Kapitel 13 – Aurora von Jakob Böhme

Von dem schrecklichen, kläglichen und elenden Falle des Königreichs Luzifers

Das 13. Kapitel
Von dem schrecklichen, kläglichen und elenden Falle des Königreichs Luzifers

Vor diesen Spiegel will ich alle hoffärtigen, geizigen, neidischen und zornigen Menschen geladen haben. Da werden sie den Ursprung ihrer Hoffart, Geizes, Neides und Zornes sehen und auch den Ausgang und endliche Belohnung.

2. Es haben die Gelehrten viel und mancherlei Monstra herfürbracht von dem Anfang der Sünden und Ursprung des Teufels, und haben sich damit gekratzet. Ein jeder hat gemeinet, er habe die Art bei dem Stile, und ist ihnen gleichwohl sämtlich verborgen blieben bis auf dato.

3. Weil sichs aber nunmehr will gänzlich offenbaren, als wie in einem hellen Spiegel, so ist wohl zu vermuten, daß der große Tag der Offenbarung Gottes nunmehr vorhanden ist, da sich die Grimmigkeit und das angezündete Feuer von dem Lichte scheiden wird.

4. Darum soll sich keiner selber stockblind machen, denn die Zeit der Wiederbringung, was der Mensch verloren hat, die ist nunmehr vorhanden, die Morgenröte bricht an. Es ist Zeit vom Schlafe aufzuwachen.

5. Nun fragt sichs: Was ist denn der Quell der ersten Sünden des Königreichs Luzifers? Allhie muß man die höchste Tiefe der Gottheit wieder vor die Hand nehmen und besehen, woraus König Luzifer ist zu einer Kreatur worden, oder was der erste Quell der Bosheit in ihm gewesen sei.

6. Es entschuldiget sich der Teufel und seine Rotten, sowohl auch alle gottlosen Menschen, die in der Verderbung gezeuget werden, noch immerdar, Gott tue ihnen unrecht, daß er sie verstoße.

7. Es darf auch wohl die jetzige Welt sagen, Gott habe es in seinem vorsätzlichen Rate also beschlossen, daß etliche Menschen sollen selig sein und etliche verdammt. Dazu habe Gott den Fürsten Luzifer darum verstoßen, daß er soll ein Spektakel sein des Zorns Gottes.

8. Als gleich ob die Hölle oder das Böse von Ewigkeit gewesen wäre und Gott in seinem Fürsatz hätte, daß Kreaturen darinnen sein sollen und müssen, und kratzen und dehnen sich also mit den Schriften solches zu erweisen, da sie doch weder Erkenntnis des rechten Gottes noch der Schrift Verstand haben, wiewohl in die Schrift auch etlich irrig Ding gebrauen ist.

9. Christus saget: Der Teufel sei ein Mörder und Lügner vom Anfang gewesen und sei in der Wahrheit nie bestanden, Joh 8,44. Weil ihm aber dieselben Rechtsprecher und Disputierer so treulich bestehen und verkehren Gottes Wahrheit in Lügen, indem sie aus Gott einen durstigen und grimmigen Teufel machen, der das Böse geschaffen habe und noch wolle, so sind sie mit samt dem Teufel allzumal Mörder und Lügner.

10. Denn gleichwie der Teufel ein Stifter und Vater der Höllen und Verdammnis ist, und hat ihm die höllische Qualität selber erbauet und zugerichtet zu seinem königlichen Sitz, also sind auch solche Skribenten der Lügen und Verdammnis Baumeister, die dem Teufel helfen seine Lügen bestätigen und aus dem barmherzigen, lieblichen, freundlichen Gott einen Mörder und eifrigen Verderber machen und verkehren Gottes Wahrheit in Lügen.

11. Denn im Propheten spricht Gott: So wahr ich lebe, ich habe nicht Lust am Tode des Sünders, sondern daß er sich bekehre und lebe, Ez 33,11. Und im Psalmen stehet: Du bist nicht ein Gott, der das Böse will, Ps 5,5.

12. Dazu hat Gott den Menschen Gesetze gegeben und das Böse verboten und das Gute geboten. So denn Gott das Böse wollte und auch das Gute, so müßte er mit ihm selber uneins sein, und würde folgen, daß eine Zerstörung in der Gottheit sei, daß eines wider das ander laufe und eines das ander verderbe.

13. Nun wie dieses alles beschaffen sei oder wie die Bosheit seinen ersten Quell, Ursprung und Anfang habe genommen, will ich in höchster Einfalt in der größten Tiefe erklären.

14. Es ladet und zitieret derowegen der Geist alle verirreten und vom Teufel verführeten Menschen auf diese Schule vor diesen Spiegel. Da werden sie dem Mordteufel ins Herze sehen. Wer sich nun vor seiner Lügen nicht hüten will, da er doch wohl kann, dem ist kein Rat, weder hie noch dorte. Wer mit ihm säen will, der wird auch mit ihm ernten. Im Centro des Blitzes beweiset sich, daß die Ernte schon gar weiß ist, da wird ein jeder einernten, was er ausgesäet hat.

15. Allhie will ich mein überantwortet Pfund auf Zins ausleihen, wie mir denn befohlen ist. Wer nun mit mir wuchern und handeln will, dem solls frei stehen, er sei gleich ein Christ, Jude, Türke oder Heide. Es gilt mir alles gleich. Mein Kaufhaus soll einem jeden offen stehen, und soll keiner gefinanzet oder betrogen werden, sondern es soll ihm recht geschehen.

16. Da mag nun ein jeder zusehen, daß er handele, damit er seinem Herrn Wucher erwerbe. Denn ich fürchte wohl, es werde sich nicht ein jeder Kaufmann können in meine Ware schicken, sintemal sie manchem gar unbekannt wird sein. So wird auch nicht ein jeder meine Sprache verstehen.

17. Derowegen will ich einen jeden gewarnet haben, daß er vorsichtig handele und sich nicht bedünken lasse, er sei reich, er könne nicht arm werden. Wahrlich ich habe wunderbarliche Ware feil; es wird sich nicht ein jeder darin verstehen.

