06 Buch 2 – Teil 61 bis 78

Immanuel Kant – Kritik der Urteilskraft (1790)

Kritik der Urteilskraft zweiter Teil.

Kritik der teleologischen Urteilskraft

61. Von der objektiven Zweckmäßigkeit der Natur

Man hat, nach transzendentalen Prinzipien, guten Grund, eine subjektive Zweckmäßigkeit der Natur in ihren besonderen Gesetzen, zu der Faßlichkeit für die menschliche Urteilskraft, und der Möglichkeit der Verknüpfung der besonderen Erfahrungen in ein System derselben, anzunehmen; wo dann unter den vielen Produkten derselben auch solche als möglich erwartet werden können, die, als ob sie ganz eigentlich für unsere Urteilskraft angelegt wären, eine solche spezifische ihr angemessene Form enthalten, welche durch ihre Mannigfaltigkeit und Einheit die Gemütskräfte (die im Gebrauche dieses Vermögens im Spiele sind) gleichsam zu stärken und zu unterhalten dienen, und denen man daher den Namen schöner Formen beilegt.

Dass aber Dinge der Natur einander als Mittel zu Zwecken dienen, und ihre Möglichkeit selbst nur durch diese Art von Kausalität hinreichend verständlich sei, dazu haben wir gar keinen Grund in der allgemeinen Idee der Natur, als Inbegriffs der Gegenstände der Sinne. Denn im obigen Falle konnte die Vorstellung der Dinge, weil sie etwas in uns ist, als zu der innerlich zweckmäßigen Stimmung unserer Erkenntnisvermögen geschickt und tauglich, ganz wohl auch a priori gedacht werden; wie aber Zwecke, die nicht die unsrigen sind, und die auch der Natur (welche wir nicht als intelligentes Wesen annehmen) nicht zukommen, doch eine besondere Art der Kausalität, wenigstens eine ganz eigne Gesetzmäßigkeit derselben ausmachen können oder sollen, lässt sich a priori gar nicht mit einigem Grunde präsumieren. Was aber noch mehr ist, so kann uns selbst die Erfahrung die Wirklichkeit derselben nicht beweisen; es müsste denn eine Vernünftelei vorhergegangen sein, die nur den Begriff des Zwecks in die Natur der Dinge hineinspielt, aber ihn nicht von den Objekten und ihrer Erfahrungserkenntnis hernimmt, denselben also mehr braucht, die Natur nach der Analogie mit einem subjektiven Grunde der Verknüpfung der Vorstellungen in uns begreiflich zu machen, als sie aus objektiven Gründen zu erkennen.

Überdem ist die objektive Zweckmäßigkeit, als Prinzip der Möglichkeit der Dinge der Natur, so weit davon entfernt, mit dem Begriffe derselben notwendig zusammenzuhängen: dass sie vielmehr gerade das ist, worauf man sich vorzüglich beruft, um die Zufälligkeit derselben (der Natur) und ihrer Form daraus zu beweisen. Denn wenn man z.B. den Bau eines Vogels, die Höhlung in seinen Knochen, die Lage seiner Flügel zur Bewegung, und des Schwanzes zum Steuern u.s.w. anführt: so sagt man, dass dieses alles nach dem bloßen nexus effectivus in der Natur, ohne noch eine besondere Art der Kausalität, nämlich die der Zwecke (nexus finalis), zu Hülfe zu nehmen, im höchsten Grade zufällig sei: d.h. dass sich die Natur, als bloßer Mechanismus betrachtet, auf tausendfache Art habe anders bilden können, ohne gerade auf die Einheit nach einem solchen Prinzip zu stoßen, und man also außer dem Begriffe der Natur, nicht in demselben, den mindesten Grund dazu a priori allein anzutreffen hoffen dürfe.

Gleichwohl wird die teleologische Beurteilung, wenigstens problematisch, mit Recht zur Naturforschung gezogen; aber nur, um sie nach der Analogie mit der Kausalität nach Zwecken unter Prinzipien der Beobachtung und Nachforschung zu bringen, ohne sich anzumaßen, sie darnach zu erklären. Sie gehört also zur reflektierenden, nicht der bestimmenden, Urteilskraft. Der Begriff von Verbindungen und Formen der Natur nach Zwecken ist doch wenigstens ein Prinzip mehr, die Erscheinungen derselben unter Regeln zu bringen, wo die Gesetze der Kausalität nach dem bloßen Mechanismus derselben nicht zulangen. Denn wir führen einen teleologischen Grund an, wo wir einem Begriffe vom Objekte, als ob er in der Natur (nicht in uns) befindlich wäre, Kausalität in Ansehung eines Objekts zueignen, oder vielmehr nach der Analogie einer solchen Kausalität (dergleichen wir in uns antreffen) uns die Möglichkeit des Gegenstandes vorstellen, mithin die Natur als durch eignes Vermögen technisch denken; wogegen, wenn wir ihr nicht eine solche Wirkungsart beilegen, ihre Kausalität als blinder Mechanismus vorgestellt werden müsste. Würden wir dagegen der Natur absichtlich-wirkende Ursachen unterlegen, mithin der Teleologie nicht bloß ein regulatives Prinzip für die bloße Beurteilung der Erscheinungen, denen die Natur nach ihren besonderen Gesetzen als unterworfen gedacht werden könne, sondern dadurch auch ein konstitutives Prinzip der Ableitung ihrer Produkte von ihren Ursachen zum Grunde legen: so würde der Begriff eines Naturzwecks nicht mehr für die reflektierende, sondern die bestimmende Urteilskraft gehören; alsdann aber in der Tat gar nicht der Urteilskraft eigentümlich angehören (wie der Begriff der Schönheit als formaler subjektiver Zweckmäßigkeit), sondern, als Vernunftbegriff, eine neue Kausalität in der Naturwissenschaft einführen, die wir doch nur von uns selbst entlehnen und anderen Wesen beilegen, ohne sie gleichwohl mit uns als gleichartig annehmen zu wollen.

Erste Abteilung.
Analytik der teleologischen Urteilskraft

62. Von der objektiven Zweckmäßigkeit, die bloß formal ist, zum Unterschiede von der materialen

Alle geometrischen Figuren, die nach einem Prinzip gezeichnet werden, zeigen eine mannigfaltige, oft bewunderte, objektive Zweckmäßigkeit, nämlich der Tauglichkeit zur Auflösung vieler Probleme nach einem einzigen Prinzip, und auch wohl eines jeden derselben auf unendlich verschiedene Art an sich. Die Zweckmäßigkeit ist hier offenbar objektiv und intellektuell, nicht aber bloß subjektiv und ästhetisch. Denn sie drückt die Angemessenheit der Figur zur Erzeugung vieler abgezweckten Gestalten aus, und wird durch Vernunft erkannt. Allein die Zweckmäßigkeit macht doch den Begriff von dem Gegenstande selbst nicht möglich, d.h. er wird nicht bloß in Rücksicht auf diesen Gebrauch als möglich angesehen.

In einer so einfachen Figur, als der Zirkel ist, liegt der Grund zu einer Auflösung einer Menge von Problemen, deren jedes für sich mancherlei Zurüstung erfordern würde, und die als eine von den unendlich vielen vortrefflichen Eigenschaften dieser Figur sich gleichsam von selbst ergibt. Ist es z.B. darum zu tun, aus der gegebenen Grundlinie und dem ihr gegenüberstehenden Winkel einen Triangel zu konstruieren, so ist die Aufgabe unbestimmt, d.h. sie lässt sich auf unendlich mannigfaltige Art auflösen. Allein der Zirkel befasst sie doch alle insgesamt, als der geometrische Ort für alle Dreiecke, die dieser Bedingung gemäß sind. Oder zwei Linien sollen sich einander so schneiden, dass das Rechteck aus den zwei Teilen der einen dem Rechteck aus den zwei Teilen der anderen gleich sei: so hat die Auflösung der Aufgabe dem Ansehen nach viele Schwierigkeit. Aber alle Linien, die sich innerhalb dem Zirkel, dessen Umkreis jede derselben begrenzt, schneiden, teilen sich von selbst in dieser Proportion. Die anderen krummen Linien geben wiederum andere zweckmäßige Auflösungen an die Hand, an die in der Regel, die ihre Konstruktion ausmacht, gar nicht gedacht war. Alle Kegelschnitte für sich, und in Vergleichung mit einander, sind fruchtbar an Prinzipien zur Auflösung einer Menge möglicher Probleme, so einfach auch ihre Erklärung ist, welche ihren Begriff bestimmt. Es ist eine wahre Freude, den Eifer der alten Geometer anzusehen, mit dem sie diesen Eigenschaften der Linien dieser Art nachforschten, ohne sich durch die Frage eingeschränkter Köpfe irre machen zu lassen: wozu denn diese Kenntnis nützen sollte? Z.B. die der Parabel, ohne das Gesetz der Schwere auf der Erde zu kennen, welches ihnen die Anwendung derselben auf die Wurfslinie schwerer Körper (deren Richtung der Schwere in ihrer Bewegung als parallel angesehen werden kann) würde an die Hand gegeben haben; oder der Ellipse, ohne zu ahnen, dass auch eine Schwere an Himmelskörpern zu finden sei, und ohne ihr Gesetz in verschiedenen Entfernungen vom Anziehungspunkte zu kennen, welches macht, dass sie diese Linie in freier Bewegung beschreiben. Während dessen, dass sie hierin, ihnen selbst unbewusst, für die Nachkommenschaft arbeiteten, ergötzten sie sich an einer Zweckmäßigkeit in dem Wesen der Dinge, die sie doch völlig a priori in ihrer Notwendigkeit darstellen konnten. Plato, selbst Meister in dieser Wissenschaft, geriet über eine solche ursprüngliche Beschaffenheit der Dinge, welche zu entdecken wir aller Erfahrung entbehren können, und über das Vermögen des Gemüts, die Harmonie der Wesen aus ihrem übersinnlichen Prinzip schöpfen zu können (wozu noch die Eigenschaften der Zahlen kommen, mit denen das Gemüt in der Musik spielt), in die Begeisterung, welche ihn über die Erfahrungsbegriffe zu Ideen erhob, die ihm nur durch eine intellektuelle Gemeinschaft mit dem Ursprunge aller Wesen erklärlich zu sein schienen. Kein Wunder, dass er den der Messkunst Unkundigen aus seiner Schule verwies, indem er das, was Anaxagoras aus Erfahrungsgegenständen und ihrer Zweckverbindung schloß, aus der reinen, dem menschlichen Geiste innerlich beiwohnenden, Anschauung abzuleiten dachte. Denn in der Notwendigkeit dessen was zweckmäßig ist, und so beschaffen ist, als ob es für unseren Gebrauch absichtlich so eingerichtet wäre, gleichwohl aber dem Wesen der Dinge ursprünglich zuzukommen scheint, ohne auf unseren Gebrauch Rücksicht zu nehmen, liegt eben der Grund der großen Bewunderung der Natur, nicht sowohl außer uns, als in unserer eigenen Vernunft; wobei es wohl verzeihlich ist, dass diese Bewunderung durch Missverstand nach und nach bis zur Schwärmerei steigen mochte.

Diese intellektuelle Zweckmäßigkeit aber, ob sie gleich objektiv ist (nicht wie die ästhetische subjektiv), lässt sich gleichwohl ihrer Möglichkeit nach als bloß formale (nicht reale), d.h. als Zweckmäßigkeit, ohne dass doch ein Zweck ihr zum Grunde zu legen, mithin Teleologie dazu nötig wäre, gar wohl, aber nur im allgemeinen, begreifen. Die Zirkelfigur ist eine Anschauung, die durch den Verstand nach einem Prinzip bestimmt worden: die Einheit dieses Prinzips, welches ich willkürlich annehme und als Begriff zum Grunde lege, angewandt auf eine Form der Anschauung (den Raum), die gleichfalls bloß als Vorstellung und zwar a priori in mir angetroffen wird, macht die Einheit vieler sich aus der Konstruktion jenes Begriffs ergebender Regeln, die in mancherlei möglicher Absicht zweckmäßig sind, begreiflich, ohne dieser Zweckmäßigkeit einen Zweck, oder irgendeinen anderen Grund derselben, unterlegen zu dürfen. Es ist hiermit nicht so bewandt, als wenn ich in einem, in gewisse Grenzen eingeschlossenen, Inbegriffe von Dingen außer mir, z.B. einem Garten, Ordnung und Regelmäßigkeit der Bäume, Blumenbeeten, Gänge u.s.w. anträfe, welche ich a priori aus meiner nach einer beliebigen Regel gemachten Umgrenzung eines Raums zu folgern nicht hoffen kann: weil es existierende Dinge sind, die empirisch gegeben sein müssen, um erkannt werden zu können, und nicht eine bloße nach einem Prinzip a priori bestimmte Vorstellung in mir. Daher die letztere (empirische) Zweckmäßigkeit, als real, von dem Begriffe eines Zwecks abhängig ist.

Aber auch der Grund der Bewunderung einer, obzwar in dem Wesen der Dinge (sofern ihre Begriffe konstruiert werden können) wahrgenommenen, Zweckmäßigkeit lässt sich sehr wohl und zwar als rechtmäßig einsehen. Die mannigfaltigen Regeln, deren Einheit (aus einem Prinzip) diese Bewunderung erregt, sind insgesamt synthetisch, und folgen nicht aus einem Begriffe des Objekts, z.B. des Zirkels, sondern bedürfen es, dass dieses Objekt in der Anschauung gegeben sei. Dadurch aber bekommt diese Einheit das Ansehen, als ob sie empirisch einen von unserer Vorstellungskraft unterschiedenen äußeren Grund der Regeln habe, und also die Übereinstimmung des Objekts zu dem Bedürfnis der Regeln, welches dem Verstande eigen ist, an sich zufällig, mithin nur durch einen ausdrücklich darauf gerichteten Zweck möglich sei. Nun sollte uns zwar eben diese Harmonie, weil sie, aller dieser Zweckmäßigkeit ungeachtet, dennoch nicht empirisch, sondern a priori erkannt wird, von selbst darauf bringen, dass der Raum, durch dessen Bestimmung (vermittelst der Einbildungskraft, gemäß einem Begriffe) das Objekt allein möglich war, nicht eine Beschaffenheit der Dinge außer mir, sondern eine bloße Vorstellungsart in mir sei, und ich also in die Figur, die ich einem Begriffe angemessen zeichne, d.h. in meine eigene Vorstellungsart von dem, was mir äußerlich, es sei an sich was es wolle, gegeben wird, die Zweckmäßigkeit hineinbringe, nicht von diesem über dieselbe empirisch belehrt werde, folglich zu jener keinen besonderen Zweck außer mir am Objekte bedürfe. Weil aber diese Überlegung schon einen kritischen Gebrauch der Vernunft erfordert, mithin in der Beurteilung des Gegenstandes nach seinen Eigenschaften nicht sofort mit enthalten sein kann: so gibt mir die letztere unmittelbar nichts als Vereinigung heterogener Regeln (sogar nach dem, was sie Ungleichartiges an sich haben) in einem Prinzip an die Hand, welches, ohne einen außer meinem Begriffe und überhaupt meiner Vorstellung a priori liegenden besonderen Grund dazu zu fordern, dennoch von mir a priori als wahrhaft erkannt wird. Nun ist die Verwunderung ein Anstoß des Gemüts an der Unvereinbarkeit einer Vorstellung und der durch sie gegebenen Regel mit den schon in ihm zum Grunde liegenden Prinzipien, welcher also einen Zweifel, ob man auch recht gesehen oder geurteilt habe, hervorbringt; Bewunderung aber eine immer wiederkommende Verwunderung, ungeachtet der Verschwindung dieses Zweifels. Folglich ist die letzte eine ganz natürliche Wirkung jener beobachteten Zweckmäßigkeit in den Wesen der Dinge (als Erscheinungen), die auch sofern nicht getadelt werden kann, indem die Vereinbarung jener Form der sinnlichen Anschauung (welche der Raum heißt) mit dem Vermögen der Begriffe (dem Verstande) nicht allein deswegen, dass sie gerade diese und keine andere ist, uns unerklärlich, sondern überdem noch für das Gemüt erweiternd ist, noch etwas über jene sinnliche Vorstellungen Hinausliegendes gleichsam zu ahnen, worin, obzwar uns unbekannt, der letzte Grund jener Einstimmung angetroffen werden mag. Diesen zu kennen haben wir zwar auch nicht nötig, wenn es bloß um formale Zweckmäßigkeit unserer Vorstellungen a priori zu tun ist; aber, auch nur da hinaussehen zu müssen, flößt für den Gegenstand, der uns dazu nötigt, zugleich Bewunderung ein.

Man ist gewohnt, die erwähnten Eigenschaften, sowohl der geometrischen Gestalten, als auch wohl der Zahlen, wegen einer gewissen, aus der Einfachheit ihrer Konstruktion nicht erwarteten, Zweckmäßigkeit derselben a priori zu allerlei Erkenntnisgebrauch, Schönheit zu nennen; und spricht z.B. von dieser oder jener schönen Eigenschaft des Zirkels, welche auf diese oder jene Art entdeckt wäre. Allein es ist keine ästhetische Beurteilung, durch die wir sie zweckmäßig finden; keine Beurteilung ohne Begriff, die eine bloße subjektive Zweckmäßigkeit im freien Spiele unserer Erkenntnisvermögen bemerklich macht: sondern eine intellektuelle nach Begriffen, welche eine objektive Zweckmäßigkeit, d.h. Tauglichkeit zu allerlei (ins Unendliche mannigfaltigen) Zwecken deutlich zu erkennen gibt. Man müsste sie eher eine relative Vollkommenheit, als eine Schönheit der mathematischen Figur nennen. Die Benennung einer intellektuellen Schönheit kann auch überhaupt nicht füglich erlaubt werden; weil sonst das Wort Schönheit alle bestimmte Bedeutung, oder das intellektuelle Wohlgefallen allen Vorzug vor dem sinnlichen verlieren müsste. Eher würde man eine Demonstration solcher Eigenschaften, weil durch diese der Verstand, als Vermögen der Begriffe, und die Einbildungskraft, als Vermögen der Darstellung derselben, a priori sich gestärkt fühlen (welches, mit der Präzision, die die Vernunft hineinbringt, zusammen, die Eleganz derselben genannt wird), schön nennen können: indem hier doch wenigstens das Wohlgefallen, obgleich der Grund desselben in Begriffen liegt, subjektiv ist, da die Vollkommenheit ein objektives Wohlgefallen bei sich führt.

