Robert Ambelain – Die Lehre des Martinismus

Die Lehre des Martinismus

Robert Ambelain

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Robert Ambelain schöpft aus dem offenbarten Reichtum der Kabbalah, der christlichen Gnosis und damit aus der Erleuchtungslehre des Martinismus. Zwischen den Begründern dieser okkulten Lehre – Martinès de Pasqually und Louis Claude de Saint-Martin – spannt der Autor ein weites Netz um unter anderem der mystischen Bedeutung des Adam Kadmon auf den Grund zu gehen. Erklärungen zur Alchimie und zu den Archetypen lassen sich ebenso finden, wie Ausführungen zur Dreieinigkeit, der Reinkarnationslehre und dem okkulten Symbolismus.

Wie alle anderen esoterischen Lehren, benutzt der Martinismus, wie er von Martinez Pasquales definiert wurde exoterische Hilfsmittel um die subtilen und veredelten esoterischen Einzelheiten verständlich zu machen, die für den uninitierten unverständlich sind, wenn sie nur durch sich selbst erklärt werden. Die Legende oder der Mythos auf welchem die martinistische Lehre basiert ist der Grund dafür warum sie an sich so stark an die westliche Tradition und vor allem an die christliche Strömung angebunden ist.

In Bezug auf die erste Ursache oder Gott, stimmt der Martinismus mit den Schlüssen die von den christlichen Theologen, wie auch den hebräisch Kabbalisten gezogen wurden überein, so wie der göttlichen Dreieinigkeit, oder Personen; Emanationen und so weiter … aber was den Rest der Lehre angeht ist sie mehr gnostisch, da sie bekräftigt, dass Glaube und Wissen gleich wichtig sind und voraussetzt, dass die göttliche Gunst, um wirksam zu sein, von Handlungen gefolgt werden muss, frei und vernünftig im Menschen. Das ist der Grund, warum Martinez Pasquales die Lehre seiner Schule unter dem jüdisch-christlichen Aspekt dargestellt hat.

Nach der Lehre des Martinismus ist die Welt, wenn man sie als materiellen Bereich ansieht, der mit unseren Sinnen wahrgenommen werden kann genauso wie die geistigen Regionen darüber, nicht das Werk Gottes, wenn man Ihn als Seine absolute Form ansieht. Das Evangelium des Johannes besagt: “Im Anfang (was sich auf den Anfang der Zeit bezieht, eine Periode in der die relativen Wesen begannen sich zu manifestieren) war das Wort (das Logos, das göttliche Wort)”.
“Das Wort war bei Gott (und nicht mit Gott). … und das Wort war Gott (nicht der Gott, sondern ein Elohim oder Söhne von Gott. Das Wort Elohim ist ein hebräisches Word, dass “Er-die- Götter” bedeutet).

“All Dinge wurden durch Ihn gemacht, und nichts wurde ohne Ihn gemacht”. Der Logos ist der eine, den die Kabbala Adam Kadmon nennt; der eine, der die niederen Wesen durch Sein Word schuf, durch, dass er sie ins manifestierte leben “rief”. Diese Wesen sind nieder nur bezogen auf Adam Kadmon, den archetypischen Menschen, da sie das spirituelle Reich bewohnen.

Während der Schöpfung benutzte Gott einen Mittler. In der Genesis Kapitel 1-3 wird gesagt, dass die Erde (was dort ursprüngliche Materie, oder das Chaos bedeutet) leer und ohne Form war und der Geist Gottes über den Wassern bewegte (das ägyptische Nous ist mit dieser Substanz vergleichbar). Der Begriff “Geist Gottes” bezieht sich auf einen Geist, der von Gott unterschiedlich ist in dem Sinne, dass es nicht Gott Selbst war, da Gott notwendigerweise sein eigener Geist ist.

Später wird uns berichtet, dass Gott den Menschen in den “Garten Eden” setzt um über ihn zu wachen und ihn zu kultivieren. Dieser “Garten” ist ein Symbol, das sich auf das göttliche Wissen bezieht, dass nur für relative Wesen erreichbar ist. Der Mensch, auf den sich die Genesis bezieht, in seiner reinen symbolischen Form ist nicht ein Wesen aus Fleisch, sondern ein Geist, der aus Gott emaniert ist und der aus einem Körper (der manchmal der glorreiche Körper genannt wird), der von Gott geschaffen wurde besteht und durch Gott mit dem göttlichen Funken durchdrungen wurde was nach der Genesis der “Atem Gottes” ist. Nach dieser Analyse sehen wir, dass der archetypische Mensch halb-göttlich ist. Er besteht aus der ursprünglichen Materie (aus dem Chaos, bestehend aus symbolischer Erde und Wasser), aus der er seine Form bekam und aus dem Atem der ihn belebt hat und ihm zu einem Teil Gottes macht.

