Dictum 15 – Turba Philosophorum

Dictum 15

Sprach Flritis (Sokrates): Wisst, alle Erforscher der Weisheit, dass das Fundament dieser Kunst, um derenwillen viele zugrunde gegangen sind, etwas Einziges ist, das stärker und erhabener ist als alle Naturen bei den Philosophen; bei den Unverständigen aber ist es aller Dinge Niedrigstes, was wir verehren. Wehe euch, allen Unverständigen, wie unkundig seid ihr dieser Kunst, für die ihr sterben würdet, wenn ihr sie kennen würdet! Und ich schwöre euch, dass wenn die Könige sie kennen würden, würde niemand von euch jemals zu ihr gelangen. O diese Natur, wie wandelt sie den ‘Körper’ in ‘Geist’! Was für eine wunderbare Natur, wie überragt sie alles und besiegt sie alles!

Sagte Pythagoras: Nenne sie, Flritis (Sokrates)!

Und jener: Sie ist der schärfste ‘Essig’, der bewirkt, dass das Gold zu lauterem ‘Geist’ wird, ohne welchen ‘Essig’ weder die Weiße noch die Schwärze, noch die Röte entstehen kann. Und wisst, dass wenn der ‘Körper’ (mit ihm) gemischt und festgehalten und vereinigt wird, er ihn in ‘Geist’ verwandelt und mit unveränderlicher geistiger Farbe färbt, die nicht zerstört werden kann. Und wisst, dass wenn ihr den ‘Körper’ ohne ‘Essig’ über Feuer setzt, er verbrannt und zerstört wird. Und wisst, dass die ‘erste Feuchtigkeit’ kalt ist; seid daher vorsichtig mit dem Feuer, das der Kälte feindlich ist. Darum haben die Weisen gesagt, ihr sollt vorsichtig zu Werk gehen, bis der ‘Schwefel’ unverbrennlich wird. Das Verfahren dieser Kunst aber hat der Weise den Vernünftigen bereits gezeigt; von dem aber, was er gesagt hat, ist das beste, “dass die geringe Kraft dieses ‘Schwefels’ einen starken ‘Körper’ verbrennt”. Darum verehren sie ihn und beschreiben ihn am Anfang ihres Buches, was jemand wie folgt beschrieben hat: “Da dieser ‘Essig’ den Körper verbrennt und in ‘Asche’ verwandelt, was auch den Körper weißt”. Wenn ihr ihn also gut kocht und der Schwärze beraubt, wird er in Stein verwandelt, und zu Silber von stärkster Weiße werden. Kocht daher den Stein, bis er zerstört wird; dann löst und versetzet mit ‘Meerwasser’. Und wisst, dass der Anfang des ganzen Werkes die Weißung ist, der die Röte folgt, endlich die Vollendung des Werkes; danach aber geschieht auf den Wink Gottes durch den ‘Essig’ die ganze Vollendung.

Ich habe euch nun, Versammlung der Schüler, die Darstellung dieses einzigen Dinges gezeigt, das vollkommener ist, kostbarer und verehrungswürdiger als die (gesamten übrigen) ‘Naturen’. Und ich schwöre euch bei Gott, dass ich lange Zeit in den Büchern geforscht habe, um zu der Wissenschaft dieses einzigen Dinges zu gelangen, und dass ich Gott gebeten habe, mich zu lehren, was es ist. Nachdem er aber meine Bitte erhört hatte, zeigte er mir das ‘reine Wasser’, was ich als den ‘lauteren Essig’ erkannte, und je mehr ich die Bücher las, desto mehr wurde mir Erleuchtung zuteil.

Sagte die Versammlung: Du hast gut gesprochen, Sokrates, fahre in deiner Rede fort!)