Kapitel 18 – Aurora von Jakob Böhme

Von der Schöpfung Himmels und Erden und des ersten Tages

Das 18. Kapitel
Von der Schöpfung Himmels und Erden und des ersten Tages

Davon schreibt Moses in seinem ersten Buch, als wäre er dabei gewesen und hätte es selber gesehen. Ohne Zweifel hat ers in Schriften von seinen Vorfahren empfangen; er mag auch wohl im Geiste etwas mehr in diesem erkannt haben als seine Vorfahren.

2. Dieweil aber zu der Zeit, da Gott Himmel und Erden geschaffen hat, noch kein Mensch gewesen ist, der solches gesehen hat, so ist schließlich, daß Adam vor seinem Fall, weil er noch in tiefer Erkenntnis Gottes gewesen ist, solches im Geist erkannt hat. Als er aber gefallen und in die äußerste Geburt gesetzet ward, solches nicht mehr erkannt hat, sondern als eine dunkele und verdeckte Geschichte im Gedächtnis behalten und auf seine Nachkömmlinge gebracht hat.

3. Sintemal offenbar ist, daß die erste Welt vor der Sündflut so wenig von den Qualitäten und Geburt Gottes gewußt hat als eben die letzte, in welcher wir jetzt leben. Denn die äußerste, fleischliche Geburt hat die Gottheit niemaln können ergreifen oder verstehen, sonst würde wohl etwas mehr davon geschrieben sein.

4. Weil mir aber durch göttliche Gnade in diesem hohen Artikel diese große Geheimnis in meinem Geiste nach dem inwendigen Menschen, welcher mit der Gottheit inqualieret, etwas offenbar ist worden, so kann ich nicht unterlassen, solches nach meinen Gaben zu beschreiben, und will den Leser treulich ermahnet haben, sich an der Einfalt des Autors nicht zu ärgern.

5. Denn ich tue es aus keiner Begierde des Ruhms, sondern in demütiger Unterweisung dem Leser, damit die Werke Gottes möchten dem Leser etwas besser bekannt werden und des Teufels Reich offenbart, dieweil die jetzige Welt in aller Bosheit und Lastern des Teufels lebet und wallet, damit sie doch sehen möchte, in was für Kraft und Trieb sie lebet und in waserelei Herberge sie zu Gast ist.

6. Ob ich vielleicht mit meinem überantworteten Pfunde möchte auch wuchern und dasselbe meinem Gott und Schöpfer nicht einfach und leer wieder überantworten als ein fauler Knecht, der in dem Weinberge des Herrn wäre müßig gestanden und wollte seinen Lohn ohne Arbeit fordern.

7. Ob aber vielleicht der Teufel Spötter und Verächter erwecken möchte, die da würden sagen, es gezieme mir nicht, also hoch in die Gottheit zu steigen und darinnen zu grübeln. Denen allen gebe ich zur Antwort, daß ich nicht in die Gott bin gestiegen, denn mir als einem geringen Menschen solches auch nicht möglich wäre zu tun, sondern die Gottheit ist in mich gestiegen, und ist mir solches aus seiner Liebe offenbar, welches ich in meiner halbtoten fleischlichen Geburt sonst wohl würde müssen bleiben lassen.

8. Weil ich aber den Trieb dazu habe, so laß ichs den walten und machen, der es weiß und versteht und der es also haben will; ich armer Staub und Erdenmensch könnte nichts tun.

9. Es ladet aber der Geist alle diese Spötter und Verächter vor die innerste Geburt Gottes in dieser Welt, von ihrer Bosheit abzustehen, wo nicht, so sollen sie als höllische Spreu in die äußerste Geburt, in Zorn Gottes gespeiet werden.

10. Nun merke: Als nun Gott in der dritten Geburt in dem Revier Luzifers, welches da war der ganze Ort und Raum dieser Welt, erzürnet ward, so verlosch das Licht in der dritten Geburt, und ward alles eine Finsternis, und ward der Salitter in der dritten Geburt alles ganz rauh, wild, kalt, hart, bitter, sauer, an etlichen Enden stinkicht, rühricht und brüchicht, alles nach der Quellgeister diesmal wirkenden Geburt.

11. Denn an welchem Orte die herbe Qualität Primus war, da ward der Salitter zusammengezogen und vertrocknet, daß harte, derbe Steine wurden. An denen Orten aber, wo der herbe Geist mit dem bittern zugleich Primus gewesen, da ist stachlichter Sand worden, denn der wütende bittere Geist hat den Salitter zerbrochen.

12. An denen Orten aber, wo der Ton mit dem herben Geiste im Wasser ist Primus gewesen, da ist Kupfer, Eisen und dergleichen Steinerz worden. Wo aber das Wasser ist Primus gewesen mit allen Geistern zugleich, da ist die wilde Erde worden; und das Wasser ist etwan in Klüften gleich einer Wolken gefangen gehalten worden, denn der herbe Geist, als der Vater der verderbten Natur, hat es gefangen gehalten mit seiner scharfen Zusammenziehung.

13. Der bittere Geist aber ist die vornehmste Ursache der schwarzen Erden, denn durch seine grimme Bitterkeit ist der Salitter nach seiner äußersten Geburt ertötet worden, daraus dann die wilde Erde ist worden.

14. Die Hitze aber hat sonderlich in dem herben Geiste die Härtigkeit helfen machen. Wo sie aber ist Primus gewesen, da hat sie den alleredelsten Salitter in der Erden geboren, als Gold, Silber und die edelsten Steine.

