dasselbige Kästlein sollst du von Gestank und Unfletigkeit, so es von den Kleidern bekommen wohl reinigen, so bedarfst du keinen Schlüssel, sondern es wird sich selber öffnen, und du wirst darin finden zweierlei. Ein weiß silbern Büchslein voller herrlicher und auf Blei geschliffener und polierter schneller Diamanten, dann auch ein güldenes Stück mit köstlichen solarischen Rubinen geschmückt: und dies ist das Schatz und die ganze Hinterlassenschaft meiner seligen Tochter, welches alles sie dir vor ihrer Verwandlung und hintrit zum Erbteil vermacht und hinterlassen hat. Wirst du nun diesen Schatz künstlich unter einander versetzen, auf das allerhöchste reinigen und stillschweigens, doch mit großer Geduld in einen warmen verborgenen dampfigten durchsichtigen und feuchten Keller versperren, und für Frost, Wind, Hagel, schnellen Blitz, hitzige Donnerstrahlen und anderer äußerlicher Zerstörung verwahren bis zur Weizenernte, als dann wirst du allererst die große Herrlichkeit des Erbteil empfinden und teilhaftig werden. Und in dem erwachte ich abermals, und siehe, ich rief Gott ängstlich an, dass er mir wollte eröffnen meinen Verstand, zu suchen das Kästlein, so mir im Traum verheißet und zugesagt war: nach vollendetem Gebet suchte ich mit höchstem Fleiß und Begierde in den Kleidern, und fand es, aber das Futter war so hart darum verschlossen und von Natur angewachsen, das ich es nicht vermochte davon zu bringen, denn es wollte sich weder mit der Lauge reinigen, noch mit Eisen, Stahl, oder anderen Metallen zerspalten lassen, lies es also abermals stehen, und wusste nicht was ich damit machen sollte, hielt es für ein Zauberwerk, und dachte an den Spruch des Propheten: Und wenn du dich schon mit Lauge wuschest, und nehmest viel Seife dazu, so gleisset doch deine Untugend  desto mehr vor mir, spricht der Herr, Herr.
Und es verlief wieder ein Jahr das ich gleichwohl mit spekulieren und emsigen Nachsinnen das Futter nicht wusste zu remouiren, bis ich endlich melancholische Gedanken zu vertreiben in den Garten spazieren ging, nach langem deambuliren aber setzte ich mich nieder auf einen Kitzling Stein,  und war darüber hart entschlafen,  Ich schlief aber mein Herz wachte: Da erschien mir abermal die alte hundertjährige Hofmeisterin und sprach: Hast du meiner Tochter Hinterlassenschaft bekommen? Ich antwortete mit trauriger Stimme, nein, das Kästlein habe ich zwar gefunden, allein das Futter davon zu scheiden ist mir noch zur Zeit unmöglich, die Lauge die du mir gegeben hast, will das Futter nicht angreifen.  Auf diese meine einfältige Rede ward die alte Frau lächelnd und sprach: willst du Muschen und Krebse fressen mit den Schalen? Müssen sie nicht zuvor von dem uralten Planeten Koch Vulcano gezeitigt und zugerichtet werden? Ich habe gesagt,  du sollst das graue Kästlein mit der geschenkten Lauge, so aus demselben entsprungen auf das allerhöchste, und nicht das auswendige rohe Futter reinigen, sondern must das selbige zuvor mit der weisen Feuer verbrennen, als dann wird es sich wohl schicken, und fort hinauf gab sie mir etliche glühende Kohlen in weissen Zindel gebunden, mit fernerem unterricht und andeuten, ich sollte hiervon ein philosophisch und ganz künstlich Feuer machen, und verbrennen das Futter, so würde ich bald das graue Kästlein finden, und stündlich erhob sich ein Nord und Südwind, wehten beide zugleich durch den Garten, davon erwachte ich, reinigte meine Augen vom Schlaf, und ward gewahr dass die glühenden Kohlen in weissen Zindel gewickelt zu meinen Füssen lagen, Ich ergriff sie eilens und mit Freuden, betete fleissig, rief Gott an, studierte und laborirte Tag und Nacht, dachte interim an den herrlichen und vortrefflichen Spruch der Philosophen, da sie sagen: Ignis & azoht tibi sufficiunt.  Davon auch Esdra im vierten Buch sagte: Und er gab mir einen Becher voll Feuer, und seine Gestalt sah als ein Feuer, und ich trank es, da wuchs in mir Weisheit: Und Gott hat gegeben den fünften Verstand, und mein Geist war in der Gedächtnis behalten, und mein Mund ist aufgetan, und weiter nicht zugetan, und da 40. Nacht um waren, da sind fertig gewesen 204. Bücher, 70. allein für die Weisesten, und die waren würdig zu lesen und auf Buxbaum geschrieben.  Und procedirte also in silentio & spe, wie mir das alte Mütterlein im Traum offenbart hatte, bis über eine lange Zeit nach der Verheisung Salomons mein Verstand silbern und mein Gedächtnis gülden war. Nachdem aber auf Unterricht und Lehre der alten Hofmeisterin, ich gebührlich und ganz kunstreich den Schatz ihrer Tochter eingesetzt und versperrt hatte, als nämlich: die herrlichen glänzenden lunarischen Diamanten und die solarischen Rubinen, welche beide aus einem Kästlein und aus einer Landschaft entsprossen und erfunden worden, hörte ich die Stimme Salomonis, die da sprach: Mein Freund ist weiss und rot, auserkoren unter vielen tausend, seine Locken sein krauss, schwarz wie ein Rabe, seine Augen seien wie Taubenaugen an den Wasserbächen mit Milch gewaschen, und streben in der Fülle, seine Backen sein wie die wachsenden Wurzgärten der Apotheker, seine Lippen wie die Rosen, die mit fliessender Myrre trieffen, seine Hände sein wie güldene Ringe voll Türkisen, sein Leib ist wie ein Elfenbein rein, mit Saphiren geschmückt, seine Beine fein wie Marmorsäulen gegründet auf güldenen Füssen, seine Gestalt ist wie Libanon, auserwählt wie Zedern, seine Kehle ist süß und ganz lieblich, ein solcher ist mein Freund, mein Freund ist ein solcher, ihr Töchter Jerusalem: darum sollst du ihn halten, und nicht lassen, bis du ihn bringst in seiner Mutter Haus, in seiner Mutter Kammer. Und da Salomon diese Worte ausgeredet wusste ich nicht darauf zu antworten, sondern verstummte, hatte gleichwohl in willen den eingeschlossenen Schatz wieder zu eröffnen, damit ich möchte Friede