Theodor Reuß – Mystische Anatomie

Mystische Anatomie

Theodor Reuß

Theodor_ReussDer Hochgrad-Freimaurer und Templer Theodor Reuß befasst sich aus seiner Sicht mit den feineren Kräften des menschlichen Körpers. Er legt seinen Blickwinkel auf die Mystik dar und nimmt auf Bezug auf Themen wie die vier Elemente, Sexualmagie, Kundalini, Prana und auch Kräfte der Engel.

 

 

Jeder Student, der die Hermetischen Wissenschaften in Angriff nimmt, muss nicht nur ein gefestigtes Wissen der menschlichen Anatomie haben, sondern er muss sein Wissen über die gewöhnliche medizinische Wissenschaft auf die Hermetische Physiologie ausdehnen, um die feineren Kräfte der Natur zu verstehen, denn allein dieses Verständnis hilft ihm, die Mystische Anatomie zu begreifen. Die Doktrin der meisten prominenten Mystiker (alles auf ihre Art Mediziner, wie Paracelsus, Van Helmont, Albertus Magnus, Cornelius Agrippa, Postellus, Cardan, Robertus de Fluctibus, Mesmer u.v.a), gingen davon aus, dass der Mond in gewissem Sinne allmächtig sei.

Die mystische Reise des Kindes im Mutterleib wird durch verschiedene Stadien während der neun Monde bis zur Geburt gekennzeichnet. Der Einfluss des Mondes ist weiblich. Diese Einflüsse betreffen den Nervus Sympathicus, die sensitiven Nerven, das Herz und den Nervus Vagus.

Der Vagusnerv beginnt im vierten Ventrikel. Bevor er den Schädel verlässt, bildet er ein ingulares Ganglion; nachdem er den Schädel verlassen hat, strömt er wie ein Fluss in den langgestreckten Plexus Nodosus oder Halswirbel Ganglion Vagus. Von da aus rinnt er beidseitig der Halsschlagader entlang, in die Nähe des sympathetischen Nervus hinter den Bronchialröhren und entlang des Oesophagus zum epigastrischen Hohlraum und in die Beckenregion. Während seines Laufes vermischt er sich mit dem Nervus Sympathicus und dem gesamten sympathetischen System.

Nachdem wir soweit die gewöhnliche Anatomie dargestellt haben, schreiten wir nun zur mystischen Physiologie des menschlichen Wesens (männlich und weiblich) und zu den Grundprinzipien (den göttlichen, hermetischen u.a.) der Methoden, Motiven und Zielen der “Erzeugung”.

Erzeugung ist ein “Wunder”! Und ein Wunder ist immer “göttlich”, ganz egal, welchen Aspekt es in der beschränkten menschlichen Sicht auch betreffen mag.

Der “Akt”, der die Basis der Konsumation ist, bildet die Erzeugung, und ist von irregeleiteten Zeloten als ein Akt der Sünde gebrandmarkt worden. Er wird erklärt als Konsequenz des imaginären Falls von Adam und Eva und des Sturzes der Engel!

In der Tat hat man ihn als Akt der Schande dargestellt!

Aber die Alten Meister Hermetischer Wissenschaft, die die Wunder der Natur und die Wunder und Mysterien der übernatürlichen Welt erforscht haben, die sogenannten Schwarzen Magier, beteten in Erniedrigung und Demut vor der “Idee Gottes” und erhoben sich in Heiligkeit, um auf die Natur und ALL ihre Demonstrationen und Materialisationen des Übernatürlichen mit völlig anderen Augen als der Durchschnittsmensch und Philosoph zu schauen. Auf spirituelle Art und Weise wurde es ihnen möglich, zur Wahrheit über den Urfall der Engel und Adams und Evas vorzudringen.

Die Meister der Hermetischen Wissenschaften halten es für möglich, dass durch richtige Anwendung dessen, was man “Ur-Sünde” und “Sturz der Engel” nennt, der übernatürliche S.A.M.E.N. (der in jedem Wesen handelt) durch die Magie, d.h. Sexualmagie, gebunden werden kann und zum Verständnis dessen führt, was “Gott selber” und die “Vereinigung mit Gott” bedeuten.