63. Von der relativen Zweckmäßigkeit der Natur zum Unterschiede von der Inneren

Die Erfahrung leitet unsere Urteilskraft auf den Begriff einer objektiven und materialen Zweckmäßigkeit, d.h. auf den Begriff eines Zwecks der Natur nur alsdann, wenn ein Verhältnis der Ursache zur Wirkung zu beurteilen ist, welches wir als gesetzlich einzusehen uns nur dadurch vermögend finden, dass wir die Idee der Wirkung der Kausalität ihrer Ursache, als die dieser selbst zum Grunde liegende Bedingung der Möglichkeit der ersteren, unterlegen. Dieses kann aber auf zwiefache Weise geschehen: entweder indem wir die Wirkung unmittelbar als Kunstprodukt, oder nur als Material für die Kunst anderer möglicher Naturwesen, also entweder als Zweck, oder als Mittel zum zweckmäßigen Gebrauche anderer Ursachen, ansehen. Die letztere Zweckmäßigkeit heißt die Nutzbarkeit (für Menschen), oder auch Zuträglichkeit (für jedes andere Geschöpf), und ist bloß relativ; indes die erstere eine innere Zweckmäßigkeit des Naturwesens ist.

Die Flüsse führen z.B. allerlei zum Wachstum der Pflanzen dienliche Erde mit sich fort, die sie bisweilen mitten im Lande, oft auch an ihren Mündungen, absetzen. Die Flut führt diesen Schlich an manchen Küsten über das Land, oder setzt ihn an dessen Ufer ab; und, wenn vornehmlich Menschen dazu helfen, damit die Ebbe ihn nicht wieder wegführe, so nimmt das fruchtbare Land zu, und das Gewächsreich gewinnt da Platz, wo vorher Fische und Schaltiere ihren Aufenthalt gehabt hatten. Die meisten Landeserweiterungen auf diese Art hat wohl die Natur selbst verrichtet, und fährt damit auch noch, obzwar langsam, fort. Nun fragt sich, ob dies als ein Zweck der Natur zu beurteilen sei, weil es eine Nutzbarkeit für Menschen enthält; denn die für das Gewächsreich selber kann man nicht in Anschlag bringen, weil dagegen ebenso viel den Meergeschöpfen entzogen wird, als dem Lande Vorteil zuwächst.

Oder, um ein Beispiel von der Zuträglichkeit gewisser Naturdinge als Mittel für andere Geschöpfe (wenn man sie als Mittel voraussetzt) zu geben: so ist kein Boden den Fichten gedeihlicher, als ein Sandboden. Nun hat das alte Meer, ehe es sich vom Lande zurückzog, so viele Sandstriche in unseren nordlichen Gegenden zurückgelassen, dass auf diesem für alle Kultur sonst so unbrauchbaren Boden weitläuftige Fichtenwälder haben aufschlagen können, wegen deren unvernünftiger Ausrottung wir häufig unsere Vorfahren anklagen; und da kann man fragen, ob diese uralte Absetzung der Sandschichten ein Zweck der Natur war, zum Behuf der darauf möglichen Fichtenwälder. So viel ist klar: dass, wenn man diese als Zweck der Natur annimmt, man jenen Sand auch, aber nur als relativen Zweck einräumen müsse, wozu wiederum der alte Meeresstrand und dessen Zurückziehen das Mittel war; denn in der Reihe der einander subordinierten Glieder einer Zweckverbindung muss ein jedes Mittelglied als Zweck (obgleich eben nicht als Endzweck) betrachtet werden, wozu seine nächste Ursache das Mittel ist. Ebenso, wenn einmal Rindvieh, Schafe, Pferde u.s.w. in der Welt sein sollten, so musste Gras auf Erden, aber es mussten auch Salzkräuter in Sandwüsten wachsen, wenn Kamele gedeihen sollten, oder auch diese und andere grasfressende Tierarten in Menge anzutreffen sein, wenn es Wölfe, Tiger und Löwen geben sollte. Mithin ist die objektive Zweckmäßigkeit, die sich auf Zuträglichkeit gründet, nicht eine objektive Zweckmäßigkeit der Dinge an sich selbst, als ob der Sand für sich, als Wirkung aus seiner Ursache, dem Meere, nicht könnte begriffen werden, ohne dem letzteren einen Zweck unterzulegen, und ohne die Wirkung, nämlich den Sand, als Kunstwerk zu betrachten. Sie ist eine bloß relative, dem Dinge selbst, dem sie beigelegt wird, bloß zufällige Zweckmäßigkeit; und, obgleich, unter den angeführten Beispielen, die Grasarten für sich, als organisierte Produkte der Natur, mithin als kunstreich zu beurteilen sind, so werden sie doch in Beziehung auf Tiere, die sich davon nähren, als bloße rohe Materie angesehen.

Wenn aber vollends der Mensch, durch Freiheit seiner Kausalität, die Naturdinge seinen oft törichten Absichten (die bunten Vogelfedern zum Putzwerk seiner Bekleidung, farbige Erden oder Pflanzensäfte zur Schminke), manchmal auch aus vernünftiger Absicht, das Pferd zum Reiten, den Stier und in Minorka sogar den Esel und das Schwein zum Pflügen, zuträglicher findet: so kann man hier auch nicht einmal einen relativen Naturzweck (auf diesen Gebrauch) annehmen. Denn seine Vernunft weiß den Dingen eine Übereinstimmung mit seinen willkürlichen Einfällen, wozu er selbst nicht einmal von der Natur prädestiniert war,
zu geben. Nur wenn man annimmt, Menschen haben auf Erden leben sollen, so müssen doch wenigstens die Mittel, ohne die sie als Tiere und selbst als vernünftige Tiere (in wie niedrigem Grade es auch sei) nicht bestehen konnten, auch nicht fehlen; alsdann aber würden diejenigen Naturdinge, die zu diesem Behufe unentbehrlich sind, auch als Naturzwecke angesehen werden müssen.

Man sieht hieraus leicht ein, dass die äußere Zweckmäßigkeit (Zuträglichkeit eines Dinges für andere) nur unter der Bedingung, dass die Existenz desjenigen, dem es zunächst oder auf entfernte Weise zuträglich ist, für sich selbst Zweck der Natur sei, für einen äußern Naturzweck angesehen werden könne. Da jenes aber, durch bloße Naturbetrachtung, nimmermehr auszumachen ist: so folgt, dass die relative Zweckmäßigkeit, ob sie gleich hypothetisch auf Naturzwecke Anzeige gibt, dennoch zu keinem absoluten teleologischen Urteile berechtige.

Der Schnee sichert die Saaten in kalten Ländern wider den Frost; er erleichtert die Gemeinschaft der Menschen (durch Schlitten); der Lappländer findet dort Tiere, die diese Gemeinschaft bewirken (Renntiere), die an einem dürren Moose, welches sie sich selbst unter dem Schnee hervorscharren müssen, hinreichende Nahrung finden, und gleichwohl sich leicht zähmen, und der Freiheit, in der sie sich gar wohl erhalten könnten, willig berauben lassen. Für andere Völker in derselben Eiszone enthält das Meer reichen Vorrat an Tieren, die, außer der Nahrung und Kleidung, die sie liefern, und dem Holze, welches ihnen das Meer zu Wohnungen gleichsam hinflößet, ihnen noch Brennmaterien zur Erwärmung ihrer Hütten liefern. Hier ist nun eine bewundernswürdige Zusammenkunft von soviel Beziehungen der Natur auf einen Zweck; und dieser ist der Grönländer, der Lappe, der Samojede, der Jakute, u.s.w. Aber man sieht nicht, warum überhaupt Menschen dort leben müssen. Also sagen: dass darum Dünste aus der Luft in der Form des Schnees herunterfallen, das Meer seine Ströme habe, welche das in warmem Ländern gewachsene Holz dahin schwemmen, und große mit Öl angefüllte Seetiere da sind, weil der Ursache, die alle die Naturprodukte herbeischafft, die Idee eines Vorteils für gewisse armselige Geschöpfe zum Grunde liege: wäre ein sehr gewagtes und willkürliches Urteil. Denn, wenn alle diese Naturnützlichkeit auch nicht wäre, so würden wir nichts an der Zulänglichkeit der Naturursachen zu dieser Beschaffenheit vermissen; vielmehr eine solche Anlage auch nur zu verlangen und der Natur einen solchen Zweck zuzumuten (da ohne das nur die größte Unverträglichkeit der Menschen untereinander sie bis in so unwirtbare Gegenden hat versprengen können) würde uns selbst vermessen und unüberlegt zu sein dünken.

64. Von dem eigentümlichen Charakter der Dinge als Naturzwecke

Um einzusehen, dass ein Ding nur als Zweck möglich sei, d.h. die Kausalität seines Ursprungs nicht im Mechanismus der Natur, sondern in einer Ursache, deren Vermögen zu wirken durch Begriffe bestimmt wird, suchen zu müssen, dazu wird erfordert: dass seine Form nicht nach bloßen Naturgesetzen möglich sei, d.h. solchen, welche von uns durch den Verstand allein, auf Gegenstände der Sinne angewandt, erkannt werden können; sondern dass selbst ihr empirisches Erkenntnis, ihrer Ursache und Wirkung nach, Begriffe der Vernunft voraussetze. Diese Zufälligkeit seiner Form bei allen empirischen Naturgesetzen in Beziehung auf die Vernunft, da die Vernunft, welche an einer jeden Form eines Naturprodukts auch die Notwendigkeit derselben erkennen muss, wenn sie auch nur die mit seiner Erzeugung verknüpften Bedingungen einsehen will, gleichwohl aber an jener gegebenen Form diese Notwendigkeit nicht annehmen kann, ist selbst ein Grund, die Kausalität desselben so anzunehmen, als ob sie eben darum nur durch Vernunft möglich sei; diese aber ist alsdann das Vermögen, nach Zwecken zu handeln (ein Wille); und das Objekt, welches nur als aus diesem möglich vorgestellt wird, würde nur als Zweck für möglich vorgestellt werden.

Wenn jemand in einem ihm unbewohnt scheinenden Lande eine geometrische Figur, allenfalls ein reguläres Sechseck, im Sande gezeichnet wahrnähme: so würde seine Reflexion, indem sie an einem Begriffe derselben arbeitet, der Einheit des Prinzips der Erzeugung desselben, wenn gleich dunkel, vermittelst der Vernunft inne werden, und so, dieser gemäß, den Sand, das benachbarte Meer, die Winde, oder auch Tiere mit ihren Fußtritten, die er kennt, oder jede andere vernunftlose Ursache nicht als einen Grund der Möglichkeit einer solchen Gestalt beurteilen: weil ihm die Zufälligkeit, mit einem solchen Begriffe, der nur in der Vernunft möglich ist, zusammen zu treffen, so unendlich groß scheinen würde, dass es ebenso gut wäre, als ob es dazu gar kein Naturgesetz gebe, dass folglich auch keine Ursache in der bloß mechanisch wirkenden Natur, sondern nur der Begriff von einem solchen Objekt, als Begriff, den nur Vernunft geben und mit demselben den Gegenstand vergleichen kann, auch die Kausalität zu einer solchen Wirkung enthalten, folglich diese durchaus als Zweck, aber nicht Naturzweck, d.h. als Produkt der Kunst, angesehen werden könne (vestigium hominis video).

Um aber etwas, das man als Naturprodukt erkennt, gleichwohl doch auch als Zweck, mithin als Naturzweck, zu beurteilen: dazu, wenn nicht etwa hierin gar ein Widerspruch liegt, wird schon mehr erfordert. Ich würde vorläufig sagen: ein Ding existiert als Naturzweck, wenn es von sich selbst (obgleich in zwiefachem Sinne) Ursache und Wirkung ist; denn hierin liegt eine Kausalität, dergleichen mit dem bloßen Begriffe einer Natur, ohne ihr einen Zweck unterzulegen, nicht verbunden, aber auch alsdann, zwar ohne Widerspruch, gedacht, aber nicht begriffen werden kann. Wir wollen die Bestimmung dieser Idee von einem Naturzwecke zuvörderst durch ein Beispiel erläutern, ehe wir sie völlig auseinander setzen.

Ein Baum zeugt erstlich einen anderen Baum nach einem bekannten Naturgesetze. Der Baum aber, den er erzeugt, ist von derselben Gattung; und so erzeugt er sich selbst der Gattung nach, in der er, einerseits als Wirkung, andrerseits als Ursache, von sich selbst unaufhörlich hervorgebracht, und eben so, sich selbst oft hervorbringend, sich, als Gattung, beständig erhält.

Zweitens erzeugt ein Baum sich auch selbst als Individuum. Diese Art von Wirkung nennen wir zwar nur das Wachstum; aber dieses ist in solchem Sinne zu nehmen, dass es von jeder anderen Größenzunahme nach mechanischen Gesetzen gänzlich unterschieden, und einer Zeugung, wiewohl unter einem anderen Namen, gleich zu achten ist. Die Materie, die er zu sich hinzusetzt, verarbeitet dieses Gewächs vorher zu spezifisch-eigentümlicher Qualität, welche der NaturMechanismus außer ihr nicht liefern kann, und bildet sich selbst weiter aus, vermittelst eines Stoffes, der, seiner Mischung nach, sein eignes Produkt ist. Denn, ob er zwar, was die Bestandteile betrifft, die er von der Natur außer ihm erhält, nur als Edukt angesehen werden muss: so ist doch in der Scheidung und neuen Zusammensetzung dieses rohen Stoffs eine solche Originalität des Scheidungsund Bildungsvermögens dieser Art Naturwesen anzutreffen, dass alle Kunst davon unendlich weit entfernt bleibt, wenn sie es versucht, aus den Elementen, die sie durch Zergliederung derselben erhält, oder auch dem Stoff, den die Natur zur Nahrung derselben liefert, jene Produkte des Gewächsreichs wieder herzustellen.

Drittens erzeugt ein Teil dieses Geschöpfs auch sich selbst so: dass die Erhaltung des einen von der Erhaltung der anderen wechselsweise abhängt. Das Auge an einem Baumblatt, dem Zweige eines anderen eingeimpft, bringt an einem fremdartigen Stocke ein Gewächs von seiner eignen Art hervor, und ebenso das Pfropfreis auf einem anderen Stamme. Daher kann man auch an demselben Baume jeden Zweig oder Blatt als bloß auf diesem gepfropft oder okuliert, mithin als einen für sich selbst bestehenden Baum, der sich nur an einen anderen anhängt und parasitisch nährt, ansehen. Zugleich sind die Blätter zwar Produkte des Baums, erhalten aber diesen doch auch gegenseitig; denn die wiederholte Entblätterung würde ihn töten, und sein Wachstum hängt von ihrer Wirkung auf den Stamm ab. Der Selbsthülfe der Natur in diesen Geschöpfen bei ihrer Verletzung, wo der Mangel eines Teils, der zur Erhaltung der benachbarten gehörte, von den übrigen ergänzt wird; der Missgeburten oder Missgestalten im Wachstum, da gewisse Teile, wegen vorkommender Mängel oder Hindernisse, sich auf ganz neue Art formen, um das, was da ist, zu erhalten, und ein anomalisches Geschöpf hervorzubringen: will ich hier nur im Vorbeigehen erwähnen, ungeachtet sie unter die wundersamsten Eigenschaften organisierter Geschöpfe gehören.

65. Dinge, als Naturzwecke, sind organisierte Wesen

Nach dem im vorigen § angeführten Charakter muss ein Ding, welches, als Naturprodukt, doch zugleich nur als Naturzweck möglich erkannt werden soll, sich zu sich selbst wechselseitig als Ursache und Wirkung verhalten, welches ein etwas uneigentlicher und unbestimmter Ausdruck ist, der einer Ableitung von einem bestimmten Begriffe bedarf. Die Kausalverbindung, sofern sie bloß durch den Verstand gedacht wird, ist eine Verknüpfung, die eine Reihe (von Ursachen und Wirkungen) ausmacht, welche immer abwärts geht; und die Dinge selbst, welche als Wirkungen andere als Ursache voraussetzen, können von diesen nicht gegenseitig zugleich Ursache sein. Diese Kausalverbindung nennt man die der wirkenden Ursachen (nexus effectivus). Dagegen aber kann doch auch eine Kausalverbindung nach einem Vernunftbegriffe (von Zwecken) gedacht werden, welche, wenn man sie als Reihe betrachtete, sowohl abwärts als aufwärts Abhängigkeit bei sich führen würde, in der das Ding, welches einmal als Wirkung bezeichnet ist, dennoch aufwärts den Namen einer Ursache desjenigen Dinges verdient, wovon es die Wirkung ist. Im Praktischen (nämlich der Kunst) findet man leicht dergleichen Verknüpfung, wie z.B. das Haus zwar die Ursache der Gelder ist, die für Miete eingenommen werden, aber doch auch umgekehrt die Vorstellung von diesem möglichen Einkommen die Ursache der Erbauung des Hauses war. Eine solche Kausalverknüpfung wird die der Endursachen (nexus finalis) genannt. Man könnte die erstere vielleicht schicklicher die Verknüpfung der realen, die zweite der idealen Ursachen nennen, weil bei dieser Benennung zugleich begriffen wird, dass es nicht mehr als diese zwei Arten der Kausalität geben könne. Zu einem Dinge als Naturzwecke wird nun erstlich erfordert, dass die Teile (ihrem Dasein und der Form nach) nur durch ihre Beziehung auf das Ganze möglich sind. Denn das Ding selbst ist ein Zweck, folglich unter einem Begriffe oder einer Idee befasst, die alles, was in ihm enthalten sein soll, a priori bestimmen muss. Sofern aber ein Ding nur auf diese Art als möglich gedacht wird, ist es bloß ein Kunstwerk, d.h. das Produkt einer von der Materie (den Teilen) desselben unterschiedenen vernünftigen Ursache, deren Kausalität (in Herbeischaffung und Verbindung der Teile) durch ihre Idee von einem dadurch möglichen Ganzen (mithin nicht durch die Natur außer ihm) bestimmt wird.