18. Da nun einer in seiner vollen Weise hineinplumpte und geriete in Verderben, der mag ihm selber die Schuld geben. Er bedarf wohl eines Lichtes in seinem Herzen, damit sein Verstand und Gemüte möchte regieret werden.

19. Anders komme er nur nicht auf mein Kaufhaus oder er betreugt sich selber, denn die Ware, die ich feil habe, die ist gar edel und teuer und bedarf gar scharfen Verstand. Darum siehe dich vor und steig nicht in die Höhe, wo du keine Leiter siehest, oder du fällest.

20. Mir aber ist die Leiter Jakobs gezeiget, darauf bin ich gestiegen bis in Himmel, und habe meine Ware empfangen, die ich feil habe. Will mir nun jemand nachsteigen, der sehe auch, daß er nicht trunken sei, sondern er muß umgürtet sein mit dem Schwert des Geistes .

21. Denn er muß durch eine grausame Tiefe steigen. Der Schwindel wird ihm oft in Kopf kommen. Dazu muß er mitten durch der Höllen Reich steigen. Was er allda wird für Verhöhnung und Spott müssen leiden, das wird er wohl erfahren.

22. Ich habe es in diesem Kampf auch oft müssen mit traurigem Herzen erfahren. Die Sonne ist mir oft verloschen, aber wieder aufgegangen. Und je öfter sie verloschen ist, je heller und schöner ist sie wieder aufgegangen.

23. Nicht schreibe ich mir dies zum Lobe, sondern ob dirs auch also ginge, daß du darum nicht gar verzweifelst, denn es gehöret gar strenge Arbeit hierzu, wer zwischen Himmel und Hölle will mit dem Teufel fechten, denn er ist ein mächtiger Fürst.

24. Darum schaue zu, daß du den Panzer des Geistes anhabest, anders komme nur nicht auf mein Kaufhaus oder du wirst mit dieser Ware übel handel. Du mußt dem Teufel und der Welt absagen, willst du kämpfen, sonst siegest du nicht. So du aber nicht siegest, so laß mein Buch mit Frieden und bleibe bei dem alten oder du wirst bösen Lohn empfahen. Irre dich nicht, Gott läßt sich nicht spotten, Gal 6,7.

25. Es ist fürwahr ein enger Steg; der da will durch der Höllen Pforten zu Gott dringen, er muß manchen Druck und Quetsch des Teufels leiden. Denn das menschliche Fleisch ist gar jung und zart, und der Teufel rauh und hart, dazu finster, hitzig, bitter, herb und kalt. Die zwei fügen sich übel zusammen.

26. Darum will ich den Leser treulich gewarnet haben als wie mit einer Vorrede über diese große Geheimnis, ob er dies Ding nicht verstünde und doch gern verstehen wollte, daß er wollte Gott um seinen Hl. Geist bitten, daß er ihn wolle mit dem selben erleuchten.

27. Ohne Erleuchtung desselben wirst du diese Geheimnis nicht verstehen, denn es ist in des Menschen Geist ein fest Schloß davor, das muß vonehe aufgeschlossen werden. Und das kann kein Mensch tun, denn der Hl. Geist ist allein der Schlüssel dazu.

28. Darum willst du eine offene Porte in die Gottheit haben, so mußt du in Gottes Liebe wallen. Das hab ich dir zur Nachrichtung hieher gesetzt.

29. Nun merke: Ein jeder Engel ist geschaffen in dem siebenten Quellgeiste, welcher ist die Natur. Daraus ist sein Leib zusammenkorporieret, und ist ihm sein Leib zum Eigentum gegeben worden, und derselbe ist für sich frei, gleichwie der ganze Gott frei ist.

30. Er hat außer ihm keinen Trieb. Sein Trieb und Beweglichkeit stehet in seinem Corpus. Derselbe ist auf Art und Weise wie der ganze Gott ist und sein Licht und Erkenntnis, dazu sein Leben wird auf Art und Weise geboren, wie das ganze göttliche Wesen geboren wird. Denn der Leib ist der zusammenkorporierte Naturgeist und umschleußt die andern sechs Geister. Die gebären sich in dem Leibe gleichwie in der Gottheit.

31. Nun hat Luzifer den allerschönsten und kräftigsten Leib im Himmel unter allen Fürsten gehabt. Und sein Licht, das er in seinem Leibe immer geboren hat, das hat mit dem Herzen oder Sohn Gottes inkorporieret, als wäre es ein Ding.

32. Als er aber gesehen hat, daß er also schöne ist, und hat empfunden seine innerliche Geburt und große Gewalt, so hat sein Geist, den er in seinen Corpus geboren hat, der da ist sein animalischer Geist oder Sohn oder Herze sich enthebet, in willens über die göttliche Geburt zu triumphieren und sich über das Herze Gottes zu erheben.

33. Hier merke die Tiefe: Im mittlern Quellbrunne, welcher ist das Herze, da gehet die Geburt auf. Die herbe Qualität reibet sich mit der bittern und Hitze. Da zündet sich das Licht an. Das ist der Sohn, dessen er in seinem Leibe immer schwanger ist, und das ihn erleuchtet und lebendig machet.

34. Nun ist dasselbe Licht im Luzifer also schön gewesen, daß es hat des Himmels Gestalt übertroffen, und in demselben Lichte ist der vollkommene Verstand gewesen, denn alle sieben Quellgeister gebären dasselbe Licht.

35. Nun aber sind die sieben Quellgeister des Lichtes Vater und mögen der Geburt des Lichts zulassen, wieviel sie wollen. Das Licht kann sich nicht höher erheben als ihm die Quellgeister zulassen.

36. Wenn aber das Licht geboren ist, so erleuchtet es alle sieben Quellgeister, daß sie alle sieben verständig sind und geben alle sieben ihren Willen zur Geburt des Lichtes.

37. Nun hat aber ein jeder Macht, seinen Willen in der Geburt des Lichtes zu ändern, nach dem es vonnöten tut. So nun das geschieht, so kann der Geist nicht also triumphieren, sondern muß seine Pracht legen. Und darum sind alle sieben Geister in voller Gewalt, und hat ein jeder den Zügel bei der Hand, daß er mag innehalten und den gebornen Geist nicht lassen höher triumphieren als ihm gebühret.