15. Denn als das scheinende Licht ist von wegen der harten, derben und rauhen Materia verlöschen, so ist es in der Hitze, welche des Lichtes Vater ist, mitvertrocknet und inkorporieret worden.

16. Doch mußt du dies verstehen: Wo der hitzige Geist im süßenWasser in der Liebe ist Primus gewesen, da hat der herbe Geist die Materiam zusammengezogen. So ist das alleredelste Erz und Gesteine worden.

17. Anlangend aber die köstlichen Steine, als Karfunkel, Rubin, Smaragden, Delphin, Onyx und dergleichen, die die allerbesten sind, die haben ihren Ursprung, wo der Blitz des Lichts in der Liebe aufgangen ist. Denn derselbe Blitz wird in der Sanftmut geboren, und ist das Herze im Centro der Quellgeister; darum sind dieselben Steine auch sanft, kräftig und lieblich.

18. Es möchte einer sagen, warum doch der Mensch in dieser Welt das Gold, Silber und Edelgesteine vor allem andern Dinge liebet und solches zur Wehr oder Schutz seines Leibes gebrauchet? Hierinnen steckt der Kern, denn das Gold, Silber, Edelgesteine und alles lichte Erz hat seinen Ursprung vom Lichte, welches vor den Zeiten des Zorns in der äußersten Geburt in der Natur, das ist in dem siebenten Naturgeiste geschienen hat.

19. Weil denn ein jeder Mensch ist wie das ganze Haus dieser Welt, so lieben auch seine Quellgeister den Kern oder das allerbeste in der verderbten Natur, und brauchen das zu ihrem Schutz und Wehr.

20. Den innersten Kern aber, welcher ist die Gottheit, können sie nirgend begreifen, denn das Zornfeuer liegt davor wie eine starke Mauer, und muß diese Mauer mit hartem Sturme zersprenget werden, wollen die siderischen Geister hineingehen. Dem animalischen aber stehet die Tür offen, denn er wird von nichts abgehalten und ist gleichwie Gott in seiner innersten Geburt.

21. Nun möchte einer fragen: Wie soll ich mich denn in die dreifache Geburt in der Natur verstehen? – Die Tiefe: Siehe, die innerste und tiefeste Geburt stehet in der Mitten und ist das Herze der Gottheit, welches aus den Quellgeistern Gottes geboren wird. Und diese Geburt ist das Licht, welches, obs gleich aus den Quellgeistern geboren wird, doch auch kein Quellgeist für sich allein begreifen kann, sondern ein jeder Quellgeist begreift nur seinen instehenden Locum in dem Lichte. Aber alle sieben Geister zugleich begreifen das ganze Licht, denn sie sind des Lichts Vater.

22. Also auch begreifen die Quellgeister des Menschen nicht gänzlich die innerste Geburt der Gottheit, welche im Lichte stehet, sondern ein jeder Quellgeist greift mit seiner animalischen Geburt in das Herze Gottes und inqualieret in demselben Loco mit ihm.

23. Und das ist die verborgene Geburt in der Natur, welche kein Mensch in seiner Vernunft oder Geschicklichkeit begreifen kann, sondern die Seele des Menschen begreifts allein, welche im Lichte Gottes stehet, aber die andern nicht.

24. Die andere Geburt in der Natur sind die sieben Geister der Natur. Diese Geburt ist verständlicher und begreiflicher, aber doch auch nur den Kindern dieser Geheimnis. Der Bauer verstehets wohl nicht, ob ers gleich siehet, reucht, schmeckst, höret und fühlet. Noch siehet ers an und weiß nicht, wie das Wesen ist.

25. Nun dieses sind die Geister, darinnen alle Dinge stehen im Himmel und in dieser Welt, und daraus ist der dritte und äußerste Geist geboren, darinnen die Verderblichkeit stehet.

26. Dieser Geist aber oder diese Geburt hat sieben Species: als Herbe, Süße, Bitter, Hitze. Diese vier gebären die Begreiflichkeit in der dritten Geburt. Der fünfte Geist ist die Liebe, die entstehet vom Lichte des Lebens, die gebäret die Sinnlichkeit und Vernunft. Der sechste Geist ist der Ton, der gebäret den Schall und die Freude und ist der aufsteigende Quell durch alle Geister.

27. In diesen sechsen stehet nun der Geist des Lebens und der Wille oder die Vernunft und Gedanken aller Kreaturen, dazu alle Künste und Veränderungen, sowohl Formungen und Bildungen alles des, was im Geiste in der Unbegreiflichkeit stehet.

28. Der siebente Geist ist die Natur, in welcher das körperliche Wesen aller sechs Geister stehet, denn die andern sechs gebären den siebenten. In diesem Geiste stehet das körperliche Wesen der Engel, Teufel und Menschen, und ist eine Mutter der andern sechs Geister, in welcher sie sich gebären und in welcher sie auch das Licht gebären, welches ist das Herze Gottes.

29. Von der dritten Geburt: Nun die dritte Geburt ist die Begreiflichkeit der Natur. Die ist vor der Zeit des Zorns ganz dünne, lieblich und helle gewesen, daß die Quellgeister haben können durch alles sehen. Es ist darinnen weder Steine noch Erde gewesen und hat auch kein solch geschaffen Licht bedürft wie jetzo, sondern das Licht hat sich überall in der Mitten geboren und ist alles im Lichte gestanden.

