Text 1 Erstes Heft Geheime Figuren der Rosenkreuzer

AVREVM  SECVLUM  REDIVIVVM

Das ist

Die Uralte Entwichene Güldene  Zeit,

So nun mehr wieder aufgegangen, lieblich erblüht, und wohlriechenden güldenen Samen gesetzt.

Welchen  teuren und edlen Samen allen wahren Sapientiae & doctrinae filiis zeigt und offenbart:

HENRICVS  MADATHANVS;  THEOSOPHVS;

Medicus & tandem, Dei gratia aureae crusis frater.

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Jacob in Epest.v.5.

So jemandem unter euch Weisheit mangelt, der bitte zu Gott, der da gibt einsetiglich, und rückt es niemand auf, so wird sie ihm gegeben werden.

SYMBOLUM AUTHORIS.
Centrum mundi,  granum fundi.

Vorrede

An die Christlichen und würdigen Leser

Freundlicher, Gott liebender Leser und besonders ihr Sapientiae & Doctrinae Filii, demnach vor etlichen Jahren, Gott der Allmächtige auf mein stetes inbrünstiges Gebet und emsiges Anrufen, meine Augen durch Erleuchtung seines heiligen Geistes (aus welchem wir Weisheit empfangen, und uns durch Christus vom Vater ist gesandt worden) so weit eröffnet, dass sich das wahre Centrum in Trigono Centri, die einige und wahre Materie des edlen Philosophischen Steins erkannte, und wesentlich in Händen hatte, wusste ich gleichwohl fast bei die 5. Jahr nicht, wie ich damit ersprießlich, recht und gebührlichen, des roten Löwen Blut, und des weißen Adlers Gluten daraus zu scheiden, viel weniger dieselben nach deren proportioniertem Gewicht der Natur, ganz geheb und aufs beste zu vermischen, einzuschließen, versiegeln, und dem geheimen Feuer zu committiren, procediren sollte, welches dann nicht ohne große Vernunft und gebrauchter Vorsichtigkeit geschehen muss. Und ob ich woll in den seriptis, parabolis & variis Philosophorum figuris mit sonderlichem, merklichem Fleiss nachgeforscht, und mich ihre vielfältige, wunderbare und zum Teil aus eigenem Gehirn erwachsene aenigmata zu soluirn hoch bemühet, habe ich dich reipsa befunden, dass es alles miteinander lauter Phantasie und Narrenwerk ist, wie denn solches die Aurora Philosophorum gleichfalls bezeuget, nämlich: dass alle praeparationes, davon Geber, Albertus Magnus, und dergleichen sampt dero purgationes, sublimationes, cementationes, distillationes, rectificationes, circulationes, putrefactiones, coniunctiones, solutiones, affensiones, circulationes, calcinationes, incinerationes, mortificationes, reuificationes, etc. Wie gleicher Gestalt ihr Dreyfuß, Athanor, Reuerbierofen, Schmelzofen, Faulhinz, Roßmist, Asch, Sand, Cucurbith, Pellican Viol, retort, fixatorium, etc. Lauter Sophistische, verführerische und unnütze Dinge sein, wie ich denn solches für meine Person auch in Wahrheit bekennen muss: Sintemal die edle Natur, so in ihrer eigenen angeborenen Substanz sich ganz gerne finden lässt, hiervon nichts weiß: Dannhero der Theophrast. In Secreto Magico de Lap. Philos. von denen die da materiam lapidis in Wein, in den imperfecten corporen, im Blut, in Marcasiten, in Mercurio, in Sulphure, in vrina, in stercore, in auripigmento, und in Kräutern, als: Chelidonia, Springwurzel, Efeu, Isoph, suchen, recht saget: Es sei alles mit einander Schelmerei und Dieberei damit, dass sie die Leute verführen, bringen sie ums Geld, verzehren und verlieren die Zeit unnütz, und vergeblich, und fahren allein ihren Narrenköpfen nach, der vorhin nicht kann ausrechnen, was die Natur erfordert: Lieber sag mir eins, wer muss mir in den Mineren der Erden, Wasserbrennen, oder hat es auch Leut darinnen, die den Wein verteuren, oder Kinderharn brunzen, damit man Metalle macht, oder meinst du es sind Apotheker drinnen die alle Ding also feil haben, damit du kannst Metalle machen: du Narr, du kannst nicht verstehen das du irrest, dass deren Ding keines zur Natur gehört, oder willst du über Gott sein, dass du aus Blut willst Metalle machen, so mache aus einem Pferd einen Menschen, oder aus einer Maus eine Kuhe, die gibt