Soll aber ein Ding, als Naturprodukt, in sich selbst und seiner inneren Möglichkeit doch eine Beziehung auf Zwecke enthalten, d.h. nur als Naturzweck und ohne die Kausalität der Begriffe von vernünftigen Wesen außer ihm möglich sein: so wird zweitens dazu erfordert: dass die Teile desselben sich dadurch zur Einheit eines Ganzen verbinden, dass sie von einander wechselseitig Ursache und Wirkung ihrer Form sind. Denn auf solche Weise ist es allein möglich, dass umgekehrt (wechselseitig) die Idee des Ganzen wiederum die Form und Verbindung aller Teile bestimme: nicht als Ursache denn da wäre es ein Kunstprodukt sondern als Erkenntnisgrund der systematischen Einheit der Form und Verbindung alles Mannigfaltigen, was in der gegebenen Materie enthalten ist, für den, der es beurteilt.

Zu einem Körper also, der an sich und seiner inneren Möglichkeit nach als Naturzweck beurteilt werden soll, wird erfordert, dass die Teile desselben einander insgesamt, ihrer Form sowohl als Verbindung nach, wechselseitig, und so ein Ganzes aus eigener Kausalität hervorbringen, dessen Begriff wiederum umgekehrt (in einem Wesen, welches die einem solchen Produkt angemessene Kausalität nach Begriffen besäße) Ursache von demselben nach einem Prinzip, folglich die Verknüpfung der wirkenden Ursachen zugleich als Wirkung durch Endursachen beurteilt werden könnte.

In einem solchen Produkte der Natur wird ein jeder Teil, so, wie er nur durch alle übrige da ist, auch als um der anderen und des Ganzen willen existierend, d.h. als Werkzeug (Organ) gedacht: welches aber nicht genug ist (denn er könnte auch Werkzeug der Kunst sein, und so nur als Zweck überhaupt möglich vorgestellt werden); sondern als ein die anderen Teile (folglich jeder den anderen wechselseitig) hervorbringendes Organ, dergleichen kein Werkzeug der Kunst, sondern nur der allen Stoff zu Werkzeugen (selbst denen der Kunst) liefernden Natur sein kann: und nur dann und darum wird ein solches Produkt, als organisiertes und sich selbst organisierendes Wesen, ein Naturzweck genannt werden können.

In einer Uhr ist ein Teil das Werkzeug der Bewegung der anderen, aber nicht ein Rad die wirkende Ursache der Hervorbringung des anderen; ein Teil ist zwar um des anderen Willen, aber nicht durch denselben da. Daher ist auch die hervorbringende Ursache derselben und ihrer Form nicht in der Natur (dieser Materie), sondern außer ihr in einem Wesen, welches nach Ideen eines durch seine Kausalität möglichen Ganzen wirken kann, enthalten. Daher bringt auch, so wenig wie ein Rad in der Uhr das andere, noch weniger eine Uhr andere Uhren hervor, so dass sie andere Materie dazu benutzte (sie organisierte); daher ersetzt sie auch nicht von selbst die ihr entwandten Teile, oder vergütet ihren Mangel in der ersten Bildung durch den Beitritt der übrigen, oder bessert sich etwa selbst aus, wenn sie in Unordnung geraten ist: welches alles wir dagegen von der organisierten Natur erwarten können. Ein organisiertes Wesen ist also nicht bloß Maschine: denn die hat lediglich bewegende Kraft; sondern sie besitzt in sich bildende Kraft, und zwar eine solche, die sie den Materien mitteilt, welche sie nicht haben (sie organisiert): also eine sich fortpflanzende bildende Kraft, welche durch das Bewegungsvermögen allein (den Mechanismus) nicht erklärt werden kann.

Man sagt von der Natur und ihrem Vermögen in organisierten Produkten bei weitem zu wenig, wenn man dieses ein Analogen der Kunst nennt; denn da denkt man sich den Künstler (ein vernünftiges Wesen) außer ihr. Sie organisiert sich vielmehr selbst, und in jeder Spezies ihrer organisierten Produkte, zwar nach einerlei Exemplar im Ganzen, aber doch auch mit schicklichen Abweichungen, die die Selbsterhaltung nach den Umständen erfordert. Näher tritt man vielleicht dieser unerforschlichen Eigenschaft, wenn man sie ein Analogon des Lebens nennt: aber da muss man entweder die Materie als bloße Materie mit einer Eigenschaft (Hylozoismus) begaben, die ihrem Wesen widerstreitet, oder ihr ein fremdartiges mit ihr in Gemeinschaft stehendes Prinzip (eine Seele) beigesellen: wozu man aber, wenn ein solches Produkt ein Naturprodukt sein soll, organisierte Materie als Werkzeug jener Seele entweder schon voraussetzt, und jene also nicht im mindesten begreiflicher macht, oder die Seele zur Künstlerin dieses Bauwerks machen, und so das Produkt der Natur (der körperlichen) entziehen muss. Genau zu reden hat also die Organisation der Natur nichts Analogisches mit irgendeiner Kausalität, die wir kennen. Schönheit der Natur, weil sie den Gegenständen nur in Beziehung auf die Reflexion über die äußere Anschauung derselben, mithin nur der Form der Oberfläche wegen beigelegt wird, kann mit Recht ein Analogon der Kunst genannt werden. Aber innere Naturvollkommenheit, wie sie diejenigen Dinge besitzen, welche nur als Naturzwecke möglich sind und darum organisierte Wesen heißen, ist nach keiner Analogie irgendeines uns bekannten physischen, d.h. Naturvermögens, ja, da wir selbst zur Natur im weitesten Verstande gehören, selbst nicht einmal durch eine genau angemessene Analogie mit menschlicher Kunst denkbar und erklärlich.

Der Begriff eines Dinges, als an sich Naturzwecks, ist also kein konstitutiver Begriff des Verstandes oder der Vernunft, kann aber doch ein regulativer Begriff für die reflektierende Urteilskraft sein, nach einer entfernten Analogie mit unserer Kausalität nach Zwecken überhaupt die Nachforschung über Gegenstände dieser Art zu leiten und über ihren obersten Grund nachzudenken; das letztere zwar nicht zum Behuf der Kenntnis der Natur, oder jenes Urgrundes derselben, sondern vielmehr eben desselben praktischen Vernunftvermögens in uns, mit welchem wir die Ursache jener Zweckmäßigkeit in Analogie betrachteten.

Organisierte Wesen sind also die einzigen in der Natur, welche, wenn man sie auch für sich und ohne ein Verhältnis auf andere Dinge betrachtet, doch nur als Zwecke derselben möglich gedacht werden müssen, und die also zuerst dem Begriffe eines Zwecks, der nicht ein praktischer sondern Zweck der Natur ist, objektive Realität, und dadurch für die Naturwissenschaft den Grund zu einer Teleologie, d.h. einer Beurteilungsart ihrer Objekte nach einem besonderen Prinzip, verschaffen, dergleichen man in sie einzuführen (weil man die Möglichkeit einer solchen Art Kausalität gar nicht a priori einsehen kann) sonst schlechterdings nicht berechtigt sein würde.

66. Vom Prinzip der Beurteilung der inneren Zweckmäßigkeit in organisierten Wesen

Dieses Prinzip, zugleich die Definition derselben, heißt: Ein organisiertes Produkt der Natur ist das, in welchem alles Zweck und wechselseitig auch Mittel ist. Nichts in ihm ist umsonst, zwecklos, oder einem blinden NaturMechanismus zuzuschreiben.

Dieses Prinzip ist zwar, seiner Veranlassung nach, von Erfahrung abzuleiten, nämlich derjenigen, welche methodisch angestellt wird und Beobachtung heißt; der Allgemeinheit und Notwendigkeit wegen aber, die es von einer solchen Zweckmäßigkeit aussagt, kann es nicht bloß auf Erfahrungsgründen beruhen, sondern muss irgendein Prinzip a priori, wenn es gleich bloß regulativ wäre, und jene Zwecke allein in der Idee des Beurteilenden und nirgend in einer wirkenden Ursache lägen, zum Grunde haben. Man kann daher obgenanntes Prinzip eine Maxime der Beurteilung der inneren Zweckmäßigkeit organisierter Wesen nennen.

Dass die Zergliederer der Gewächse und Tiere, um ihre Struktur zu erforschen und die Gründe einsehen zu können, warum und zu welchem Ende solche Teile, warum eine solche Lage und Verbindung der Teile und gerade diese innere Form ihnen gegeben worden, jene Maxime: dass nichts in einem solchen Geschöpf umsonst sei, als unumgänglich notwendig annehmen, und sie eben so, als den Grundsatz der allgemeinen Naturlehre: dass nichts von ungefähr geschehe, geltend machen, ist bekannt. In der Tat können sie sich auch von diesem teleologischen Grundsatze ebenso wenig lossagen, als von dem allgemeinen physischen, weil, so wie bei Verlassung des letzteren gar keine Erfahrung überhaupt, so bei der des ersteren Grundsatzes kein Leitfaden für die Beobachtung einer Art von Naturdingen, die wir einmal teleologisch unter dem Begriffe der Naturzwecke gedacht haben, übrig bleiben würde.

Denn dieser Begriff führt die Vernunft in eine ganz andere Ordnung der Dinge, als die eines bloßen Mechanismus der Natur, der uns hier nicht mehr genug tun will. Eine Idee soll der Möglichkeit des Naturprodukts zum Grunde liegen. Weil diese aber eine absolute Einheit der Vorstellung ist, statt dass die Materie eine Vielheit der Dinge ist, die für sich keine bestimmte Einheit der Zusammensetzung an die Hand geben kann: so muss, wenn jene Einheit der Idee sogar als Bestimmungsgrund a priori eines Naturgesetzes der Kausalität einer solchen Form des Zusammengesetzten dienen soll, der Zweck der Natur auf alles, was in ihrem Produkte liegt, erstreckt werden. Denn, wenn wir einmal dergleichen Wirkung im Ganzen auf einen übersinnlichen Bestimmungsgrund, über den blinden Mechanismus der Natur hinaus, beziehen, müssen wir sie auch ganz nach diesem Prinzip beurteilen; und es ist kein Grund da, die Form eines solchen Dinges noch zum Teil vom letzteren als abhängig anzunehmen, da alsdann, bei der Vermischung ungleichartiger Prinzipien, gar keine sichere Regel der Beurteilung übrig bleiben würde.

Es mag immer sein, dass z.B. in einem tierischen Körper manche Teile als Konkretionen nach bloß mechanischen Gesetzen begriffen werden könnten (als Häute, Knochen, Haare). Doch muss die Ursache, welche die dazu schickliche Materie herbeischafft, diese so modifiziert, formt, und an ihren gehörigen Stellen absetzt, immer teleologisch beurteilt werden, so, dass alles in ihm als organisiert betrachtet werden muss, und alles auch in gewisser Beziehung auf das Ding selbst wiederum Organ ist.

67. Vom Prinzip der teleologischen Beurteilung über Natur überhaupt als System der Zwecke

Wir haben oben von der äußeren Zweckmäßigkeit der Naturdinge gesagt: dass sie keine hinreichende Berechtigung gebe, sie zugleich als Zwecke der Natur, zu Erklärungsgründen ihres Daseins, und die zufällig-zweckmäßigen Wirkungen derselben in der Idee, zu Gründen ihres Daseins nach dem Prinzip der Endursachen zu brauchen. So kann man die Flüsse, weil sie die Gemeinschaft im Inneren der Länder unter Völkern befördern, die Gebirge, weil sie zu diesen die Quellen und zur Erhaltung derselben den Schneevorrat für regenlose Zeiten enthalten, imgleichen den Abhang der Länder, der diese Gewässer abführt und das Land trocken werden lässt, darum nicht sofort für Naturzwecke halten; weil, obzwar diese Gestalt der Oberfläche der Erde zur Entstehung und Erhaltung des Gewächsund Tierreichs sehr nötig war, sie doch nichts an sich hat, zu dessen Möglichkeit man sich genötigt sähe eine Kausalität nach Zwecken anzunehmen. Eben das gilt von Gewächsen, die der Mensch zu seiner Notdurft oder Ergötzlichkeit nutzt: von Tieren, dem Kamele, dem Rinde, dem Pferde, Hunde u.s.w., die er teils zu seiner Nahrung, teils seinem Dienste so vielfältig gebrauchen und großenteils gar nicht entbehren kann. Von Dingen, deren keines für sich als Zweck anzusehen man Ursache hat, kann das äußere Verhältnis nur hypothetisch für zweckmäßig beurteilt werden.

Ein Ding, seiner inneren Form halber, als Naturzweck beurteilen ist ganz etwas anderes, als die Existenz dieses Dinges für Zweck der Natur halten. Zu der letzteren Behauptung bedürfen wir nicht bloß den Begriff von einem möglichen Zweck, sondern die Erkenntnis des Endzwecks (scopus) der Natur, welches eine Beziehung derselben auf etwas Übersinnliches bedarf, die alle unsere teleologische Naturerkenntnis weit übersteigt; denn der Zweck der Existenz der Natur selbst muss über die Natur hinausgesucht werden. Die innere Form eines bloßen Grashalms kann seinen bloß nach der Regel der Zwecke möglichen Ursprung, für unser menschliches Beurteilungsvermögen hinreichend, beweisen. Geht man aber davon ab, und sieht nur auf den Gebrauch, den andere Naturwesen davon machen, verlässt also die Betrachtung der inneren Organisation und sieht nur auf äußere zweckmäßige Beziehungen, wie das Gras dem Vieh, wie dieses dem Menschen als Mittel zu seiner Existenz nötig sei; und man sieht nicht, warum es denn nötig sei, dass Menschen existieren (welches, wenn man etwa die Neuholländer oder Feuerländer in Gedanken hat, so leicht nicht zu beantworten sein möchte): so gelangt man zu keinem kategorischen Zwecke, sondern alle diese zweckmäßige Beziehung beruht auf einer immer weiter hinauszusetzenden Bedingung, die als unbedingt (das Dasein eines Dinges als Endzweck) ganz außerhalb der physisch-teleologischen Weltbetrachtung liegt. Alsdenn aber ist ein solches Ding auch nicht Naturzweck; denn es ist (oder seine ganze Gattung) nicht als Naturprodukt anzusehen.

Es ist also nur die Materie, sofern sie organisiert ist, welche den Begriff von ihr als einem Naturzwecke notwendig bei sich führt, weil diese ihre spezifische Form zugleich Produkt der Natur ist. Aber dieser Begriff führt nun notwendig auf die Idee der gesamten Natur als eines Systems nach der Regel der Zwecke; welcher Idee nun aller Mechanismus der Natur nach Prinzipien der Vernunft (wenigstens um daran die Naturerscheinung zu versuchen) untergeordnet werden muss. Das Prinzip der Vernunft ist ihr als nur subjektiv, d.h. als Maxime zuständig: Alles in der Welt ist irgend wozu gut; nichts ist in ihr umsonst; und man
ist durch das Beispiel, das die Natur an ihren organischen Produkten gibt, berechtigt, ja berufen, von ihr und ihren Gesetzen nichts, als was im Ganzen zweckmäßig ist, zu erwarten.

Es versteht sich, dass dieses nicht ein Prinzip für die bestimmende, sondern nur für die reflektierende Urteilskraft sei, dass es regulativ und nicht konstitutiv sei, und wir dadurch nur einen Leitfaden bekommen, die Naturdinge in Beziehung auf einen Bestimmungsgrund, der schon gegeben ist, nach einer neuen gesetzlichen Ordnung zu betrachten, und die Naturkunde nach einem anderen Prinzip, nämlich dem der Endursachen, doch unbeschadet dem des Mechanismus ihrer Kausalität, zu erweitern. Übrigens wird dadurch keinesweges ausgemacht, ob irgendetwas, das wir nach diesem Prinzip beurteilen, absichtlich Zweck der Natur sei: ob die Gräser für das Rind oder Schaf, und ob dieses und die übrigen Naturdinge für den Menschen da sind. Es ist gut, selbst die uns unangenehmen und in besonderen Beziehungen zweckwidrigen Dinge auch von dieser Seite zu betrachten. So könnte man z.B. sagen: das Ungeziefer, welches die Menschen in ihren Kleidern, Haaren, oder Bettstellen plagt, sei nach einer weisen Naturanstalt ein Antrieb zur Reinlichkeit, die für sich schon ein wichtiges Mittel der Erhaltung der Gesundheit ist. Oder die Moskitomücken und andere stechende Insekten, welche die Wüsten von Amerika den Wilden so beschwerlich machen, seien so viel Stacheln der Tätigkeit für diese angehende Menschen, um die Moräste abzuleiten, und die dichten den Luftzug abhaltenden Wälder licht zu machen, und dadurch, imgleichen durch den Anbau des Bodens, ihren Aufenthalt zugleich gesünder zu machen. Selbst was dem Menschen in seiner inneren Organisation widernatürlich zu sein scheint, wenn es auf diese Weise behandelt wird, gibt eine unterhaltende, bisweilen auch belehrende Aussicht in eine teleologische Ordnung der Dinge, auf die uns, ohne ein solches Prinzip, die bloß physische Betrachtung allein nicht führen würde. So wie einige den Bandwurm dem Menschen oder Tiere, dem er beiwohnt, gleichsam zum Ersatz eines gewissen Mangels seiner Lebensorganen beigegeben zu sein urteilen: so würde ich fragen, ob nicht die Träume (ohne die niemals der Schlaf ist, ob man sich gleich nur selten derselben erinnert) eine zweckmäßige Anordnung der Natur sein mögen, indem sie nämlich, bei dem Abspannen aller körperlichen bewegenden Kräfte, dazu dienen, vermittelst der Einbildungskraft und der großen Geschäftigkeit derselben (die in diesem Zustande mehrenteils bis zum Affekte steigt) die Lebensorganen innigst zu bewegen; so wie sie auch bei überfülletem Magen, wo diese Bewegung um desto nötiger ist, im Nachtschlafe gemeiniglich mit desto mehr Lebhaftigkeit spielt; dass folglich, ohne diese innerlich bewegende Kraft und ermüdende Unruhe, worüber wir die Träume anklagen (die doch in der Tat vielleicht Heilmittel sind), der Schlaf, selbst im gesunden Zustande, wohl gar ein völliges Erlöschen des Lebens sein würde.