30. Als aber König Luzifer ist geschaffen worden, so hat er in dieser dritten Geburt den Zorn Gottes erwecket, denn der Engel Leiber sind in dieser dritten Geburt zur Kreatur worden.

31. Weil denn nun die Teufel ihre Leiber haben angezündet, in willens, damit über die ganze Gottheit zu herrschen, so hat der Schöpfer diesen dritten Geist oder die dritte Geburt in der Natur gefangen genommen und ihm eine ewige Herberge darinnen zugerichtet, auf daß er nicht höher sei als der ganze Gott.

32. Weil sich aber die Teufel aus Hoffart und Mutwillen haben selber angezündet, so sind sie aus der Geburt des Lichts ganz und gar ausgestoßen worden und können dasselbe ewiglich weder fassen noch begreifen.

33. Denn das Licht ihres Herzens, welches mit dem Herzen Gottes inqualierete, haben sie selber verlöschet und an dessen Statt einen grimmigen, hitzigen, herben, bittern und harten stinkichten Teufelsgeist geboren.

34. Nun mußt du aber nicht denken, daß darum aus der ganzen Natur oder Loco dieser Welt sei ein eitel bitterer Zorn Gottes worden. Nein, allhie steckt der Zweck: Der Zorn begreift nicht die innerste Geburt in der Natur, denn die Liebe Gottes ist noch in dem ganzen Loco dieser Welt im Centro verborgen, auch so ist das Haus, darein Herr Luzifer gehöret, noch nicht ganz entschieden, sondern es ist in allen Dingen in dieser Welt noch Liebe und Zorn ineinander und ringet und kämpfet immer miteinander.

35. Aber die Teufel können das Ringen des Lichts nicht ergreifen, sondern nur das Ringen des Zorns. Darinnen sind sie Scharfrichter und exequieren das Recht, welches im Zorn Gottes gesprochen wird über alle gottlosen Menschen.

36. Es darf auch kein Mensch sagen, daß er im Zornfeuer des ganzen Verderbnis geboren sei aus Gottes Vorsatze. Nein, stehet doch die verderbte Erde nicht im ganzen Zornfeuer Gottes, sondern nur in ihrer äußerlichen Begreiflichkeit, in welcher sie also hart, derb und bitter ist. Dabei ein jeder wohl merken kann, daß derselbe Gift und Grimmigkeit nicht in die Liebe Gottes gehöret, in welcher nur eitel Sanftmut ist.

37. Nicht sage ich darum, daß ein jeder Mensch heilig von Mutterleibe komme, sondern wie der Baum ist, also ist auch seine Frucht. Nun aber ist die Schuld nicht Gottes, ob eine Mutter ein Kind des Teufels gebäre, sondern ihre Bosheit.

38. So aber ein wilder Zweig in einen süßen Acker gesetzt wird und wird mit etlichen dazu dienenden Reisern und gutem Geschmack eingepropft, so wächst ein milder Baum, obgleich der Zweig wild war. Denn es ist hie alles möglich, es verwandelt sich so bald das Gute ins Böse als das Böse ins Gute.

39. Denn ein jeder Mensch ist frei und ist wie ein eigener Gott, er mag sich in diesem Leben in Zorn oder ins Licht verwandeln. Was einer für ein Kleid anzeucht, das verkläret ist, und was der Mensch für einen Corpus in die Erde säet, ein solcher wird auch aufwachsen, obgleich in anderer Form und Klarheit, jedoch alles nach des Samens Qualität.

40. Denn so die Erde ganz von Gott verlassen wäre, so trüge sie nimmer keine guten Früchte, sondern eitel böse. Weil aber die Erde noch in Gottes Liebe stehet, so wird sein Zorn nicht ewig darinnen brennen, sondern die Liebe, die überwunden hat, wird das Zornfeuer ausspeien.

41. Alsdann wird angehen die brennende Hölle, indem sich die Liebe von dem Zorn scheiden wird. In dieser Welt aber ist Liebe und Zorn ineinander in allen Kreaturen, welches in seinem Ringen obsieget, das erbet sein Haus mit Recht, es sei gleich das Himmelreich oder Höllenreich.

42. Nicht sage ich darum, daß die Tiere darum sollten in ihrer Geburt das Himmelreich erben, denn sie sind gleich der verderbten Erden böse und gut, so sie aber wieder in ihre Mutter, die Erde, gesäet werden, so sind sie Erden.

43. Es wird aber derselbe Salitter in einem guten Tiere darum nicht dem Teufel zum Eigentum eingeräumt werden, sondern wird im abgeschiedenen Teile ewig in der Natur Gottes blühen und andere himmlische Figuren bringen. Aber der Salitter des Tieres des Zorns Gottes wird in dem Zorn Gottes ewige höllische Frucht tragen.

44. Denn so die Erde angezündet wird, so brennet im Zorn das Feuer und in der Liebe das Licht. Dann wird sich alles scheiden, denn eines wird das ander nicht mehr können begreifen. In dieser Zeit aber hat alles einen zweifachen Quell. Was du allhie im Geiste bauest oder säest, es sei gleich mit Worten, Werken oder Gedanken, das wird dein ewig Haus sein.

45. Also siehest und verstehest du, woraus die Erde und Steine sind worden. So aber derselbe angezündete Salitter hätte sollen also in der ganzen Tiefe dieser Welt bleiben, so wäre der ganze Locus ein Finstertal gewesen, denn das Licht war in der dritten Geburt mitgefangen.