Adam und das schaffende Logos sind das Selbe. Aber Adam und das erlösende Logos sind zwei verschiedene Wesen. Neben Adam Kadamon gab es noch andere Wesen von einer vorherigen Schöpfung. Diese Wesen waren von einer unterschiedlichen Natur und Ebene. Das waren die “Engel” von denen gesagt wird, dass “einige gut und andere böse waren”. Sie bezogen diese Qualitäten dadurch, wie sie den Plan ausführten für den sie von Gott emaniert wurden. Die “guten” Engel waren die, die sich nach ihrem Auftrag wieder integrierten und die “bösen” waren die, die es ablehnten sich wieder zu integrieren, die das Selbst dem Alles-in-Gott vorzogen. Die “bösen” Engel sind diejenigen die sich durch einen Akt des freien Willens von Gott zurückziehen. Sie sind diejenigen, die Pasquales als die “perversen Wesen” bezeichnet.

Und weil alles, was verdorben ist durch seine eigene Natur dazu neigt andere Dinge zu verderben, ganz besonders im geistigen Bereich, waren diese perversen Wesen, durch deren Gesamtheit ein Egregor des Bösen geschaffen wurde, der durch die Schlange symbolisiert wird, neidisch auf dieses Wesen (Adam) der höher gestellt war als sie und ein Bild von Gott war, von dem sie vorgaben sich zurückgezogen zu haben. Diese Wesen beeinflussten Adam telepathisch und hetzten ihn auf über die Grenzen seiner natürlichen Fähigkeiten zu gehen.

Da er von Natur aus ein Mischwesen war, halb körperlich und halb geistig, und auch androgyn, war es die Aufgabe des archetypischen Menschen eine gewissen Harmonie, ein notwendiges Gleichgewicht in dem Bereich zu halten, in den ihn Gott gesetzt hat. Es war an ihm der Architekt eines Universums zu sein, das subtiler als unseres ist, das “Königreich” das nicht von dieser Welt war, wie es in den Evangelien erwähnt wird.

Durch den Impuls der pervertierten Wesen, machte sich der archetypische Mensch selbst zu einem unabhängigen Schöpfer, und brach dadurch die Gesetze für deren Überwachung er bestimmt war. Er wagte es sich sinngemäß zu einem Schöpfer zu machen und durch seine Taten ebenbürtig zu Gott zu sein. Dadurch, dass er versucht diese große Leistung zu vollbringen, veränderte der archetypische Mensch nur sein ursprüngliches Schicksal. Aus dieser Tradition kommt der Brauch den Göttern oder Gott die ersten Früchte der Ernte oder das Erstgeborene einer Herde zu weihen. Und da nur Gott allein in seinen unbegrenzten Möglichkeiten etwas aus dem Nichts erschaffen oder extrahieren kann, konnte der archetypische Mensch nur das verändern, was bereits existierte.

Dadurch, dass der archetypische Mensch geistige Wesen schaffen wollte, vergegenständlichte er nur seine eigenen Ideen. Dadurch, dass er ihnen einen Körper geben wollte, band er er sie nur in hässliche Materie ein. Dadurch, dass er das Chaos beleben wollte, schloss er sich nur selbst in der Falle ein. Tatsächlich schließt Gott der “ich bin, der ich bin” ist die Möglichkeit aus, dass etwas Vergessenes existieren kann. Um die ursprüngliche Materie zu schaffen, hat Gott nur einen Teil seiner unendlichen Vollkommenheit aus einem Teil seiner unendlichen Wesenheit zurückgezogen. Dieser teilweise Rückzug Seiner geistigen Vollkommenheit resultierte in der Schöpfung einer relativen materiellen Unvollkommenheit. Das ist der Grund dafür, dass in dieser Welt, jede Schöpfung was auch immer sie sein möge, niemals Vollkommen sein kann, da sie nicht von Gott ist.

