Text 2 Erstes Heft Geheime Figuren der Rosenkreuzer

Ad
Sapientiae & doctrinae filios
Quae siui: inueni: purgaui saepius: atque
Coniunxi: maturavi: Tinctura secuta est
Anrea, Naturae centrum quae dicitur: inde
Tot sensus, tot scripta virum, variaeque figurae.
Omnibus, ingenue fateor, Medicina metallis;
Infirmisque simul: punctum diuinitus ortum.

Harmannus Datichius,
Auth. Famulus.

AUREUM  SECVULUM

REDIUIUUM.

Als ich gedachte an die Wunder des Allerhöchsten, an die Geheimnisse der verschlossenen Natur, und an die feurige und inbrünstige Liebe des Nächsten: da erinnerte ich mich der Weizen Ernte, worin Ruben Leae Sohn des Dudaim so von Lea Rachel fürs Beischlafen bei dem Patriachen Jacob, gegeben und auf dem Felde gefunden wurde. Meine Gedanken aber waren sehr tiefsinnig und verleiteten mich ferner auf Moses, wie der nämlich das von Aron gegossene solarische Kalb potabel gemacht, in dem er es mit Feuer verbrennt zu Pulver zermalmet, aufs Wasser gestreut, und den Kindern Israels zu trinken gab: Das ich auch über diese des Mannes Gottes schleunige und künstliche Zerstörung mich zum allerhöchsten verwundert: da ich aber meine Gedanken recht fasste, erkannte ich die Wahrheit, und wurden meine Augen nicht anders geöffnet als den beiden Jüngern zu Emahaus, die den Herrn am Brotbrechen erkannten: Und das Herz brannte in mir, legte mich aber nieder ferners zu spekulieren, und war darüber entschlafen, und siehe der König Salomon erschien mir im Traum mit all seiner Macht, Reichtum und Herrlichkeit, führte neben sich sein ganzen Frauen, 60 war der Königinnen, so der Rebsweiber, allein der Jungfrauen war kein Zahl, aber eine war seine Taube, seine Fromme, die Allerschönste und Liebste in seinem Herzen: Und nach katholischen Gebrauch hielten sie eine stattliche Prozession, worin das Zentrum hochgeehrt, und geliebt war, dessen Name war wie eine ausgeschüttete Salbe, deren Geruch übertrifft alle Gewürze. Und sein feuriger Geist ein Schlüssel zur Eröffnung des Tempel, in das Heilige zugehen, und die Horn des Altars zu ergreifen.
Nach vollendeter Prozession aber zeigte mir Salomon das einige Zentrum in Trigono centri und eröffnete mir meinen Verstand, und ich war gewahr, dass hinter mir stand ein nacktes Weibsbild mit einer blutigen Wunden in ihrer Brust, daraus Blut und Wasser tropfte, ihre Lenden aber standen gleich aneinander wie zwei Spangen die des Meisters Hand gemacht hat, ihr Nabel war wie ein runder Becher dem nimmer Getränk gemangelt, ihr Bauch wie ein Weizenhaufen umsteckt mit Rosen, ihre zwei Brüste wie zwei junge Rehzwillinge, ihr Hals wie ein Elfenbeinturm, ihre Augen wie Teiche zu Heßbon am Tor Bathrabbim, ihre Nase wie ein Turm auf Libanon der nach Damaskus sieht, ihr Haupt stand auf ihr wie Carmelus, und das Haar war auf ihrem Haupte wie die Purpur des Königs in Falten gebunden, ihre Kleider aber die sie von sich geworfen, lagen zu ihren Füssen, waren ganz hässlich, stinkend, giftig, und sie fing an zu reden: Ich habe meinen Rock ausgezogen, wie soll ich ihn wiederum anziehen? Ich habe meine Füße gewaschen, wie soll ich sie wieder besudeln? Die Hüter die in der Stadt umhergehen, haben mich gefunden, wund geschlagen und meinen Schleier genommen. Da erschrak ich aus Furcht und nicht Kennung und fiel zur Erden: Salomon aber hieß mich wieder aufzustehen und sprach: erschrecke nicht, denn du siehst die entblöste Natur und das aller Heimlichste das unter dem Himmel und auf Erden ist. Sie ist schön wie Thirza, lieblich wie Jerusalem, schrecklich wie Heerspitzen, und ist dennoch die reine keusche Jungfrau, davon Adam gemacht und geschaffen ist worden, zwar versiegelt und verborgen ist der Eingang ihrer Hütten, denn sie wohnt in den Garten, und schläft in der zweifachen Höhlen Abrahams auf dem Acker Ephron, und ihr Palast ist in der Tiefe des roten Meeres, und in durchsichtigen Klüften, die Luft hat sie geboren, und das Feuer aufgezogen, darum ist sie eine Königin des Landes, Milch und Honig hat sie in ihren Brüsten, ja ihre Lippen sind wie triefender Honigseimb, Honig und Milch ist unter ihrer Zunge, und ihrer Kleider Geruch ist den Weisen wie ein Geruch von Libanon, den Unwissenden aber ein Greul: Und weiter sprach Salomon: ermuntere dich, schau an meine ganzes Frauenzimmer und suche ihres gleichen:
Und alsbald musste  sich das ganze Frauenzimmer höflich entblößen, ich suchte, aber meine Gedanken konnten nicht urteilen, und meine Augen wurden gehalten das ich sie nicht erkannte.
Da aber Salomon meine Schwäche merkte, scheidete er sein Frauenzimmer von diesem nackten Weibsbilde und sprach: deine Gedanken sind eitel und dein Verstand ist von der Sonne verbrannt und deine Memorie ist nebelschwarz, das du nicht recht urteilen kannst, allein so du deine Sachen nicht verscherzt, und die jetzige Gelegenheit in Acht nehmen willst, kann dieser nackten Jungfrauen blutiger Schweiß und Schneeweiße zehren dich wieder erquicken, deinen Verstand und Gedächtnis läutern und vollkommen restorieren, das deine Augen erkennen die Magnalia des Allerhöchsten, die Höhe der Obersten, die Tiefe der Untersten, und das Fundament der ganzen Natur aller Elemente Kraft und Wirkung wirst du eigentlich erforschen, und dein Verstand wird Silber sein, und dein Gedächtnis gülden, aller Edelsteine Farben werden vor dein Angesicht erscheinen, und du wirst ihre Geburt wissen, und scheiden das Gute vom Bösen, die Böcke von den Schafen: dein Leben wird Ruhe sein, aber die Schellen Aronis werden dich vom Schlafe erwecken, und die Harfe Dauidts meines Vatern vom Schlummern. Über diese Rede Salomons erschrak ich noch heftiger, und entsetzte mich über die Maßen sehr, teils wegen der herzbrechenden Worte, teils auch wegen des anwesenden königlichen Frauenzimmers großer Pracht und Herrlichkeit: Und der König Salomon fasste mich bei der Hand, führte mich durch den Weinkeller in einen heimlichen aber sehr stattlichen Saal, worin er mich erquickte mit Blumen, und labte mich mit Äpfeln, dessen Fenster aber waren von durchsichtigen Kristallen, und ich sah hindurch, er aber sprach: was siehst du? Ich antwortete: Ich sehe aus diesem in das vorige Gemach, woraus ich gegangen bin, und dein königliches Frauenzimmer steht zur Linken, und die nackte Jungfrau steht zur rechten Seite, und ihre Augen sind röter denn Wein, ihre Zähne weißer denn Milch, ihre Kleider aber zu ihren Füßen hässlicher, schwarzer, und unfletiger als der Bach Kidron.  Erwähle eine von allen sprach Salomon, zu deiner Liebsten, ich achte gleich sie und mein Frauenzimmer, und so hoch mich erfreut die Holdseligkeit meiner Damen, also wenig erschrecken mich ihre abscheulichen Kleider, und alsbald wand sich der König und redete ganz freundlich mit einer von seinen Königinnen. Da war eine alte hundertjährige Hofmeisterin unter ihnen, die hatte einen grauen Rock an, eine schwarze Mütze auf ihrem Haupt mit schneeweißen Zahl Perlen besetzt und innwendig mit rotem Taft gefüttert, und mit blauer und gelber Seiden gestickt und ganz künstlich durchgenäht, der Mantel war mit allerhand türkischen Farben und indianischen Figuren erhöht: diese alte Frau gab mir heimlich einen Wink, und schwur einen teuren Eid, das sie wäre die Mutter dieser entblösten Jungfrauen, sie wären von ihrem Leibe geboren, eine keusche reine und verborgene Jungfrau, welche bis daher keines Mannes Anblick wollen leiden, und ob sie sich schon unter den Völkern allenthalber auf den Gassen gebrauchen lassen, so hätte sie doch kein Mann vor diesem niemals nicht nackend gesehen noch ein einziger berührt, denn sie wäre die Jungfrau davon der Prophet sagte: Siehe, wir haben einen heimlichen geborenen Sohn, welcher ist verwandelt neben anderen. Siehe, die Jungfrau hat geboren, eine solche Jungfrau welche heißt Apdorossa das ist, heimlich, die ander nicht leiden mag. Weil aber diese ihre Tochter an noch unverheiratet, hätte sie den Brautschatz unter ihren Füßen liegen und der jetzigen Kriegsgefahr willen, damit sie nicht möchte von einem streifenden Rotte beraubt, und des stattlichen Reichtum entsetzt werden, ich aber sollte mich nicht durch Abscheu der unansehnlichen Kleider lassen abschrecken, besonders erwählen ihre Tochter vor allen anderen zu meiner Liebe und Lebens Wollust, alsdann sie mir geben und offenbaren eine Lauge zum Reinigen ihrer Kleider, so würde ich erlangen ein flüssig Salz, und ein unverbrennliches Öl zu meiner Haushaltung, und einen unbegreiflichen Schatz, und ihre Rechte würde mich stets herzen, und ihre Linke stets unter meinem Haupt liegen. Und als ich mich hierauf