dir darnach gute Milch dazu, das wäre auch eine multiplication, es geschieht aber nicht, und so wenig das kann geschehen, also wenig kannst du aus obengenannten Rezepten Metalle machen, dann die Kunst ist nicht aus der Natur, und was dieselbe erschaffet hat, da kann die Kunst keine Wirkung haben. Wenn eine Frau ein Knäblein gebiert, daraus vermag die Kunst nicht ein Mädlein zu machen, was Ding auch dazu gebraucht wird. Hieraus ein jeglicher leicht zu ermessen hat, wie, und welcher Gestalt, auch worin materia benedicta soll gesucht und gefunden werden. Es soll sich aber keiner imaginieren, viel weniger von einigen Artisten überreden lassen, das, ob er schon wahrhaftig veram mareriam entweder durch heimliche Offenbahrungen Gottes, oder deren die sie kennen, auch weiß, kennt und in Händen hat, dass er alsdann ebenmäßig dieselben aufzuschließen, das purum ab impuro aufs Höchste zu scheiden und zu reinigen wisse, gänzlich verstehe.
Ach nein, lieber Laborant, bei weitem nicht: der Hund liegt nun allererst im Bisem begraben, und gehört Kunst und ein geschicktes Gemüt zu der Sachen, siehe an zum Exempel, was du anfangs von mir gehört, das ich 5. Jahr veram materiam lapidis gekannt, und die ganze Zeit über nicht damit zu procediren gewusst, bis mir endlich nach dem 6. Jahr der Schlüssel des Gewalts, durch heimliche Offenbarung von Gott, dem Allmächtigen, vertraut worden ist.  Und haben diesen Schlüssel die alten Patriarchen, Propheten und Philosophen je und allewege heimlich und verborgen gehalten: denn sagt der Monarch in loco dicto: sollten sie es offenbar geschrieben haben, das es ein jeder Schuster oder Zahnbrecher verstehen könnte, das wäre ein großer Diebstahl, so wäre es auch kein Geheimnis nicht, und könnte viel Übels hierdurch zugerichtet werden, das dann öffentlich wider den Willen Gottes gehandelt werde. Aus diesen Ursachen und deren so ich zum Teil in Epilogen angezogen, auch, damit ich nicht, das talentum a Deo mihi commissum zuvergraben, angesehen würde, habe ich diesem meinem Aureo seculo rediuiqo, soviel mir Gott und die Natur erlaubten, das große Geheimnis der Weisen, wie dasselbe haben meine Augen gesehen, meine Hände eingerichtet, und durch die Gnade Gottes zu rechter Zeit in großer Kraft und Herrlichkeit wieder aufgenommen, offenbaren wollen: Der fromme und Gottliebende Leser, wolle er es anders nicht als im Guten erkennen, auf und annehmen, dextre consideriren, und sich durchaus nicht irren noch anfechten lassen, was zu Zeiten, dem Buchstaben nach contraria mir unterlaufen, es hat sich per Theoriam ad Praxis zu schreiten nicht anders schicken können, noch gebühren wollen: Weil deutlicher und Klarer hiervon zu schreiben ernstlich und zum allerhöchsten in republica chymica verboten ist: trage aber gar keinen Zweifel, es werden all die, so dies Tractätlein in wahrer Zuversicht mit den innerlichen Augen des Gemüts, so alles vermögen, recht anschauen, in denselben fleissig studieren, und dabei vor allen Dingen Gott inniglich und von Herzen anrufen, gleich mir, die hierin verborgene philosophischen wundersüßen Früchte genießen, und derselben nach dem Willen Gottes teilhaftig werden.  Und alsdann sein und bleiben:  Sie, wahre Brüden des güldenen Kreuzes, und auserlesene Gliedmassen der philosophischen Gemeinde in ewigem Bündnis.
Schließlich, damit auch der christliche verständige und würdige Leser, eigentlich meinen Tauf- und Zunamen wisse, will ich so Candidus sein, und denselben folgender Gestalt, damit sich mit Fug niemand über mich zu beschweren, offenbart haben: So wisse nun ein jeglicher, dass die Zahl meines Namens ist M.DCXII. in welcher Zahl mein ganzer Namen durch 11. Todte und 7 lebendige vollkommen in das Buch der Natur ist geschrieben worden: Über das ist der 5. Buchstabe der fünfte Teil des 8. und der 15. ist abermals der fünfte Teil des 12. und lass dir hierbei genügen.
Datum in Monte abiegno, die 25.Martij
Anno 1621