38. Die sieben Geister aber, die in einem Engel sind, die das Licht und den Verstand gebären, die sind mit dem ganzen Gott verbunden, daß sie nicht sollen anders oder höher oder sehrer qualifizieren als Gott selber, denn Gott hat sie darum aus sich geschaffen, daß sie sollen in solcher Form und Weise qualifizieren wie Gott selber.

39. Nun taten aber die Quellgeister im Luzifer solches nicht, sondern weil sie sahen, daß sie im höchsten Primat saßen, so bewegten sie sich also hart, daß der Geist, den sie geboren, ganz feurig ward, und stieg im Quellbrunne des Herzens auf wie eine stolze Jungfrau.

40. So die Quellgeister hätten feinlich qualifizieret, wie sie taten, ehe sie kreatürlich worden, als sie noch in gemein in Gott waren vor der Schöpfung, so hätten sie auch einen lieblichen und sanften Sohn in sich geboren, der wäre dem Sohn Gottes gleich gewesen, und wäre das Licht im Luzifer und der Sohn Gottes ein Ding gewesen, eine Inqualierung oder Infizierung, ein lieblich Halsen, Herzen und Ringen.

41. Denn das große Licht, welches ist das Herze Gottes, das hätte fein sanft und lieblich mit dem kleinen Licht im Luzifer als mit einem jungen Sohn gespielet. Denn der kleine Sohn im Luzifer sollte des Herzens Gottes liebes Brüderlein sein.

42. Zu solchem Ende hat Gott der Vater die Engel geschaffen, daß gleichwie er in seinen Qualitäten vielfältig und in seiner Veränderung unbegreiflich ist in seinem Liebe-Spiel, also sollten auch die Geisterlein oder die Lichterlein der Engel, welche sind wie der Sohn Gottes, vor dem Herzen Gottes in dem großen Lichte fein sanft spielen, damit die Freude im Herzen Gottes möchte hier vermehret werden, und möchte also in Gott ein heiliges Spiel sein.

43. Die sieben Geister der Natur im Engel, die sollten fein lieblich in Gott ihrem Vater spielen und aufsteigen, wie sie vor ihrem kreatürlichen Wesen getan hatten, und sich in ihrem neugebornen Sohne freuen, den sie aus sich selbst geboren hatten, welcher das Licht und Verstand ihres Leibes ist.

44. Und dasselbe Licht sollte fein sanft in dem Herzen Gottes aufsteigen und sich in dem Lichte Gottes freuen als wie ein Kind bei seiner Mutter. Da sollte sein herzlich Lieben und freundlich Küssen, gar ein sanfter und lieblicher Geschmack.

45. In diesem sollte der Ton aufsteigen und schallen mit Singen und Klingen, Loben und Jubilieren, und sollten sich alle Qualitäten darinnen freuen und ein jeder Geist seine göttliche Arbeit treiben wie Gott der Vater selber. Denn solches hatten die sieben Geister in vollkommlicher Erkenntnis, denn sie waren mit Gott dem Vater inqualieret, daß sie alles konnten sehen, fühlen, schmecken, riechen und hören, was Gott ihr Vater machte.

46. Als sie sich aber erhuben in scharfer Anzündung, so taten sie ja wieder Naturrecht anders als Gott ihr Vater tat, und das war ein Quell wider die ganze Gottheit. Denn sie zündeten den Salitter des Corpus an und gebaren einen hoch triumphierenden Sohn, der in der herben Qualität war und hart, rauh, finster und kalt, in der süßen brennend, bitter und feuerig. Der Tod war ein harter Feuerklang, die Liebe war eine hochmütige Feindschaft wider Gott.

47. Da stund nun die angezündete Braut in dem siebenten Naturgeiste wie eine stolze Bestia, und vermeinete nun, sie wäre über Gott, es wäre ihr nichts gleich. Die Liebe war erkaltet, das Herze Gottes konnte sie nicht berühren, denn es war ein Widerwillen zwischen ihnen. Das Herze Gottes wallete fein sanft und liebreich. So wallete das Herze des Engels ganz finster, hart, kalt und feurig.

48. Nun sollte das Herze Gottes mit dem Herze des Engels inqualieren, und das konnte nicht sein, denn es war Hart wider Weich, und Sauer wider Süße und Finster wider Licht und Feuer wider ein lieblich Wärmen, und hartes Pochen wider einen lieblichen Gesang.

49. Höre Luzifer, wer ist nun schuld dran, daß du bist ein Teufel worden? Ist Gott, wie du lügst? 0 nein, du selber. Die Quellgeister in deinem Corpus, der du selber bist, die haben dir ein solch Söhnlein geboren. Du kannst nicht sagen, daß den Salitter, daraus er dich machte, hat angezündet, sondern deine Quellgeister tatens, nachdem du schon ein Fürst und König Gottes warest.

50. Darum wenn du sagest, Gott habe dich also geschaffen oder ohne genugsame Ursachen aus deinem Loco gespeiet, so bist du ein Lügner und Mörder, denn das ganze Himmelsheer gibt Zeugnis wider dich, daß du dir die grimmige Qualität hast selber zugerichtet.

51. Ists nicht wahr, so fahre vor Gottes Antlitz und verantworte dich. Aber du siehests ohne das wohl und darfst es nicht wohl anschauen. Lieber, möchtest du nicht einen freundlichen Kuß von dem Sohne Gottes haben, daß du dich einmal labest. Wo du redet bist, so schau ihn doch einmal an, vielleicht wirst du gesund.

52. Aber warte ein wenig, es sitzt ein anderer auf deinem Stuhle. Der lässet sich küssen und ist seinem Vater ein gehorsamer Sohn und tut, wie der Vater tut. Warte nur noch eine kleine Weile, so wird dich das höllische Feuer küssen. Nimm derweil mit dem Latein fürlieb, bis dir mehr draus wird, du wirst bald deine Krone verlieren.

