58 Gleichnis vom verlorenen Sohn

58. Freude über den reuigen Sünder – Gleichnis vom verlorenen Sohn

1. Jesus sprach zu seinen Jüngern und dem Volke rings um ihn: „Wer ist Gottes Sohn, wer ist Gottes Tochter? Es sind die Menschen, welche sich von allem Übel abkehren und das Rechte tun, die Barmherzigkeit lieben und voll Ehrfurcht mit ihrem Gotte wandeln. Diese sind die Söhne und die Töchter der Menschen, die aus Ägypten gekommen sind und welchen es gegeben ist, dass sie die Söhne und die Töchter Gottes geheißen werden sollen.

2. Und sie werden gesammelt werden aus allen Stämmen, Nationen, Völkern und Sprachen, und sie kommen vom Osten und vom Westen und vom Norden und vom Süden, und sie wohnen auf dem Berge Zion, und sie essen Brot und trinken die Frucht des Weines am Tische Gottes, und sie sehen Gott von Angesicht zu Angesicht.“

3. Da kamen die Zöllner und Sünder alle näher zu ihm heran, um ihn zu hören. Aber die Pharisäer und Schriftgelehrten murrten und sagten: „Dieser Mann nimmt die Sünder zu sich und speist mit ihnen.“

4. Und er sagte ihnen dieses Gleichnis: „Welcher ist unter euch, der hundert Schafe hat und er verliert eines und er verlässt nicht die neunundneunzig in der Wüste und suchet das eine verlorene, bis er es gefunden hat? Und wenn er es gefunden hat, legt er es auf seine Schultern und freut sich.

5. Und wenn er nach Hause kommt, so ruft er seine Nachbarn und Freunde zusammen und spricht zu ihnen: ‚Freuet euch mit mir, denn ich habe mein Schaf gefunden, welches verloren war!` Ich sage euch, dass ebenso im Himmel mehr Freude herrschen wird über einen reuigen Sünder denn über neunundneunzig Gerechte, welche keiner Reue bedürfen.

6. Und welches Weib, welches zehn Silberstücke hat und verliert eines davon, wird nicht ein Licht anzünden und eifrig danach suchen, bis sie es gefunden hat? Und hat sie es gefunden, wird sie nicht ihre Freunde und Nachbarn zusammenrufen und sagen: ‚Freuet euch mit mir, denn ich habe das Silberstück gefunden, welches ich verloren hatte`? Ebenso, sage ich euch, wird Freude herrschen unter den Engeln Gottes über einen reuigen Sünder.“

7. Und er brachte noch dieses Gleichnis: „Ein Mann hatte zwei Söhne, und der jüngere von ihnen sprach zu seinen Eltern: ‚Gebt mir den Teil der Güter, der auf mich zufällt!` Und sie teilten mit ihm ihr Vermögen. Und wenige Tage später packte der jüngere Sohn all seine Habe zusammen und wanderte in ein fernes Land und verschwendete dort sein Vermögen in einem liederlichen Leben.

8. Und nachdem er alles aufgebraucht hatte, kam eine schwere Hungersnot über das Land, und er geriet in Not. Und er zog hinweg und verdingte sich bei einem Bürger dieses Landes. Der sandte ihn auf seine Weiden, um die Schweine zu hüten. Und er hätte gern seinen Hunger gestillt mit der Spreu, welche die Schweine fraßen, aber niemand gab sie ihm.

9. Und als er sich selbst besann, sprach er: Wieviele Knechte meines Vaters haben Brot genug und im Vorrat, und ich gehe zugrunde vor Hunger! Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater und meiner Mutter gehen und will zu ihnen sagen: Mein Vater und meine Mutter, ich habe wider den Himmel gesündigt und vor euch und bin nicht mehr wert, euer Sohn zu heißen. Nehmet mich als einen eurer Knechte zu euch!

10. Und er brach auf und kam zu seinen Eltern. Doch als er noch ein großes Stück Weges vom Hause entfernt war, erblickten ihn seine Eltern und empfanden Mitleid mit ihm und liefen ihm entgegen und fielen ihm um den Hals und küssten ihn. Und der Sohn sprach zu ihnen: Mein Vater und meine Mutter, ich habe gesündigt wider den Himmel und in euren Augen, und ich bin nicht mehr wert, euer Sohn zu heißen.

11. Der Vater aber sprach zu seinen Knechten: Bringet das beste Kleid herbei und ziehet es ihm an und stecket einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße und bringet die schönsten Früchte herbei und Brot und Öl und Wein und lasset uns essen und fröhlich sein. Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig; er war verloren und ist gefunden. Und sie begannen alle, froh zu werden.

12. Nun war aber der ältere Sohn auf dem Felde, und als er zurückkam und sich dem Hause näherte, hörte er Musik und Tanz. Und er rief einen der Knechte und fragte, was dies zu bedeuten habe. Und er sprach zu ihm: Dein Bruder, der verloren war, ist heimgekehrt, und dein Vater und deine Mutter haben ihm Brot und Öl und Wein und die schönsten Früchte gebracht, da sie ihn heil und wohlbehalten wieder haben.

13. Und er ward zornig und wollte nicht in das Haus gehen. Und sein Vater kam heraus und bat ihn dringend. Und er sprach zu seinem Vater: Sieh, viele Jahre lang habe ich dir gedient und habe niemals deine Gebote übertreten, aber du hast mir niemals ein solch aufwendiges Fest gegeben, dass ich mit meinen Freunden fröhlich wäre.

14. Doch sobald dein Sohn zurückgekehrt ist, welcher sein Erbteil mit Huren verschwendet hat, bereitest du ihm ein Fest von dem Besten, was du hast.

15. Und sein Vater sprach zu ihm: Mein Sohn, du bist immer bei mir, und alles, was ich besitze, ist dein. Es geziemt sich aber jetzt, dass wir heiter und froh sind, denn dein Bruder war tot und ist wieder lebendig, er war verloren und ist gefunden.“