Adam Kadmon versuchte die Erste Materie zu schaffen, indem er das Absolute imitierte. Da er ein unerfahrener Alchemist war, konnte so eine Bemühung nur seinen Fall auslösen.
Der archetypische Mensch ist ein androgynes Wesen: sowohl männlich, als auch weiblich, positiv und negativ. Es ist das negative, weibliche Element, das Adam außerhalb von sich selbst vergegenständlichen will. Es ist die linke, weibliche, passive, lunare, materielle Seite die er von der rechten, männlichen, aktiven, solaren, geistigen Seite trennen will. Das ist das, was Eva gebar, die archetypische Frau.

Es ist diese neue Materie, die Eva oder archetypische Frau, in die Adam eindrang um Leben zu erschaffen. Dadurch degradierte sich der archetypische Mensch selbst dadurch, dass er versuchte wie Gott zu sein. Dieser neue Bereich ist das was die Gnostiker die “hylische” Welt nennen, die unser materielles Universum angefüllt mit Schmerz und Unvollkommenheit ist. Das wenige Gute, dass hier existiert kommt von den Tugenden des archetypischen Menschen. Dadurch, dass er in zwei Wesen gespalten wurde, kann die Summe dieser Unvollkommenheiten nicht in ihrer Gesamtheit sein, wenn diese beiden Wesen getrennt sind … so haben wir den Fall.

Das ist der Grund dafür, dass die alten Kulte die Natur vergöttlichen. Sie war die Mutter von allem “was unter den Himmeln ist”. Isis, Eva, Demeter, Rea, Cybele, Erzulie, sind die Symbole der materiellen Natur welche durch Adam Kadmon emaniert wurde, personifiziert unter den Aspekten der “schwarzen Jungfrau” die die Symbole der ersten Materie sind. Die höher gestellte Essenz von Adam Kadmon band sich so in die neue Materie und wurde der neue SULPHUR, der in seinem alchemistischen Ausdruck sich auf die Seele der Welt bezieht. Die zweite Essenz, die der plastische Vermittler ist, der die “Form” von Adam erzeugt hat, sein höher gestellter Doppelgänger wurde das MERCURY der Alchimisten, das sich auf das bezieht, was der Okkultist die astrale Welt oder Zwischenwelt nennt. Die Materie, die sich aus dem zweiten Chaos entwickelt hat, was das SAL der Alchimisten ist, ist das was die Stütze, der Behälter oder das Gefängnis wurde.

ADAM = SULPHUR (Schwefel) EVA = SAL (Salz)
CAIN = MERCURY (Quecksilber)

Das ist der Grund dafür, dass die universale Materie belebt ist und auch warum sie mehr oder weniger bewusst und vernünftig sein kann in ihren Manifestationen. Durch die vier Königreiche der Natur; mineralisch, pflanzlich, tierisch und menschlich, ist es der archetypische Mensch, der Adam Kadmon, der schöpferische Verstand der durch seine Handlung verteilt und gefangen ist. Dieses neue Universum ist auch der Rückzugsort der gefallenen Engel geworden. Sie sind in es gekommen um noch weiter weg vom Absoluten zu sein.

Die perversen Wesen haben deshalb ein grundlegendes Interesse daran, dass der Mensch,
verteilt, aber überall in der Materie, die das sichtbare Universum bildet, anwesend, damit fortfährt diesen Bereich zu organisieren und zu beleben, den sie beansprucht haben.
So wie die Seele des archetypischen Menschen in der universalen Materie gefangen ist, so ist die Seele eines jeden einzelnen Menschen in seinem physischen Körper gefangen. Der physische Tod und die Wiedergeburt die darauf folgt, sind die Mittel durch welche die gefallenen Wesenheiten ihre Kontrolle über den Menschen ausüben.

Die Weisheit, Stärke und Schönheit die sich immer noch in diesem materiellen Universum manifestieren sind die Anstrengungen des archetypischen Menschen die Position wieder zu erlangen, die er vor dem Fall innehatte. Die entgegengesetzten Qualitäten werden durch die gefallenen Wesenheiten manifestiert um das Klima zu erhalten, durch dass sie ihn dazu gebracht haben zu Schöpfen, um zu existieren wie sie wollten als sie den Wiedereintritt in die Allheit ablehnten.