Auch Schönheit der Natur, d.h. ihre Zusammenstimmung mit dem freien Spiele unserer Erkenntnisvermögen in der Auffassung und Beurteilung ihrer Erscheinung, kann auf die Art als objektive Zweckmäßigkeit der Natur in ihrem Ganzen, als System, worin der Mensch ein Glied ist, betrachtet werden; wenn einmal die teleologische Beurteilung derselben durch die Naturzwecke, welche uns die organisierten Wesen an die Hand geben, zu der Idee eines großen Systems der Zwecke der Natur uns berechtigt hat. Wir können sie als eine Gunst, die die Natur für uns gehabt hat, betrachten, dass sie über das Nützliche noch Schönheit und Reize so reichlich austeilete, und sie deshalb lieben, so wie, ihrer Unermeßlichkeit wegen, mit Achtung betrachten, und uns selbst in dieser Betrachtung veredelt fühlen: gerade als ob die Natur ganz eigentlich in dieser Absicht ihre herrliche Bühne aufgeschlagen und ausgeschmückt habe.

Wir wollen in diesem § nichts anderes sagen, als dass, wenn wir einmal an der Natur ein Vermögen entdeckt haben, Produkte hervorzubringen, die nur nach dem Begriffe der Endursachen von uns gedacht werden können, wir weiter gehen, und auch die, welche (oder ihr, obgleich zweckmäßiges, Verhältnis) es eben nicht notwendig machen, über den Mechanismus der blind wirkenden Ursachen hinaus ein ander Prinzip für ihre Möglichkeit aufzusuchen, dennoch als zu einem System der Zwecke gehörig beurteilen dürfen; weil uns die erstere Idee schon, was ihren Grund betrifft, über die Sinnenwelt hinausführt: da denn die Einheit des übersinnlichen Prinzips nicht bloß für gewisse Spezies der Naturwesen, sondern für das Naturganze, als System, auf dieselbe Art als gültig betrachtet werden muss.

68. Von dem Prinzip der Teleologie als innerem Prinzip der Naturwissenschaft

Die Prinzipien einer Wissenschaft sind derselben entweder innerlich, und werden einheimisch genannt (principia domestica); oder sie sind auf Begriffe, die nur außer ihr Platz finden können, gegründet, und sind auswärtige Prinzipien (peregrina). Wissenschaften, welche die letzteren enthalten, legen ihren Lehren Lehnsätze (lemmata) zum Grunde; d.h. sie borgen irgendeinen Begriff, und mit ihm einen Grund der Anordnung, von einer anderen Wissenschaft.

Eine jede Wissenschaft ist für sich ein System; und es ist nicht genug, in ihr nach Prinzipien zu bauen und also technisch zu verfahren, sondern man muss mit ihr, als einem für sich bestehenden Gebäude, auch architektonisch zu Werke gehen, und sie nicht wie einen Anbau und als einen Teil eines anderen Gebäudes, sondern als ein Ganzes für sich behandeln, ob man gleich nachher einen Übergang aus diesem in jenes oder wechselseitig errichten kann.

Wenn man also für die Naturwissenschaft und in ihren Kontext den Begriff von Gott hereinbringt, um sich die Zweckmäßigkeit in der Natur erklärlich zu machen, und hernach diese Zweckmäßigkeit wiederum braucht, um zu beweisen, dass ein Gott sei: so ist in keiner von beiden Wissenschaften innerer Bestand; und ein täuschendes Diallele bringt jede in Unsicherheit, dadurch, dass sie ihre Grenzen ineinander laufen lassen.

Der Ausdruck eines Zwecks der Natur beugt dieser Verwirrung schon genügsam vor, um Naturwissenschaft und die Veranlassung, die sie zur teleologischen Beurteilung ihrer Gegenstände gibt, nicht mit der Gottesbetrachtung und also einer theologischen Ableitung zu vermengen; und man muss es nicht als unbedeutend ansehen, ob man jenen Ausdruck mit dem eines göttlichen Zwecks in der Anordnung der Natur verwechsele, oder wohl gar den letzteren für schicklicher und einer frommen Seele angemessener ausgebe, weil es doch am Ende dahin kommen müsse, jene zweckmäßige Formen in der Natur von einem weisen Welturheber abzuleiten: sondern sich sorgfältig und bescheiden auf den Ausdruck, der gerade nur so viel sagt, als wir wissen, nämlich eines Zwecks der Natur, einschränken. Denn ehe wir noch nach der Ursache der Natur selbst fragen, finden wir in der Natur und dem Laufe ihrer Erzeugung dergleichen Produkte, die nach bekannten Erfahrungsgesetzen in ihr erzeugt werden, nach welchen die Naturwissenschaft ihre Gegenstände beurteilen, mithin auch deren Kausalität nach der Regel der Zwecke in ihr selbst suchen muss. Daher muss sie ihre Grenze nicht überspringen, um das, dessen Begriffe gar keine Erfahrung angemessen sein kann, und woran man sich allererst nach Vollendung der Naturwissenschaft zu wagen befugt ist, in sie selbst als einheimisches Prinzip hinein zu ziehen.

Naturbeschaffenheiten, die sich a priori demonstrieren, und also ihrer Möglichkeit nach aus allgemeinen Prinzipien ohne allen Beitritt der Erfahrung einsehen lassen, können, ob sie gleich eine technische Zweckmäßigkeit bei sich führen, dennoch, weil sie schlechterdings notwendig sind, gar nicht zur Teleologie der Natur, als einer in die Physik gehörigen Methode, die Fragen derselben aufzulösen, gezählt werden. Arithmetische, geometrische Analogien, ungleiche allgemeine mechanische Gesetze, so sehr uns auch die Vereinigung verschiedener dem Anschein nach von einander ganz unabhängiger Regeln in einem Prinzip an ihnen befremdend und bewundernswürdig vorkommen mag, enthalten deswegen keinen Anspruch darauf, teleologische Erklärungsgründe in der Physik zu sein; und, wenn sie gleich in der allgemeinen Theorie der Zweckmäßigkeit der Dinge der Natur überhaupt mit in Betrachtung gezogen zu werden verdienen, so würde diese doch anderwärts hin, nämlich in die Metaphysik gehören, und kein inneres Prinzip der Naturwissenschaft ausmachen: wie es wohl mit den empirischen Gesetzen der Naturzwecke an organisierten Wesen nicht allein erlaubt, sondern auch unvermeidlich ist, die teleologische Beurteilungsart zum Prinzip der Naturlehre in Ansehung einer eigenen Klasse ihrer Gegenstände zu gebrauchen.

Damit nun Physik sich genau in ihren Grenzen halte, so abstrahiert sie von der Frage, ob die Naturzwecke es absichtlich oder unabsichtlich sind, gänzlich; denn das würde Einmengung in ein fremdes Geschäft (nämlich das der Metaphysik) sein. Genug, es sind nach Naturgesetzen, die wir uns nur unter der Idee der Zwecke als Prinzip denken können, einzig und allein erklärbare, und bloß auf diese Weise, ihrer inneren Form nach, sogar auch nur innerlich erkennbare Gegenstände. Um sich also auch nicht der mindesten Anmaßung, als wollte man etwas, was gar nicht in die Physik gehört, nämlich eine übernatürliche Ursache, unter unsere Erkenntnisgründe mischen, verdächtig zu machen: spricht man in der Teleologie zwar von der Natur, als ob die Zweckmäßigkeit in ihr absichtlich sei, aber doch zugleich so, dass man der Natur, d.h. der Materie, diese Absicht beilegt; wodurch man (weil hierüber kein Missverstand stattfinden kann, indem von selbst schon keiner einem leblosen Stoffe Absicht in eigentlicher Bedeutung des Worts beilegen wird) anzeigen will, dass dieses Wort hier nur ein Prinzip der reflektierenden nicht der bestimmenden Urteilskraft bedeute, und also keinen besonderen Grund der Kausalität einführen solle, sondern auch nur zum Gebrauche der Vernunft eine andere Art der Nachforschung, als die nach mechanischen Gesetzen ist, hinzufüge, um die Unzulänglichkeit der letzteren, selbst zur empirischen Aufsuchung aller besonderen Gesetze der Natur, zu ergänzen. Daher spricht man in der Teleologie, so fern sie zur Physik gezogen wird, ganz recht von der Weisheit, der Sparsamkeit, der Vorsorge, der Wohltätigkeit der Natur, ohne dadurch aus ihr ein verständiges Wesen zu machen (weil das ungereimt wäre); aber auch ohne sich zu erkühnen, ein anderes verständiges Wesen über sie, als Werkmeister, setzen zu wollen, weil dieses vermessen sein würde: sondern es soll dadurch nur eine Art der Kausalität der Natur, nach einer Analogie mit der unsrigen im technischen Gebrauche der Vernunft, bezeichnet werden, um die Regel, wonach gewissen Produkten der Natur nachgeforscht werden muss, vor Augen zu haben.

Warum aber macht doch die Teleologie gewöhnlich keinen eigenen Teil der theoretischen Naturwissenschaft aus, sondern wird zur Theologie als Propädeutik oder Übergang gezogen? Dieses geschieht, um das Studium der Natur nach ihrem Mechanismus an demjenigen fest zu halten, was wir unserer Beobachtung oder den Experimenten so unterwerfen können, dass wir es gleich der Natur, wenigstens der Ähnlichkeit der Gesetze nach, selbst hervorbringen könnten; denn nur so viel sieht man vollständig ein, als man nach Begriffen selbst machen und zu Stande bringen kann. Organisation aber, als innerer Zweck der Natur, übersteigt unendlich alles Vermögen einer ähnlichen Darstellung durch Kunst: und was äußere für zweckmäßig gehaltene Natureinrichtungen betrifft (z.B. Winde, Regen u.d.gl.), so betrachtet die Physik wohl den Mechanismus derselben; aber ihre Beziehung auf Zwecke, so fern diese eine zur Ursache notwendig gehörige Bedingung sein soll, kann sie gar nicht darstellen, weil diese Notwendigkeit der Verknüpfung gänzlich die Verbindung unserer Begriffe, und nicht die Beschaffenheit der Dinge, angeht.

Zweite Abteilung. Dialektik der teleologischen Urteilskraft

69. Was eine Antinomie der Urteilskraft sei?

Die bestimmende Urteilskraft hat für sich keine Prinzipien, welche Begriffe von Objekten gründen. Sie ist keine Autonomie; denn sie subsumiert nur unter gegebenen Gesetzen, oder Begriffen, als Prinzipien. Eben darum ist sie auch keiner Gefahr ihrer eigenen Antinomie und einem Widerstreit ihrer Prinzipien ausgesetzt. So war die transzendentale Urteilskraft, welche die Bedingungen, unter Kategorien zu subsumieren, enthielt, für sich nicht nomothetisch; sondern nannte nur die Bedingungen der sinnlichen Anschauung, unter welchen einem gegebenen Begriffe, als Gesetze des Verstandes, Realität (Anwendung) gegeben werden kann: worüber sie niemals mit sich selbst in Uneinigkeit (wenigstens den Prinzipien nach) geraten konnte.

Allein die reflektierende Urteilskraft soll unter einem Gesetze subsumieren, welches noch nicht gegeben und also in der Tat nur ein Prinzip der Reflexion über Gegenstände ist, für die es uns objektiv gänzlich an einem Gesetze mangelt, oder an einem Begriffe vom Objekt, der zum Prinzip für vorkommende Fälle hinreichend wäre. Da nun kein Gebrauch der Erkenntnisvermögen ohne Prinzipien verstattet werden darf, so wird die reflektierende Urteilskraft in solchen Fällen ihr selbst zum Prinzip dienen müssen: welches, weil es nicht objektiv ist, und keinen für die Absicht hinreichenden Erkenntnisgrund des Objekts unterlegen kann, als bloß subjektives Prinzip, zum zweckmäßigen Gebrauche der Erkenntnisvermögen, nämlich über eine Art Gegenstände zu reflektieren, dienen soll. Also hat in Beziehung auf solche Fälle die reflektierende Urteilskraft ihre Maximen, und zwar notwendige, zum Behuf der Erkenntnis der Naturgesetze in der Erfahrung, um vermittelst derselben zu Begriffen zu gelangen, sollten diese auch Vernunftbegriffe sein; wenn sie solcher durchaus bedarf, um die Natur nach ihren empirischen Gesetzen bloß kennen zu lernen. Zwischen diesen notwendigen Maximen der reflektierenden Urteilskraft kann nun ein Widerstreit, mithin eine Antinomie, stattfinden; worauf sich eine Dialektik gründet, die, wenn jede von zwei einander widerstreitenden Maximen in der Natur der Erkenntnisvermögen ihren Grund hat, eine natürliche Dialektik genannt werden kann, und ein unvermeidlicher Schein, den man in der Kritik entblößen und auflösen muss, damit er nicht betrüge.

70. Vorstellung dieser Antinomie

So fern die Vernunft es mit der Natur, als Inbegriff der Gegenstände äußerer Sinne, zu tun hat, kann sie sich auf Gesetze gründen, die der Verstand teils selbst a priori der Natur vorschreibt, teils, durch die in der Erfahrung vorkommenden empirischen Bestimmungen, ins Unabsehliche erweitern kann. Zur Anwendung der ersteren Art von Gesetzen, nämlich den allgemeinen der materiellen Natur überhaupt, braucht die Urteilskraft kein besonderes Prinzip der Reflexion; denn da ist sie bestimmend, weil ihr ein objektives Prinzip durch den Verstand gegeben ist. Aber, was die besonderen Gesetze betrifft, die uns nur durch Erfahrung kund werden können, so kann unter ihnen eine so große Mannigfaltigkeit und Ungleichartigkeit sein, dass die Urteilskraft sich selbst zum Prinzip dienen muss, um auch nur in den Erscheinungen der Natur nach einem Gesetze zu forschen und es auszuspähen, indem sie ein solches zum Leitfaden bedarf, wenn sie ein zusammenhängendes Erfahrungserkenntnis nach einer durchgängigen Gesetzmäßigkeit der Natur, die Einheit derselben nach empirischen Gesetzen, auch nur hoffen soll. Bei dieser zufälligen Einheit der besonderen Gesetze kann es sich nun zutragen: dass die Urteilskraft in ihrer Reflexion von zwei Maximen ausgeht, deren eine ihr der bloße Verstand a priori an die Hand gibt; die andere aber durch besondere Erfahrungen veranlasst wird, welche die Vernunft ins Spiel bringen, um nach einem besonderen Prinzip die Beurteilung der körperlichen Natur und ihrer Gesetze anzustellen. Da trifft es sich dann, dass diese zweierlei Maximen nicht wohl nebeneinander bestehen zu können den Anschein haben, mithin sich eine Dialektik hervortut, welche die Urteilskraft in dem Prinzip ihrer Reflexion irre macht.

Die erste Maxime derselben ist der Satz: Alle Erzeugung materieller Dinge und ihrer Formen muss, als nach bloß mechanischen Gesetzen möglich, beurteilt werden.

Die zweite Maxime ist der Gegensatz: Einige Produkte der materiellen Natur können nicht, als nach bloß mechanischen Gesetzen möglich, beurteilt werden (ihre Beurteilung erfordert ein ganz anderes Gesetz der Kausalität, nämlich das der Endursachen).

Wenn man diese regulativen Grundsätze für die Nachforschung nun in konstitutive, der Möglichkeit der Objekte selbst, verwandelte, so würden sie so lauten:

Satz: Alle Erzeugung materieller Dinge ist nach bloß mechanischen Gesetzen möglich.

Gegensatz: Einige Erzeugung derselben ist nach bloß mechanischen Gesetzen nicht möglich.

In dieser letzteren Qualität, als objektive Prinzipien für die bestimmende Urteilskraft, würden sie einander widersprechen, mithin einer von beiden Sätzen notwendig falsch sein; aber das wäre alsdann zwar eine Antinomie, doch nicht der Urteilskraft, sondern ein Widerstreit in der Gesetzgebung der Vernunft. Die Vernunft kann aber weder den einen noch den anderen dieser Grundsätze beweisen; weil wir von Möglichkeit der Dinge nach bloß empirischen Gesetzen der Natur kein bestimmendes Prinzip a priori haben können.

Was dagegen die zuerst vorgetragene Maxime einer reflektierenden Urteilskraft betrifft, so enthält sie in der Tat gar keinen Widerspruch. Denn wenn ich sage: ich muss alle Ereignisse in der materiellen Natur, mithin auch alle Formen, als Produkte derselben, ihrer Möglichkeit nach, nach bloß mechanischen Gesetzen beurteilen: so sage ich damit nicht: sie sind darnach allein (ausschließungsweise von jeder anderen Art Kausalität) möglich; sondern das will nur anzeigen, ich soll jederzeit über dieselben nach dem Prinzip des bloßen Mechanismus der Natur reflektieren, und mithin diesem, so weit ich kann, nachforschen, weil, ohne ihn zum Grunde der Nachforschung zu legen, es gar keine eigentliche Naturerkenntnis geben kann. Dieses hindert nun die zweite Maxime, bei gelegentlicher Veranlassung, nicht, nämlich bei einigen Naturformen (und auf deren Veranlassung sogar der ganzen Natur) nach einem Prinzip aufspüren, und über sie zu reflektieren, welches von der Erklärung nach dem Mechanismus der Natur ganz verschieden ist, nämlich dem Prinzip der Endursachen. Denn die Reflexion nach der ersten Maxime wird dadurch nicht aufgehoben, vielmehr wird es geboten, sie, so weit man kann, zu verfolgen; auch wird dadurch nicht gesagt, dass, nach dem Mechanismus der Natur, jene Formen nicht möglich wären. Nur wird behauptet, dass die menschliche Vernunft, in Befolgung derselben und auf diese Art, niemals von dem, was das Spezifische eines Naturzwecks ausmacht, den mindesten Grund, wohl aber andere Erkenntnisse von Naturgesetzen wird auffinden können; wobei es als unausgemacht dahin gestellt wird, ob nicht in dem uns unbekannten inneren Grunde der Natur selbst die physisch-mechanische und die Zweckverbindung an denselben Dingen in einem Prinzip zusammen hängen mögen: nur dass unsere Vernunft sie in einem solchen nicht zu vereinigen im Stande ist, und die Urteilskraft also, als (aus einem subjektiven Grunde) reflektierende, nicht als (einem objektiven Prinzip der Möglichkeit der Dinge an sich zufolge) bestimmende Urteilskraft, genötigt ist, für gewisse Formen in der Natur ein anderes Prinzip, als das des NaturMechanismus zum Grunde ihrer Möglichkeit zu denken.