53. Nun möchte einer fragen: Was ist denn eigentlich im Luzifer die Feindschaft wider Gott, darum er aus seinem Loco getrieben worden ist? Allhie will ich dir den Kern und das Herze Luzifers eigentlich zeigen. Da wirst du sehen, was ein Teufel ist oder wie er ein Teufel worden ist. Darum schaue zu und lade ihn nicht zu Gaste, denn er ist Gottes und aller Engel und Menschen abgesagter Feind, und das in seine Ewigkeit.

54. Wirst du nun dieses recht verstehen und begreifen, so wirst du nicht aus Gott einen Teufel machen, wie etliche tun, die da sagen, Gott habe das Böse gsechaffen und wolle noch, daß etliche Menschen sollen verloren werden; welche dem Teufel seine Lügen helfen vermehren und führen über sich selbst das strenge Urteil, indem sie Gottes Wahrheit in Lügen verkehren.

55. Nun merke: Die ganze Gottheit hat in ihrer innerlichsten oder anfänglichsten Geburt im Kern gar eine scharfe erschreckliche Schärfe, indem die herbe Qualität gar ein erschrecklich, herb, hart, finster und kalt Zusammenziehen ist gleich dem Winter, wenn es grimmig kalt ist, daß aus dem Wasser Eis wird, und dazu ganz unerträglich.

56. Denke, wenn im Winter, wenn es also kalt ist, sollte die Sonne weggenommen werden, was da für eine Kälte und ganz rauhe und harte Finsternis sein würde. Da könnte kein Leben bestehen.

57. Auf eine solche Art ist die herbe Qualität im innersten Kern in sich selbst und für sich allein außer den andern Qualitäten in Gott, denn die Strengigkeit macht die Zusammenziehung und Haltung eines Corpus, und die Härtigkeit vertrocknete, daß es kreatürlich bestehet.

58. Und die bittere Qualität ist ein reißend, durchdringend und schneidend bitter Quell, denn sie zerteilst und zertreibet die harte und herbe Qualität und macht die Beweglichkeit. Und zwischen diesen zwei Qualitäten wird die Hitze geboren von ihrem harten und grimmigen bittern Reiben, Reißen und Toben, die steiget in der bittern und harten Qualität auf als eine grimmige Anzündung, und fähret hindurch als ein harter Feuerklang, davon der harte Ton entstehet. Und in solchem Aufsteigen oder solch Aufsteigen wird in der herben Qualität umschlossen und befestigst, daß es ein Corpus ist, der bestehet.

59. Nun so denn in diesem Corpus keine Qualität mehr wäre, die da könnte dieser vier Qualitäten Grimmigkeit löschen, so wäre ja eine stete Feindschaft darinnen, denn die bittere wäre wider die herbe, indem sie also darinnen stürmet und reißet und die herbe zersprenget.

60. So wäre die herbe auch wider die bittere, indem sie die bittere also zusammenzeucht und gefangen hält, daß sie ihren eigenen Gang nicht haben könnte.

61. Und die Hitze wäre wider die alle beide, indem sie mit ihrem grimmen Anzünden und Aufsteigen alles hitzig und wütend machet, und ganz wider die Kälte ist.

62. So wäre der Ton eine große Feindschaft in den andern allen, indem er mit Gewalt durch alles fähret als ein Wüterich.

63. Nun dieses ist also die allertiefeste und innerlichste, verborgene Geburt Gottes, nach welcher er sich einen zornigen, eiferigen Gott nennet, wie bei den Zehn Geboten am Berge Sinai zu sehen ist; Ex 20,5; Deut 5,9. Und in solcher Qualität stehet die Hölle und ewige Verderbnis, dazu die ewige Feindschaft und Mordgrube, und eine solche Kreatur ist der Teufel worden.

64. Weil er aber nun ein abgesagter Feind Gottes ist und gleichwohl die Disputierer und Teufelshelfer wollen erzwingen, daß Gott das Böse und auch das Gute wollte und daß Gott etliche Menschen habe zur Verdammnis geschaffen, so ladet sie der Geist Gottes bei Pön ewiger Feindschaft vor diesen Spiegel. Da soll ihr Herz aufgeschlossen werden und sollen sehen, was Gott ist oder wer der Teufel ist oder wie er ein Teufel worden ist.

65. Ist dein Herze nicht im Tode verriegelt durch deinen Mutwillen und Gotteslästerung und ersoffene greuliche Sünden, in willens, davon nicht abzustehen, so wache auf und siehe!

66. Ich nehme Himmel und Erden, dazu Sternen und Elementa und alle Kreaturen und den Menschen in seiner ganzen Substanz selber zum Zeugnis, und will es auch helle und klar an seinem gehörenden Orte mit allen diesen erzählten Dingen erweisen, sonderlich bei der Schöpfung aller Kreaturen.

67. Genüget dir an diesen Dingen nicht, so bitte Gott, daß er dir dein Herze auftut, so wirst du Himmel und Hölle, dazu die ganze Gottheit in aller ihrer Qualität erkennen und sehen; alsdann wirst du wohl aufhören, dem Teufel Recht zu sprechen. Ich kann dir dein Herze nicht aufschließen. Nun merke:

Die rechte Geburt Gottes  

68. Siehe, wie ich oben erzählet habe, so ist die Geburt Gottes in seinem innersten Wesen in diesen vier Qualitäten also scharf.

69. Du mußts aber nicht eigent verstehen. Die herbe Qualität ist also scharf in ihrer eignen Qualität in sich selber. Sie ist aber nicht allein oder außer den andern, auch nicht von sich oder in sich selber geboren, daß sie ganz frei ist, sondern die andern sechs Geister gebären sie. Und die haben sie auch bei dem Zügel und mögen ihr Gewalt lassen, wieviel sie wollen. Denn das süße Quellwasser ist flugs die Peitsche über die herbe Qualität und sänftiget sie, daß sie ganz dünne, sanft und weich wird, dazu ganz lichte.