Der archetypische Mensch wir seinen ursprünglichen Ruhm und Freiheit nicht wiedererlangen, solange er sich nicht von dieser Materie trennt, die ihn überall bindet. Damit das eintritt, müssen alle seine einzelnen Zellen (einzelnen menschlichen Wesen), nach ihrem natürlichen Tod, den Archetyp durch REINTEGRATION wiederherstellen, und so dem Kreislauf der Reinkarnation entfliehen.
Nur dann wird der Mikrokosmos den Makrokosmos wieder herrichten. Die einzelnen menschlichen Wesen, die nur eine Reflektion des Archetypen sind, werden gleichsam die Reflektion des göttlichen sein, so wie der Archetyp selbst eine Reflektion von Gott ist, vom Wort oder dem Logos, vom “Geist Gottes” der in der Genesis erwähnt wird. Das ist der Grund, warum er der “Große Architekt des Universums” ist; und alle Kulte der Verehrung des letzteren per Definition “satanisch” sind, weil diese Verehrung dem Menschen und nicht dem Absoluten dargereicht wird. In der Freimaurerei wird er angerufen, aber nie verehrt.

Aber da der Mensch in die dämonische Atmosphäre dieser materiellen Welt hinabsteigen musste, wo er ständig die Früchte seines maleficen Verstandes atmen muss, wie uns Pasquales erzählt, ist er dadurch in einer schlechten Position den andauernden Versuchungen, denen er ausgesetzt ist zu wiederstehen. Der SCHÖPFER hat das Gleichgewicht wiederhergestellt, indem er aus Seinem Geistigen Göttlichen Kreis einen Großen Geist abgetrennt hat um der Führer, Berater und Begleiter des Kleineren zu sein, der von der himmlischen Unermesslichkeit hinabgestiegen ist um in der materiellen Welt verkörpert zu werden; um nach seinem freien Willen auf der weltlichen Ebene zu arbeiten.

Aber der Rat des Höheren Geistes ist noch nicht genug, der Gefallene Mensch braucht immer noch die Hilfe eines “Niederen Ausgekorenen”. Die Hilfe, die dieser “Niederen Auserwählte” ihm bringen wird um die Versöhnung zu erreichen ist von zweifacher Natur. Er übermittelt dem Menschen direkt die Anleitung des SCHÖPFERS zur theurgischer Praxis, die er leisten muss; er übermittelt aber dem Menschen des Verlangens, zu dem er geschickt wurde, auch das Geschenk, das er selbst erhalten hat, indem er ihm das mystische Siegel gibt, ohne das kein Niederer Versöhnt werden kann.

Diese geheimnisvolle Einweihung ist die grundlegende Bedingung für die Versöhnung der Menschen, weil ohne sie, egal wie groß die persönlichen Leistungen des Niederen auch sind, er im Mangel bleiben wird, also ohne jeden Verkehr mit Gott. Um dem Kreislauf der Reinkarnation dieser niederen Welt zu entkommen, muss sich der Mensch von allem Lösen, was ihn zur Materie hinzieht sowie sich freimachen von der Sklaverei der materiellen Empfindungen. Er muss sich auch moralisch erheben. Die gefallenen Wesenheiten hingegen, werden unaufhörlich die Neigung des Menschen nach der Vollkommenheit zu streben bekämpfen, indem sie ihn unaufhörlich versuchen um ihn dazu zu bringen in dieser Welt zu verbleiben, wo sie ihre Herrschaft über ihn fortsetzen können.

Der einzelne Mensch muss unaufhörlich gegen diese Wesenheiten kämpfen, indem er sie demaskiert und sie aus seinem Bereich ausweist. Ihm wird das teilweise durch Initiation gelingen, die ihn an die Elemente des Archetypen anbindet, die bereits wiedervereinigt sind und die die exoterische “Gemeinschaft der Heiligen” bildet und zum anderen durch das befreiende Wissen das ihn lehrt wie man schneller dem Rest der blinden Menscheit helfen kann so wie auch, wie er seine persönliche Arbeit verbessern kann. In diesen letzten Möglichkeiten finden wir die großen Werke der Tagundnachtgleiche (Equinox) die dazu neigen die Aura der Erde durch die Mittel des Exorzismus und der Beschwörung zu reinigen, indem sie die Rituale der hohen Magie benutzen, die der Elus-Cohens die Arbeit des Kultes nannte.

Nur nach diesen persönlichen Befreiungen wird die große gemeinschaftliche Befreiung stattfinden. Das wird zur Wiederherstellung des Archetypen und zu seiner Reintegration in das Göttliche führen. Die materielle Welt wird sich auflösen, sobald ihr Beleber sie verlassen hat. Unter der anarchischen Natur der gefallenen Geister, wird sich die Materie beschleunigend auflösen und so wird das Ende des physischen Universums eintreten wie es von den großen Traditionen verkündet wurde. Das ist die esoterische Entfaltung der Großen Universellen Arbeit.