46. Nicht ist darum das Licht des Herzens Gottes in seiner innersten Geburt gefangen worden, sondern das in der dritten Geburt schien in der äußersten Begreiflichkeit, das ward mit einkorporieret. Darum lieben die Menschen alle Dinge, welche in demselben Salitter stehen.

47. Weil aber die ganze Tiefe in der dritten Geburt gar finster war von wegen des verderbeten Salitters der Erden und Steine, so konnte es die Gottheit nicht also erdulden, sondern schuf die Erde und Steine zusammen auf einen Klumpen.

48. Davon schreibst nun Moses: Am Anfang schuf Gott Himmel und Erden, Gen 1,1. Diese Worte muß man eigentlich betrachten, was sie sind, denn das Wort “Am” fasset sich im Herzen und fähret bis auf die Lippen, da wird es gefangen und gehet schallend wieder zurücke bis an seinen ausgegangenen Ort.

49. Das bedeutet nun, daß der Schall von dem Herzen Gottes ist ausgegangen und hat den ganzen Locum dieser Welt umfasset. Als er aber böse befunden worden, so ist der Schall wieder in seinen Locum getreten.

50. Das Wort “An” das stößt aus dem Herzen zum Munde aus und hat einen langen Nachdruck. Wenn sichs aber ausspricht, so schleußt sichs mitten in seinem Sede mit dem obern Gaumen zu, und ist halb draußen und halb drinnen.

51. Das bedeutet, daß das Herze Gottes einen Ekel an der Verderbung hat gehabt und das verderbte Wesen von sich gestoßen, aber in der Mitten beim Herzen wieder gefasset und gehalten.

52. Gleichwie die Zunge das Wort zerbricht und hält es halb draußen und halb innen, also auch wollte das Herze Gottes nicht den angezündeten Salitter gar verwerfen, sondern die Bosheit und Sucht des Teufels, und das andere sollte nach dieser Zeit wieder erbauet werden.

53. Das Wort “fang” fähret schnell vom Herzen zum Munde raus und wird am hintern Orte der Zungen mit dem Gaumen gehalten, und wenn es losgelassen wird, so tuts noch einen schnellen Druck vom Herzen zum Munde aus.

54. Das bedeutet die schnelle Verstoßung des Aberaums der Teufel mit samt dem verderbeten Salitter. Denn der starke und schnelle Geist stößet den Odem stark von sich und behält den rechten Ton des Worts oder den Ausspruch am hintern Gaumen bei sich, das ist: den rechten Geist des Wortes.

55. Das bedeutet, daß die verderbte Grimmigkeit ewig aus dem Lichte Gottes verstoßen ist, aber der innerliche Geist, der wider seinen Willen damit beladen ist, wieder in sein erstes Haus soll gesetzet werden.

56. Der letzte Nachdruck “ang” bedeutet, daß die innersten Geister in der Verderbung auch nicht gar rein sind und derowegen wertlose Abraumstoffe der Erde eine Fegung oder Verzehrung des Zornes im Feuer bedürfen, welches am Ende dieser Zeit geschehen wird.

57. Das Wort “Schuf” fasset sich über und unter der Zungen und machet die Zähne in beiden Gaumen zusammen, und druckt sich also zusammen, und wenn es zusammengefasset und ausgesprochen ist, so macht es das Maul schnell wie ein Blitz wieder auf.

58. Das bedeutet des herben Geistes starke Zusammentreibung des verderbten Salitters auf einen Klumpen, denn die Zähne halten das Wort und lassen den Geist zwischen den Zähnen durch gar langsam. Das bedeutet, daß die herbe Qualität die Erde und Steine beisammen feste hält und lässet gleichwohl die Geister der Erden auf dem herben Geiste grünen und blühen, welches bedeutet die Wiedergeburt oder Wiederbringung der Geister der Erden.

59. Daß aber das Maul wird nach dem Worte schnell wieder aufgemacht, bedeutet die Tiefe über der Erden, daß Gott der Herr dennoch daselbst wohnen will und sein Regiment für sich behalten und den Teufel als einen Gefangenen im Zornfeuer halten.

60. Das Wort “Gott” fasset sich mitten oben auf der Zungen und stößet aus dem Herzen dahin, und lässet das Maul offen, und bleibet auf seinem königlichen Sessel sitzen und schaltet aus sich und in sich, wenn es aber ausgesprochen ist, so tut es noch einen Druck zwischen den oberen Zähnen und Zungen heraus.

61. Das bedeutet: Als Gott Himmel und Erden dazu alle Kreaturen geschaffen hat, daß er gleichwohl in seinem göttlichen, ewigen, allmächtigen Sitze ist blieben und von dem nie abgewichen, und daß er allein alles ist. Der letzte Druck bedeutet die Schärfe seines Geistes, damit er augenblicklich alles ausrichtet in seinem ganzen Corpus.

62. Das Wort “Himmel” fasset sich im Herzen und stößet bis auf die Lippen, da wird es verschlossen, und die Silbe “Mel” macht die Lippen wieder auf, und wird mitten auf der Zungen gehalten, und fähret der Geist auf beiden Seiten der Zungen aus dem Maule.

63. Das bedeutet, daß die innerste Geburt vor der äußeren ist durch die greuliche Sünde verschlossen worden, und ist der äußersten Geburt unbegreiflich.

64. Dieweil es aber ein Wort mit einer zweifachen Silbe ist und die ander Silbe “Mel” das Maul wieder aufmachet, so bedeutete, daß die Porten der Gottheit ist wieder aufgeschlossen worden.