71. Vorbereitung zur Auflösung obiger Antinomie

Wir können die Unmöglichkeit der Erzeugung der organisierten Naturprodukte durch den bloßen Mechanismus der Natur keinesweges beweisen, weil wir die unendliche Mannigfaltigkeit der besonderen Naturgesetze, die für uns zufällig sind, da sie nur empirisch erkannt werden, ihrem ersten inneren Grunde nach nicht einsehen, und so das innere durchgängig zureichende Prinzip der Möglichkeit einer Natur (welches im Übersinnlichen liegt) schlechterdings nicht erreichen können. Ob also das produktive Vermögen der Natur auch für dasjenige, was wir, als nach der Idee von Zwecken geformt oder verbunden, beurteilen, nicht ebenso gut als für das, wozu wir bloß ein Maschinenwesen der Natur zu bedürfen glauben, zulange; und ob in der Tat für Dinge als eigentliche Naturzwecke (wie wir sie notwendig beurteilen müssen) eine ganz andere Art von ursprünglicher Kausalität, die gar nicht in der materiellen Natur oder ihrem intelligibelen Substrat enthalten sein kann, nämlich ein architektonischer Verstand zum Grunde liege: darüber kann unsere in Ansehung des Begriffs der Kausalität, wenn er a priori spezifiziert werden soll, sehr enge eingeschränkte Vernunft schlechterdings keine Auskunft geben. Aber dass, respektiv auf unser Erkenntnisvermögen, der bloße Mechanismus der Natur für die Erzeugung organisierter Wesen auch keinen Erklärungsgrund abgeben könne, ist ebenso ungezweifelt gewiß. Für die reflektierende Urteilskraft ist also das ein ganz richtiger Grundsatz: dass für die so offenbare Verknüpfung der Dinge nach Endursachen eine vom Mechanismus unterschiedene Kausalität, nämlich einer nach Zwecken handelnden (verständigen) Weltursache gedacht werden müsse; so übereilt und unerweislich er auch für die bestimmende sein würde. In dem ersteren Falle ist er bloße Maxime der Urteilskraft, wobei der Begriff jener Kausalität eine bloße Idee ist, der man keinesweges Realität zuzugestehen unternimmt, sondern sie nur zum Leitfaden der Reflexion braucht, die dabei für alle mechanische Erklärungsgründe immer offen bleibt, und sich nicht aus der Sinnenwelt verliert; im zweiten Falle würde der Grundsatz ein objektives Prinzip sein, das die Vernunft vorschriebe und dem die Urteilskraft sich bestimmend unterwerfen müsste, wobei sie aber über die Sinnenwelt hinaus sich ins Überschwengliche verliert, und vielleicht irre geführt wird.

Aller Anschein einer Antinomie zwischen den Maximen der eigentlich physischen (mechanischen) und der teleologischen (technischen) Erklärungsart beruht also darauf: dass man einen Grundsatz der reflektierenden Urteilskraft mit dem der bestimmenden, und die Autonomie der ersteren (die bloß subjektiv für unseren Vernunftgebrauch in Ansehung der besonderen Erfahrungsgesetze gilt) mit der Heteronomie der anderen, welche sich nach den von dem Verstande gegebenen (allgemeinen oder besondern) Gesetzen richten muss, verwechselt.

72. Von den mancherlei Systemen über die Zweckmäßigkeit der Natur

Die Richtigkeit des Grundsatzes: dass über gewisse Dinge der Natur (organisierte Wesen) und ihre Möglichkeit nach dem Begriffe von Endursachen geurteilt werden müsse, selbst auch nur, wenn man, um ihre Beschaffenheit durch Beobachtung kennen zu lernen, einen Leitfaden verlangt, ohne sich bis zur Untersuchung über ihren ersten Ursprung zu versteigen, hat noch niemand bezweifelt. Die Frage kann also nur sein: ob dieser Grundsatz bloß subjektiv gültig, d.h. bloß Maxime unserer Urteilskraft oder ein objektives Prinzip der Natur sei, nach welchem ihr, außer ihrem Mechanismus (nach bloßen Bewegungsgesetzen), noch eine andere Art von Kausalität zukomme, nämlich die der Endursachen, unter denen jene (der bewegenden Kräfte) nur als Mittelursachen ständen.

Nun könnte man diese Frage, oder Aufgabe für die Spekulation, gänzlich unausgemacht und unaufgelöset lassen; weil, wenn wir uns mit der letzteren innerhalb den Grenzen der bloßen Naturerkenntnis begnügen, wir an jenen Maximen genug haben, um die Natur, so weit als menschliche Kräfte reichen, zu studieren und ihren verborgensten Geheimnissen nachzuspüren. Es ist also wohl eine gewisse Ahnung unserer Vernunft, oder ein von der Natur uns gleichsam gegebener Wink, dass wir vermittelst jenes Begriffs von Endursachen wohl gar über die Natur hinauslangen und sie selbst an den höchsten Punkt in der Reihe der Ursachen knüpfen könnten, wenn wir die Nachforschung der Natur (ob wir gleich darin noch nicht weit gekommen sind) verließen, oder wenigstens einige Zeit aussetzten, und vorher, worauf jener Fremdling in der Naturwissenschaft, nämlich der Begriff der Naturzwecke, führe, zu erkunden versuchten.

Hier müsste nun freilich jene unbestrittene Maxime in die ein weites Feld zu Streitigkeiten eröffnende Aufgabe übergehen: Ob die Zweckverknüpfung in der Natur eine besondere Art der Kausalität für dieselbe beweise; oder ob sie, an sich und nach objektiven Prinzipien betrachtet, nicht vielmehr mit dem Mechanismus der Natur einerlei sei, oder auf einem und demselben Grunde beruhe: nur dass wir, da dieser für unsere Nachforschung in manchen Naturprodukten oft zu tief versteckt ist, es mit einem subjektiven Prinzip, nämlich dem der Kunst, d.h. der Kausalität nach Ideen versuchen, um sie der Natur der Analogie nach unterzulegen; welche Nothülfe uns auch in vielen Fällen gelingt, in einigen zwar zu misslingen scheint, auf alle Fälle aber nicht berechtigt, eine besondere, von der Kausalität nach bloß mechanischen Gesetzen der Natur selbst unterschiedene, Wirkungsart in die Naturwissenschaft einzuführen. Wir wollen, indem wir das Verfahren (die Kausalität) der Natur, wegen des Zweckähnlichen, welches wir in ihren Produkten finden, Technik nennen, diese in die absichtliche (technica intentionalis), und in die unabsichtliche (technica naturalis), einteilen. Die erste soll bedeuten: dass das produktive Vermögen der Natur nach Endursachen für eine besondere Art von Kausalität gehalten werden müsse; die zweite: dass sie mit dem Mechanismus der Natur im Grunde ganz einerlei sei, und das zufällige Zusammentreffen mit unseren Kunstbegriffen und ihren Regeln, als bloß subjektive Bedingung, sie zu beurteilen, fälschlich für eine besondere Art der Naturerzeugung ausgedeutet werde.

Wenn wir jetzt von den Systemen der Naturerklärung in Ansehung der Endursachen reden, so muss man wohl bemerken: dass sie insgesamt dogmatisch, d.h. über objektive Prinzipien der Möglichkeit der Dinge, es sei durch absichtlich oder lauter unabsichtlich wirkende Ursachen, untereinander streitig sind, nicht aber etwa über die subjektive Maxime, über die Ursache solcher zweckmäßigen Produkte bloß zu urteilen: in welchem letzteren Falle disparate Prinzipien noch wohl vereinigt werden könnten, anstatt dass im ersteren kontradiktorisch-entgegengesetzte einander aufheben und neben sich nicht bestehen können.

Die Systeme in Ansehung der Technik der Natur, d.h. ihrer produktiven Kraft nach der Regel der Zwecke, sind zwiefach: des Idealismus, oder des Realismus der Naturzwecke. Der erstere ist die Behauptung: dass alle Zweckmäßigkeit der Natur unabsichtlich, der zweite: dass einige derselben (in organisierten Wesen) absichtlich sei; woraus denn auch die als Hypothese gegründete Folge gezogen werden könnte, dass die Technik der Natur, auch, was alle andere Produkte derselben in Beziehung auf das Naturganze betrifft, absichtlich, d.h. Zweck, sei.

1) Der Idealismus der Zweckmäßigkeit (ich verstehe hier immer die objektive) ist nun entweder der der Kasualität oder der Fatalität der Naturbestimmung in der zweckmäßigen Form ihrer Produkte. Das erstere Prinzip betrifft die Beziehung der Materie auf den physischen Grund ihrer Form, nämlich die Bewegungsgesetze; das zweite auf ihren und der ganzen Natur hyperphysischen Grund. Das System der Kasualität, welches dem Epikur oder Democritus beigelegt wird, ist, nach dem Buchstaben genommen, so offenbar ungereimt, dass es uns nicht aufhalten darf; dagegen ist das System der Fatalität (wovon man den Spinoza zum Urheber macht, ob es gleich allem Ansehen nach viel älter ist), welches sich auf etwas Übersinnliches beruft, wohin also unsere Einsicht nicht reicht, so leicht nicht zu widerlegen: darum, weil sein Begriff von dem Urwesen gar nicht zu verstehen ist. So viel ist aber klar: dass die Zweckverbindung in der Welt in demselben als unabsichtlich angenommen werden muss (weil sie von einem Urwesen, aber nicht von seinem Verstande, mithin keiner Absicht desselben, sondern aus der Notwendigkeit seiner Natur und der davon abstammenden Welteinheit abgeleitet wird), mithin der Fatalismus der Zweckmäßigkeit zugleich ein Idealismus derselben ist.

2) Der Realismus der Zweckmäßigkeit der Natur ist auch entweder physisch oder hyperphysisch. Der erste gründet die Zwecke in der Natur auf dem Analogen eines nach Absicht handelnden Vermögens, dem Leben der Materie (in ihr, oder auch durch ein belebendes inneres Prinzip, eine Weltseele); und heißt der Hylozoism. Der zweite leitet sie von dem Urgrunde des Weltalls, als einem mit Absicht hervorbringenden (ursprünglich lebenden) verständigen Wesen ab; und ist der Theism.

73. Keines der obigen Systeme leistet das, was es vorgibt

Was wollen alle jene Systeme? Sie wollen unsere teleologischen Urteile über die Natur erklären, und gehen damit so zu Werke, dass ein Teil die Wahrheit derselben leugnet, mithin sie für einen Idealismus der Natur (als Kunst vorgestellt) erklärt; der andere Teil sie als wahr anerkennt, und die Möglichkeit einer Natur nach der Idee der Endursachen darzutun verspricht.

1) Die für den Idealismus der Endursachen in der Natur streitenden Systeme lassen nun einerseits zwar an dem Prinzip derselben eine Kausalität nach Bewegungsgesetzen zu (durch welche die Naturdinge zweckmäßig existieren); aber sie leugnen an ihr die Intentionalität, d.h. dass sie absichtlich zu dieser ihrer zweckmäßigen Hervorbringung bestimmt, oder, mit anderen Worten, ein Zweck die Ursache sei. Dieses ist die Erklärungsart Epikurs, nach welcher der Unterschied einer Technik der Natur von der bloßen Mechanik gänzlich abgeleugnet wird, und nicht allein für die Übereinstimmung der erzeugten Produkte mit unseren Begriffen vom Zwecke, mithin für die Technik, sondern selbst für die Bestimmung der Ursachen dieser Erzeugung nach Bewegungsgesetzen, mithin ihre Mechanik, der blinde Zufall zum Erklärungsgrunde angenommen, also nichts, auch nicht einmal der Schein in unserm teleologischen Urteile erklärt, mithin der vorgebliche Idealismus in demselben keinesweges dargetan wird.

Andererseits will Spinoza uns aller Nachfrage nach dem Grunde der Möglichkeit der Zwecke der Natur dadurch überheben, und dieser Idee alle Realität nehmen, dass er sie überhaupt nicht für Produkte, sondern für einem Urwesen inhärierende Akzidenzen gelten lässt, und diesem Wesen, als Substrat jener Naturdinge, in Ansehung derselben nicht Kausalität, sondern bloß Subsistenz beilegt, und (wegen der unbedingten Notwendigkeit desselben, samt allen Naturdingen, als ihm inhärierenden Akzidenzen) den Naturformen zwar die Einheit des Grundes, die zu aller Zweckmäßigkeit erforderlich ist, sichert, aber zugleich die Zufälligkeit derselben, ohne die keine Zweckeinheit gedacht werden kann, entreißt, und mit ihr alles Absichtliche, so wie dem Urgrunde der Naturdinge allen Verstand, wegnimmt.

Der Spinozismus leistet aber das nicht, was er will. Er will einen Erklärungsgrund der Zweckverknüpfung (die er nicht leugnet) der Dinge der Natur angeben, und nennt bloß die Einheit des Subjekts, dem sie alle inhärieren. Aber, wenn man ihm auch diese Art zu existieren für die Weltwesen einräumt, so ist doch jene ontologische Einheit darum noch nicht sofort Zweckeinheit, und macht diese keinesweges begreiflich. Die letztere ist nämlich eine ganz besondere Art derselben, die aus der Verknüpfung der Dinge (Weltwesen) in einem Subjekte (dem Urwesen) gar nicht folgt, sondern durchaus die Beziehung auf eine Ursache, die Verstand hat, bei sich führt, und selbst, wenn man alle diese Dinge in einem einfachen Subjekte vereinigte, doch niemals eine Zweckbeziehung darstellt: wofern man unter ihnen nicht erstlich innere Wirkungen der Substanz, als einer Ursache; zweitens eben derselben, als Ursache durch ihren Verstand, denkt. Ohne diese formalen Bedingungen ist alle Einheit bloße Naturnotwendigkeit; und, wird sie gleichwohl Dingen beigelegt, die wir als außer einander vorstellen, blinde Notwendigkeit. Will man aber das, was die Schule die transzendentale Vollkommenheit der Dinge (in Beziehung auf ihr eigenes Wesen) nennt, nach welcher alle Dinge alles an sich haben, was erfordert wird, um so ein Ding und kein anderes zu sein, Zweckmäßigkeit der Natur nennen: so ist das ein kindisches Spielwerk mit Worten statt Begriffen. Denn, wenn alle Dinge als Zwecke gedacht werden müssen, also ein Ding sein und Zweck sein einerlei ist, so gibt es im Grunde nichts, was besonders als Zweck vorgestellt zu werden verdiente.

Man sieht hieraus wohl: dass Spinoza dadurch, dass er unsere Begriffe von dem Zweckmäßigen in der Natur auf das Bewusstsein unserer selbst in einem allbefassenden (doch zugleich einfachen) Wesen zurückführte, und jene Form bloß in der Einheit der letzteren suchte, nicht den Realismus, sondern bloß den Idealismus der Zweckmäßigkeit derselben zu behaupten die Absicht haben musste, diese aber selbst doch nicht bewerkstelligen konnte, weil die bloße Vorstellung der Einheit des Substrats auch nicht einmal die Idee von einer, auch nur unabsichtlichen, Zweckmäßigkeit bewirken kann.

2) Die, welche den Realismus der Naturzwecke nicht bloß behaupten, sondern ihn auch zu erklären vermeinen, glauben eine besondere Art der Kausalität, nämlich absichtlich wirkender Ursachen, wenigstens ihrer Möglichkeit nach einsehen zu können; sonst könnten sie es nicht unternehmen, jene erklären zu wollen. Denn zur Befugnis selbst der gewagtesten Hypothese muss wenigstens die Möglichkeit dessen, was man als Grund annimmt, gewiss sein, und man muss dem Begriffe desselben seine objektive Realität sichern können.

Aber die Möglichkeit einer lebenden Materie (deren Begriff einen Widerspruch enthält, weil Leblosigkeit, inertia, den wesentlichen Charakter derselben ausmacht) lässt sich nicht einmal denken; die einer belebten Materie und der gesamten Natur, als eines Tiers, kann nur sofern (zum Behuf einer Hypothese der Zweckmäßigkeit im Großen der Natur) dürftiger Weise gebraucht werden, als sie uns an der Organisation derselben, im Kleinen, in der Erfahrung offenbart wird, keinesweges aber a priori ihrer Möglichkeit nach eingesehen werden. Es muss also ein Zirkel im Erklären begangen werden, wenn man die Zweckmäßigkeit der Natur an organisierten Wesen aus dem Leben der Materie ableiten will, und dieses Leben wiederum nicht anders als in organisierten Wesen kennt, also ohne dergleichen Erfahrung sich keinen Begriff von der Möglichkeit derselben machen kann. Der Hylozoismus leistet also das nicht, was er verspricht.

Der Theismus kann endlich die Möglichkeit der Naturzwecke als einen Schlüssel zur Teleologie ebenso wenig dogmatisch begründen; ob er zwar vor allen Erklärungsgründen derselben darin den Vorzug hat, dass er durch einen Verstand, den er dem Urwesen beilegt, die Zweckmäßigkeit der Natur dem Idealismus am besten entreißt, und eine absichtliche Kausalität für die Erzeugung derselben einführt.

Denn da müsste allererst, für die bestimmende Urteilskraft hinreichend, die Unmöglichkeit der Zweckeinheit in der Materie durch den bloßen Mechanismus derselben bewiesen werden, um berechtigt zu sein, den Grund derselben über die Natur hinaus auf bestimmte Weise zu setzen. Wir können aber nichts weiter herausbringen, als dass nach der Beschaffenheit und den Schranken unserer Erkenntnisvermögen (indem wir den ersten inneren Grund selbst dieses Mechanismus nicht einsehen) wir auf keinerlei Weise in der Materie ein Prinzip bestimmter Zweckbeziehungen suchen müssen, sondern für uns keine andere Beurteilungsart der Erzeugung ihrer Produkte, als Naturzwecke, übrig bleibe, als die durch einen obersten Verstand als Weltursache. Das ist aber nur ein Grund für die reflektierende, nicht für die bestimmende Urteilskraft, und kann schlechterdings zu keiner objektiven Behauptung berechtigen.