70. Daß sie aber also scharf in sich ist, das ist zu dem Ende, daß kann ein Corpus durch ihre Zusammenziehung gebildet werden, sonst bestünde die Gottheit nicht, viel weniger eine Kreatur. Und in dieser Schärfe ist Gott ein allbegreiflich- und allfaßlicher scharfer Gott, denn die Geburt und Schärfe Gottes ist allenthalben also.

71. So ich dir aber die Gottheit in ihrer Geburt soll in einem kurzen runden Zirkel recht in der höchsten Tiefe beschreiben, so ist sie also: Gleich als wenn ein Rad vor dir stünde mit sieben Rädern, da je eines in das andere gemacht wäre, also daß es auf Erden gehen könnte, vor sich und hinter sich und quericht und dürfte keiner Umwendung. Und so es ginge, daß immer ein Rad in seiner Umwendung das ander gebäre und doch keines verginge, sondern alle sieben sichtlich wären. Und die sieben Räder gebären immer die Naben inmitten nach ihrer Umwendung, daß also die Nabe frei ohne Veränderung immer bestünde. Die Räder gingen gleich vor sich oder hinter sich oder quericht oder über sich oder unter sich. Und die Nabe gebäre immer die Speichen, daß sie in dem Umwenden überall recht wären, und doch auch keine Speiche verginge, sondern sich immer also miteinander umdrehete, und ginge, wohin es der Wind drehete, und dürfte keiner Umwendung.

72. Nun merke, was ich dich bescheide: Die sieben Räder sind die sieben Geister Gottes. Die gebären sich immer einer den andern, und ist wie man ein Rad umwendet, da sieben Räder ineinander wären und eines drehete sich immer anders als das ander in seinem Innestehen, und wären die sieben Räder ineinandergefelget wie eine runde Kugel. Da man doch gleichwohl alle sieben Räder, eines jeden Umgang insonderheit sähe, sowohl auch seine ganze Geschicklichkeit mit seinen Felgen und Speichen und mit seiner Naben. Und die sieben Naben inmitten wären wie eine Nabe, die sich im Umwenden überall hinschickte, und die Räder gebären immer dieselben Naben, und die Nabe gebäret immer in allen sieben Rädern die Speichen, und verginge doch auch kein Rad, sowohl auch keine Nabe und auch keine Felge und Speiche. Und dasselbe Rad hätte sieben Räder und wäre doch nur ein Rad, und ginge immer vor sich, wo es der Wind hintriebe.

73. Nun siehe: Die sieben Räder ineinander, da eines immer das ander gebäret, und auf allen Seiten gehen und doch keines vergehet oder sich umwendet, das sind die sieben Quellgeister Gottes des Vaters. Die gebären in den sieben Rädern in jedem Rad eine Nabe und sind doch nicht sieben Naben, sondern nur eine, die sich in alle sieben Räder schicket.

74. Und das ist das Herze oder der innerste Corpus der Räder, darinnen die Räder umlaufen. Und das bedeut den Sohn Gottes, den alle sieben Geister Gottes des Vaters in ihrem Zirkel immer gebären. Und er ist aller sieben Geister Sohn, und sie qualifizieren alle in seinem Lichte, und ist inmitten der Geburt und hält alle sieben Geister Gottes. Und sie wenden sich in ihrer Geburt mit ihm also um.

75. Das ist, sie steigen nun über sich oder unter sich oder hinter sich und vor sich oder quericht. So ist das Herze Gottes immer inmitten und schickt sich immer zu jedem Quellgeiste. Also ists ein Herze Gottes und nicht sieben, das von allen sieben Geistern immer geboren wird, und ist aller sieben Geister Herze und Leben. Nun die Speichen, die von der Naben und den Rädern immer geboren werden und doch sich in alle Räder im Umgehen schicken und ihre Wurzel, Anhalt oder Einpflocken, darinne sie stehen und daraus sie geboren werden, die bedeuten Gott den Hl. Geist, der aus dem Vater und Sohne ausgehet. Gleichwie die Speichen aus der Naben und dem Rade, bleiben doch auch in dem Rade.

77. Nun gleichwie der Speichen viele sind und gehen immer in dem Rade mit um, also ist der Hl. Geist der Werkmeister in dem Rade Gottes und formet und bildet alles in dem ganzen Gott.

78. Nun hat das Rad sieben Räder ineinander, und eine Nabe, die sich in alle sieben Räder schicket, und alle sieben Räder an der einen Naben. Also ist Gott ein einiger Gott mit sieben Quellgeistern ineinander, da immer einer den andern gebäret, und ist doch nur ein Gott, gleichwie alle sieben Räder ein Rad.

79. Nun merke: Das Rad in seinem zusammenkorporierten Baue bedeutet die herbe Qualität. Die zeucht das ganze körperliche Wesen der Gottheit zusammen und hält es und vertrocknet es, daß es bestehet. Und das süße Quellwasser wird von dem Umtreiben oder Aufsteigen der Geister geboren. Denn wenn sich das Licht in der Hitze gebäret, so erschrickt die herbe Qualität vor großer Freude. Und das ist wie ein Niederlegen oder Dünnewerden, und sinket das harte körperliche Wesen nieder wie eine Sanftmut.

80. Der Schrack oder Anblick des Lichts steiget nun in der herben Qualität fein sanft und zitternd auf und zittert. Der ist nun in dem Wasser bitter. Und das Licht vertrocknet ihn und macht ihn freundlich und süße.

81. Darinnen stehet nun das Leben und die Freude, denn der Schrack oder Blitz steiget nun in allen Qualitäten auf wie ein oberzählet Rad, das sich umwendet. Da steigen alle sieben Geister ineinander auf und gebären sich gleichwie in einem Zirkel. Und das Licht wird mitten in den sieben Geistern scheinend und scheinet wider in alle sieben Geister. Und darinnen triumphieren alle Geister und freuen sich in dem Lichte.

82. Gleichwie die sieben Räder an der einigen Naben umgehen als an ihrem Herzen, das sie hält. Und sie halten die Naben; also auch gebären die sieben Geister das Herze, und das Herze hält die sieben Geister, und gehen allda auf Stimmen und göttliche Freudenreich, herzliches Lieben und Küssen.