65. Daß sichs aber mit dem Wort “Mel” auf der Zungen mit dem obern Gaumen wieder fasset und feste hält und der Geist auf beiden Seiten daneben ausgehet, das bedeutet, daß Gott diesem verderbten Königreiche oder Loco in Gott wollte wieder einen König und Großfürsten geben, der die innerste Geburt der klaren Gottheit sollte wieder aufschließen und dadurch der Hl. Geist zu beiden Seiten, das ist, aus der innersten Tiefe des Vaters und Sohnes, sollte wieder ausgehen in diese Welt, und sollte diese Welt durch den neuen König wieder neugeboren werden.

66. Das Wort “Und” fasset sich im Herzen und wird mit der Zungen im obern Gaumen gefangen und zusammenkorporieret; wenn es aber loslässet, so tuts noch einen Druck aus dem Herzen zum Munde aus, das bedeutet nun den Unterschied zwischen der heiligen und irdischen Geburt.

67. Die Silbe fährt wohl aus dem Herzen, aber sie wird mit der Zungen im obern Gaumen gehalten, daß man nicht verstehen kann, was das für ein Wort ist. Das bedeutet, daß die irdische und verderbte Geburt die innerste Geburt nicht ergreifen kann, sondern sie ist eine Törin und Närrin.

68. Der letzte Druck aus dem Herzen bedeutet, daß sie wohl mit der innersten Geburt in ihrer Söhnlichkeit inqualieren werde, aber in ihrer Vernunft nicht ergreifen. Darum ist die Silbe stumm und hat keinen Verstand und wird nur zum Untersche,d gebrauchet.

69. Das Wort “Erden” stößet vom Herzen und fasset sich am hintern Teil über der Zungen im hintern Gaumen und zittert. Es braucht sich aber die Zunge zu der ersten Silben “Er” nicht, sondern sie schmäuget sich in den untern Gaumen hinein und verkreucht sich als vor einem Feinde.

70. Die andere Silbe “Den” fasset sich mit der Zungen mit dem obern Gaumen und lässet das Maul offen, und der Geist der Formung fähret zur Nasen raus und will nicht in diesem Worte zum Munde mit raus. Und ob er gleich etwa mit rausfähret, so fähret der rechte Klang des rechten Geistes doch nur durch den Geruch oder die Nase heraus.

71. Das ist ein groß Geheimnis: Das Wort “Er” bedeutet die angezündete herbe und bittere Qualität, den ernsten Zorn Gottes, der zittert im hintern Gaumen, davor fürchtet sich die Zunge und schmäuget sich im unter Gaumen und fleucht als vor einem Feinde.

72. Das Wort “Den” fasset sich wieder auf der Zungen, und der Geist zeucht die Kraft aus dem Wort und fähret einen andern Weg damit zur Nasen raus, auch so fähret er damit hinauf ins Hirn vor den königlichen Stuhl.

73. Das bedeutet, daß der äußerste Salitter der Erden ewiglich von Gottes Licht und Heiligkeit verworfen ist. Daß aber der Geist die Kraft des Worts fasset und einen andern Weg durch die Nasen ins Hirn vor den Stuhl der Sinnen fährt, das bedeutet, daß Gott will das Herze der Erden aus dem Zorn der Bosheit ziehen und zu seinem ewigen königlichen Lobe brauchen.

75. Merke: Er will den Kern und das Beste oder den guten Geist aus der Erden ziehen und wieder neu gebären zu seiner Ehre und Herrlichkeit.

76. Hie, Mensch, besinne dich: Was du für einen Samen wirst in die Erde säen, ein solcher wird auch aufgehen und ewig blühen und Frucht tragen, entweder in Liebe oder im Zorne.

77. Wenn aber das Gute wird von dem Bösen geschieden werden, alsdann wirst du in deinem hie erworbenen Teile leben, es sei gleich im Himmel oder im höllischen Feuer. Wohin du jetzt wirbest, da fähret deine Seele hin, wenn du stirbest.

78. Oder meinest du, daß mein Geist dieses aus der verderbten Erden gesogen hat oder aus einem Filzhute? Wahrlich nein, sondern der Geist hat zu dieser Zeit meiner Beschreibung mit der tiefesten Geburt Gottes inqualieret, in dem habe ich meine Erkenntnis genommen und daraus ist sie gesogen, nicht in großer irdischer Freuden, sondern in ängstlicher Geburt und Trübsal.

79. Denn was ich hierüber habe müssen vom Teufel und der höllischen Qualität erleiden, welche in meinem äußerlichen Menschen sowohl herrschet als in allen Menschen, das wirst du wohl nicht fassen, du tanzest denn auch an diesem Reihen.

80. Hätten unsere Philosophi und Doctores nicht immer auf der Fiedel der Hoffart gegeiget, sondern auf der Propheten und Apostel Geigen, es sollte wohl eine andere Erkenntnis und Philosophia in der Welt sein. Dazu ich von wegen meiner Schwachheit und wenig Studierens dazu wegen meiner blöden Zungen fast zu wenig bin, aber in der Erkenntnis nicht zu einfältig. Allein ich kanns nicht nach der tiefen Sprache und Zierlichkeit geben, aber ich lasse mir an meiner Gabe genügen und bin ein Philosophus der Einfältigen.

Von der Scböpfung des Lichtes in dieser Welt 

81. Allhier tue die Augen deines Fleisches ein wenig zu, denn sie sind dir allhie nichts nütze, dieweil sie blind und erstorben sind, und tue die Augen deines Geistes auf, so will ich dir die Schöpfung Gottes recht zeigen.