Dies nennt man den großen Akt der Transmutation der reproduzierenden Energien. Dieses Große Mysterium wird in der Eucharistie der Kirchen dargestellt. Es ist ein Hermetisches Mysterium. Es ist verhüllt. Verhüllungen werden sowohl von der Kirche wie von den Hermetischen Wissenschaften benützt. Keine Hermetische Wahrheit ist bisher vollständig enthüllt worden, niemals gedruckt oder öffentlich gemacht. Mit dieser klaren Beschreibung vor uns, wollen wir nun die feineren Kräfte der Natur definieren, um die Mystische Anatomie zu verstehen.

Die Hermetische Wissenschaft lehrt uns, dass das Sympathetische Nervensystem identisch mit Shiva Vina (Auch Kalis Vina) ist, d.h. dem reproduzierenden göttlichen Instrument. Dies wird symbolisch als Harfe dargestellt. Der Sympathicus wird von den Tantrikern bespielt, den Schriften der Sakti, die die weiblichen Energien besingen. Die Nervenstränge sind die Saiten und werden von den westlichen Hermetischen Wissenschaften als Nadis beschrieben. Die drei prinzipiellen Nadis sind:

1 . Shushuma im Hauptkanal des Rückenmarkes und medulla oblongata
2 . Ida zur Rechten Shushumas
3 . Pingala zur Linken Shushumas

Diese Nadis beginnen im Ajna Lotus (Triveni Plexus) und führen an einem Punkt zwischen den Augenbrauen über der Nase zusammen. Ida ist negativ und entspricht dem MOND; Pingala ist positiv und entspricht der SONNE. Ida tritt aus dem linken Nasenloch heraus, Pingala aus dem rechten. Außer den drei wichtigsten Nadis gibt es andere. Die Gesamtheit der 14 Nadis ist: Shushuma, Pingala, Ida, Gandhari, Hasti-Jihvica, Kuhu (erzeugend), Sarawasti, Pusa, Sankhini, Payaswini, Varuni, Alumbusa, Viskwodan und Yasaswini. Chitta ist das Prinzip des Denkens.

Der westliche Name der Hermetischen Wissenschaft für den Nervus Plexus ist “Lotus”. Diese Lotuse sind das psychische Zentrum des Körpers, in denen die Kräfte und Lebensenergien gespeichert werden. Es gibt insgesamt 42 Lotuse, die von speziellem Wert und Wichtigkeit für praktische Zwecke sind:

1 . Mudladhar Lotus, wo sich die “Zusammengerollte” befindet, Kundalini Nadi an der Basis von Shushuma im Sakralen Plexus. Dies ist die schlafende oder ruhende Kraft höchsten Lebens. Sie umfasst die drei Kanäle oder Saiten Ida, Pingala und Shushuma oder MOND, SONNE und FEUER oder NEGATIV, POSITIV und die VEREINIGUNG von BEIDEN mitsamt dem RESULTAT. Solar Plexus. Coeliacus. Gottes Instrument. Man kennt es als den “Fundamentalen Lotus” oder “Basis des Lebens”! Die Energie, die diesen Lotus umgibt, ist der Lebenssame und die Gesamtheit wird als Mudladhar Lotus beschrieben, der 4 Blüten trägt.

2 . der Swadkisthan Lotus trägt 6 Blüten.

3 . Der Manipur Lotus trägt 10 Blüten. Er befindet sich unterhalb des Nabels.

4 . Der Anahat Lotus mit 12 Blüten (Fasern) sitzt im Herz. In diesem Lotus weilt die Flamme Van-Linga!

5 . Der Vishudda Lotus trägt 16 Blüten.

6 . Der Ajna Lotus zwischen den Augen auf dem Nasenrücken trägt 12 Blüten. Shushuma führt vom Sakralen Plexus durch das Rückenmark auf die rechte Seite des Ajna Lotus (Pingala) und von hier aus zur linken (Ida). Pingala fließt von der linken Seite des Ajna Lotus zur rechten Seite des Nasenflügels.

7 . Der 1000-blütige Sakasrar Lotus befindet sich im Scheitel des Kopfes.

HA = MOND oder Ida; THA = SONNE oder Pingala; HA-THA ist die Vereinigung von Prana und Apana unterhalb des Nabels. Deshalb Ha-Tha-Yoga. Er-Sie-Vereinigung oder Coition. Prana sinkt herzabwärts, Apana vom Anus an aufwärts. Was nun oben über den hermetischen und mystischen Wert des Sympathetischen Nervensystems gesagt worden ist, macht klar, dass das Sympathetische Nervensystem (von dem die Schulweisheit nur wenig weiß) die Brücke bildet, die das materielle Konzept des menschlichen Körpers (Mikrokosmos) mit den höheren, versteckten, esoterischen und hermetischen Konzepten der feineren Kräfte der menschlichen Natur verbindet.