83. Denn wenn die Geister mit ihrem Licht ineinander wallen, sich umdrehen und aufsteigen, so wird immer das Leben geboren, denn ein Geist gibt immer dem andern seinen Geschmack, das ist, er infizieret sich mit dem andern.

84. Also kostet einer den andern und fühlet den andern. Und der Schall oder Ton dringet von allen sieben Geistern gegen das Herz und steiget in dem Herzen im Blitze des Lichts auf. Da gehen auf Stimmen und Freudenreich des Sohnes Gottes. Und alle sieben Geister triumphieren und freuen sich in dem Herzen Gottes, ein jeder nach seiner Qualität.

85. Denn in dem Lichte in dem süßen Wasser wird alle Herbigkeit und Härtigkeit und Bitterkeit und Hitze gesänftiget und lieblich, und ist in den sieben Geistern nichts denn ein liebliches Ringen und wunderliches Gebären, wie ein heiliges Spiel Gottes.

86. Ihre scharfe Geburt aber, davon ich oben geschrieben habe, die bleibet als wie ein Kern verborgen, denn sie wird von dem Licht und süßen Wasser gesänftiget.

87. Gleichwie ein saurer und bitterer grüner Apfel von der Sonnen gezwungen wird, daß er fein lieblich ist zu essen, und man schmecket doch alle seine Qualitäten, also behält auch die Gottheit ihre Qualitäten, aber sie ringet fein sanft wie ein lieblich Spiel.

88. So sich aber die Quellgeister würden erheben und geschwinde ineinander durchdringen und sich hart reiben und quetschen, so quetschte sich das süße Wasser aus und zündete sich die grimmige Hitze an. Alsdann würde aufgehen das Feuer aller sieben Geister wie im Luzifer.

89. Das ist nun die wahrhaftige Geburt der Gottheit, die von Ewigkeit an allen Enden ist also gewesen und bleibet in alle Ewigkeit also. Aber im Reiche Luzifers des Verderbers hats eine andere Gestalt, wie ich oben von der Grimmigkeit geschrieben habe. Und in dieser Welt, welche jetzt auch halb angezündet ist, hats jetzo auch eine andere Gestalt, bis auf den Tag der Wiederbringung. Davon will ich bei der Schöpfung dieser Welt schreiben.

90. Nun in diesem herrlichen, lieblichen und himmlischen Salitter oder göttlichen Qualitäten ist das Königreich Luzifers auch geschaffen ohne einige größere Bewegung als der andern. Denn als Luzifer geschaffen war, so stund er da ganz vollkommen und war der schönste Fürst im Himmel, geschmückt und angetan mit der schönsten Klarheit des Sohnes Gottes.

91. So aber Luzifer in der Bewegung der Schöpfung wäre verdorben, wie er fürgibt, so hätte er seine Vollkommenheit, Schönheit und Klarheit niemals gehabt, sondern wäre alsbald ein grimmiger finsterer Teufel gewesen und nicht ein Cherub.

Von der herrlichen Geburt und Schönheit des Königs Luzifer  

92. Siehe, du Mord- und Lügengeist, allhie will ich deine königliche Geburt beschreiben, wie du in deiner Erschaffung worden bist, wie dich Gott erschaffen hat und wie du also schön geworden bist und zu waserlei Ende dich Gott erschaffen hat.

93. Wenn du anders sagest, so lügst du, denn es zeuget Himmel und Erden, dazu alle Kreaturen, ja die ganze Gottheit wider dich, daß dich Gott zu seinem Lob erschaffen hat aus sich selber zu einem Fürsten und Könige Gottes, wie den Fürsten Micha-El und Uri-El.

94. Nun merke: Als sich die Gottheit zur Schöpfung beweget hat und hat wollen Kreaturen in seinem Corpus bilden, so hat er nicht die Quellgeister angezündet, sonst würden sie wohl ewig brennen; sondern er hat sich ganz sanft in der herben Qualität beweget. Dieselbe hat den göttlichen Salitter zusammengezogen und vertrocknet, daß es ein Corpus worden, und ist die ganz göttliche Kraft aller sieben Quellgeister des Orts oder Raumes, soweit der Engel begriffen, in dem Corpus gefangen und des Corpus Eigentum worden, welches nicht wieder kann oder soll zerstöret werden in Ewigkeit, sondern soll des Corpus Eigentum bleiben in Ewigkeit.

95. Nun die gefangene oder zusammenkorporierte Kraft aller sieben Quellgeister die hat nun in dem Corpus ihr Eigentum gehabt und ist in dem Corpus aufgestiegen und hat sich geboren nach Art und Weise, wie sich die ganze Gottheit gebäret aller sieben Quellgeister.

96. Es hat sowohl immer eine Qualität die andere geboren, und ist doch auch keine vergangen wie in dem ganzen Gott. So hat sich der ganze Corpus sowohl auch in der Dreiheit geboren, gleichwie sich die Gottheit außer dem Corpus in der Dreiheit gebäret.

97. Dieses muß ich aber allhie melden, daß Luzifer der König ist aus seinem ganzen Königreiche zusammenkorporieret worden als das Herze des ganzen Ortes oder Raumes, soweit sein ganz englisch Heer ist geschaffen worden und soweit der Zirk begriffen hat, darinnen er mit seinen Engeln ist zur Kreatur worden und Gott vor der Zeit der Schöpfung in sich beschlossen hatte zu einem Raum eines Königreichs.

98. Welcher Zirk begreift den erschaffenen Himmel und diese Welt, sowohl die Tiefe der Erden und des ganzen Zirks.

99. Nach den Qualitäten sind seine Quellfürsten geschaffen worden, welches da sind seine königlichen Räte, sowohl alle seine Engel. Doch sollst du wissen, daß ein jeder Engel alle sieben Geister in sich hat, aber einer unter den sieben ist Prinzipal.

100. Nun siehe: Als nun der König Luzifer also zusammenkorporieret ward als ein Begreifer seines ganzen Königreichs, so ist alsbald zur selben Stunde und in demselben Augenblicke, als er zusammenkorporieret worden, die Geburt der Hl. Dreifaltigkeit Gottes, welches er in seinem Corpus zum Eigentum gehabt, aufgestiegen und hat sich geboren wie außer der Kreatur in Gott.