82. Merke: Als nun Gott den verderbten Salitter der Erden und Steine, welcher sich in der äußersten Geburt durch die Anzündung geboren hatte, zusammengetrieben hat auf einen Klumpen, so war darum die dritte Geburt in der Natur in der Tiefe über der Erden nicht rein und helle, sintemal der Zorn Gottes noch darinnen brennete.

83. Und obgleich die innerste Geburt licht und helle war, so konnte es doch die äußerste, welche im Zornfeuer stund, nicht begreifen, sondern sie war ganz finster.

84. Denn Moses schreibt: Und es war finster auf der Tiefe, Gen 1,2 f. Das Wort “Auf” bedeutet die äußerste Geburt, und das Wort “In” bedeutet die innerste Geburt.

85. So aber die innerste wäre finster gewesen, so hätte der Zorn Gottes ewig in dieser Welt geruhet und wäre ewiglich nicht lichte worden, aber also hat der Zorn das Herze Gottes nicht berühret.

86. Darum ist er ein süßer, freundlicher, gütiger, sanfter, reiner und barmherziger Gott nach seinem Herzen in der innersten Geburt in dem Loco dieser Welt blieben, und seine sanfte Liebe dringet aus seinem Herzen in die äußerste Geburt des Zorns und löschet denselben. Darum sprach er: Es werde licht!

87. Hie merke den Sinn in der höchsten Tiefe. Das Wort “Sprach” ist auf Menschenweise geredet. Ihr Philosophi tut die Augen auf, ich will euch in meiner Einfalt die Sprache Gottes lehren, als es dann sein muß.

88. Das Wort “Sprach” fasset sich zwischen den Zähnen, denn die beißen sich zusammen, und zischet der Geist durch die Zähne raus, und die Zunge beuget sich in der Mitten und vorne spitzet sie sich, als ob sie hörete, was da zischete, und sich fürchtete.

89. Wenn aber der Geist das Wort fasset, so machet er das Maul zu und fassets am hintern Gaumen über der Zungen in der Höhle in der bittern und herben Qualität.

90. Da erschrickt die Zunge und schmäuget sich in den untern Gaumen. Alsdann fähret der Geist aus dem Herzen und schleußt das Wort, welches sich am hinter Gaumen in der herben und bittern Qualität im Zorn fasset, und fähret durch die Grimmigkeit stark und mächtig als ein König oder Fürst hervor und schleußt das Maul auch auf, und herrschet mit starkem Geiste aus dem Herzen durch den ganzen Mund und außerhalb des Mundes, und macht eine mächtige lange Silbe als ein Geist, der den Zorn zerbrochen hat, gegen welchen sich der Zorn mit seinem Kirren in der herben und bittern Qualität im hintern Gaumen in der Höhle auf der Zungen spreuzet, und behält sein Recht für sich und bleibet an seinem Orte sitzen, und läßt den sanften Geist aus dem Herzen durch sich aus, und donnert mit seinem Kirren hernach, und hilft das Wort bilden und formen, und kann aber mit seinem Donner nicht von seinem Sede, sondern bleibet in seiner Höhle als ein Gefangener, und erzeiget sich schredchch.

91. Das ist gar ein groß Geheimnis. Hie merke den Sinn: Begreifest du das, so verstehest du die Gottheit recht; wo nicht, so bist du noch blind im Geiste. Richte nicht, oder du laufest allhie wider eine starke Porten und wirst gefangen, fängt dich das Zornfeuer, so bleibest du ewig drinnen.

92. Nun siehe, du Menschenkind, was dir der Geist für eine Porten des Himmels, der Höllen und der Erden dazu der ganzen Gottheit aufschleußt.

93. Du sollst nicht denken, daß Gott zu der Zeit auf Menschenweise geredet hat, daß es nur ein ohnmächtig Wort gleich einem Menschen gewesen sei. Des Menschen Wort fasset sich wohl auch in solcher Form, Proporz, Qualität und Geschicklichkeit, allein daß es der halbtote Mensch nicht verstehe; und ist dieser Verstand gar edel und teuer, denn er wird allein in Erkenntnis des Hl. Geistes geboren.

94. Gottes Wort aber, das er dazumal in Kraft geredet hat, das hat Himmel und Erden und aller Himmel Himmel, ja die ganze Gottheit umfasset.

95. Es fasset sich aber erstlich zwischen den zusammengebissenen Zähnen und zischet. Das bedeutet, daß der Hl. Geist ist im Anfange der Schöpfung durch die harte verschlossene Mauer der dritten und äußersten Geburt, welche im Zornfeuer in dieser Welt stehet, gefangen. Denn es stehet geschrieben: Und es war finster auf der Tiefe, und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser, Gen 1,2.

96. Die Tiefe bedeutet die innerste Geburt, und die Finsternis bedeutet die äußerste verderbte, in welcher der Zorn brannte; das Wasser bedeutet die Sänftigung des Geistes.

97. Daß aber der Geist durch die Zähne zischet, bedeutet, daß der Geist ist aus dem Herzen Gottes durch den Zorn gefahren. Daß aber die Zähne zubleiben, weil der Geist zischet, und sich nicht auftun, das bedeutet, daß der Zorn den Hl. Geist nicht hat begriffen.