Wie im Mikrokosmos, so im Makrokosmos! Im Makrokosmos finden wir die (esoterisch oder hermetisch gesprochenen) Sieben Kräfte oder Sieben Kräftezentren. Seien es die sieben Lokas (Existenzsphären inmitten der Ewigkeit), die sieben Tattvas (Ursache der Existenz: Ich bin Ich) oder die gesamte Kette der Sieben. Seien es die Makro-Kosmischen Kräfte oder die Mikro-Kosmischen Kräfte; sie stehen immer in derselben Beziehung und Ordnung zueinander. Die sieben Tattvas sind:

Adi Tattva: die ursprüngliche universelle Kraft am Anfang aller Manifestation, die “Vor-Kreative” Periode des ewig unveränderlichen SAT, das Substrat von ALLEM. Es entspricht der Aura, die jeden Globus und jeden Menschen umgibt. Es ist die Kraft, die dem Ersten oder Unmanifesten Logos entspringt. Gleichbedeutend mit der SONNE! Vater!

Anupadaka Tattva: die erste Unterscheidung auf der Ebene der Wesen, der Elternlose, Gott Brahma, geboren ohne Vater oder Mutter, entsprungen aus Vishnus Nabel. Equivalent zum MOND. Logos! Son! Sohn!

Akasha Tattva, wo alle Religion beginnt: Jupiter, Indra, Pater Ether, Pneuma oder der Manifestierte Logos, und der biblische Heilige Geist! Holy Ghost! Er entspricht Saturn.

Vayu Tattva, Luftebene; als Tayas Tattva, Ebene unserer Atmosphäre; Apas Tattva, flüssige Substanz des Wassers; Prithvi Tattva: solide Substanz der Erde.

Die letzten vier entsprechen den vier Elementen.

Vayus entspricht Luft und Jupiter,
Ajna (Agni) entspricht Feuer und Mars,
Apas entspricht Wasser und Venus,
Prithvi entspricht Erde und Merkur.

Gemäß der Mystischen Anatomie befindet sich das Akasha Tattva im Hirn; Tayas Tattva in der Schulter, Vayus Tattva im Nabel; Apas Tattva im Knie; Prithvi Tattwa in der Fußsohle.

Milz entspricht Linga Sharira,
Leber entspricht Kama,
Herz entspricht Prana,
Der Viergliedrige Körper entspricht Kama-Manas,
Die Hirnanhangdrüse entspricht Manas Antakarana,
Die Zirbeldrüse entspricht Manas, und wenn sie durch Kundalini berührt wird, wird sie Buddhi Manas oder Heiliges Denken.

Für die Mystische Anatomie ist die Hirnanhangdrüse von besonderer Bedeutung. Diese Drüse, auch Hypophysis Cerebri, ist mit der Zirbeldrüse, oder Conarium, verbunden. Beide, Hypophysis Cerebri und Conarium sind mit grauem Sand bedeckt, den man Acervulus Cerebri nennt. Davon weiß die Schulphysiologie nichts, und man findet ihn nur im siebenjährigen Menschen.

Dieser Sand ist von allergrößter mystischer Wichtigkeit. Er steht im Zusammenhang mit der Erzeugung von SAT, der Ultimaten Essenz von allem. Er steht im Zusammenhang mit dem Zentralorgan aller Flüssigkeiten, dem Schoß, und im Schoß ist PRANA der Große Architekt des Kindes. PRANA ist auch in der Luft und wird von allen lebenden Wesen aufgenommen.

Ohne Prana würde alles sterben. Prana ist in der Luft, aber auch da, wo keine Luft ist. Es ist unabhängig von Luft, während die Luft abhängig von Prana ist. Prana ist vom Atem Gottes (Atma) geboren. Es entsteht im Atma, so wie der Schatten vom Körper.

Wir nehmen Prana mit jedem Atemzug Luft auf. Aber wir können uns angewöhnen, noch mehr Prana aufzunehmen, als unser tägliches Leben es verlangt. Und dieses zusätzliche Prana können wir in den Nervenzentren, Lotusen oder Plexus speichern, bis wir es für gewisse Anwendungen wieder holen können.