74. Die Ursache der Unmöglichkeit, den Begriff einer Technik der Natur dogmatisch zu behandeln, ist die Unerklärlichkeit eines Naturzwecks

Wir verfahren mit einem Begriffe (wenn er gleich empirisch bedingt sein sollte) dogmatisch, wenn wir ihn als unter einem anderen Begriffe des Objekts, der ein Prinzip der Vernunft ausmacht, enthalten betrachten, und ihn diesem gemäß bestimmen. Wir verfahren aber mit ihm bloß kritisch, wenn wir ihn nur in Beziehung auf unser Erkenntnisvermögen, mithin auf die subjektiven Bedingungen, ihn zu denken, betrachten, ohne es zu unternehmen, über sein Objekt etwas zu entscheiden. Das dogmatische Verfahren mit einem Begriffe ist also dasjenige, welches für die bestimmende, das kritische das, welches bloß für die reflektierende Urteilskraft gesetzmäßig ist.

Nun ist der Begriff von einem Dinge als Naturzwecke ein Begriff, der die Natur unter eine Kausalität, die nur durch Vernunft denkbar ist, subsumiert, um nach diesem Prinzip über das, was vom Objekte in der Erfahrung gegeben ist, zu urteilen. Um ihn aber dogmatisch für die bestimmende Urteilskraft zu gebrauchen, mussten wir der objektiven Realität dieses Begriffs zuvor versichert sein, weil wir sonst kein Naturding unter ihm subsumieren könnten. Der Begriff eines Dinges als Naturzwecks ist aber zwar ein empirisch bedingter, d.h. nur unter gewissen in der Erfahrung gegebenen Bedingungen möglicher, aber doch von derselben nicht zu abstrahierender, sondern nur nach einem Vernunftprinzip in der Beurteilung des Gegenstandes möglicher Begriff. Er kann also als ein solches Prinzip seiner objektiven Realität nach (d.h. dass ihm gemäß ein Objekt möglich sei) gar nicht eingesehen und dogmatisch begründet werden; und wir wissen nicht, ob er bloß ein vernünftelnder und objektiv leerer (conceptus ratiocinans), oder ein Vernunftbegriff, ein Erkenntnis gründender, von der Vernunft bestätigter (conceptus ratiocinatus) sei. Also kann er nicht dogmatisch für die bestimmende Urteilskraft behandelt werden: d.h. es kann nicht allein nicht ausgemacht werden, ob Dinge der Natur, als Naturzwecke betrachtet, für ihre Erzeugung eine Kausalität von ganz besonderer Art (die nach Absichten) erfordern, oder nicht; sondern es kann auch nicht einmal darnach gefragt werden, weil der Begriff eines Naturzwecks seiner objektiven Realität nach durch die Vernunft gar nicht erweislich ist (d.h. er ist nicht für die bestimmende Urteilskraft konstitutiv, sondern für die reflektierende bloß regulativ).

Dass er es aber nicht sei, ist daraus klar, weil er, als Begriff von einem Naturprodukt, Naturnotwendigkeit und doch zugleich eine Zufälligkeit der Form des Objekts (in Beziehung auf bloße Gesetze der Natur) an eben demselben Dinge als Zweck in sich fasst; folglich, wenn hierin kein Widerspruch sein soll, einen Grund für die Möglichkeit des Dinges in der Natur, und doch auch einen Grund der Möglichkeit dieser Natur selbst und ihrer Beziehung auf etwas, das nicht empirisch erkennbare Natur (übersinnlich), mithin für uns gar nicht erkennbar ist, enthalten muss, um nach einer anderen Art Kausalität als der des Natur-Mechanismus beurteilt zu werden, wenn man seine Möglichkeit ausmachen will. Da also der Begriff eines Dinges, als Naturzwecks, für die bestimmende Urteilskraft überschwenglich ist, wenn man das Objekt durch die Vernunft betrachtet (ob er zwar für die reflektierende Urteilskraft in Ansehung der Gegenstände der Erfahrung immanent sein mag), mithin ihm für bestimmende Urteile die objektive Realität nicht verschafft werden kann: so ist hieraus begreiflich, wie alle Systeme, die man für die dogmatische Behandlung des Begriffs der Naturzwecke und der Natur, als eines durch Endursachen zusammenhängenden Ganzen, nur immer entwerfen mag, weder objektiv bejahend, noch objektiv verneinend, irgendetwas entscheiden können; weil, wenn Dinge unter einem Begriffe, der bloß problematisch ist, subsumiert werden, die synthetischen Prädikate desselben (z.B. hier: ob der Zweck der Natur, den wir uns zu der Erzeugung der Dinge denken, absichtlich oder unabsichtlich sei) eben solche (problematische) Urteile, sie mögen nun bejahend oder verneinend sein, vom Objekt abgeben müssen, indem man nicht weiß, ob man über etwas oder nichts urteilt. Der Begriff einer Kausalität durch Zwecke (der Kunst) hat allerdings objektive Realität, der einer Kausalität nach dem Mechanismus der Natur eben sowohl. Aber der Begriff einer Kausalität der Natur nach der Regel der Zwecke, noch mehr aber eines Wesens, dergleichen uns gar nicht in der Erfahrung gegeben werden kann, nämlich eines solchen, als Urgrundes der Natur: kann zwar ohne Widerspruch gedacht werden, aber zu dogmatischen Bestimmungen doch nicht taugen; weil ihm, da er nicht aus der Erfahrung gezogen werden kann, auch zur Möglichkeit derselben nicht erforderlich ist, seine objektive Realität durch nichts gesichert werden kann. Geschähe dieses aber auch: wie kann ich Dinge, die für Produkte göttlicher Kunst bestimmt angegeben werden, noch unter Produkte der Natur zählen, deren Unfähigkeit, dergleichen nach ihren Gesetzen hervorzubringen, eben die Berufung auf eine von ihr unterschiedene Ursache notwendig machte?

75. Der Begriff einer objektiven Zweckmäßigkeit der Natur ist ein kritisches Prinzip der Vernunft für die reflektierende Urteilskraft

Es ist doch etwas ganz anderes, ob ich sage: die Erzeugung gewisser Dinge der Natur, oder auch der gesamten Natur, ist nur durch eine Ursache, die sich nach Absichten zum Handeln bestimmt, möglich; oder: ich kann nach der eigentümlichen Beschaffenheit meiner Erkenntnisvermögen über die Möglichkeit jener Dinge und ihre Erzeugung nicht anders urteilen, als wenn ich mir zu dieser eine Ursache, die nach Absichten wirkt, mithin ein Wesen denke, welches, nach der Analogie mit der Kausalität eines Verstandes, produktiv ist. Im ersteren Falle will ich etwas über das Objekt ausmachen, und bin verbunden, die objektive Realität eines angenommenen Begriffs darzutun; im zweiten bestimmt die Vernunft nur den Gebrauch meiner Erkenntnisvermögen, angemessen ihrer Eigentümlichkeit, und den wesentlichen Bedingungen, ihres Umfanges sowohl, als ihrer Schranken. Also ist das erste Prinzip ein objektiver Grundsatz für die bestimmende, das zweite ein subjektiver Grundsatz bloß für die reflektierende Urteilskraft, mithin eine Maxime derselben, die ihr die Vernunft auferlegt.

Wir haben nämlich unentbehrlich nötig, der Natur den Begriff einer Absicht unterzulegen, wenn wir ihr auch nur in ihren organisierten Produkten durch fortgesetzte Beobachtung nachforschen wollen; und dieser Begriff ist also schon für den Erfahrungsgebrauch unserer Vernunft eine schlechterdings notwendige Maxime. Es ist offenbar: dass, da einmal ein solcher Leitfaden, die Natur zu studieren, aufgenommen und bewährt gefunden ist, wir die gedachte Maxime der Urteilskraft auch am Ganzen der Natur wenigstens versuchen müssen, weil sich nach derselben noch manche Gesetze derselben dürften auffinden lassen, die uns, nach der Beschränkung unserer Einsichten in das Innere des Mechanismus derselben, sonst verborgen bleiben würden. Aber in Ansehung des letzteren Gebrauchs ist jene Maxime der Urteilskraft zwar nützlich, aber nicht unentbehrlich, weil uns die Natur im Ganzen als organisiert (in der oben angeführten engsten Bedeutung des Worts) nicht gegeben ist. Hingegen in Ansehung der Produkte derselben, welche nur als absichtlich so und nicht anders geformt müssen beurteilt werden, um auch nur eine Erfahrungserkenntnis ihrer inneren Beschaffenheit zu bekommen, ist jene Maxime der reflektierenden Urteilskraft wesentlich notwendig: weil selbst der Gedanke von ihnen, als organisierten Dingen, ohne den Gedanken einer Erzeugung mit Absicht damit zu verbinden, unmöglich ist.

Nun ist der Begriff eines Dinges, dessen Existenz oder Form wir uns unter der Bedingung eines Zwecks ab möglich vorstellen, mit dem Begriffe einer Zufälligkeit desselben (nach Naturgesetzen) unzertrennlich verbunden. Daher machen auch die Naturdinge, welche wir nur als Zwecke möglich finden, den vornehmsten Beweis für die Zufälligkeit des Weltganzen aus, und sind der einzige für den gemeinen Verstand eben sowohl als den Philosophen geltende Beweisgrund der Abhängigkeit und des Ursprungs desselben von einem außer der Welt existierenden, und zwar (um jener zweckmäßigen Form willen) verständigen, Wesens: dass also die Teleologie keine Vollendung des Aufschlusses für ihre Nachforschungen, als in einer Theologie, findet.

Was beweiset nun aber am Ende auch die allervollständigste Teleologie? Beweiset sie etwa, dass ein solches verständiges Wesen da sei? Nein; nichts weiter, als dass wir nach Beschaffenheit unserer Erkenntnisvermögen, also in Verbindung der Erfahrung mit den obersten Prinzipien der Vernunft, uns schlechterdings keinen Begriff von der Möglichkeit einer solchen Welt machen können, als so, dass wir uns eine absichtlich-wirkende oberste Ursache derselben denken. Objektiv können wir also nicht den Satz dartun: es ist ein verständiges Urwesen; sondern nur subjektiv für den Gebrauch unserer Urteilskraft in ihrer Reflexion über die Zwecke in der Natur, die nach keinem anderen Prinzip als dem einer absichtlichen Kausalität einer höchsten Ursache gedacht werden können.

Wollten wir den obersten Satz dogmatisch, aus teleologischen Gründen, dartun: so würden wir von Schwierigkeiten befangen werden, aus denen wir uns nicht herauswickeln könnten. Denn da würde diesen Schlüssen der Satz zum Grunde gelegt werden müssen: die organisierten Wesen in der Welt sind nicht anders, als durch eine absichtlich-wirkende Ursache möglich. Dass aber, weil wir diese Dinge nur unter der Idee der Zwecke in ihrer Kausalverbindung verfolgen und diese nach ihrer Gesetzmäßigkeit erkennen können, wir auch berechtigt wären, eben dieses auch für jedes denkende und erkennende Wesen, als notwendige, mithin dem Objekte und nicht bloß unserm Subjekte anhängende Bedingung, vorauszusetzen: das müssten wir hierbei unvermeidlich behaupten wollen. Aber mit einer solchen Behauptung kommen wir nicht durch. Denn, da wir die Zwecke in der Natur als absichtliche eigentlich nicht beobachten, sondern nur, in der Reflexion über ihre Produkte, diesen Begriff als einen Leitfaden der Urteilskraft hinzu denken: so sind sie uns nicht durch das Objekt gegeben. A priori ist es sogar für uns unmöglich, einen solchen Begriff, seiner objektiven Realität nach, als annehmungsfähig zu rechtfertigen. Es bleibt also schlechterdings ein nur auf subjektiven Bedingungen, nämlich der unseren Erkenntnisvermögen angemessen reflektierenden Urteilskraft, beruhender Satz, der, wenn man ihn als objektiv-dogmatisch geltend ausdrückte, heißen würde: Es ist ein Gott; nun aber, für uns Menschen, nur die eingeschränkte Formel erlaubt: Wir können uns die Zweckmäßigkeit, die selbst unserer Erkenntnis der inneren Möglichkeit vieler Naturdinge zum Grunde gelegt werden muss, gar nicht anders denken und begreiflich machen, als indem wir sie und überhaupt die Welt uns als ein Produkt einer verständigen Ursache (eines Gottes) vorstellen.

Wenn nun dieser auf einer unumgänglich notwendigen Maxime unserer Urteilskraft gegründete Satz allem sowohl spekulativen als praktischen Gebrauche unserer Vernunft in jeder menschlichen Absicht vollkommen genugtuend ist: so möchte ich wohl wissen, was uns dann darunter abgehe, dass wir ihn nicht auch für höhere Wesen gültig, nämlich aus reinen objektiven Gründen (die leider unser Vermögen übersteigen) beweisen können. Es ist nämlich ganz gewiß, dass wir die organisierten Wesen und deren innere Möglichkeit nach bloß mechanischen Prinzipien der Natur nicht einmal zureichend kennen lernen, viel weniger uns erklären können; und zwar so gewiß, dass man dreist sagen kann, es ist für Menschen ungereimt, auch nur einen solchen Anschlag zu fassen, oder zu hoffen, dass noch etwa dereinst ein Newton aufstehen könne, der auch nur die Erzeugung eines Grashalms nach Naturgesetzen, die keine Absicht geordnet hat, begreiflich machen werde: sondern man muss diese Einsicht den Menschen schlechterdings absprechen. Dass dann aber auch in der Natur, wenn wir bis zum Prinzip derselben in der Spezifikation ihrer allgemeinen uns bekannten Gesetze durchdringen könnten, ein hinreichender Grund der Möglichkeit organisierter Wesen, ohne ihrer Erzeugung eine Absicht unterzulegen (also im bloßen Mechanismus derselben), gar nicht verborgen liegen könne, das wäre wiederum von uns zu vermessen geurteilt; denn woher wollen wir das wissen? Wahrscheinlichkeiten fallen hier gar weg, wo es auf Urteile der reinen Vernunft ankommt. Also können wir über den Satz: ob ein nach Absichten handelndes Wesen als Weltursache (mithin als Urheber) dem, was wir mit Recht Naturzwecke nennen, zum Grunde liege, objektiv gar nicht, weder bejahend noch verneinend, urteilen; nur so viel ist sicher, dass, wenn wir doch wenigstens nach dem, was uns einzusehen durch unsere eigene Natur vergönnt ist (nach den Bedingungen und Schranken unserer Vernunft), urteilen sollen, wir schlechterdings nichts anderes als ein verständiges Wesen der Möglichkeit jener Naturzwecke zum Grunde legen können: welches der Maxime unserer reflektierenden Urteilskraft, folglich einem subjektiven, aber dem menschlichen Geschlecht unnachlaßlich anhängenden, Grunde allein gemäß ist.

76. Anmerkung

Diese Betrachtung, welche es gar sehr verdient, in der Transzendentalphilosophie umständlich ausgeführt zu werden, mag hier nur episodisch, zur Erläuterung (nicht zum Beweise des hier Vorgetragenen), eintreten.

Die Vernunft ist ein Vermögen der Prinzipien, und geht in ihrer äußersten Forderung auf das Unbedingte; da hingegen der Verstand ihr immer nur unter einer gewissen Bedingung, die gegeben werden muss, zu Diensten steht. Ohne Begriffe des Verstandes aber, welchen objektive Realität gegeben werden muss, kann die Vernunft gar nicht objektiv (synthetisch) urteilen, und enthält, als theoretische Vernunft, für sich schlechterdings keine konstitutive, sondern bloß regulative Prinzipien. Man wird bald inne: dass, wo der Verstand nicht folgen kann, die Vernunft überschwenglich wird, und in zuvor gegründeten Ideen (als regulativen Prinzipien), aber nicht objektiv gültigen Begriffen sich hervortut; der Verstand aber, der mit ihr nicht Schritt halten kann, aber doch zur Gültigkeit für Objekte nötig sein würde, die Gültigkeit jener Ideen der Vernunft nur auf das Subjekt, aber doch allgemein für alle von dieser Gattung, d.h. auf die Bedingung einschränke, dass nach der Natur unseres (menschlichen) Erkenntnisvermögens oder gar überhaupt nach dem Begriffe, den wir uns von dem Vermögen eines endlichen vernünftigen Wesens überhaupt machen können, nicht anders als so könne und müsse gedacht werden: ohne doch zu behaupten, dass der Grund eines solchen Urteils im Objekte liege. Wir wollen Beispiele anführen, die zwar zu viel Wichtigkeit und auch Schwierigkeit haben, um sie hier so fort als erwiesene Sätze dem Leser aufzudringen, die ihm aber Stoff zum Nachdenken geben, und dem, was hier unser eigentümliches Geschäft ist, zur Erläuterung dienen können. Es ist dem menschlichen Verstande unumgänglich notwendig, Möglichkeit und Wirklichkeit der Dinge zu unterscheiden. Der Grund davon liegt im Subjekte und der Natur seiner Erkenntnisvermögen. Denn, wären zu dieser ihrer Ausübung nicht zwei ganz heterogene Stücke, Verstand für Begriffe, und sinnliche Anschauung für Objekte, die ihnen korrespondieren, erforderlich: so würde es keine solche Unterscheidung (zwischen dem Möglichen und Wirklichen) geben. Wäre nämlich unser Verstand anschauend, so hätte er keine Gegenstände als das Wirkliche. Begriffe (die bloß auf die Möglichkeit eines Gegenstandes gehen), und sinnliche Anschauungen (welche uns etwas geben, ohne es dadurch doch als Gegenstand erkennen zu lassen), würden beide wegfallen, Nun beruht aber alle unsere Unterscheidung des bloß Möglichen vom Wirklichen darauf, dass das erstere nur die Position der Vorstellung eines Dinges respektiv auf unseren Begriff und überhaupt das Vermögen zu denken, das letztere aber die Setzung des Dinges an sich selbst (außer diesem Begriffe) bedeutet. Also ist die Unterscheidung möglicher Dinge von wirklichen eine solche, die bloß subjektiv für den menschlichen Verstand gilt, da wir nämlich etwas immer noch in Gedanken haben können, ob es gleich nicht ist, oder etwas als gegeben uns vorstellen, ob wir gleich noch keinen Begriff davon haben. Die Sätze also: dass Dinge möglich sein können, ohne wirklich zu sein, dass also aus der bloßen Möglichkeit auf die Wirklichkeit gar nicht geschlossen werden könne, gelten ganz richtig für die menschliche Vernunft, ohne darum zu beweisen, dass dieser Unterschied in den Dingen selbst liege. Denn, dass dieses nicht daraus gefolgert werden könne, mithin jene Sätze zwar allerdings auch von Objekten gelten, so fern unser Erkenntnisvermögen, als sinnlich-bedingt, sich auch mit Objekten der Sinne beschäftigt, aber nicht von Dingen überhaupt: leuchtet aus der unablaßlichen Forderung der Vernunft ein, irgendein Etwas (den Urgrund) als unbedingt notwendig existierend anzunehmen, an welchem Möglichkeit und Wirklichkeit gar nicht mehr unterschieden werden sollen, und für welche Idee unser Verstand schlechterdings keinen Begriff hat, d.h. keine Art ausfinden kann, wie er ein solches Ding und seine Art zu existieren sich vorstellen solle. Denn, wenn er es denkt (er mag es denken wie er will), so ist es bloß als möglich vorgestellt. Ist er sich dessen, als in der Anschauung gegeben bewusst, so ist es wirklich, ohne sich hierbei irgendetwas von Möglichkeit zu denken. Daher ist der Begriff eines absolutnotwendigen Wesens zwar eine unentbehrliche Vernunftidee, aber ein für den menschlichen Verstand unerreichbarer problematischer Begriff. Er gilt aber doch für den Gebrauch unserer Erkenntnisvermögen, nach der eigentümlichen Beschaffenheit derselben, mithin nicht vom Objekte und hiermit für jedes erkennende Wesen: weil ich nicht bei jedem das Denken und die Anschauung, als zwei verschiedene Bedingungen der Ausübung ihrer Erkenntnisvermögen, mithin der Möglichkeit und Wirklichkeit der Dinge, voraussetzen kann. Für einen Verstand, bei dem dieser Unterschied nicht einträte, würde es heißen: alle Objekte, die ich erkenne, sind (existieren); und die Möglichkeit einiger, die doch nicht existierten, d.h. Zufälligkeit derselben wenn sie existieren, also auch die davon zu unterscheidende Notwendigkeit, würde in die Vorstellung eines solchen Wesens gar nicht kommen können. Was unserm Verstande aber so beschwerlich fällt, der Vernunft hier mit seinen Begriffen es gleich zu tun, ist bloß: dass für ihn, als menschlichen Verstand, dasjenige überschwenglich (d.h. den subjektiven Bedingungen seines Erkenntnisses unmöglich) ist, was doch die Vernunft als zum Objekt gehörig zum Prinzip macht. Hierbei gilt nun immer die Maxime, dass wir alle Objekte, da wo ihr Erkenntnis das Vermögen des Verstandes übersteigt, nach den subjektiven, unserer (d.h. der menschlichen) Natur notwendig anhängenden, Bedingungen der Ausübung ihrer Vermögen denken; und, wenn die auf diese Art gefällten Urteile (wie es auch in Ansehung der überschwenglichen Begriffe nicht anders sein kann) nicht konstitutive Prinzipien, die das Objekt, wie es beschaffen ist, bestimmen, sein können, so werden es doch regulative, in der Ausübung immanente und sichere, der menschlichen Absicht angemessene, Prinzipien bleiben.