101. Denn im Zusammentreiben des Corpus ist gleich auch die Geburt mit großem Triumph als in einem neugebornen Könige in Gott aufgestiegen, und haben sich alle sieben Quellgeister ganz freudenreich und triumphierend erzeiget. Und ist alsbald in demselben Augenblicke das Licht aus den sieben Geistern im Centro des Herzens geboren worden und aufgegangen als ein neugeborner Sohn des Königs, welcher auch alsbald augenblicklich den Corpus aller sieben Quellgeister aus dem Centro des Herzens hat verkläret. Und von außen hat ihn das Licht des Sohnes Gottes verkläret.

102. Denn die Geburt des neuen Sohnes im Herzen Luzifers ist durch den ganzen Corpus gedrungen und ist von dem Sohne Gottes, welcher außer dem Corpus gewesen, glorifizieret und freundlich benevenieret worden mit der größten Schönheit des Himmels nach der Schönheit Gottes des Sohnes. Und ist ihm als ein liebes Herze oder Eigentum gewesen, mit welchem die ganze Gottheit inqualieret hat.

101. So ist auch alsbald der Geist des neugebornen Sohns im Herzen vom Lichte Luzifers durch seinen Mund ausgegangen und hat mit dem heiligen Geiste Gottes inqualirert, und ist mit höchster Freude empfangen worden als ein liebes Brüderlein.

104. Nun, da stehet nun die schöne Braut. Was soll ich nun von ihr schreiben? Ist sie nicht ein Fürst Gottes gewesen, dazu der allerschönste, dazu in Gottes Liebe als ein lieber Sohn der Kreaturen?

Von dem erschecklicben hoffärtigen und nunmehr kläglichen Anfang der Sünden, die höchste Tiefe  

105. Hie merke auf: Als nun König Luzifer also schön, herrlich, hoch und heilig erbauet war, so sollt er nun anfangen und Gott seinen Schöpfer loben, preisen und ehren, und sollte das tun, das Gott sein Schöpfer tat.

106. Als nämlich Gott sein Schöpfer der qualifizierte fein sanft, lieblich und freudenreich, und ein Quellgeist in Gott liebet immer den andern und infizieret sich mit dem andern und hilft dem andern in der himmlischen Pomp immer bilden und formen.

107. Dadurch in der himmlischen Pomp immer schöne Figuren und Gewächse aufgehen, dazu vielerlei Farben und Frucht. Das tun die Quellgeister Gottes, das ist in Gott wie ein hl. Spiel.

108. Nun siehe: Weil denn nun jetzo Gott hatte ewige Kreaturen aus sich selber zusammenkorporieret, so sollten dieselben nicht in der himmlischen Pomp auf eine solche Weise qualifizieren gleichwie Gott. Nein, denn zu dem Ende waren sie nicht also gebildet worden. Denn der Schöpfer hatte aus den Ursachen den Leib eines Engels trockner zusammenkorporieret als er in seiner Gottheit war und blieb, daß die Qualitäten sollten härter und derber werden auf daß der Ton oder Schall sollte lautbar werden; auf daß, wenn die sieben Qualitäten im Engel im Centro des Herzen das Licht und den Geist oder Verstand gebären, daß derselbe Geist, welcher im Licht des Herzens zum Munde des Engels ausfähret in die göttliche Kraft, sollte als ein lautbarer Schall in aller Qualitäten Kraft in Gott als eine liebliche Musica singen, klingen und in der Bildung oder Qualifizierung Gottes als eine liebliche herzliebende Stimme in der Formung Gottes aufgehen.

109. Wenn der Hl. Geist die himmlische Frucht bildet, so sollte der Ton, welcher im Lobe Gottes sollte aufgehen aus den Engeln, mit der Bildung der Frucht sein. Hinwieder sollte die Frucht der Engel Speise sein.

110. Und darum beten wir auch im Vaterunser: Gib uns unser täglich Brot, Mat 6,11. Daß also derselbe Ton oder Wort “Gib” welches wir aus unserm Centro des Lichts durch den animalischen Geist aus dem Munde von uns stoßen in die göttliche Kraft, soll in der göttlichen Kraft als eine Mitformung oder Mitgebärung helfen, unser täglich Brot bilden, welches uns hernach der Vater zur Speise giebet.

111. Und wenn dann also unser Ton in Gottes Ton inkorporieret wird und wird also die Frucht gebildet, so muß es uns ja gesund sein und wir in Gottes Liebe sein; und haben die Speise als für Naturrecht zu gebrauchen, dieweil unser Geist in Gottes Liebe hat dieselbe helfen bilden und formen. Hierinnen steckt die innerste und größte Tiefe Gottes. 0 Mensch, bedenke dich! An seinem Orte will ichs ausführlich erklären.

112. Nun, zu solchem Ende hat Gott die Engel geschaffen, und das tun sie auch. Denn ihr Geist, welcher im Centro oder Herzen aus ihrem Licht in Kraft aller sieben Quellgeister aufgehet, der gehet zu ihrem Munde aus gleichwie Gott der Hl. Geist vom Vater und Sohne. Und hilft alles in Gott, das ist, in der göttlichen Natur, formen und bilden durch den Marcurium, Gesang und Reden und Freudenspiel.

113. Denn gleichwie Gott in der Natur wirket allerlei Formen, Bildungen, Gewächse, Frucht, Farben, also tun auch die Engel ganz einfältig, und sollten sie gleich kaum auf einem Stecken reiten oder in dem himmlischen Maien sich der schönen Blumen freuen und davon ganz einfältig reden, noch dannoch steiget derselbe Ton oder Rede in dem göttlichen Saliter mit auf und hilft mit bilden und formen.

114. Hast du doch dessen auch viel Exempel in dieser Welt, daß wenn manche Kreatur oder Mensch nur etwas ansiehet, so verdirbet es, von wegen der Gift in den Kreaturen. Dagegen können etliche Menschen, sowohl auch Tiere und Kreaturen mit ihrem Ton oder Worten die Bosheit an einem Dinge verändern und in eine richtige Form bringen.