98. Daß sich aber die Zunge im untern Gaumen schmäuget und vorne spitzet und läßt sich zu dem Zischen nicht gebrauchen, das bedeutet, daß die äußerste Geburt samt allen Kreaturen, die darinnen sind, den Hl. Geist, der aus der innersten Geburt aus dem Herzen Gottes ausgehet, nicht können begreifen, auch mit ihrer Macht nicht aufhalten und ihm wehren.

99. Denn er gehet durch alle verschlossenen Gemache und Geburten und darf keiner Aufschließung gleichwie ihn die Zähne nicht können halten, daß er nicht durch sie ausgehet.

100. Daß aber die Lippen offen stehen, wenn er durch die Zähne zischet, bedeutet, daß er mit seinem Ausgange aus dem Herzen Gottes in der Schöpfung dieser Welt hat die Himmelsporten wieder aufgeschlossen und ist durch die Porten des Zorns Gottes gegangen, und hat den Zorn Gottes feste verriegelt und zugelassen, und dem Teufel sein ewig angezündet Zornhaus feste zugeschlossen, daraus er ewig nicht kommen kann.

101. Weiter bedeuts, daß der Hl. Geist gleichwohl eine offene Porten in dem Zornhause dieser Welt habe, da er sein Werk treibe, der Höllenporten unbegreiflich, und da er ihm einen heiligen Samen sammle zu seinem ewigen Lobe, ohne Willen der festen höllischen Porten und derselben auch ganz unbegreiflich.

102. Gleichwie der Geist seinen Ausgang und gefaßten Willen durch die Zähne verrichtet und sich die Zähne doch nicht bewegen oder des Geistes Willen begreifen können, also bauet ihm der Hl. Geist, ohne Begreifung des Teufels und des Zorns Gottes, ohn Unterlaß einen heiligen Samen und Tempel in dem Hause dieser Welt.

103. Daß sich aber das ganze Wort “Sprach” im hintern Gaumen über der Zungen in der Höhle mitten in der herben und bittern Qualität fasset und kirret, das bedeutet, daß Gott den Locum dieser Welt beim Herzen in der Mitten gefasset hat und hat ihm wieder ein Haus zu seinem Lobe gebauet wider alles Grunzen und Murren des Teufels, darinnen er mit seinem Hl. Geiste herrschet.

104. Gleichwie der Geist vom Herzen durch das Murren und Kirren der herben und bittern Qualität stark und mächtig ausgehet und herrschet mit seinem Ausgange in der herben und bittern Qualität, der herben und bittern Qualität unbegreiflich, als ein mächtiger König, also auch herrschet der Geist Gottes in der äußersten Geburt dieser Welt, in dem Zornhause, mächtig und gebäret ihm einen Tempel darinnen, dem Zornhause unbegreiflich.

105. Daß aber der herbe und bittere Geist also murret, wenn der Geist vom Herzen durch sein Haus gehet und mit Gewalt herrschet, das bedeutet, daß der Zorn Gottes samt den Teufeln sei in dem Hause dieser Welt der Liebe entgegengesetzt, daß die beiden werden die ganze Zeit dieser Welt miteinander kämpfen und streiten wie zwei Kriegsheere, daher dann auch der menschliche und tierische Krieg und Streit aller Kreaturen seinen Ursprung hat.

106. Daß sich aber die herbe und bittere Qualität mit zum Wort fasset und miteinander konkordieren und doch gleichwohl nur der Geist des Herzens das Wort zum Munde ausspricht, bedeutet, daß alle Kreaturen, welche allein durchs Wort sind hervorgegangen, als da sind die Tiere, Vögel, Fische, Würmer, Kraut und Gras, dazu Bäume und Stauden, werden von dem ganzen Leibe böse und gut formieret werden, und daß in denen allen wird stehen die zornige und verderbete Qualität und auch die Liebe Gottes, und wird doch alles durch den Geist der Liebe getrieben werden, und werden sich die zwei miteinander reiben, quetschen und pressen.

107. Dadurch dann in mancher Kreatur wird das Zornfeuer also hart entzündet werden, daß der Leib mit samt dem Geiste wird einen ewigen Zornsalitter in der Höllen geben.

108. Denn der Geist, der im Herzen geboren wird, der muß mitten durch der Höllen Porten in seinem Leibe wandeln, und kann gar leicht entzündet werden; es ist wie Holz und Feuer, geußt du nicht drein, so brennets.

109. 0 Mensch, du warest nicht mit den Tieren durchs Wort geschaffen von Böse und Gut. Hättest du nur nicht von Böse und Gut gessen, so wäre in dir nicht das Zornfeuer, aber so hast du auch einen tierischen Leib kriegt; nun erbarme es die Liebe Gottes, es ist geschehen.

110. Daß sich aber nach Zusammenfassung des Worts in der herben und bittern Qualität im hinter Gaumen über der Zunge das Maul weit auftut und fähret der zusammengefaßte Geist miteinander zum Munde aus, der da ist aus dem Herzen und auch aus der herben und bittern Qualität geboren, bedeutet, daß die Kreaturen werden in großer Angst und Widerwärtigkeit leben und sich nicht werden können durch einen Leib gebären, sondern durch zweene.

111. Denn die herbe und bittere Qualität nimmt dem Geist aus dem Herzen die Kraft und infizieret sich mit demselben. Darum ist die Natur nun zu schwach worden im Geiste des Herzens und vermag die eigene innerste Geburt des Herzens nicht zu entheben, und hat derowegen die Natur ein Weiblein und Männlein geschaffen.