So wie die Vernunft, in theoretischer Betrachtung der Natur, die Idee einer unbedingten Notwendigkeit ihres Urgrundes annehmen muss: so setzt sie auch, in praktischer, ihre eigene (in Ansehung der Natur) unbedingte Kausalität, d.h. Freiheit, voraus, indem sie sich ihres moralischen Gebots bewusst ist. Weil nun aber hier die objektive Notwendigkeit der Handlung, als Pflicht, derjenigen, die sie, als Begebenheit, haben würde, wenn ihr Grund in der Natur und nicht in der Freiheit (d.h. der Vernunftkausalität) läge, entgegengesetzt, und die moralisch-schlechthin-notwendige Handlung physisch als ganz zufällig angesehen wird (d.h. dass das, was notwendig geschehen sollte, doch öfter nicht geschieht): so ist klar, dass es nur von der subjektiven Beschaffenheit unsers praktischen Vermögens herrührt, dass die moralischen Gesetze als Gebote (und die ihnen gemäße Handlungen als Pflichten) vorgestellt werden müssen, und die Vernunft diese Notwendigkeit nicht durch ein Sein (Geschehen), sondern Sein-Sollen ausdrückt: welches nicht stattfinden würde, wenn die Vernunft ohne Sinnlichkeit (als subjektive Bedingung ihrer Anwendung auf Gegenstände der Natur), ihrer Kausalität nach, mithin als Ursache in einer intelligibelen, mit dem moralischen Gesetze durchgängig übereinstimmenden, Welt betrachtet würde, wo zwischen Sollen und Tun, zwischen einem praktischen Gesetze von dem, was durch uns möglich ist, und dem theoretischen von dem, was durch uns wirklich ist, kein Unterschied sein würde. Ob nun aber gleich eine intelligibele Welt, in welcher alles darum wirklich sein würde, bloß nur weil es (als etwas Gutes) möglich ist, und selbst die Freiheit, als formale Bedingung derselben, für uns ein überschwenglicher Begriff ist, der zu keinem konstitutiven Prinzip, ein Objekt und dessen objektive Realität zu bestimmen, tauglich ist: so dient die letztere doch, nach der Beschaffenheit unserer (zum Teil sinnlichen) Natur und Vermögens, für uns und alle vernünftige mit der Sinnenwelt in Verbindung stehende Wesen, so weit wir sie uns nach der Beschaffenheit unserer Vernunft vorstellen können, zu einem allgemeinen regulativen Prinzip, welches die Beschaffenheit der Freiheit, als Form der Kausalität, nicht objektiv bestimmt, sondern, und zwar mit nicht minderer Gültigkeit, als ob dieses geschähe, die Regel der Handlungen nach jener Idee für jedermann zu Geboten macht.

Ebenso kann man auch, was unseren vorhabenden Fall betrifft, einräumen: wir würden zwischen NaturMechanismus und Technik der Natur, d.h. Zweckverknüpfung in derselben, keinen Unterschied finden, wäre unser Verstand nicht von der Art, dass er vom Allgemeinen zum Besonderen gehen muss, und die Urteilskraft also in Ansehung des Besonderen keine Zweckmäßigkeit erkennen, mithin keine bestimmende Urteile fällen kann, ohne ein allgemeines Gesetz zu haben, worunter sie jenes subsumieren könne. Da nun aber das Besondere, als ein solches, in Ansehung des Allgemeinen etwas Zufälliges enthält, gleichwohl aber die Vernunft in der Verbindung besonderer Gesetze der Natur doch auch Einheit, mithin Gesetzlichkeit, erfordert (welche Gesetzlichkeit des Zufälligen Zweckmäßigkeit heißt), und die Ableitung der besonderen Gesetze aus den allgemeinen, in Ansehung dessen, was jene Zufälliges in sich enthalten, a priori durch Bestimmung des Begriffs vom Objekte unmöglich ist: so wird der Begriff der Zweckmäßigkeit der Natur in ihren Produkten ein für die menschliche Urteilskraft in Ansehung der Natur notwendiger, aber nicht die Bestimmung der Objekte selbst angehender, Begriff sein, also ein subjektives Prinzip der Vernunft für die Urteilskraft, welches als regulativ (nicht konstitutiv) für unsere menschliche Urteilskraft ebenso notwendig gilt, als ob es ein objektives Prinzip wäre.

77. Von der Eigentümlichkeit des menschlichen Verstandes, wodurch uns der Begriff eines Naturzwecks möglich wird

Wir haben in der Anmerkung Eigentümlichkeiten unseres (selbst des oberen) Erkenntnisvermögens, welche wir leichtlich als objektive Prädikate auf die Sachen selbst überzutragen verleitet werden, angeführt; aber sie betreffen Ideen, denen angemessen kein Gegenstand in der Erfahrung gegeben werden kann, und die alsdann nur zu regulativen Prinzipien in Verfolgung der letzteren dienen konnten. Mit dem Begriffe eines Naturzwecks verhält es sich zwar eben so, was die Ursache der Möglichkeit eines solchen Prädikats betrifft, die nur in der Idee liegen kann; aber die ihr gemäße Folge (das Produkt selbst) ist doch in der Natur gegeben, und der Begriff einer Kausalität der letzteren, als eines nach Zwecken handelnden Wesens, scheint die Idee eines Naturzwecks zu einem konstitutiven Prinzip desselben zu machen: und darin hat sie etwas von allen anderen Ideen Unterscheidendes.

Dieses Unterscheidende besteht aber darin: dass gedachte Idee nicht ein Vernunftprinzip für den Verstand, sondern für die Urteilskraft, mithin lediglich die Anwendung eines Verstandes überhaupt auf mögliche Gegenstände der Erfahrung ist; und zwar da, wo das Urteil nicht bestimmend, sondern bloß reflektierend sein kann, mithin der Gegenstand zwar in der Erfahrung gegeben, aber darüber der Idee gemäß gar nicht einmal bestimmt (geschweige völlig angemessen) geurteilt, sondern nur über ihn reflektiert werden kann.

Es betrifft also eine Eigentümlichkeit unseres (menschlichen) Verstandes in Ansehung der Urteilskraft, in der Reflexion derselben über Dinge der Natur. Wenn das aber ist, so muss hier die Idee von einem anderen möglichen Verstande, als dem menschlichen, zum Grunde liegen (so wie wir in der Kritik der r. V. eine andere mögliche Anschauung in Gedanken haben mussten, wenn die unsrige als eine besondere Art, nämlich der, für welche Gegenstände nur als Erscheinungen gelten, gehalten werden sollte), damit man sagen könne: gewisse Naturprodukte müssen, nach der besonderen Beschaffenheit unseres Verstandes, von uns, ihrer Möglichkeit nach absichtlich und als Zwecke erzeugt, betrachtet werden, ohne doch darum zu verlangen, dass es wirklich eine besondere Ursache, welche die Vorstellung eines Zwecks zu ihrem Bestimmungsgrunde hat, gebe, mithin ohne in Abrede zu ziehen, dass nicht ein anderer (höherer) Verstand, als der menschliche, auch im Mechanismus der Natur, d.h. einer Kausalverbindung, zu der nicht ausschließungsweise ein Verstand als Ursache angenommen wird, den Grund der Möglichkeit solcher Produkte der Natur antreffen könne.

Es kommt hier also auf das Verhalten unseres Verstandes zur Urteilskraft an, dass wir nämlich darin eine gewisse Zufälligkeit der Beschaffenheit des unsrigen aufsuchen, um die als Eigentümlichkeit unseres Verstandes, zum Unterschiede von anderen möglichen, anzumerken.

Diese Zufälligkeit findet sich ganz natürlich in dem Besonderen, welches die Urteilskraft unter das Allgemeine der Verstandesbegriffe bringen soll; denn durch das Allgemeine unseres (menschlichen) Verstandes ist das Besondere nicht bestimmt; und es ist zufällig, auf wie vielerlei Art unterschiedene Dinge, die doch in einem gemeinsamen Merkmale übereinkommen, unserer Wahrnehmung vorkommen können. Unser Verstand ist ein Vermögen der Begriffe, d.h. ein diskursiver Verstand, für den es freilich zufällig sein muss, welcherlei und wie sehr verschieden das Besondere sein mag, das ihm in der Natur gegeben werden, und das unter seine Begriffe gebracht werden kann. Weil aber zum Erkenntnis doch auch Anschauung gehört, und ein Vermögen einer völligen Spontaneität der Anschauung ein von der Sinnlichkeit unterschiedenes und davon ganz unabhängiges Erkenntnisvermögen, mithin Verstand in der allgemeinsten Bedeutung sein würde: so kann man sich auch einen intuitiven Verstand (negativ, nämlich bloß als nicht diskursiven) denken, welcher nicht vom Allgemeinen zum Besonderen und so zum Einzelnen (durch Begriffe) geht, und für welchen jene Zufälligkeit der Zusammenstimmung der Natur in ihren Produkten nach besonderen Gesetzen zum Verstande nicht angetroffen wird, welche dem unsrigen es so schwer macht, das Mannigfaltige derselben zur Einheit des Erkenntnisses zu bringen; ein Geschäft, das der unsrige nur durch Übereinstimmung der Naturmerkmale zu unserm Vermögen der Begriffe, welche sehr zufällig ist, zu Stande bringen kann, dessen ein anschauender Verstand aber nicht bedarf.

Unser Verstand hat also das Eigene für die Urteilskraft, dass im Erkenntnis durch denselben, durch das Allgemeine das Besondere nicht bestimmt wird, und dieses also von jenem allein nicht abgeleitet werden kann; gleichwohl aber dieses Besondere in der Mannigfaltigkeit der Natur zum Allgemeinen (durch Begriffe und Gesetze) zusammenstimmen soll, um darunter subsumiert werden zu können, welche Zusammenstimmung unter solchen Umständen sehr zufällig und für die Urteilskraft ohne bestimmtes Prinzip sein muss.

Um nun gleichwohl die Möglichkeit einer solchen Zusammenstimmung der Dinge der Natur zur Urteilskraft (welche wir als zufällig, mithin nur durch einen darauf gerichteten Zweck als möglich vorstellen) wenigstens denken zu können, müssen wir uns zugleich einen anderen Verstand denken, in Beziehung auf welchen, und zwar vor allem ihm beigelegten Zweck, wir jene Zusammenstimmung der Naturgesetze mit unserer Urteilskraft, die für unseren Verstand nur durch das Verbindungsmittel der Zwecke denkbar ist, als notwendig vorstellen können.

Unser Verstand nämlich hat die Eigenschaft, dass er in seinem Erkenntnisse, z.B. der Ursache eines Produkts, vom Analytisch-Allgemeinen (von Begriffen) zum Besonderen (der gegebenen empirischen Anschauung) gehen muss; wobei er also in Ansehung der Mannigfaltigkeit des letzteren nichts bestimmt, sondern diese Bestimmung für die Urteilskraft von der Subsumtion der empirischen Anschauung (wenn der Gegenstand ein Naturprodukt ist) unter dem Begriff erwarten muss. Nun können wir uns aber auch einen Verstand denken, der, weil er nicht wie der unsrige diskursiv, sondern intuitiv ist, vom Synthetisch-Allgemeinen (der Anschauung eines Ganzen, als eines solchen) zum Besonderen geht, d.h. vom Ganzen zu den Teilen; der also und dessen Vorstellung des Ganzen die Zufälligkeit der Verbindung der Teile nicht in sich enthält, um eine bestimmte Form des Ganzen möglich zu machen, die unser Verstand bedarf, welcher von den Teilen, als allgemein-gedachten Gründen, zu verschiedenen darunter zu subsumierenden möglichen Formen, als Folgen, fortgehen muss. Nach der Beschaffenheit unseres Verstandes ist hingegen ein reales Ganze der Natur nur als Wirkung der konkurrierenden bewegenden Kräfte der Teile anzusehen. Wollen wir uns also nicht die Möglichkeit des Ganzen als von den Teilen, wie es unserm diskursiven Verstande gemäß ist, sondern, nach Maßgabe des intuitiven (urbildlichen), die Möglichkeit der Teile (ihrer Beschaffenheit und Verbindung nach) als vom Ganzen abhängend vorstellen: so kann dieses, nach eben derselben Eigentümlichkeit unseres Verstandes, nicht so geschehen, dass das Ganze den Grund der Möglichkeit der Verknüpfung der Teile (welches in der diskursiven Erkenntnisart Widerspruch sein würde), sondern nur, dass die Vorstellung eines Ganzen den Grund der Möglichkeit der Form desselben und der dazu gehörigen Verknüpfung der Teile enthalte. Da das Ganze nun aber alsdann eine Wirkung (Produkt) sein würde, dessen Vorstellung als die Ursache seiner Möglichkeit angesehen wird, das Produkt aber einer Ursache, deren Bestimmungsgrund bloß die Vorstellung seiner Wirkung ist, ein Zweck heißt: so folgt daraus: dass es bloß eine Folge aus der besonderen Beschaffenheit unseres Verstandes sei, wenn wir Produkte der Natur nach einer anderen Art der Kausalität, als der der Naturgesetze der Materie, nämlich nur nach der der Zwecke und Endursachen uns als möglich vorstellen, und dass dieses Prinzip nicht die Möglichkeit solcher Dinge selbst (selbst als Phänomene betrachtet) nach dieser Erzeugungsart, sondern nur der unserem Verstande möglichen Beurteilung derselben angehe. Wobei wir zugleich einsehen, warum wir in der Naturkunde mit einer Erklärung der Produkte der Natur durch Kausalität nach Zwecken lange nicht zufrieden sind, weil wir nämlich in derselben die Naturerzeugung bloß unserm Vermögen, sie zu beurteilen, d.h. der reflektierenden Urteilskraft, und nicht den Dingen selbst zum Behuf der bestimmenden Urteilskraft angemessen zu beurteilen verlangen. Es ist hierbei auch gar nicht nötig zu beweisen, dass ein solcher intellectus archetypus möglich sei, sondern nur, dass wir in der Dagegenhaltung unseres diskursiven, der Bilder bedürftigen, Verstandes (intellectus ectypus), und der Zufälligkeit einer solchen Beschaffenheit, auf jene Idee (eines intellectus archetypus) geführet werden, diese auch keinen Widerspruch enthalte.