115. Das ist nun die göttliche Kraft, der alle Kreaturen unterworfen sind. Denn alles, was da lebet und schwebet, das ist in Gott, und Gott selber ist alles und alles, was gebildet ist, das ist aus ihm gebildet, es sei gleich aus Liebe oder Zorn.

Der Siinden Quellader  

116. Nun, wie nun Luzifer also königlich gebildet war, daß sein Geist in seiner Formierung oder Bildung in ihm aufstieg und von Gott gar schön und lieblich empfangen und in die Glorifizierung gesetzet war, da sollte er nun augenblicklich seinen englischen Gehorsam und Lauf anfangen und sollte in Gott wallen, wie Gott selber täte, als ein lieber Sohn in des Vaters Hause; und das tat er nicht.

117. Sondern als sein Licht in ihm geboren war im Herzen und seine Quellgeister urplötzlich mit dem hohen Lichte infizieret oder umfangen wurden, da wurden sie also hoch erfreuet, daß sie sich in ihrem Leibe wider Naturrecht erhoben; und fingen gleich eine höhere, stolzere, prächtigere Qualifizierung an als Gott selber.

118. Indem sich aber die Geister also erhuben und also heftig ineinander triumphierten und wider Naturrecht aufstiegen, so zündeten sich die Quellgeister zu hart an; als nämlich die herbe Qualität zog den Corpus zu hart zusammen, daß das süße Wasser vertrocknete.

119. Und der gewaltige und große helle Blitz, welcher im süßen Wasser in der Hitze war aufgegangen, davon die bittere Qualität im süßen Wasser entstehet. Der rieb sich schrecklich hart mit der herben Qualität, als wollt er sie zersprengen vor großer Freude.

120. Denn der Blitz war also helle, daß er den Quellgeistern gleichwie unerträglich war. Darum zitterte und rieb sich die bittere Qualität also hart an der herben, daß die Hitze wider Naturrecht angezündet war. Und die herbe vertrocknete auch das süße Wasser durch ihre harte Zusammenziehung.

121. Nun war aber der Hitze Qualität also streng und eiferig, daß sie der herben Qualität ihre Macht nahm, denn die Hitze entstehet im Quellbrunne des süßen Wassers.

122. Weil aber das süße Wasser durch die herbe Zusammenziehung vertrocknet war, so konnte die Hitze nunmehr zu keiner Lohe oder zu keinem Licht, denn das Licht entstehet in der Fettigkeit des Wassers, sondern sie glomm wie ein angezündet hitzig Eisen, das noch nicht recht glühend ist und ist noch gar dunkel; oder als wenn du einen sehr harten Stein ins Feuer würfest und ließest den gleich in der großen Hitze liegen, wie lange du wolltest, so würde er doch nicht glühend. Das machts, er hat zu wenig Wasser.

123. Also zündete nun die Hitze das vertrocknete Wasser an, und das Licht konnte sich nicht mehr erheben und anzünden, denn das Wasser war vertrocknet und ward von dem Feuer oder großen Hitze vollend verzehrst.

124. Nicht der Meinung, daß darum der Geist des Wassers sei aufgefressen worden, welcher in allen sieben Qualitäten wohnet, sondern seine Qualität oder Oberquelle ward verwandelt in eine dunkele, hitzig und saure Qualität.

125. Denn allhie an dem Orte hat die saure Qualität ihren ersten Ursprung und Anfang genommen, welche nun auch auf diese Welt geerbet ist, welche im Himmel in Gott auf solche Weise gar nicht ist und auch in keinem Engel. Denn sie ist und bedeut das Haus der Trübsal und Elendes, ein Vergessung des Guten.

126. Als nun dieses geschah, so rieben sich die Quellgeister ineinander nach Art und Weise, wie ich droben bei der Figur des siebenfachen Rades vermeidet habe. Denn sie pflegen also ineinander aufzusteigen und einander zu kosten oder sich miteinander zu infizieren, davon das Leben und die Liebe entstehet.

127. Nun aber war in allen Geistern nichts denn eitel hitzige, feurige, kalte und harte Verderbung. Also kostete ein böser Quell den andern, davon ward der ganze Corpus also gar grimmig, denn die Hitze war wider die Kälte und die Kälte wider die Hitze.

128. Weil denn nun das süße Wasser vertrocknet war, so fuhr die bittere Qualität, welche von dem ersten Blitze entstanden und geboren ward, als sich das Licht anzündete, in dem Corpus auf durch alle Geister, als wollte sie den Leib zerstören, wütete und tobete als die ärgeste Gift.

129. Und davon ist die erste Gift entstanden, darinnen wir armen Menschen nun in dieser Welt auch zu käuen haben und dadurch der bitter giftige Tod ins Fleisch kommen ist.

130. Nun in diesem Wüten und Reißen ward nun das Leben im Luzifer geboren, das ist sein liebes Söhnlein im Zirkel des Herzens. Was nun das für ein Leben oder liebes Söhnlein wird gewesen sein, gebe ich einer vernünftigen Seelen zu bedenken.

131. Denn wie der Vater war, so ward auch nun sein Sohn, als nämlich ein finster, herber, kalter, harter, bitter, hitziger, saurer, stinkichter Quellbrunn, und die Liebe stund in der bittern Qualität in ihrem Durchdringen und Schmecken. Die ward eine Feindschaft aller Quellgeister im Leibe des hochmütigen Königes.

132. Also stieg nun der Ton durch das Durchdringen der bittern Qualität durch die Hitze und vertrocknete Wasser und durch die herbe, harte Qualität in das Herze, in das liebe neue Söhnchen.

133. Allda ging der Geist nun aus. Wie er im Herzen geboren war, so ging er nun zum Munde aus. Was er aber für ein willkommener Gast wird vor Gott und in Gott gewesen sein und auch vor den hl. Engeln der andern Königreiche, das gebe ich dir zu bedenken. Er sollte nun mit dem Sohne Gottes inqualieren als ein Herze und ein Gott. Ach und ewig, wer will das genug schreiben oder reden!