112. Auch so bedeutet es den bösen und guten Willen in der ganzen Natur, sowohl in allen Kreaturen, daß nun werde ein stetiges Ringen, Kämpfen und Würgen sein, davon diese Welt recht ein Jammertal voller Kreuz, Verfolgung, Mühe und Arbeit heißt. Denn als der Geist der Schöpfung ist ins Mittel getreten, da hat er mitten in der Höllen Reiche müssen die Schöpfung formieren.

113. Weil dann nun die äußerste Geburt in der Natur zweifach ist, das ist: böse und gut, so ist ein stetiges Martern, Quetschen, Jammern und Heulen, und miissen sich alle Kreaturen in diesem Leben wohl martern lassen, und heißt diese böse Welt billig eine Mordgrube des Teufels.

114. Daß aber der herbe und bittere Geist im hintern Gaumen auf der Zungen bleibet in seinem Sede sitzen, und bellet durchs Wort mit dem Munde raus, und kann doch nicht von dannen, bedeutet, daß der Teufel und der Zorn Gottes werde wohl in allen Kreaturen herrschen, werde aber nicht vollen Gewalt in ihnen haben, sondern werde in seiner Gefängnis müssen bleiben und werde in alle Kreaturen bellen und dieselben plagen, aber nicht überwältigen. Sie wollen dann selber gerne aus eignem Willen in seinem Loco bleiben.

115. Gleichwie der sanfte Geist des Herzens durch die herbe und bittere Qualität fähret und überwindet dieselbe, und ob er gleich mit dem herben und bittern Geiste infizieret wird, noch dennoch reißt er durch als ein Überwinder; so er aber wollte freiwillig in der Hölle im herben und bittern Geiste bleiben sitzen und sich lassen fangen und nicht kämpfen, so wäre die Schuld seine.

116. Also auch ists mit den Kreaturen, die da nur wollen stets im höllischen Feuer säen und ernten, sonderlich der Mensch, welcher in stetiger Begierde der Hoffart, Geizes, Neides und Zornes lebet und will keinmal wider dasselbe mit dem Liebegeist und Feuer kämpfen und streiten, der zeucht ihm den Zorn Gottes und das brennende höllische Feuer selber über Leib und Seele.

117. Daß sich aber die Zunge also hart in den untern Gaumen schmäuget, wenn das Wort ausfähret, bedeutet den animalischen Geist der Kreaturen, sonderlich des Menschen. Das Wort, welches sich im obern Gaumen fasset, welches mit dem herben und bittern Geiste inqualieret, bedeutet die sieben Geister der Natur oder die siderische Geburt, in welcher der Teufel herrscht und der Hl. Geist sich ihm darinnen entgegensetzet und den Teufel überwindet.

118. Die Zunge aber bedeutet die Seele, die wird von den sieben Geistern der Natur geboren und ist ihr Sohn; wenn nun die sieben Geister wollen, so muß sich die Zunge nach ihrem Gefallen bewegen und muß ihre Sachen fördern.

119. Wenn nun die siderischen Geister nur nicht falsch werden und buhlen mit dem Teufel, so verstecken sie den animalischen Geist und halten ihn selbst in ihren Banden gefangen als einen Schatz, wenn sie mit dem Teufel fechten, gleichwie sie die Zungen verstecken, wenn sie mit der herben und bittern Qualität ringen als ihr bestes Kleinod.

120. Also hast du eine kurze und doch wahrhaftige Anleitung des Worts, das Gott gesprochen hat, in Erkenntnis des Geistes recht beschrieben nach meinen Gaben und überantwortetem Pfunde recht mitgeteilet.

121. Nun fragt sichs: Was hat denn Gott gesprochen? Er sprach: Es werde Licht, und es ward Licht, Gen 1,3.

122. Die Tiefe: Das Licht ist aus der innersten Geburt gegangen und hat die äußerste wieder angezündet.

123. Merke: Es hat der äußersten wieder ein eigentümlich Licht gegeben. Nicht sollst du denken, daß das Licht der Sonnen und der Natur sei das Herze Gottes, welches im Verborgenen leuchtet. Nein, du sollst das Licht der Natur nicht anbeten. Es ist nicht das Herz Gottes, sondern es ist ein angezündet Licht in der Natur, welches Kraft und Herze stehet in der Fettigkeit des süßen Wassers, und der andern Geister alle in der dritten Geburt, die man nicht Gott heißt, ob sie gleich in Gott und aus Gott geboren ist, so ist es doch nur sein Handwerksgezeug, welches die klare Gottheit in die Geburt zurücke nicht wider ergreifen kann, gleich wie das Fleisch nicht kann die Seele begreifen.

124. Aber nicht also zu verstehen, daß darum die Gottheit von der Natur abgetrennet sei; nein, sondern es ist wie Leib und Seele. Die Natur ist der Leib, das Herze Gottes ist die Seele.

125. Nun möchte einer fragen: Was ists denn für ein Licht gewesen, das da ist angezündet worden? Ist es die Sonne und Sterne gewesen? Nein, die Sonne und Sternen sind erst den vierten Tag aus demselben Lichte geschaffen worden. Es ist ein Licht in den sieben Geistern der Natur aufgangen, das hat keinen eigenen Sitz oder Ort gehabt, sondern hat überall geschienen, aber nicht helle gleich der Sonnen, sondern gleich im Himmelblau und Lichte nach der Quellgeister Art, bis hernach ist die rechte Schöpfung und Anzündung des Feuers im Wasser in dem herben Geiste mit der Sonnen erfolget.