Wenn wir nun ein Ganzes der Materie, seiner Form nach, als ein Produkt der Teile und ihrer Kräfte und Vermögen, sich von selbst zu verbinden, (andere Materien, die diese einander zuführen, hinzugedacht) betrachten: so stellen wir uns eine mechanische Erzeugungsart desselben vor. Aber es kommt auf solche Art kein Begriff von einem Ganzen als Zweck heraus, dessen innere Möglichkeit durchaus die Idee von einem Ganzen voraussetzt, von der selbst die Beschaffenheit und Wirkungsart der Teile abhängt, wie wir uns doch einen organisierten Körper vorstellen müssen. Hieraus folgt aber, wie eben gewiesen worden, nicht, dass die mechanische Erzeugung eines solchen Körpers unmöglich sei; denn das würde soviel sagen, als, es sei eine solche Einheit in der Verknüpfung des Mannigfaltigen für jeden Verstand unmöglich (d.h. widersprechend) sich vorzustellen, ohne dass die Idee derselben zugleich die erzeugende Ursache derselben sei, d.h. ohne absichtliche Hervorbringung. Gleichwohl würde dieses in der Tat folgen, wenn wir materielle Wesen, als Dinge an sich selbst, anzusehen berechtigt wären. Denn alsdann würde die Einheit, welche den Grund der Möglichkeit der Naturbildungen ausmacht, lediglich die Einheit des Raums sein, welcher aber kein Realgrund der Erzeugungen, sondern nur die formale Bedingung derselben ist; obwohl er mit dem Realgrunde, welchen wir suchen, darin einige Ähnlichkeit hat, dass in ihm kein Teil ohne in Verhältnis auf das Ganze (dessen Vorstellung also der Möglichkeit der Teile zum Grunde liegt) bestimmt werden kann. Da es aber doch wenigstens möglich ist, die materielle Welt als bloße Erscheinung zu betrachten, und etwas als Ding an sich selbst (welches nicht Erscheinung ist) als Substrat zu denken, diesem aber eine korrespondierende intellektuelle Anschauung (wenn sie gleich nicht die unsrige ist) unterzulegen: so würde ein, ob zwar für uns unerkennbarer, übersinnlicher Realgrund für die Natur stattfinden, zu der wir selbst mitgehören, in welcher wir also das, was in ihr als Gegenstand der Sinne notwendig ist, nach mechanischen Gesetzen, die Zusammenstimmung und Einheit aber der besonderen Gesetze und der Formen nach denselben, die wir in Ansehung jener als zufällig beurteilen müssen, in ihr als Gegenstande der Vernunft (ja das Naturganze als System) zugleich nach teleologischen Gesetzen betrachten, und sie nach zweierlei Prinzipien beurteilen würden, ohne dass die mechanische Erklärungsart durch die teleologische, als ob sie einander widersprächen, ausgeschlossen wird.

Hieraus lässt sich auch das, was man sonst zwar leicht vermuten, aber schwerlich mit Gewissheit behaupten und beweisen konnte, einsehen, dass zwar das Prinzip einer mechanischen Ableitung zweckmäßiger Naturprodukte neben dem teleologischen bestehen, dieses letztere aber keinesweges entbehrlich machen könnte: d.h. man kann an einem Dinge, welches wir als Naturzweck beurteilen müssen (einem organisierten Wesen), zwar alle bekannten und noch zu entdeckenden Gesetze der mechanischen Erzeugung versuchen, und auch hoffen dürfen, damit guten Fortgang zu haben, niemals aber der Berufung auf einen davon ganz unterschiedenen Erzeugungsgrund, nämlich der Kausalität durch Zwecke, für die Möglichkeit eines solchen Produkts überhoben sein; und schlechterdings kann keine menschliche Vernunft (auch keine endliche, die der Qualität nach der unsrigen ähnlich wäre, sie aber dem Grade nach noch so sehr überstiege) die Erzeugung auch nur eines Gräschens aus bloß mechanischen Ursachen zu verstehen hoffen. Denn, wenn die teleologische Verknüpfung der Ursachen und Wirkungen zur Möglichkeit eines solchen Gegenstandes für die Urteilskraft ganz unentbehrlich ist, selbst um diese nur am Leitfaden der Erfahrung zu studieren; wenn für äußere Gegenstände, als Erscheinungen, ein sich auf Zwecke beziehender hinreichender Grund gar nicht angetroffen werden kann, sondern dieser, der auch in der Natur liegt, doch nur im übersinnlichen Substrat derselben gesucht werden muss, von welchem uns aber alle mögliche Einsicht abgeschnitten ist: so ist es uns schlechterdings unmöglich, aus der Natur selbst hergenommene Erklärungsgründe für Zweckverbindungen zu schöpfen, und es ist nach der Beschaffenheit des menschlichen Erkenntnisvermögens notwendig, den obersten Grund dazu in einem ursprünglichen Verstande als Weltursache zu suchen.

78. Von der Vereinigung des Prinzips des allgemeinen Mechanismus der Materie mit dem Teleologischen in der Technik der Natur

Es liegt der Vernunft unendlich viel daran, den Mechanismus der Natur in ihren Erzeugungen nicht fallen zu lassen und in der Erklärung derselben nicht vorbei zu gehen; weil ohne diesen keine Einsicht in der Natur der Dinge erlangt werden kann. Wenn man uns gleich einräumt: dass ein höchster Architekt die Formen der Natur, so wie sie von je her da sind, unmittelbar geschaffen, oder die, welche sich in ihrem Laufe kontinuierlich nach eben demselben Muster bilden, prädeterminiert habe: so ist doch dadurch unsere Erkenntnis der Natur nicht im mindesten gefördert; weil wir jenes Wesens Handlungsart und die Ideen desselben, welche die Prinzipien der Möglichkeit der Naturwesen enthalten sollen, gar nicht kennen, und von demselben als von oben herab (a priori) die Natur nicht erklären können. Wollen wir aber von den Formen der Gegenstände der Erfahrung, also von unten hinauf (a posteriori), weil wir in diesen Zweckmäßigkeit anzutreffen glauben, um diese zu erklären, uns auf eine nach Zwecken wirkende Ursache berufen: so würden wir ganz tautologisch erklären, und die Vernunft mit Worten täuschen, ohne noch zu erwähnen: dass da, wo wir uns mit dieser Erklärungsart ins Überschwengliche verlieren, wohin uns die Naturkenntnis nicht folgen kann, die Vernunft dichterisch zu schwärmen verleitet wird, welches zu verhüten eben ihre vorzüglichste Bestimmung ist.

Von der anderen Seite ist es eine eben sowohl notwendige Maxime der Vernunft, das Prinzip der Zwecke an den Produkten der Natur nicht vorbei zu gehen; weil es, wenn es gleich die Entstehungsart derselben uns eben nicht begreiflicher macht, doch ein heuristisches Prinzip ist, den besonderen Gesetzen der Natur nachzuforschen; gesetzt auch, dass man davon keinen Gebrauch machen wollte, um die Natur selbst darnach zu erklären, indem man sie so lange, ob sie gleich absichtliche Zweckeinheit augenscheinlich darleget, noch immer nur Naturzwecke nennt, d.h. ohne über die Natur hinaus den Grund der Möglichkeit derselben zu suchen. Weil es aber doch am Ende zur Frage wegen der letzteren kommen muss: so ist es ebenso notwendig für sie, eine besondere Art der Kausalität, die sich nicht in der Natur vorfindet, zu denken, als die Mechanik der Naturursachen die ihrige hat, indem zu der Rezeptivität mehrerer und anderer Formen, als deren die Materie nach der letzteren fähig ist, noch eine Spontaneität einer Ursache (die also nicht Materie sein kann) hinzukommen muss, ohne welche von jenen Formen kein Grund angegeben werden kann. Zwar muss die Vernunft, ehe sie diesen Schritt tut, behutsam verfahren, und nicht jede Technik der Natur, d.h. ein produktives Vermögen derselben, welches Zweckmäßigkeit der Gestalt für unsere bloße Apprehension an sich zeigt (wie bei regulären Körpern), für teleologisch zu erklären suchen, sondern immer so lange für bloß mechanisch-möglich ansehen; allein darüber das teleologische Prinzip gar ausschließen, und, wo die Zweckmäßigkeit, für die Vernunftuntersuchung der Möglichkeit der Naturformen, durch ihre Ursachen, sich ganz unleugbar als Beziehung auf eine andere Art der Kausalität zeigt, doch immer den bloßen Mechanismus befolgen wollen, muss die Vernunft ebenso phantastisch und unter Hirngespinsten von Naturvermögen, die sich gar nicht denken lassen, herumschweifend machen, als eine bloß teleologische Erklärungsart, die gar keine Rücksicht auf den Natur-Mechanismus nimmt, sie schwärmerisch machte.

An einem und eben demselben Dinge der Natur lassen sich nicht beide Prinzipien, als Grundsätze der Erklärung (Deduktion) eines von dem anderen, verknüpfen, d.h. als dogmatische und konstitutive Prinzipien der Natureinsicht für die bestimmende Urteilskraft, vereinigen. Wenn ich z.B. von einer Made annehme, sie sei als Produkt des bloßen Mechanismus der Materie (der neuen Bildung, die sie für sich selbst bewerkstelligt, wenn ihre Elemente durch Fäulnis in Freiheit gesetzt werden) anzusehen: so kann ich nun nicht von eben derselben Materie, als einer Kausalität, nach Zwecken zu handeln, eben dasselbe Produkt ableiten. Umgekehrt, wenn ich dasselbe Produkt als Naturzweck annehme, kann ich nicht auf eine mechanische Erzeugungsart desselben rechnen, und solche als konstitutives Prinzip zur Beurteilung desselben seiner Möglichkeit nach annehmen, und so beide Prinzipien vereinigen. Denn eine Erklärungsart schließt die andere aus; gesetzt auch, dass objektiv beide Gründe der Möglichkeit eines solchen Produkts auf einem einzigen beruheten, wir aber auf diesen nicht Rücksicht nähmen. Das Prinzip, welches die Vereinbarkeit beider in Beurteilung der Natur nach denselben möglich machen soll, muss in dem, was außerhalb beiden (mithin auch außer der möglichen empirischen Naturvorstellung) liegt, von dieser aber doch den Grund enthält, d.h. im übersinnlichen, gesetzt, und eine jede beider Erklärungsarten darauf bezogen werden. Da wir nun von diesem nichts als den unbestimmten Begriff eines Grundes haben können, der die Beurteilung der Natur nach empirischen Gesetzen möglich macht, übrigens aber ihn durch kein Prädikat näher bestimmen können: so folgt, dass die Vereinigung beider Prinzipien nicht auf einem Grunde der Erklärung (Explikation) der Möglichkeit eines Produkts nach gegebenen Gesetzen für die bestimmende, sondern nur auf einem Grunde der Erörterung (Exposition) derselben für die reflektierende Urteilskraft beruhen könne. Denn erklären heißt von einem Prinzip ableiten, welches man also deutlich muss erkennen und angeben können. Nun müssen zwar das Prinzip des Mechanismus der Natur und das der Kausalität derselben an einem und eben demselben Naturprodukte in einem einzigen oberen Prinzip zusammenhängen und daraus gemeinschaftlich abfließen, weil sie sonst in der Naturbetrachtung nicht neben einander bestehen könnten. Wenn aber dieses objektiv-gemeinschaftliche, und also auch die Gemeinschaft der davon abhängenden Maxime der Naturforschung berechtigende, Prinzip von der Art ist, dass es zwar angezeigt, nie aber bestimmt erkannt und für den Gebrauch in vorkommenden Fällen deutlich angegeben werden kann: so lässt sich aus einem solchen Prinzip keine Erklärung, d.h. deutliche und bestimmte Ableitung der Möglichkeit eines nach jenen zweien heterogenen Prinzipien möglichen Naturprodukts ziehen. Nun ist aber das gemeinschaftliche Prinzip der mechanischen einerseits und der teleologischen Ableitung andrerseits das Übersinnliche, welches wir der Natur als Phänomen unterlegen müssen. Von diesem aber können wir uns in theoretischer Absicht nicht den mindesten bejahend bestimmten Begriff machen. Wie also nach demselben, als Prinzip, die Natur (nach ihren besonderen Gesetzen) für uns ein System ausmacht, welches sowohl nach dem Prinzip der Erzeugung von physischen als dem der Endursachen als möglich erkannt werden könne: lässt sich keinesweges erklären; sondern nur, wenn es sich zuträgt, dass Gegenstände der Natur vorkommen, die nach dem Prinzip des Mechanismus (welches jederzeit an einem Naturwesen Anspruch hat) ihrer Möglichkeit nach, ohne uns auf teleologische Grundsätze zu stützen, von uns nicht können gedacht werden, voraussetzen, dass man nur getrost beiden gemäß den Naturgesetzen nachforschen dürfe (nachdem die Möglichkeit ihres Produkts, aus einem oder dem anderen Prinzip, unserm Verstande erkennbar ist), ohne sich an den scheinbaren Widerstreit zu stoßen, der sich zwischen den Prinzipien der Beurteilung desselben hervortut: weil wenigstens die Möglichkeit, dass beide auch objektiv in einem Prinzip vereinbar sein möchten (da sie Erscheinungen betreffen, die einen übersinnlichen Grund voraussetzen), gesichert ist.

Ob also gleich sowohl der Mechanismus als der teleologische (absichtliche) Technizismus der Natur, in Ansehung ebendesselben Produkts und seiner Möglichkeit, unter einem gemeinschaftlichen oberen Prinzip der Natur nach besonderen Gesetzen stehen mögen: so können wir doch, da dieses Prinzip transzendent ist, nach der Eingeschränktheit unseres Verstandes beide Prinzipen in der Erklärung eben derselben Naturerzeugung alsdenn nicht vereinigen, wenn selbst die innere Möglichkeit dieses Produkts nur durch eine Kausalität nach Zwecken verständlich ist (wie organisierte Materien von der Art sind). Es bleibt also bei dem obigen Grundsätze der Teleologie: dass, nach der Beschaffenheit des menschlichen Verstandes, für die Möglichkeit organischer Wesen in der Natur keine andere als absichtlich wirkende Ursache könne angenommen werden, und der bloße Mechanismus der Natur zur Erklärung dieser ihrer Produkte gar nicht hinlänglich sein könne; ohne doch dadurch in Ansehung der Möglichkeit solcher Dinge selbst durch diesen Grundsatz entscheiden zu wollen.

Da nämlich dieser nur eine Maxime der reflektierenden, nicht der bestimmenden Urteilskraft, daher nur subjektiv für uns, nicht objektiv für die Möglichkeit dieser Art Dinge selbst, gilt (wo beiderlei Erzeugungsarten wohl in einem und demselben Grunde zusammenhangen könnten); da ferner, ohne allen zu der teleologisch-gedachten Erzeugungsart hinzukommenden Begriff von einem dabei zugleich anzutreffenden Mechanismus der Natur, dergleichen Erzeugung gar nicht als Naturprodukt beurteilt werden könnte: so führt obige Maxime zugleich die Notwendigkeit einer Vereinigung beider Prinzipien in der Beurteilung der Dinge als Naturzwecke bei sich, aber nicht, um eine ganz, oder in gewissen Stücken, an die Stelle der anderen zu setzen. Denn an die Stelle dessen, was (von uns wenigstens) nur als nach Absicht möglich gedacht wird, lässt sich kein Mechanismus, und an die Stelle dessen, was nach diesem als notwendig erkannt wird, lässt sich keine Zufälligkeit, die eines Zwecks zum Bestimmungsgrunde bedürfe, annehmen: sondern nur die eine (der Mechanismus) der anderen (dem absichtlichen Technizismus) unterordnen, welches, nach dem transzendentalen Prinzip der Zweckmäßigkeit der Natur, ganz wohl geschehen darf.

Denn, wo Zwecke als Gründe der Möglichkeit gewisser Dinge gedacht werden, da muss man auch Mittel annehmen, deren Wirkungsgesetz für sich nichts einen Zweck Voraussetzendes bedarf, mithin mechanisch und doch eine untergeordnete Ursache absichtlicher Wirkungen sein kann. Daher lässt sich selbst in organischen Produkten der Natur, noch mehr aber, wenn wir, durch die unendliche Menge derselben veranlasst, das Absichtliche in der Verbindung der Naturursachen nach besonderen Gesetzen nun auch (wenigstens durch erlaubte Hypothese) zum allgemeinen Prinzip der reflektierenden Urteilskraft für das Naturganze (die Welt) annehmen, eine große und sogar allgemeine Verbindung der mechanischen Gesetze mit den teleologischen in den Erzeugungen der Natur denken, ohne die Prinzipien der Beurteilung derselben zu verwechseln und eines an die Stelle des anderen zu setzen; weil in einer teleologischen Beurteilung die Materie, selbst, wenn die Form, welche sie annimmt, nur als nach Absicht möglich beurteilt wird, doch, ihrer Natur nach, mechanischen Gesetzen gemäß, jenem vorgestellten Zwecke auch zum Mittel untergeordnet sein kann: wiewohl, da der Grund dieser Vereinbarkeit in demjenigen liegt, was weder das eine noch das andere (weder Mechanismus, noch Zweckverbindung), sondern das übersinnliche Substrat der Natur ist, von dem wir nichts erkennen, für unsere (die menschliche) Vernunft beide Vorstellungsarten der Möglichkeit solcher Objekte nicht zusammenzuschmelzen sind, sondern wir sie nicht anders, als nach der Verknüpfung der Endursachen, auf einem obersten Verstande gegründet beurteilen können, wodurch also der teleologischen Erklärungsart nichts benommen wird.

Weil nun aber ganz unbestimmt, und für unsere Vernunft auch auf immer unbestimmbar ist, wieviel der Mechanismus der Natur als Mittel zu jeder Endabsicht in derselben tue; und, wegen des oberwähnten intelligibelen Prinzips der Möglichkeit einer Natur überhaupt, gar angenommen werden kann, dass sie durchgängig nach beiderlei allgemein zusammenstimmenden Gesetzen (den physischen und den der Endursachen) möglich sei, wiewohl wir die Art, wie dieses zugehe, gar nicht einsehen können: so wissen wir auch nicht, wieweit die für uns mögliche mechanische Erklärungsart gehe, sondern nur so viel gewiß: dass, so weit wir nur immer darin kommen mögen, sie doch allemal für Dinge, die wir einmal als Naturzwecke anerkennen, unzureichend sein, und wir also, nach der Beschaffenheit unseres Verstandes, jene Gründe insgesamt einem teleologischen Prinzip unterordnen müssen.

Hierauf gründet sich nun die Befugnis, und, wegen der Wichtigkeit, welche das Naturstudium nach dem Prinzip des Mechanismus für unseren theoretischen Vernunftgebrauch hat, auch der Beruf: alle Produkte und Ereignisse der Natur, selbst die zweckmäßigsten, so weit mechanisch zu erklären, als es immer in unserm Vermögen (dessen Schranken wir innerhalb dieser Untersuchungsart nicht angeben können) steht, dabei aber niemals aus den Augen zu verlieren, dass wir die, welche wir allein unter dem Begriffe vom Zwecke der Vernunft zur Untersuchung selbst auch nur aufstellen können, der wesentlichen Beschaffenheit unserer Vernunft gemäß, jene mechanischen Ursachen ungeachtet, doch zuletzt der Kausalität nach Zwecken unterordnen müssen.